18.1 Setzungen, Gedanken
- Das Sein ist ein Aspekt des „Nichts“ (im Versuch letzteres mit Bewusstseinsinhalten zu füllen). Das „Nichts“ ist ein Aspekt des Seins (in dessen ganzheitlicher Unfassbarkeit; als begriffliches Bild, das über die Negation des Erfahrbaren, das Unerfahrbare bejaht). Das Sein und das Nichts repräsentieren für das menschliche Denken als Metamorphosen einer letzten Einheit zwei unterschiedliche Ziele menschlicher Gerichtetheit.
Das Sein ist das Absolute, das sich hinter der Summe aller Standorte „verbirgt“. Es ist die Ganzheit der „A priori“, der Urgrund aller Bewegung. Es ist höherrangig als die Realität, da die Realität nur die menschgemäßen, strukturellen Bewusstseinsinhalte zwischen den Objekten wiederspiegelt, d.h., eine Summe von Setzungen ist. Von hierher gesehen ist das Sein immer „idealistisch“ und die Realität „materialistisch“ besetzt. Es ist die Einheit aller Mannigfaltigkeit, die Metarealität ihrer Erscheinungsformen.
Das Sein ist der Anfang und das Ende. Es ist die Ganzheit des Ists in allen Phasen seiner Bewegung. Es ist die letzte abstrakte Grenze die noch artikuliert werden kann am „Körper des Nichts“ ohne eine strukturelle Einengung. Für den Menschen ist es die letzte Position „intuitiver“ Erfahrung, die sprachlich nur noch in Bildern umrissen werden kann.
- Das Sein manifestiert sich im Seienden, im Standort. In ihm ruht bereits seit einem Beginn das Ziel seiner Bewegung, seine Bestimmung. Eingerahmt in die Ganzheit des Universums bewegt sich jedes seiner Teile auf dem ihm vorgegebenen Weg. Alle Kausalerklärungen der Naturwissenschaften erfassen davon nur Aspekte im Rahmen der menschlichen Denkgrenzen. Zum wirklichen Verstehen des Seins tragen sie nichts bei. Sie dienen nur einer menschlichen Orientierung ins für ihn Unreal-Unbekannte.
Rational können wir uns dem Sein nur über hypothetische Struktursetzungen nähern, dessen abstrakte, vom Menschen nicht erfassbare Ganzheit des „Gesetz“ ist. Das Sein erfahren wir (evtl. meditativ) als das „Gerichtete“, in der „Zeit“ Stehende, bzw. das auf ein Ziel sich Hinbewegende. Wir erfahren es als Bewegung, als Evolution. Das Sein umfasst rational die „Welt als Vorstellung“, die Welt der Materie und der Energie, die stoffliche Welt und die ihrer Kräfte. – Die Welt unserer Vorstellungen ist aber nicht das Sein.
Das Sein ist nur ganzheitlich-intuitiv „erahnbar“, d.h. passiv über den Rückgriff eines Offenseins der Sinne, ihres Nichtverformens durch rationale Vorgaben der Betrachtung. Es will erlebt, gefühlt, erlitten werden. Der Zugang ist das Ergebnis eines nichtrationalen physisch-geistigen Reifungsprozesses. Das Sein ist die Ureinheit. Es stellt eine Totalität dar und kann als solche „erkenntnismässig“ auch nur total erfahren werden.
- Am Anfang steht das „Gesetz“ oder eine „Energie“. Sie verwirklichen sich für das Bewusstsein der Menschen in der Einheit von Materie und kommunikativer Energie und der Vielfalt deren in der Evolution gewachsenen Metamorphosen. Im Seienden nehmen sie in ihrer Vergegenständlichung ihren Standort ein. Der Mensch erfährt sie als Konkretation in der Zeit, als Objekt. Wenn die Philosophie sie nur als mögliche Idee zu bestimmen vermag, dann ist deren adäquate Beschreibung die Metapher. Das Sein kann nicht vergehen. Es kann als Seiendes nur verschiedene Erscheinungsformen annehmen und auf seinem Weg in immer neuen Standorten als Energie sich materialisieren.
- Das Sein „verkörpert“ ein System schwingender Energie, in dem sich deren Teilkonzentrationen bis zu einem Höhepunkt aufladen, um dann wieder in den Gesamthaushalt der Energie einzugehen. Es ist für das Bewusstsein des Menschen die totale Ganzheit des auf ein Fernziel gerichteten Universums. Wir nehmen von ihr objektivierte Facetten als Schwingungen wahr, als ein Steigen und Fallen, Geborenwerden und Sterben. Das Leben selber ist ein Brennpunkt, Ausdruck und Kommunikationsaspekt dieser Schwingung. Im Geborenwerden ist bereits der Tod projektiert, wie in einem Tod das neue Leben. Das von uns erlebte „Da-Sein“ ist nur eine Schwingung in einem immer wiederkehrenden Auf-und-ab. Ein existentielles Sein (im engeren Sinne) bedeutet sein, mitschwingen im Sein, in der Ganzheit der im Frühling duftenden Erde, den Vögeln, den Blumen und dem warmen Wind.
- Über unsere Erde hinausgehend verstehen wir das Sein als eine Vielzahl von Galaxien, deren Einheit wir unter dem Begriff Universum zusammenfassen. Es entzieht sich unserem Bewusstsein, ob es darüber hinaus noch andere Universums gibt. Nennen wir deren Einheiten „A-Systeme“. Und es wird für uns reine Fantasie, wenn wir auch die „A-Systeme“ in einer Vielheit als denkbar vermuten. Der Hintergrund aller dieser hypothetischen Annahmen ist die menschliche Begrenztheit das Sein zu begreifen. Unsere geistige Orientierung erfolgt auf dem Hintergrund strukturierter Anschauungen, erfolgt als Setzung rationalisierter Informationsverarbeitung.
Die relative „Ordnung“ des Universums ist eine „Summe der Dimensionen“ des Gesetzes, die für den Menschen erahnbar sind. Sie sind ein Zusammenfallen von Signalen in einem Brennpunkt, einem Standort. Das Universum ist für uns eine sich selbst organisierende Einheit. Den komplexen Prozess dieser Selbstorganisation bezeichnen wir als Evolution. Wir sind ein Teil von ihm.
Unser Universum ist die erfassbare Welt unserer Wahrnehmungen, einschließlich der Verlängerung, Übertragung unserer Beobachtungen bis an die Grenzen des für uns Denkbaren. Das Sein ist die Einheit allen Seienden. Es ist über seine Teile zwar denkbar, aber auf Grund der Grenzen des Menschen als „Einheit“ rational nicht mehr erfahrbar. Das „Nichts“ ist dasjenige, was ist, was uns bestimmt, was aber inhaltlich letztlich nicht denkbar ist.
- Die menschliche Existenz baut auf der Vorgabe, dass dessen Da-Sein einen Sinn hat. Zurückgedacht hat es einen Anfang und in der Projektion ein Ende. Alle Versuche einer rationalen Annäherung, einer geistigen Bewältigung dieses Umstandes führen nur zu den Grenzen des Menschen selber, bzw. zu den Modellen, die diese repräsentieren. Die Vielzahl der Strukturzusammenhänge und Dimensionen reduziert sich auf eine verkürzte menschliche Ebene und eine Vielzahl von Hypothesen und Spekulationen.
Ein menschliches Sein bedeutet in den menschlichen Grenzen zu leben, sich auf einen vorgegebenen Standort zu beschränken. Als „bewusstes“ Individuum ist der Mensch in die Welt ausgesetzt, aber nur ausgesetzt, um zu sein. Sein Ursprung ist das Sein, er bewegt sich im Sein, und er repräsentiert das Sein. Das Sein bedeutet für ihn „Gesetz“, dessen standortgebundenen Anteil in der „Verwirklichung“ er schicksalhaft auszufüllen hat, für das er in seiner Zeit, an seinem Ort einen Höhepunkt repräsentiert.
Ein rational bewusst gelebtes Sein ist eine „Selbstverwirklichung in einer Illusion“. Es bleibt in den eigenen Vorgaben hängen, Vorgaben, die aus übergeordneten Standortsystemen kommen und über deren Befolgung sie als Energie in diese verstärkend wieder eingehen und auf die nachfolgenden Standorte einwirken. Vielleicht ist das Sein nur intuitiv über das Vorbegriffliche erfahrbar, vielleicht entgleitet einem seine Beschreibung, sobald man es einer Struktur, einer Sprache unterwirft. Vielleicht verbleibt dem Menschen nur die Möglichkeit im Schweigen von ihm angemutet zu werden und über den „gestirnten Himmel“ im Sinne eines Positiven, des Humanen seinen jeweiligen Standort auszufüllen, zu sein.