Lebensphilosophie

Die Lebensphilosophie beschäftigte sich mit der Fülle eines „unverfälschten“ Lebens. Sie stellte sich gegen den Rationalismus und betonte das Gefühl, den Instinkt des Menschen. Sie zog die „Anschauung“ dem „Begriff“ vor, das „Schöpferische“ dem „Mechanischen“. Ihre Entwicklung reicht von einigen Vorsokratikern über Vertretern des Irrationalismus (z.B. Hamann), der Romantik bis zu ihrem Höhepunkt mit Bergson, Klages, Simmel. Sie mündete teilweise in die Existenzphilosophie.

Bergson, Henri (1859 -1941):
Bergson entwarf auf der Grundlage der Evolutionstheorie eine „Philosophie des Lebens“. Für ihn war das Leben ein schöpferischer Prozess. Der Mensch könne mit seinem Intellekt nur das Anorganische begreifen, das Leben selbst in seinen schöpferischen Ausdrucksformen bleibe ihm aber verborgen. Er selber sei als Individuum rational nicht fassbar, sondern nur über das eigene Erleben intuitiv greifbar. Diese Erkenntnisgrenze gelte auch für das Universum und seinen in ihm enthaltenen Entwicklungsdrang.

Bergsons Haltung führte über den Irrationalismus (bezeichnet den Instinkt, das Gefühl, die Liebe zu vorrationalen Erkenntnisquellen) zur Existenzphilosophie als einer subjektivistischen Metaphysik.

Klages, Ludwig (1872 – 1952):
Das Leben vollziehe sich innerhalb der Pole Seele und Leib. Aus diesem Seins-Zusammenhang schloss er auf einen Sinn- Zusammenhang. Der Versuch, das Leben unter die Herrschaft des Geistes zu zwingen, war für ihn das Ergebnis des zunächst unbewussten, später bewussten Willens zu einem „höheren Denken“. Das Erleben erfüllt sich nach ihm in der Wirklichkeit der uns begegnenden Bilder. Für die Seele sind dabei die Urbilder des gestaltenden Lebens die Wirklichkeit. In diese Lebenswelt bricht nun über die Kultur der Geist als eine eigenständige Macht ein und macht alles zu einem bloßen Objekt. Mit dessen Zergliederung zerstört er die ursprüngliche Harmonie der Lebenswelt.

Simmel, Georg (1858 – 1918):
Allgemein kennt man Simmel nur als Begründer der formalen Soziologie, der Wissenschaft von den Beziehungsformen der Menschen untereinander. Wie für Bergson waren die Wissenschaften für ihn Zweckgebilde der Vorstellung mit übersubjektiven Eigen-Logiken. Ein Lebensprozess sei eine Auseinandersetzung mit einer jeweiligen Umwelt. Er führe zu verschiedenen sozial-kulturellen Lebensformen mit einer eigenständigen Dynamik. Durch die Teilnahme an der „objektiven Kultur“ gelange der einzelne zu seiner „subjektiven Kultur“. Durch die Konflikte, die dadurch entständen, komme es zu einer schöpferischen Weiterentwicklung.

Im Alter vertrat Simmel eine normative Ethik des „individuellen Gesetzes“ (in Anlehnung an Goethe und Schleiermacher). Diese ging von einem individuellen Sollen aus, dem die einzelne Person jeweils unterstehe. Dadurch könne diese ihre Einmaligkeit und Geschichtlichkeit in die allgemeinen Normen einbringen. Die tiefsten sittlichen Forderungen ergäben sich nicht aus den einzelnen Handlungen, sondern aus ihrer Ausrichtung auf die Gesamtheit der Menschen. Die Aufgabe der menschlichen Freiheit sei es, neue Lebenshorizonte zu öffnen.