6.1 Setzungen, Gedanken
- Ein Ziel des menschlichen Lebens kann es sein, zu versuchen mit der Natur, dem Universum in einen „Ein-Klang“ zu gelangen. Vielleicht ist es das höchstmögliche Ziel, das ein Mensch anzustreben vermag.
Um dieses Ziel zu erreichen, kann er ja nach Veranlagung und Situation alle persönlichen Formen der Stoffwechselumstellung in seinem Körper nutzen, sei es durch eine Versenkung in das eigene Innere wie in der Meditation, eine Entspannung wie das autogene Training, einer Belastung wie dem Dauerlauf oder einer Mischform, wie sie jede Gartenarbeit sein kann.
(In vielen Kulturen werden Stimulantien oder Drogen dem Körper zugeführt) .
- Bei einer Betonung des ganzheitlichen Erkennens vor dem rational-kausalen geht es darum, den Menschen von seiner rationalen Ausrichtung wieder verstärkt auf seine „sensitiv“-betonten Umweltbezüge zurückzuführen. Elemente bewusster kausaler Denkabläufe werden ausgeblendet und an deren Stelle durch eine „persönliche Zurücknahme“ auf eine kommende „Ruhe“ gewartet. Nach einem zunächst verstärkt fließenden Umwelt-„Erleben“ gleitet man in ein „ruhiges“ Ich-Erleben, das Bewusstsein der eigenen (unbedeutenden) Zuständigkeit im Universum.
- Mit Hilfe einer Meditation können wir unser Bewusstsein so beeinflussen, dass wir unsere Umwelt ganzheitlich, umfassend aus einer neuen Perspektive sehen können.
Das Denken wird durch ein Einfühlen ersetzt. Das Erleben wird nicht mehr willentlich gesteuert und nicht mehr aktiv reflektiert. Die „Gedanken“ fließen unkontrolliert in den „Raum“. Gegenstände werden zunehmend vom Bewusstsein ausgeblendet. Sie „stören“ sich an den ihnen begegnenden Gegenständen, nehmen sie gefühlsmäßig wahr, verweilen länger bei ihnen und kommen über ein Einfühlen zu einer Einsicht, die am Schluss dieses Vorganges in eine innere Ruhe einmündet.
- Psychisch gesehen ist eine Meditation ein Akt der „Versenkung“. Der Mensch „befreit“ sich von der Welt seiner sozialen Bindungen, um bis zu seinem letzten ihm zugänglichen „Urgrund“ zu gelangen, vielleicht zu einem Gleichklang, einem Mitschwingen mit dem „Ur-Einen“.
Sie ist eine Zugangsweise zur Ganzheit, die sich in ihrer spezifischen „Klarheit“ gewöhnlich der Alltagswahrnehmung entzieht. Die Mannigfaltigkeit unserer gegenständlichen Welt und die Ordnung der Informationen nach einem verinnerlichten, sozial vorgegebenen Struktursystem wird ersetzt durch eine „sinnliche“ Beschränkung der Informationen auf das Wesentliche.
So gesehen kann der ganzheitlich orientierte Mensch spezifische Eigenschaften eines „A-Sozialen“ verkörpern. Er wird als Individuum allein auf sein „Ich“ und dessen „Relativität“ zurückgeworfen.
- Für den Außenstehenden mag der meditierende Mensch als jemand erscheinen, der die (empirischen) Realitäten flieht. Er muss zu dieser Position kommen, da er geistig selber in einer anderen „Welt“ steht. Seit Newton haben wir in uns weitgehend ein physikalisch-mechanisches Weltbild verinnerlicht, von dem wir wissen, dass es zwar dem z.Z. gültigen sozialen Orientierungsmodell entspricht und dass es unsere Technik weit vorangebracht hat, von dem wir aber auch wissen, dass es dem „Menschen-an-sich“ nicht entspricht, der Welt für die ihn seine biologische Evolution geschaffen hat, d.h., dass es in seinem Stellenwert ein „a-humaner“ Irrtum ist.
Als ein rückbesinnender „Natur“-Bezug ist eine Meditation keine Weltflucht sondern der Versuch einer erneuten Einordnung. Wenn ein „Meditierender“ vor den Realitäten seiner Umwelt flüchten sollte, dann kann man aus der Perspektive eines „Rationalisten“ sagen, dass er vor den „Realitäten“ seines Ichs flieht. Doch: Eine Unterdrückung der „Ur“-Bezüge zur Natur macht einen Menschen krank, lässt sein Leben ärmer erscheinen, ihn in eine innere Panik geraten und vor sich selber fliehen. Der Meditierende dagegen stellt sich seiner eigenen Wirklichkeit. Es ist eine eigene Kraft sich (bescheiden) in eine Stille einzubringen und sich dabei selber zu finden.
- Eine „langsame“ Weise sich ganzheitlich mit der Umwelt in Verbindung zu bringen ist eine nicht leistungsbetonte Arbeit in der Natur oder (verkürzt) mit dem Lebenden allgemein.
- Die Stärke eines ganzheitlichen Umweltbezuges liegt in einer veränderten Realitätswahrnehmung und einer daran ansetzenden, in sich ruhenden Reflexion. Fragen des alten Bewusstseins (z.B. die der personalen Freiheit), des Selbstbewusstseins erhalten danach eine Bedeutung, die für den neuen Umweltbezug überzogen, eigentlich bedeutungslos erscheinen.
Der sich ganzheitlich orientierende Mensch ist von seinem Bewusstsein her ohne einen inneren Bruch „religiös“. (Unsere „zivilisatorische“ Religiosität besonders in der europäischen Welt beruht weitgehend auf der Kompensation des Bruches unserer Beziehungen zur Natur). Reflektiert er seine Situation mit Hilfe der „Erfahrungsbegriffe“ unserer Kultur gelangt er zur Metaphysik, die sich seit den Vorsokratikern zu einer eigenen philosophischen Disziplin verselbständigt hat.