Analytische Philosophie

An ihrem Anfang stand die Skepsis gegenüber der metaphysischen Begriffswelt. Man entwickelte analytische Vorgehensweisen, die später auch auf andere geisteswissen-schaftliche Bereiche übertragen wurden. Damit steht sie in der Tradition, mit Hilfe der Logik eine unwiderlegbare Vorgehensweise auf der Suche nach der „Wahrheit“ zu finden. Heute beschäftigt sie sich oft mit der Analyse der Alltagssprache. Historisch steht sie in der Nachfolge des englischen Empirismus (Locke, Hume). Man unterscheidet in ihr zwei Strömungen:

  • den „Logischen Positivismus“
  • die „Linguistische Analyse“

Ihre allgemeinen Hauptforderungen sind: Eine

  • Klarheit des Begriffs und der Darstellung,
  • Orientierung an den empirischen Wissenschaften,
  • tendenzielle Ungeschichtlichkeit
    (Konzentration auf systematische Fragen).

Kritisiert wird an ihr,

  • das sich Umgeben mit nicht haltbaren Dogmen,
  • ihre Überbetonung der formalen Elemente (= Philosophie als „Logelei“),
  • ihr Versuch, Sachfragen allein systematisch zu erfassen,
  • die Art ihres Wechsels von einem atomistischen zu einem vermehrt ganzheitlichen Weltverständnis.

Frege, Gottlob (1848 – 1925):
Frege entwickelte als erster eine formale, logische Sprache in axiomatischer Form (damit die Voraussetzungen für unsere heutige Informatik und Computertechnik). Bis dahin galt die Logik des Aristoteles als die genaueste Form des logischen Schließens.

Durch seine Definition des Begriffs als einstellige Funktion,

Sprachphilosophisch unterschied Frege zwischen Sinn (bei Frege = Bedeutung) und Bedeutung (= Bezug eines Zeichens). Dabei ging er von drei sprachlichen Arten sprachlicher Ausdrücke aus: den Eigennamen, den Sätzen und den Begriffsausdrücken.

  • Eigennamen
  • Sätze:
  • Begriffsausdrücke

Auf Freges Logik-Gedanken bauten später Russel und Carnap. Darüber hinaus beeinflusste er stark Husserl und Wittgenstein.

Whitehead, Alfred North (1861 – 1947):
Gemeinsam mit Russel versuchte er in der „Principia Mathematica“ (1.Bd. 1910) zu zeigen, dass die gesamte Mathematik auf Axiomen (beweisunabhängige Grundannahmen) und Schlussregeln zurückgeführt werden könne. In der Philosophie bemühte er sich mit Hilfe grundlegender Elemente der Wirklichkeit, ein System aller Ideen zu entwerfen. Für ihn waren deren Grundbausteine nicht die Dinge, sondern die Geschehnisse. Unsere Erfahrung bestünde nicht aus Materie sondern aus Geist (später sah er in beiden die „Pole“ „wirklicher Ereignisse“, die zu Bausteinen der Wirklichkeit würden). Alles Wirkliche sei Ereignis in einem Prozess. Es sei das Ergebnis seiner in der Vergangenheit angelegten Bestimmungen, die zugleich auf ihre zukünftigen Möglichkeiten hin angelegt seien. Die jeweilige Realität würde von den Ereignissen bestimmt, aus deren Möglichkeiten sich dann eine konkretisierend erfülle. Im Prozess würden neue Inhalte aufgenommen. Zu seinen Möglichkeiten gehören auch „zeitlose Gegenstände“, die nur real würden, wenn sie in einem Ereignis verwirklicht würden, dessen Ziel sie sind. Ihre ordnende Funktion sei die Tätigkeit Gottes, als ein „Prinzip der Konkretion“. Dessen „Urnatur“ stellte er eine „Folgenatur“ zur Seite, über die Gott mit jedem Geschöpf in einer Beziehung stünde. Whitehead sah die Welt als einen kreativen „Organismus“, in dem jedes Teil seine Bedeutung habe.

Nach Whitehead besitzen wir keine wissenschaftliche Methode zur Erfassung wirklicher Ereignisse. Die Grundelemente der Mathematik seien reine Abstraktionen. Für die Erfahrung wirklicher Elemente benötige man Methoden der „extensiven Abstraktion“, die Ereignisse, die demselben Ziel zustreben, in kompakten Klassen zusammenstellen. Die Wissenschaft war für Whitehead ein Teil des Lebensprozesses mit konservativen und revolutionären Grundhaltungen. Ihr Ziel sei die Erkenntnis der Zweckmäßigkeiten in der Natur. Der verbreitete Materialismus in den Naturwissenschaften sei ein Irrtum, da er die abstrakten Systeme der mathematisch begründeten Physik für die Realität hält. Dies sei eine „Entsubjektivierung der Natur“, eine Trennung des Menschen von seiner Wahrnehmungswelt.

Russel, Bertrand (Earl, 1872 – 1970):
Russel beschäftigte sich im Bereich der Philosophie mit drei Themenschwerpunkten: der analytischen Philosophie, ethischen und politischen Fragen. Ausgehend von Frege klärte er mit Whitehead, dass alle mathematischen Wahrheiten sich aus Sätzen von Axiomen und Schlussregeln ergäben (er bearbeitete hauptsächlich die philosophischen, Whitehead die mathematischen Aspekte). In der Sprachphilosophie entwickelte er die „Analytische Philosophie“ in Richtung des „Logischen Atomismus“. Danach korrespondiere ein Satz mit der Welt. Seine Satzteile ergäben sich aus seiner Funktion. Er sei als Tatsache entweder „wahr“ oder „falsch“. Seine Aussage sei auf gewöhnliche Gesetze zurückzuführen, die aus atomischen, logischen Fakten bestünden. Ein Eigenname sei ein einfaches Symbol. Niemand könne etwas benennen, das er nicht kenne.

  • Ein atomarer Satz
  • Ein molekularer Satz

Russel versuchte Satzteile, die keine Eigennamen darstellten, auf eine sichere logische Grundlage zu stellen.

Die Ethik war nach Russel kein Teil der Philosophie, da ihre Erkenntnisse nicht auf Wissen sondern auf Leidenschaften bauten. Es gäbe keinen zuverlässigen Weg mit ihrer Hilfe zu Erkenntnissen zu gelangen. Die Religionen könnten nicht beweisen, dass es einen Gott gäbe. Das Christentum sei eine „Sklavenreligion“, die ihre Gottesvorstellungen aus den altorientalischen Gewaltherrschaften ableite, d.h. es sei eines freien Menschen unwürdig.

Gesellschaftsphilosophisch kämpfte Russel immer für ein Mehr an Humanität, Gedankenfreiheit und soziale Gerechtigkeit. Er setzte sich für Kriegsdienstverweigerer ein (verlor deshalb seine Anstellung am Trinity College in Cambridge und verbrachte 6 Monate in einem Gefängnis). Er war gegen die Vertreibung der Deutschen aus Ostdeutschland, engagierte sich (u.a. mit Einstein) gegen eine weitere atomare Aufrüstung, kämpfte für die Menschenrechte (Bertrand Russel Peace Foundation) und gegen Kriegsverbrechen (ab 1966 in den Russel-Tribunalen).