Intelligenz

Die Intelligenz

Das Problem der menschlichen Intelligenz wird stark von Vorurteilen begleitet, bzw. von im Vorfeld bereits wertbehafteten Kriterien. Bei der Beschäftigung mit diesem Thema gehen wir von folgenden Vorgaben aus:

  • Alle Menschen sind in ihrer genetischen Verschiedenheit existentiell ethisch gleichwertig.
  • In dieser Verschiedenheit besitzen sie (wie auch jedes andere Lebewesen) unterschiedliche Fähigkeiten und damit auch unterschiedliche Intelligenzen, die je nach Kultur und Förderung verschieden zum Tragen kommen können.
  • Ein späterer IQ-wert ist immer nur ein Ergebnis auf dem Hintergrund kultureller Vorgaben und bestimmter Ziele.

Wahrscheinlich sind tausende Gene für die kognitiven Fähigkeiten eines Menschen entscheidend. Wie er eines Tages dieses Potential ausschöpfen kann, ist von deren Förderung abhängig, d. h. entscheidend von seiner Umwelt. Dies ist auch eine der Ursachen, weshalb nicht nur der höhere soziale Status der Eltern, die Intelligenz ihrer Kinder  bestimmt. Es sind auch deren Gene (wahrscheinlich ca. 60 %) und deren Bereitschaft ihre Kinder zu fördern. Die Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben oft nicht diese Möglichkeiten und können deshalb ihr Gehirnpotential nicht voll entfalten. Intelligenzmindernd kommen bei ihnen oft hinzu

  • abgasreiche Orte (bis zu 3 %),
  • Not, Vernachlässigung oder psychischer Druck (Sie hemmen die Bildung neuer Nervenzellen und beeinflussen die Wirkungsweise der Neurotransmitter).

Von den vielleicht tausenden Erbfaktoren, die an einer Intelligenz beteiligt sind, kennt man bisher nur wenige (5 – 10 %) und keinen der auf einen hohen IQ verweist. Auch wissen wir noch nicht, wo die Intelligenz eigentlich verankert ist. Bei Genies haben Untersuchungen gezeigt, dass ihr Gehirn oft anders vernetzt ist. So soll Einstein ein zwar um 200 Gramm leichteres Gehirn besessen  haben (bei einem IQ von ca. 160), aber eine stark ausgeprägte präfrontale Cortex. Manche an der Intelligenz beteiligten Gen-Varianten scheinen nur unter bestimmten Umweltbedingungen zum Tragen zu kommen.

Durch die Gehirnverletzungen von Soldaten (Vietnam) kennt man die für die Intelligenz zuständigen Areale recht gut, aber nur wenige neuronale Netze. Wichtig scheinen zu sein:

  • Frontallappen (hinter der Stirn),
  • Temporallappen (hinter den Ohren),
  • Parietallappen (obere Hinterkopf)

Der Frontal- und der Parietallappen sind dabei auch für die Emotionen wichtig. Zwischen der allgemeinen und der emotionalen Intelligenz bestehen enge Verbindungen.

Eine Intelligenz ist nicht von einer Gehirngröße abhängig, sondern von der Ausstattung der Großhirnrinde mit Nervenzellen. Bei einem Vergleich mit anderen Lebewesen scheint der Anteil des Gehirns am Gesamtkörpergewicht der verglichenen Art ein Indiz dafür zu sein:

  • Das menschliche Gehirn wiegt ca. 1400 g

(bei einem Körpergewicht von ca. 65 – 75 kg),

  • Gehirn eines Gorillas 550 g.,
  • Gehirn eines Elefanten 4800 g.

Entscheidend für eine Intelligenz ist

  • deren Flexibilität,
  • seine Fähigkeit Informationen miteinander zu verknüpfen,
  • für neuartige Probleme Lösungen zu finden,
  • sich neuartigen Bedingungen anpassen zu können.

Sie findet ihren Ausdruck im

  • Denkvermögen,
  • Einfühlungsvermögen,
  • in der Kreativität,
  • im räumlichen Denken.

Sie beeinflussen verschiedene iq-relevanten Leistungen. Normal intelligente Menschen haben einen

  • IQ von

  85 – 115 (bei einem Mittelwert von 100, dies gilt für 2/3 der Menschen),

  50 –   70     =   geistig behindert,

  70 –   85     =  lernbehindert,

115 – 130     =  begabt,

130 – 145     =  hochbegabt.

Die Ursachen für die Abweichungen sind unbekannt. Gründe dafür können sein:

  • genetische Mutationen (oft spontan nach der Befruchtung der Eizelle auftretend)
  • Risikofaktoren aus der Umwelt (z.B. Alkoholmissbrauch während der Schwangerschaft),
  • Savants besitzen Inselbegabungen. Sie können angeboren oder auch durch Unfälle entstanden (aktiviert) sein.

In den letzten Jahrzehnten beobachtet man einen Trend zu einer ansteigenden Intelligenz (alle 10 Jahre ca. 3 %). Verantwortlich werden dafür unsere modernen Lebensverhältnisse gemacht:

  • gute Ernährung,
  • Gesundheitsfürsorge,
  • bessere schulische Bildung.

Die Tests dafür erfassen die

  • sprachlichen,
  • mathematischen,
  • logischen Fähigkeiten.

(Oft mit unterschiedlichen Gewichtungen. Sie erfassen nicht fachspezifisches Wissen und soziale Fähigkeiten (= soziale Intelligenz) Außerdem können Meditation, Fleiß und Durchhaltevermögen IQ-Punkte wettmachen).

Für eine frühe Intelligenz sprechen bei Säuglingen

  • Neugierde,
  • Konzentrationsfähigkeit.

Sie kann gefördert werden durch

  • Ernährung,
  • Musik
  • Gedächtnistraining.

Ein soziales Problem stellt unsere augenblickliche intellektuelle Gleichschaltung der Schüler in unseren Schulen dar. Sie folgt keinen sachorientierten, sondern ideologischen Überlegungen. Durch die allgemeine Niveausenkung zu Lasten der Intelligenteren, eine Abnahme der Leistungsanforderungen, die Aufhebung der Sanktionsmöglichkeiten und eine Zunahme der früher fast unbekannten Höchstleistungen bis zu 1/3 aller Abiturzeugnisse mit einem Einser-Gesamtergebnis. Diese Vorgehensweise kommt zwar einem Gleichheits-gedanken näher, fördert aber nicht die kognitiven Fähigkeiten des gesellschaftlichen Nachwuchses, von deren Spitzen langfristig einmal die soziale Zukunft abhängen wird.

Vielleicht wird es eines Tages gelingen, die Intelligenz gentechnisch zu verbessern. Bei Tieren ist dies bereits gelungen. Bei Menschen sind die heutigen Ziele, die Vergesslichkeit und die Altersdemenz zu verhindern, bzw. das Gedächtnis zu verbessern. Die Probleme dabei sind das Eingreifen in die positive Funktion des Vergessens gegenüber dem Unwichtigen. Bei Tieren kommt deren größere Schmerzempfindlichkeit bei einem Intelligenzzuwachs hinzu.

Ob es in der Natur eine allgemeine nichtmenschliche Intelligenz gibt, wissen wir nicht. Das Problem bei diesem Gedanken ist, dass wir bei solchen Überlegungen immer nur unsere eigene Intelligenz zum Maßstab nehmen können und daran dann versuchen, die Natur zu messen. Aber ein anderes Sein, andere Lebewesen haben eine andere innere Welt, vielleicht ein anderes „Bewusstsein“. Eine Biene hat z.B. etwa 1 Mio. Neuronen, mit deren Hilfe sie ihre Futterquellen suchen und den anderen mitteilen kann. Auch sie haben eigene Neuronen für den Umgang mit Sanktionen (z.B. bezüglich Fremden und Aggressionen). Bereits Quallen haben ein dezentrales Nervensystem, über das sie ihre Bewegungen steuern können, d.h.. sie können sich selber wahrnehmen. Pflanzen haben kein Gehirn. Sie sind zwar standortgebunden, können aber miteinander kommunizieren. Die heutige Forschung ist dabei, unsere Ähnlichkeiten mit dem anderen Leben immer klarer zu erkennen, was letztlich darauf hinauslaufen muss, dass auch in unseren ethischen Setzungen zu berücksichtigen.

Es sind die Grenzen unserer Intelligenz, die die Grenzen unseres Daseins bestimmen (d.h. u.a. auch die Grenzen unserer Selbsteinschätzung, bzw. die unserer Selbstüberschätzung). Oft wird es etwas Positives sein, nicht über sie hinwegsehen zu können.

Die Kreativität

Was in einem Gehirn vorgeht, wenn es kreativ ist, weiß man (noch) nicht. Auch weiß man nicht, welche Gehirnregionen dann auf welche Weise zusammenwirken. Neue Erkenntnisse entstehen, wenn sich neue Ideen mit alten verbinden. Dies erfolgt nicht planlos in einem unberechenbaren, komplexen Zusammenspiel der Neuronen in den verschiedenen Hirnzentren (dies ist u.a. ein wesentlicher Unterschied zur Arbeit unserer heutigen Rechner). Eine Kreativität entsteht durch Störungen im menschlichen Orientierungssystem beim Versuch diese zu beheben. Das Gehirn folgt dann verschiedenen Aktivitätsmustern, die wahrscheinlich auch stark von begleitenden Gefühlen beeinflusst werden. Das bedeutet, dass zu allem inneren „Chaos“ einer schöpferischen Tätigkeit auch eine gewisse innere Stabilität gehört, die ihren Ausdruck in einem Wissen, einem handwerklichen Können und in der Energie seine Gedanken in eine Form zu bringen findet.

Eine gewisse Rolle scheint dabei der Dopaminhaushalt eines Menschen zu spielen. Wie dieser in den verschiedenen Hirnregionen wirkt, ist u.a. von der Art  der Rezeptoren abhängig, an die es sich bindet (einige wirken auf die Nervenzellaktivitäten hemmend, andere aktivierend). Dopamin verbessert das Arbeitsgedächtnis. Besonders bedeutsam scheint die Dichte der D2-Rezeptoren im Thalamus zu sein (hier scheint eine der Ursachen für die oft beschworene Nähe von Genie und Wahnsinn zu bestehen).

Da eine Kreativität heute als Maßstab für ein erfülltes Leben gilt und die eigene Lebensqualität daran oft gemessen wird, helfen vielleicht folgende Beobachtungen:

  • Wege zu einer Kreativität:
    • spontane Einfälle,
    • Ergebnisse als Folge von Konzentration, Disziplin und Durchhaltevermögen.

Für die Vorgehensweise gibt es ein

  • „divergentes Denken“: Hier werden viele Lösungsvorschläge zu einem Problem durchdacht. Ein Geistesblitz kann dann plötzlich eine unerwartete Lösung bringen (Bollnow: „fruchtbare Moment“).
  • „konvergentes Denken“: Über wichtige Informationen auf ein Lösungsziel streng rational hinarbeiten.

Positiv wirken:

  • eine gute Stimmung (der anteriore zirguläre Cortex ist dann besonderes aktiv und lässt richtige Lösungen schneller finden),
  • ein Wechseln der Betrachtungsperspektive,
  • ein guter Schlaf (man nimmt an, dass während des REM-Schlafs verschiedene Hirnregionen abgeschaltet sind und sich dann Gedanken miteinander verbinden, die in einem Wachzustand nicht zusammenkommen würden).
  • Ablenkungen innerhalb des Problemlösungsprozesses (bewährt haben sich Bewegungen (z. B. Laufen), Pausen, kurze Spaziergänge).
  • das Zulassen von Kritik (die Bereitschaft neue Informationen ernst zu nehmen).

Für originelle Einfälle sind verschiedene Hirnregionen verantwortlich. Welche dabei am meisten zu neuen Lösungen beitragen, ist von dem jeweils benutzten Denkstil abhängig.

Der „freie Wille“

Gemeint ist darunter die Möglichkeit, sich zwischen verschiedenen Wegen, Angeboten bewusst entscheiden zu können. Die Annahme einer solchen Freiheit ist u. a. eine Voraussetzung für

  • die Wahl unserer Orientierungssetzungen (z. B. seine Meinungs-, Religionsfreiheit),
  • mögliche Schuldzuweisungen (z. B. durch ein bestehendes Recht; die persönliche Verantwortung hängt davon ab),
  • die Hintergründe sozialer Setzungen (z. B. die Pressefreiheit),
  • unsere „freiheitlichen“ Demokratievorstellungen.

Die heutigen Forschungen haben nachgewiesen, dass eine tatsächliche Willensfreiheit, unabhängig von persönlichen Prägungen, Motiven und Neigungen eine Fiktion ist, die wir nur als Setzung für die Aufrechterhaltung unserer Sozialsysteme benötigen. Alle unsere Entscheidungen sind deterministisch motiviert. Gemäß unseren Prägungen können wir orientierungsmäßig nur von einem Konsens sozialer Setzungen abweichen oder nicht abweichen und die soziale Gemeinschaft dann uns dafür gemäß unserem Verhalten mit Sanktionen belegen, d.h. fördern oder strafen. Alle juristischen Entscheidungen folgen dann im Rahmen eines kausalen Abwägens von Setzungen. Ein Problem bei der Bewertung unserer Handlungen bereitet der Umstand, dass alle unsere Überlegungen anthropozentrische überlagert sind und wir nicht bereit sind, dabei die anthropogene Geschichtlichkeit unserer Orientierungssetzungen zu sehen, in deren Rahmen wir uns gemäß unseres neurologischen Seins nur bewegen können. Alle nachfolgenden moralischen Bewertungen erfolgen nur auf diesem Hintergrund.

Der „Freie Wille“ ist eine Illusion. Versuche haben bewiesen, dass Handlungen bereits vor ihrer Ausführung von unterbewussten Impulsen gesteuert werden (Benjamin Libet 2007, John-Douglas Haynes 2008). Allerdings geht man davon aus, dass der Determinismus des Unbewussten sich nicht starr verhält, sondern dass sich verschiedene Hirnregionen in einem Wettbewerb miteinander befinden. Die Veto-Freiheit endet dann ca. 1/5 Sekunde  vor der jeweiligen Handlung.

Unseren bewussten Entscheidungen gehen unbewusste Vorentscheidungen voraus. Diese werden bestimmt von unseren Genen, unseren epigenetischen Entscheidungsmustern und unseren. Erfahrungen. Bei den von uns bewusst empfundenen Entscheidungen sind wir uns der eigentlichen unbewussten Motive und den vorangegangenen Abläufen auf unbewusster Ebene in unserem Gehirn nicht bewusst. Das Gehirn konstruiert seine Ich-Zustände selber, die es dann als sein Bewusstsein empfindet. Da alles in unserer Welt in unserem Gehirn seine Entsprechung hat, hängen dessen Aktivitäten von dessen Wollen ab.

Unser „Freier Wille“ ist ein soziales Konstrukt, ein gesellschaftliches Orientierungskonzept für das soziale Zusammensein. Es ist eine Setzung wie Aussagen

  • über die „Bestimmung des Menschen“,
  • das „spezifische Wesen“ des Menschen oder
  • die „Freiheit“ als sittlicher Auftrag.

Unsere Normenverletzungen sind an das Schuldprinzip gebunden. Wir besitzen für deren Sicherung, d. h. auch für die Sicherung unseres sozialen Daseins, keine andere menschengemäße Alternative. Um diese durchzusetzen, geraten wir in einen Widerspruch zur Natur des Biologischen, d.h. dem Ausmerzen des die gemeinsamen Normen Wider-sprechenden. Durch die Setzung des „Humanen“ als höchsten sozialen Wert bekommt dem Bewusstsein von „Verantwortung“ für unser Tun und unsere Umwelt eine besondere Bedeutung zu. Zwar geht unser Blickfeld von der Willensfreiheit eines Individuums aus, von der wir inzwischen wissen, dass es sie in der bisher angenommenen Form nicht gibt, doch kann sie durch den Begriff der „Verantwortung“ positiv ersetzt werden.

Unsere Vorstellung von einem unabhängigen „freien Willen“ bestimmen die gesamten Vorstellungen von unserer Individualität. Modern empfunden sind damit die Gedanken unserer Authentizität, Identität und unserem Selbstwertgefühl. Sie alle stellen als Werte soziale Setzungen dar, denen wir ihre Inhalte selber zusprechen:

Freiheit:

Wir leben unsere Existenz in einer ständigen Wechselwirkung zwischen unserer Natur und unserer Kultur. Wir können beide nicht voneinander trennen. Sozial wird von uns erwartet, dass wir Entscheidungen treffen, aber Entscheidungen im Sinne der Gemeinschaften. Individuell sind wir dagegen daran interessiert, unsere persönlichen Vorlieben zu befriedigen und dabei keine Grenzen zu besitzen. Wir empfinden dies als unsere Freiheit und leiteten sie früher aus unserer einmaligen Rolle gegenüber einem Gott und heute unserer genetischen Einmaligkeit in einem sozialen Rahmen ab. Dabeistehen unserem „Zuviel an Möglichkeiten“ unsere ungehemmten Naturzerstörungen gegenüber, die langfristig unseren Nachkommen ihre Existenzgrundlage rauben werden. Letztlich wird unsere empfundene Freiheit darauf hinaus laufen, unsere Handlungen gegenüber der Natur langfristig um unserer selbst willen zu disziplinieren, d.h. die grenzenlose Befriedigung unserer Wohlfühlbedürfnisse einzuschränken. Unsere Existenz wird in Zukunft nur in dem Sinne frei sein, in dem wir unsere gefühlten Augenblicke in Verantwortung leben.

Unser Freiheitsbewusstsein ist eine nachträgliche, rationale Begründung unseres Verhaltens. Seine Rationalisierung ist Teil unserer sozialen Machtbewegungen geworden, sei es gegenüber der Natur, dem sozial Schwächeren oder der sozialen Gemeinschaft gegenüber. Auch der Mensch lebt nur eine Existenz in seinen Grenzen. Versucht er sich darüber hinaus zu bewegen, zerstört er seine Lebensgrundlagen selber. Er kann seinem kulturgesteuerten kausalen Denken nur sein Empfinden für die komplexe Ganzheit seines Seins gegenüberstellen und – wenn er weiterhin bestehen will – sich letztlich nur in Bescheidenheit beschränken.

Authentizität:

Als authentisch gilt, was mit einer Gegebenheit (Wahrnehmung) übereinstimmt, d. h. in unserer Kultur u. a. die Idealforderung für die Übereinstimmung einer Person mit ihrem Erscheinungsbild oder ihrem Handeln. Authentizität gilt als ein Echtheitskriterium. Ihr Problem beginnt bei den Möglichkeiten verschiedener Wahrnehmungen, die abhängig sind von den Orientierungsvorgaben der Betrachtenden. Ein authentischer Mensch wird als unverbogen, als „echt“ gesehen. Dabei darf er nicht wesentlich von einem sozialen Orientierungskonsens abweichen. Ihre Bedeutung hat mit der Subjektivierung unserer Gesellschaft stark zugenommen, wobei dabei durch die zunehmende Vielheit der Individuen ein sozialer Konsens immer schwerer zu erreichen sein wird (und wesentlich zum Untergang der heutigen Menschheit beitragen kann).

Identität:

Unter diesem Begriff ist eine größtmögliche Übereinstimmung mit sich selber oder einer sozialen Gruppe zu verstehen, d. h. anthropologisch mit seinen Genen und seinen neuronalen Schaltungen (d. h. dem verinnerlichten Konsens seiner sozialen Setzungen). Jeder Mensch ist von hierher gesehen einzigartig. Zunächst haben alle Lebewesen gemeinsame Grundbasen, von denen sie dann in ihrer Art, genetischen Vielfalt oder auch bei den Menschen in ihren verschiedenen Kulturen voneinander abweichen.

Eine wesentliche Rolle für die persönlichen Orientierungsansätze spielt dabei die soziale Identität, die jeweils auf einem Wertegerüst baut. Sie folgt einem Konsens sozialer Setzungen und bestimmt weitgehend das persönliche Selbstwertgefühl der Personen. Hierher gehören z. B. die Geschlechterrollen oder die Gefühle für Gruppenzugehörigkeiten (z. B. Religionen, Nationen, örtliche Vereine).

Eine Identität betrifft immer die (angenommene) Einzigartigkeit eines bestimmten Individuums, die dieses in seiner Umwelt zu leben versuchen kann. Schwierig wird dies, wenn sie sich dabei gegen dominante Gruppen, d. h. bestehende Machtstrukturen richten muss. Als Ersatz dient dann oft eine Wir-Identität, innerhalb der man dann in einer Gruppe orientierungsmäßig mitschwimmen kann. Moden leben z. B. davon.

Selbstwert:

Er betrifft den Wert, den man sich selber zuspricht und berührt stark das persönliche Selbstvertrauen und Rechtsgefühl. Seine Ausrichtung erhält es über soziale Erfahrungen in der Kindheits- und Jugendzeit. Er wird über die Identifizierung mit Bezugspersonen und dem Erleben von Freiheiten gewonnen. Zu ihm gehören zunächst die Selbstannahme und dann das selbstsichere sich Behaupten in einem zielgerichteten Leben. Schicksalsschläge können es stark beeinträchtigen (z. B. Arbeitslosigkeit, ständige Abwertungen, Untreue, Trennungen). Überzogene Selbstwertgefühle können dagegen leicht zu Lasten anderer Personen ausgelebt werden und von diesen dann negativ sanktioniert werden.

Diese hauptsächlich auf das Individuum bezogenen persönlichen Werte entsprechen europäischen Vorstellungen, die auf dem religiösen Hintergrund persönlicher Schuld und der Rechtfertigung vor einem Gott gewachsen sind. Andere geistige Gemeinschaften, die diesen Hintergrund nicht kennen, dürften es nicht so schwer haben, das menschliche Sein in seiner Ganzheit verstärkt wieder in ihr Blickfeld zu nehmen.

Die Lebensphasen

Vielleicht kann man die Existenz des Gehirns mit Hilfe von drei Phasen beschreiben, seiner

  • Entwicklungsphase,
  • reifen Arbeitsphase,
  • (verstärkten) Abbauphase.

Und die Entwicklungsphase wiederum unterteilen in den

  • Erwerb des Bewusstseins (vielleicht bis zum 3. Lebensjahr),
  • Erwerb der Grundorientierungen (vielleicht bis zum Abschluss der Pubertät),
  • der Reifungsphase.

Die Jahre nach der Geburt stellen die eigentlichen „Schicksalsjahre des Lebens“ dar (Sabine Pauen). In dieser Zeit entstehen die meisten Nervenverbindungen. In Milliarden Nervenzellen entsteht durch Tätigkeiten und Erfahrungen im Laufe der Zeit ein mehr oder weniger stabiles Netzwerk. Die Rolle der Mutter dabei ist, die wichtigste Bezugsperson für die Gefühle des Kindes zu sein:

  • Sie stillt und stellt dabei eine enorme Oxytocinquelle (Botenstoff) dar.
  • Sie nimmt die Gefühle des Kindes wahr und kann sie beruhigend steuern.

Die Bildung der Außenhaut der Hirnzellen folgt Wegweisermolekülen (2003 waren ca. 100 von ihnen bekannt). Dabei entstehen eine Vielzahl von Armen und Fingern, die bei etwa 100 Milliarden Nervenzellen etwa 100 Billionen Schaltstellen bilden (besonders in jungen Jahren). Kinder unter 3 Jahren brauchen für die Förderung der Intelligenz und ihre sozialen Kompetenzen keine Kita, sondern allein eine soziale Sicherheit, ein Eingehen auf ihre Bedürfnisse. Sie sollen in dieser Zeit den elementaren Umgang mit Alltagserfahrungen lernen. Andere Aussagen basieren auf einem ideologischen Hintergrund. Mit ihren frühen Prägungen erhalten die Kinder ihre Wahrnehmungsfilter und Interpretationsvorgaben für ihr späteres Leben. Sie bestimmen u.a. deren ästhetischen Gefühle als Teil ihres Orientierungsapparates, den emotionalen Hintergrund ihres Gehirns. Die Erfahrungen eines Kleinkindes bestimmen weitgehend dessen späteren Umgang mit Stresssituationen. Ein einfühlsamer Umgang der Eltern hilft ihnen später bei ihrer Impulssteuerung (bei der Bindungspflege entsteht Oxytocin und dieses hemmt die Stresshormone). Entscheidend ist dabei das Entstehen von Bindungs-stellen für die Signalstoffe. Später knüpfen die Lehrer an diese Vorläuferfähigkeiten, die die Kinder vor ihrem ersten Schulbesuch erworben haben an. Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Kinder aus einem guten Elternhaus ein stärkeres Hirnwachstum besaßen (aus bildungsschwachem Milieus war es um 3 % kleiner, bei finanziell schwachen Familien       um 6 %). Bei Hindernissen suchen wir auf unserem existentiellen Weg nach Hilfen, am Anfang bei der Mama, dann später bei Freunden, bei Gott oder bei anderen sozialen Setzungen (wie in den Fundamenten unserer Wissenschaften).

In einer Schule geht es besonders um soziale Interaktionen. Ihre Akzeptanz wird weitgehend in den Elternhäusern vorbereitet. Dabei gilt, je mehr Aufgaben ein Gehirn zu leisten hat, um so leistungsfähiger wird es. Aktive bilden in ihrem Hippocampus mehr Nervenzellen (sowohl bei intellektuellen Leistungen wie auch durch Bewegung; so beeinfluss z.B. der Sport 20 % unserer Gene und damit deren Verhalten). Allgemein kann man sagen:

  • die Tätigkeit der verschiedenen Hirnareale lässt sich trainieren,
  • durch Wiederholungen, Üben werden neuronale Verbindungen gefestigt,
  • emotional gefärbtes Wissen bleibt länger haften als neutral vermitteltes,
  • über einen späteren Lernerfolg entscheiden oft die richtigen Stimuli,
  • positiv ist es, klare Strukturen vorzugeben, die der Schüler in seine Selbstorganisation einbauen kann.

Jedes Gehirn ist einzigartig. Dabei scheinen „Prädispositionen“ (Talente als genetische Vorteile) und früh erworbene Lernfähigkeiten ein späteres Lernen zu erleichtern. Es scheint unterschiedliche, individuelle Lerntempi zu geben. Am meisten verändert sich ein Gehirn durch das Erlernen von Neuem. Das Wissen über das Zusammenspiel der Neuronen erlaubt es, diese im Sinne von Absichten zu manipulieren.

Unsere geistigen und körperlichen Leistungen scheinen zur Hälfte genetisch festgelegt zu sein, doch gibt es bisher keine überzeugende Beweise für außergewöhnliche angeborene Fähigkeiten. Angeboren scheinen nur unterschiedlich große Bereiche in der Hirnrinde zu sein (z. B. bei Musikern). Talent und Begabung scheinen darüber hinaus die Ergebnisse harter Arbeit durch Üben zu sein (der Psychologe Erikson: Für außergewöhnliche Fähigkeiten brauchen Menschen bei körperlicher und geistiger Gesundheit mehr als 10.000 Übungsstunden. Durch jahrelanges Training werden dabei die entscheidenden Schaltstellen im Gehirn gestärkt. Anerkennung und Charisma (Selbstbewusstsein, anschauliche Sprache und gestenreiches Auftreten) verstärken dann den sozialen Effekt.

Eine Pubertät ist von einer Phase im Gehirn gekennzeichnet, in der bis zu seiner nachfolgenden Ausreifung ständig neue neuronale Verbindungen entstehen, die mit einer längeren Reaktionszeit auf Wahrnehmungen in Verbindung stehen. Die dadurch entstehende Unsicherheit führt wahrscheinlich nach außen zu einem als launisch wahrgenommenen Verhalten. Das Gehirn erfährt während seiner Pubertät seinen Umbau. Seltene Nervenverbindungen sterben ab. Der Anteil an grauer Substanz nimmt ab, während der der weißen Substanz zunimmt. Die Impulse zwischen den Hirnzellen werden um ein Vielfaches schneller. Das Gehirn ist dabei, in wenigen Jahren seine höchste Leistungsfähigkeit zu erreichen. Geleitet vom Hypothalamus, dem Steuerzentrum des Zwischenhirns erreicht jetzt der Wahrnehmungsapparat seine größte Leistungsfähigkeit, wie auch die Sprachzentren und zum Schluss die emotionale Steuerung des präfrontalen Cortex. Nach der Pubertät ist die Entwicklung des synaptischen Gerüsts eines Menschen abgeschlossen.

Die Entwicklungsfenster sind bei allen Menschen verschieden. Deshalb ist eine Vorhersage sehr schwierig. Am besten ist sie zunächst an Kinderfragen erkennbar, da diese jeweils ihrer bestehenden Entwicklung entsprechen. Ab dem 25. Lebensjahr beginnt der Gedächtnis-schwund. Ab Mitte 50 fängt das Gehirn an zu schrumpfen (jedes Jahr um ca. 1 %) und mit 70 haben 60 % aller Menschen leichte Gedächtnisstörungen. Mit zunehmenden  Alter wird unsere Welt bewusstseinsmäßig schleichend enger. Wir merken es selber kaum. Im fortgeschrittenen Zustand empfindet uns die Umwelt als eng- und starrsinniger. Wir können dann zwar die ganze Welt bereisen und denkend trotzdem enger werden. Bewusstseinsmäßig kann man selbst auf engstem Raum in sich eine große weite Welt erfahren. So hat z. B. der große Kant einst Königsberg kaum verlassen.

Im Alter kommt es zu einem allgemeinen körperlichen Abbau. Das kann sein im Bereich

  • der Sinne, Gelenke und Organe. Er ist oft mit Schmerzen verbunden und  wird im Allgemeinen offen eingestanden.
  • von Hirnschäden in ihren verschiedenen Schweregraden (z. B. Vergesslichkeit, Altersstarrsinn, einer Zunahme der psychischen Krankheiten, Demenz, Alzheimer). Dieser Bereich wird selten eingestanden, weil er oft sozial mit einem Makel behaftet ist.

Die vielen Formen der kognitiven Einschränkungen im Alter entstehen durch pathologische Eiweißablagerungen (z. B. bei Parkinson; ob Ursache oder Folge ist unbekannt):

  • Parkinson: Verschlechterter Dopamintransport über die Nervenverbindungen; lässt sich nur verzögern, nicht aufhalten.
  • Alzheimer:  Es gibt 6 Biomarker:
    • 3 als bildgebende Verfahren,
    • 3 im Labor über Hirn- und Rückenmarkflüssigkeiten,
    • pathologische Amyloid-Plaque-Ablagerung.

Die heutige Medizin kann über diese Krankheiten viele Aussagen machen, ohne helfen zu können. Wir wissen über die Krankheiten immer mehr, ohne deren Zusammenhänge zurzeit zu verstehen und damit ohne wirklich helfen zu können. Eine Demenz lässt sich nur verzögern durch

  • viel Bewegung,
  • abwechslungsreiche Ernährung,
  • menschliche Kontakte,
  • geistige Regsamkeit.

Die Abbauprozesse im Gehirn lassen sich dadurch aufhalten, indem die verbleibenden Gehirnzellen weiterhin aktiv bleiben. Alle Außenreize helfen seiner „gebrauchsabhängigen Plastizität“.

Männer  /  Frauen

Unser augenblickliches Verhältnis zwischen den Geschlechtern wird ideologisch bestimmt. Die Ursachen dafür sind

  • Veränderungen in den sozialen Strukturen durch die nachindustrielle Wirtschaft,
  • historische Ungerechtigkeiten beim Anlegen des Ideals der Gleichheit aller Menschen,
  • Vorteilsansprüche im sozialen Wettbewerb (Vorzug selbst bei schlechteren Bewertungen; z. B. Quotenfrauen),
  • bestimmte psychische Befindlichkeiten von Frauen, die nur über ihr Frausein sozial aufgewertet werden wollen (Genderbewegung als Sozialpsychose).

Durch eine Vermischung dieser Hintergründe ist eine eigene ideologische feministische Kultur entstanden, die zurzeit als Genderforderungen unsere gesamte westliche Politik bestimmt. Auf einen kulturell sinnvollen Kern zurückgeführt verbleibt,

  • Frauen und Männer sind sozial gleichwertig,
  • Damit haben sie das Recht auf
    • die gleiche Bildungsförderung,
    • das gleiche Einkommen bei gleicher Tätigkeit.

Das heutige Problem ist, dass es zurzeit überhaupt keine frauengemäße eigene Kultur gibt. In ihrer Breite sind die Frauen gesellschaftlich wahrscheinlich wichtiger als die Männer, doch wird diese ihre Bedeutung von fraueneigenen Kreisen neurotisch diffamiert, ihr biologischer Hintergrund verdrängt und in einer Gesellschaft, die darauf  vorbereitet, in wenigen 100 Jahren als historischer Rest nur noch Roboter-Hybriden zu dienen, von den tatsächlich bestehenden Gefahren für die Menschheit ablenkt.

Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern werden von den verschiedenen Anteilen bestimmter Hormone bereits im Mutterleib bestimmt (besonders Testosteron; Männer haben 10 – 20x mehr Testosteron als Frauen; die genauen Ursachen dafür sind nicht bekannt). Sie beeinflussen vermutlich neben den Keimdrüsen auch das gesamte Nervensystem bis in das Erwachsenalter hinein. So weist die weiße Hirnsubstanz bei den Geschlechtern deutliche Unterschiede auf. Hinzu kommen die verschiedene epigenetische Auswirkungen während der Schwangerschaft, die dann über die Mutter zusätzlich das gesamte Genom der verschiedenen Geschlechter erfasst.

Frauen unterscheiden sich von Männern

  • in Größe und Gewischt,
  • in ihrer Muskelmasse (durch den verschiedenen Testosteronbesitz),
  • in ihrem Körperfett- und Wasseranteil,
  • in der Durchblutung ihrer Organe,
  • in der Funktionsgeschwindigkeit der Nieren,
  • in der Konzentration ihrer Abbauenzyme in der Leber (z. B. beim Alkoholabbau),
  • in der Widerstandsfähigkeit  gegenüber Krankheiten (Frauen nehmen z. B. Schmerzen stärker wahr),
  • in der Verarbeitung von Umwelteinflüssen,
  • in der Wirksamkeit von Medikamenten,
  • in ihrem Verhalten (Männer sind z. B. risikobereiter, aggressiver),
  • in ihrer Lebenserwartung,
  • in der Schule sind Mädchen erfolgreicher als Jungen,
  • bei den Männern gibt es mehr Spitzenbegabungen, aber auch mehr Schwachbegabte (bei den Frauen ist der Anteil der Mittelintelligenten größer).

Man kann oft bereits beim Betreten eines Gartens erkennen, ob er überwiegend von einer Frau oder einem Mann gestaltet wurde. Ein von einer Frau gestalteter Garten ist in der Regel überwiegend farb- ein von einem Mann geschaffener eher raumorientiert.

Frauen

  • können intuitiv Informationen besser miteinander verbinden,
  • können sich besser Gesichter und Wörter merken,
  • sind aufmerksamer,
  • besitzen ein besseres soziales Erkenntnisvermögen,
  • denken verstärkt empathisch,
  • empfinden stärker Stress,
  • werden 2 – 3 x so häufig depressiv wie Männer,
  • ihr in den Eierstöcken produziertes Östrogen beeinflusst das Ostradiol in ihrem Dopamin-, Serotonin- und GABA-Haushalt und damit ihre Gemütsschwankungen, ihr Kurzzeitgedächtnis und ihre kognitiven Funktionen.

Männer:

  • können sich besser räumlich zurechtfinden,
  • können besser ihre Bewegungen koordinieren,
  • sind eher gewalttätig (90 % der Gewalttaten werden durch sie verursacht).

Auch die Gehirne der beiden Geschlechter unterscheiden sich in etwa einem Dutzend anatomischer Merkmale:

  • das männliche Gehirn ist um ca. 10 % größer (das des Mannes besitzt ca. 23 Mrd. Nervenzellen, das der Frau ca.19 Mrd.),
  • der Hypothalamus ist bei jungen Männern doppelt so groß wie bei Frauen (es besteht eine verschiedene Affinität der Rezeptoren für verschiedene Neurotransmitter),
  • die Mandelkernregion ist bei Männer größer als bei Frauen,
  • für das räumliche Sehen nutzen Männer eine Hirnregion, Frauen zwei,
  • bei Gesprächen arbeitet bei Männern vorrangig die linke Hirnhälfte, bei Frauen beide,
  • Frauen haben das bessere Einfühlungsvermögen, das größere Sprachvermögen und das bessere Farbgefühl,
  • beide Geschlechter lösen ihre Probleme auf verschiedene Weise (Männer denken systematischer, finden schneller Details).

Die Gehirne der Geschlechter entwickeln sich bereits als Föten verschieden, sind anders verschaltet und kommunizieren zwischen ihren Gehirnteilen anders. Wer eigene Kinder hat, kann sehr früh (ab etwa 1 ½ Jr.) deren verschiedene Spielbedürfnisse beobachten. Mädchen ziehen beim Spielen Puppen vor und später kreative Dinge. Sie lieben eher Tiere (frühe Pferdeliebhaber sind fast immer Mädchen). Jungen dagegen wenden sich schon früh dem Spiel mit Autos zu und ziehen später die Mathematik vor. Diese Unterschiede werden heute aus ideologischen Gründen zur Rechtfertigung verschiedener feministischer Forderungen und der Begründung von Ansätzen zur Zerschlagung der traditionellen Familienverbände als Folge soziokultureller Einflüsse hingestellt. Beobachtungen bei nichtsozialisierten Affenweib- chen sprechen dagegen. Dabei gibt es durchaus auch anerzogene Verhaltensweisen durch soziale Prägungen, da neben unserer biologischen, genetischen Ausstattung auch fortwährend Umweltfaktoren auf unsere Gehirnschaltungen einwirken. Es kann aber nicht bestritten werden, dass beide Geschlechter verschiedene neuronale Systeme besitzen, in denen die verschiedenen Gene jeweils verschieden mitwirken.

Welches Geschlecht in einer Gesellschaft sozial dominiert, ist wahrscheinlich zunächst genetisch festgelegt. Man denke nur an den Silberrücken bei den Gorillas. Man kann sich daran ideologisch stören. Man kann auch von anderen Arten Gegenbeispiele anführen. Gegen den biologischen Dominanzhintergrund des Mannes in vielen Lebensbereichen wird es schwer sein, einen solchen zu bestreiten (wie es auch biologisch weibliche Dominanzbereiche gibt, z.B. im Pflegebereich der Brut oder in der sozialen Kontaktpflege). Man wird versuchen im Rahmen unserer zivilisatorischen Entwicklung,  – in Form einer individualisierenden Gleichmacherei -, dies zu ändern, die biologischen Hintergründe in Frage zu stellen, doch wird niemand dabei sagen können, welchen Preis wir am Ende dafür werden zahlen müssen. Unser Entfernen von unserer in der Evolution gewachsenen Natur bedeutet ein Ausgeliefertsein willkürlicher Orientierungssetzungen, das Beschreiten eines Weges, dessen Ende wir nicht kennen.

Unsere sozialen Geschlechterrollen haben sich geschichtlich weitgehend aus unseren genetischen Entwicklungen ergeben. In der Fortpflanzungsgemeinschaft Familie sicherte der Mann diese nach außen ab und bemühte sich um die Nahrungsbeschaffung, während die Frau sich um die Existenz des Nachwuchses kümmerte. In unserer zunehmenden sozialen Gleichmacherei folgen wir einem Programm der geschlechtlichen Umerziehung. Wir sind nicht mehr weit von einer Retortengesellschaft entfernt, in der die einstige Sexualität nur noch dem Vergnügen dient. Damit begeben wir uns auf einen entscheidenden Weg vom Homo sapiens hin zur Roboter-Hybride am Ende der Entwicklung.

Gefördert wird diese Entwicklung durch die gesellschaftliche Gleichstellung sexueller Abweichungen. Dazu gehören besonders die Ausrichtungen im präoptischen Areal (POA, ein Nervengeflecht. Die darin zur Wirkung kommenden Hormone bestimmen das jeweilige Geschlechtsverhalten, wahrscheinlich u. a. auch die Homosexualität). Ihre Aktivität scheint stark epigenetisch beeinflusst zu werden.

Einen großer Anteil an dieser Entwicklung hat der Feminismus, der Frauengruppen mit einem oft reduzierten Bedürfnis zu einer pflegenden Zuwendung, d. h. Frauengruppen mit bestimmten Botenstoffhaushalten einerseits und einem verstärkten männlichen Hirnstoffwechsel andererseits versuchen, über die Solidarisierung ihres Geschlechts für sich persönliche Karrierevorteile zu erringen. Es glückt ihnen, Geschlechtsgenossinnen im Rahmen deren Problemkompensationen für ihre Interessen zu mobilisieren. Das gelingt ihnen leicht, weil viele alte Orientierungssysteme heute überholt sind und von sozialen Funktionsverschiebungen begleitet werden. Unser heutiges Problem ist, dass uns für eine moderne Weiterentwicklung der Menschheit ein zukunftsfähiges Menschenbild fehlt.

Geschichtlich hat es einen geschlechtlichen Rollenwechsel in den meisten Gesellschaften nur in vier Ausnahmesituationen gegeben:

  • biologische bedingt durch
    • genetische Abweichungen (bessere Leistungen in Einzelbereichen; Mannsweib),
    • männliche Hahnenkämpfe und ein gegenseitiges männliches Blockieren (fast alle weiblichen Führungskräfte der westlichen Welt kamen im politischen Bereich auf diesem Hintergrund an ihre Macht),
  • sozial bedingt durch rechtliche Setzungen:
    • erbrechtliche,
    • Quotenregelungen.

Im Verlauf des Alters nehmen die Geschlechterunterschiede zu.

Bei all diesen Gedanken ist zu berücksichtigen, dass die Frauen für die Fortpflanzung wichtiger als die Männer sind. Ihr Erbanteil ist größer, da die Väter nur an einer Hälfte der Chromosomen im Zellkern beteiligt sind und die Zellorgane, die später den Stoffwechsel der Zellen bestimmen, allein von den Müttern weitergegeben werden.

Geist  /  Seele

Obwohl der „Geist“ der Philosophie, wie auch die „Seele“ der Religionen sind soziale Setzungen innerhalb eines Gefühls, dass es außerhalb der rational bekannten Kräfte noch Unbekanntes geben soll, die zu der umgebenden Natur und zu einem selbst in einer besonderen Beziehung stehen. Dabei kann niemand sagen, was sie eigentlich genau darstellen und welche Funktionen sie besitzen. Beides sind kulturabhängige Begriffe, die je nach persönlichem Hintergrund und Betroffenheit für die verschiedensten Inhalte stehen  können. In ihrer gegenwärtigen Diskussion wird von deren immateriellen Charakter ausgegangen und darauf verwiesen, dass das Gehirn für das Materielle steht, für etwas Leiblich-Physisches und seine Betrachtungen bisher keine befriedigende Erklärungen für den Übergang seiner Reizwelt in eine geistige Welt geben könne. Geantwortet kann darauf werden:

  • Man weiß, dass das Gehirn in seiner heutigen Beschaffenheit, ein Ergebnis seiner Evolution ist (viele seiner Vorgänge sind unbewusst und als molekulare Prozesse bereits bei primitiven Lebewesen angelegt. Die für die Gedächtnismechanismen zuständigen Proteine sind bereits bei Hefebakterien oder bei Würmern zu finden).
  • Man weiß, dass unsere gesamte geistige Tätigkeit auf verschiedenen miteinander agierenden Hirnarealen beruht, deren schwieriges Verständnis in deren Komplexität beruht. (Viele neuronale Teilvorgänge versteht man bereits).
  • Man weiß, dass unser Bewusstsein ein jeweiliger Zustand unseres gesamten Gehirns ist (d. h., dass es über viele Areale zugleich synchron arbeitet).
  • Man weiß, dass jede geistige Tätigkeit von neuronalen Vorgängen abhängig ist (und als solche mit Hilfe bildgebender Verfahren messbar).
  • Man weiß, dass alle Veränderungen im Bewusstsein (im Geist) Veränderungen im Gehirn bedingen. (Zweifler einer Gleichsetzung von geistigen Aktivitäten und Gehirnvorgängen  berufen sich auf das „Qualia-Problem“, das mentale Zustände Erlebnisprodukte sind).
  • Man weiß, dass die Struktur eines Geistes weitgehend von dessen Prägungen durch die Normen seiner ihn erziehenden Gesellschaft bestimmt wird.

Unter einer „Seele“ wird je nach sozialem Hintergrund oft sehr Verschiedenes verstanden. In unserer Kultur versteht man bei ihr

  • die Gesamtheit aller menschlicher Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge (d. h., alle Abläufe in unserem Gehirn; Synonym für Psyche),
  • das Prinzip, das hinter den Gefühlsregungen und geistigen Vorgängen steht,
  • etwas Immaterielles, das das individuelle Leben bestimmt (etwas vom Körper Unabhängiges, Unsterbliches).

Die Diskussion über sie ist weit aufgefächert und umfasst Positionen von einer

  • körperunabhängigen Substanz bis hin zu einem
  • mentalen Zustand (dessen Vorgänge in Zukunft biologisch geklärt werden können).

Unter einer „Seele“ verstehen

  • Naturvölker oft die Vielzahl der Mächte, die auf ihr Leben einwirken. (Es besteht kein Unterschied zwischen einer subjektiven und objektiven Realität. Das Mitgeben von Nahrungsmitteln im Grab lässt vermuten, dass bereits die Menschen der Jungsteinzeit ein feinstoffliches Seelenverständnis besaßen).
  • In frühen indischen Lehren geht man vom menschlichen Körper als dem Träger         einer Seele aus. Sie besitzt eine Priorität vor ihm und trennt sich ausdauernd bei einem Tod von diesem. Später wird ihr eine metaphysische, monistische Realität zugesprochen (bei einer bedeutungslosen Existenz des Körpers in einer Scheinwelt, so in der Veda-Richtung) oder eine dualistische als Vertreterin einer dauerhaften Welt gegenüber einer sterblichen realen Welt. Der Buddhismus bestreitet die Existenz einer Seele. Mit dem Tod endet die körperliche Existenz und geht in einen Kreislauf der Wiedergeburten ein.
  • In China gab es zwei Seelenformen, denen das Yin-Yang-Prinzip zugeordnet war. Sie waren nicht immateriell. Bei einem Tode blieben sie bei dem Verstorbenen (Grund für den chinesischen Ahnenkult).
  • In der Antike war die Seele
    • ein Träger des Belebtseins (bei Homer),
    • unsterblich bei den Orphikern und Pythagoreern (Platon wurde von ihnen beeinflusst),
    • Durch Platon bekommen dann die christlichen Seelenvorstellungen ihre entscheidenden Inhalte. Danach

*   ist sie immateriell und unsterblich,

*   besteht sie unabhängig vom Körper,

*   ist sie ethisch und kognitiv mit der Person identisch,

*   steht sie als gottähnlich über dem sterblichen Körper.

    • Aristoteles kritisierte Platon. Sie ist bei  ihm das immaterielle Formprinzip aller Lebewesen. Ohne sie kann ein Körper nicht sein. Sie ist „die erste Entelechie“ (Vollendung). Ihre Existenz endet mit dem Tode.
    • Für die Stoiker war sie dann der „herrschende Teil“ über den Intellekt und alle psychischen Tätigkeiten. Sie glaubten nicht an deren unbegrenztes Fortbestehen.
    • Die Neuplatoniker forderten eine Rückkehr zu den Lehren Platons. Aus einer göttlichen immateriellen Welt kommend, strebe sie in ihre Herkunftswelt zurück. Die Einzelseelen waren Teil der Weltseele (Plotin).
  • Das Judentum kannte ursprünglich keine Seele im christlichen Sinne. Ihre „Vitalseele“ (nefesch, Genesis 2.7) war der Lebensatem den Gott Adam in die Nase blies. Sie war nicht unsterblich, und auch die Tiere besaßen sie. Später, nach der Tempelzerstörung (70 n. Chr.), entstanden in der Diaspora unter dem Einfluss des Hellenismus verschiedene Strömungen, die teilweise an ihre Unsterblichkeit glaubten (z. B. die Pharisäer) und teilweise sie ablehnten (z. B. die Sadduzäer). In die spätere „Kabbala“ (8. – 12. Jh., eine Schriftensammlung) floss dann viel neuplatonisches Denken ein.
  • Im Mittelalter folgte man weitgehend den Lehren der Kirchenväter, die Platon gefolgt waren und der Seele ein eigenständiges Dasein zugesprochen hatten. Über die Seele offenbare sich das eigentliche Menschsein und sei man ein Teil der Weltseele. Als dann die Schrift von Aristoteles „Über die Seele“ bekannt wurde, geriet die Seele als Entwicklungshöhepunkt des Körpers (Entelechie) in den Blickpunkt. Es entstand das Problem, dass sich eine Unvereinbarkeit mit der Unsterblichkeit ergab und sich zwei Schulen bildeten (Dominikaner und           Franziskaner). Deren Diskussionen verliefen durch das ganze Mittelalter sehr kontrovers. Fast jeder der bedeutenden damaligen Theologen hatte eine eigene Seelenvorstellung.

1513 wurde dann die individuelle Unsterblichkeit der menschlichen Seele von            der katholischen Kirche zum Dogma (85. Laterankonzil) und 1950 als unmittelbar von Gott geschaffen erklärt (Enzyklika „Humani generis“). Im protestantischen Bereich sah Calvin den menschlichen Körper als ein Gefängnis seiner Seele, von dem und von dessen Sünden sie sich über den Tod befreit.

In einer modernen „Ganztodtheorie“ stirbt sie mit dem Körper und steht mit ihm als Einheit gemeinsam wieder auf, da die Leib-seele-Einheit unzertrennlich ist.

Der Seelengedanke zieht sich durch die gesamte europäische Kultur. Man kann ihn in sehr vielen Bereichen der Kunst und in vielen Ideologien finden. In der Philosophie besaß er eine besondere Rolle in der

  • Ontologie, d. h. der Frage nach dem Substanzcharakter von Körper und Geist (= Seele),
  • Philosophie des Geistes, d. h. der Frage nach den Verbindungen zwischen körperlichen und geistigen Phänomenen,
  • Erkenntnistheorie, u. a. bei der Frage, ob das Bewusstsein nur ein Ergebnis neuronaler Determinanten ist.

Besonders der cartesianische Dualismus baut auf den Gegensatz von materieller Natur und immaterieller Seele. Descartes (1596 – 1650) unterschied zwischen der an einen Raum gebundenen Materie und der „ausdehnungslosen“, denkenden Seele. Der Körper gehöre zur Materie, alle seine Funktionen lassen sich durch Naturgesetze erklären, die Seele dagegen zu einer unveränderlichen, unsterblichen Substanz. Die Fähigkeit, Gedanken zu  haben, ist etwas Nichtphysisches. Man kann es Seele nennen.

Nach Kant (1724 – 1804) kann die Existenz einer Seele weder bewiesen noch widerlegt werden. Der Mensch könne nur über sich als Erscheinung nachdenken. Er hielt ihre Existenz aber für eine moralische Notwendigkeit.

Für Hegel (1770 – 1831) war die Seele dann eine Entwicklungsstufe des Geistes. Sie ist nach ihm eine „Immaterialität der Natur“, deren ideelles Dasein. Über sie bewegt sich die Leiblichkeit in drei Stufen zum Bewusstsein.

Mit dem 18. Jh. beginnt dann die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Seele in der modernen Psychologie. Die Empiristen (John Locke, David Hume) führten alle Kausalbeziehungen auf Naturgesetze zurück. Da die Seele außerhalb der Erfahrungswelt stände, könne ihre Existenz nicht bestätigt werden. Das Denken folge „logischen“ Denkoperationen und nicht idealen Gesetzen. An die Stelle philosophischer Überlegungen wollte man allein die Psychologie als Grundlage der Erkenntnisvorgänge anerkennen. Alle geistigen Probleme sollten mit ihrer Hilfe erklärt werden (Psychologismus und viele Vertreter der Lebensphilosophie). Dagegen wurde das Argument gebracht, dass psychologische Erkenntnisse keine Aussagen über deren Wahrheitsgehalt enthielten (Logiker, Wissenschafts-theoretiker, Phänomenologen, Heidegger, Sartre).

Heute werden verschiedene Seelenpositionen vertreten:

  • Die Seele ist nur zu Lebzeiten an den Körper gebunden (platonische Position).
  • Körper und Seele bilden eine Einheit  (verbreitete christliche Position).
  • Es gibt sie als wirkendes Mentales, aber nicht als etwas Unsterbliches.
  • Auch mentale Zustände sind materielle Zustände, die auf funktionellen Zuständen beruhen.
  • Das „Seelische“ umschreibt nur neuronale und körperliche Zustände.

Ein verwandter Begriff zur „Seele“ ist der „Geist“. Oft werden beide synonym verwendet. Im griechischen Verständnis enthielt er die Inhalte:

  • pneuma (= Hauch): Für die Stoiker die materielle Substanz der Einzel- und der Weltseele, die den gesamten Kosmos durchdringt und organisiert:
  • nous  (= Vernunft),
  • Psychê  (= Seele),
  • thymos  (= Lebenskraft),
  • logos  (= Rede, Vernunft).

Seine Natur war das zentrale Thema der Metaphysik. Heute wird er in unserer Kultur in zwei Bedeutungen verwendet:

  • als Einheit für sämtliche kognitiven Fähigkeiten des Menschen (Denken, Wahrnehmen, Erinnern),
  • als etwas auf den Körper Einwirkendes, von Gott Geschaffenes, mit ihm Wesensgleiche und Identische.

In der Geschichte der Philosophie wurden verschiedene Positionen über den Geist vertreten:

  • Anaxagoras (um 500 – 428 v. Chr.): Der Geist ist das Bewegungsprinzip, das der Materie gegenüber steht.
  • Augustinus (354 – 430 n. Chr.): Der Geist ist das „Auge“ der Seele, das die ewigen Wahrheiten erkennen kann. Er ist eine an der Vernunft teilhabende Substanz.
  • Thomas von Aquin (11225 – 1274): Die Seele ist eine geistige Substanz. Sie ist als solche unsterblich. Der Geist ist zur Erkenntnis auf einen Leib angewiesen.
  • Descartes (1596 – 1650): Der Mensch besteht aus einem materiellen Körper und einem immateriellen Geist (im Gehirn interagieren sie miteinander).
  • Hume (1711 – 1776): Der Geist beruht allein auf Formen der unmittelbaren Wahrnehmung.
  • Kant (1724 – 1804): Der Geist ist an der Bildung der Realität beteiligt (eine von der Subjektivität freie Realität lässt sich nur als ein Ding-an-sich vorstellen).
  • Hegel (1770 – 1831): Der geschichtliche Prozess stellt eine Entwicklung des Weltgeistes dar. Seine drei Erscheinungsformen sind der
    • subjektive Geist des einzelnen Menschen,
    • objektive Geist der menschlichen Gemeinschaften,
    • absolute Geist als Grund allen Seins.
  • Idealismus (Fichte, Schelling): Es gibt keine vom Geist unabhängige Wirklichkeit. Er ist konstitutiv in der Natur und muss deshalb in ihr nicht mehr lokalisiert werden.
  • Evolutionstheorie: der Mensch wird zunehmend als ein biologisches System betrachtet. Sein Geist ist das Produkt biologischer Prozesse.
  • Wiener Kreis: Alle Aussagen über den Geist sind sinnlos, da sie nicht überprüfbar sind.
  • 60er Jahre: Das Gehirn wird auf seine neurowissenschaftliche Vorgänge reduziert (besonders in England). Nicht erklärbar blieben das Bewusstsein der Phänomene (Qualia).

Heute ist das Gehirn eines der wichtigsten Forschungsgegenstände der modernen Wissenschaften. Mit Hilfe einer Fülle von Daten werden von ihm Modelle erstellt. Die Struktur des Geistes entwickelt sich dabei aus seinen genetischen Vorgaben und sozialen Einwirkungen zu einem umfassenden Orientierungssystem, mit dessen Hilfe sich die einzelnen Individuen in ihrer Umwelt zurechtfinden.

Für Gerhard Roth ist die „Seele“ das Ergebnis eines evolutionären Prozesses, der neben den kognitiven Leistungen des Geistes auch die gesamte Erlebnis- und Gefühlswelt umfasst. Sie stellt nichts Religiöses dar, sondern steht für „das ganze Sammelsurium von Gedanken, Wahrnehmungen und Vorstellungen“. Unser Bewusstsein als deren Hintergrund ist die Folge eines komplexen neurobiologische Beziehungssystems. Eine Kommunikation ist ohne sie nicht möglich. Tiere scheinen Vorstufen zu haben. So besitzt z. B. auch der Vogelgesang nach neueren Erkenntnissen eine eigene Grammatik und Syntax. Selbst unser Schönheitsempfinden ergibt sich aus der Interaktion unserer Neuronen und ist ein Ergebnis ihrer naturwissenschaftlichen Gesetzmäßigkeiten.

Mit Hilfe religiöser Anschauungen versuchen die frühen Menschen für ihre Orientierungen sich eine geistige Grundlage zu schaffen. Die von ihnen früher nicht erklärbaren Naturbeobachtungen wurden mythisch überhöht und als Formen übergeordneter Mächte erklärt. Seit den frühen Griechen versuchte man sich diese Kräfte dann rational zu erklären. Das Mythische wurde zunehmend entzaubert, und es begann in der menschlichen Kultur die Zeit der Wissenschaften. Heute sind viele Fragen im biologischen Bereich weitgehend geklärt. Niemand vermutet hier noch geheimnisvoll Kräfte. Man geht aus von

  • der Einheit der Natur (in der alles denselben Gesetzen unterworfen ist),
  • dem Entstehen unserer Persönlichkeit in unserem Gehirn (es steuert unbewusst und bewusst unser verhalten und unsere Entscheidungen),
  • der weitgehenden Steuerung des Bewusstsein vom Unbewussten und Vorbewusstem (dem bewussten Erleben von Wahrnehmungen und Gedanken gehen unbewusste neuronale Prozesse voraus),
  • einem Wiederspiegeln von Gehirnfunktionen in allen unseren geistigen Funktionen,
  • dem Zusammenwirken verschiedener Bereiche des „limbischen Systems“ bei den verschiedenen Ausdrucksformen des Psychischen (z. B. Angst, Aggression, Freude u. a.).

Während die früheren Jahrhunderte vom Orientierungskampf der Philosophie gegen die Theologie bestimmt waren, sind es heute die Geisteswissenschaften gegen die modernen Naturwissenschaften. Und bei den einzelnen Wissenschaften wechselte der Forschungsgegenstand von den Philosophen zu den Psychologen und heute zu den Neurobiologen. Während früher die Hauptfragen waren,

  • Was sind Geist und Bewusstsein?
  • Woher kommen meine Gefühle und Gedanken?
  • Weshalb handle ich so und nicht anders?

sind sie heute spezifischer geworden

  • Wie entwickeln sich Psyche und Gehirn?
  • Wie entsteht unser geistig-psychisches Erleben?
  • Welche Grundlagen bilden unsere Persönlichkeit?
  • Wie entstehen psychische Krankheiten?
  • Wie wirken Neuromodulatoren, Neuropeptide und Neurohormone zusammen?

Die größten Probleme stellen dabei die Beziehungen zwischen den beobachteten Hirnprozessen und den bewusst erlebten Vorgängen des Wahrnehmens, Denkens, Erinnerns und Fühlens dar. Unsicher scheint man auch bei der Frage nach der „Natur des Geistig-Psychischen“ zu sein.    Allgemein kann man sagen, dass der Stand der Forschung viel weiter ist, als es im Bewusstsein der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.

In der Philosophie sind dem Autor keine neueren Aussagen zur Gehirnforschung bekannt. Der Wechsel von materiellen, elektrochemischen Phänomenen zu geistigen Inhalten scheint das Ergebnis von komplexen Hirnstrukturen zu sein, an deren Endergebnis wir Bilder sehen, in denen wir uns bewegen können, sei es in unseren Gefühlen oder in rationalen Abfolgen. Es sind Bilder in einer eigenständigen Elektromagnetischen Qualität, denen wir in Ermangelung eines anderen Verständnisses eine Besonderheit zusprechen, die Besonderheit eines „Geistes“. Vielleicht stellt dieser eine neue Evolutionsstufe dar. Wenn wir uns die Welt in ihren kleinsten Einheiten anschaulich in der Quantenwelt als ein Wechselbild von Materie und Energie vorstellen, die wir durch unsere Evolution über unsere Sinne und der Konzeption unseres Gehirns für unsere Orientierung nur materiell begreifen. Genau genommen nur als eine orientierungswertige Scheinwelt, die in ihrer tatsächlichen Realität als Wellenwelt, als Energiewelt unserer Sinnenwelt entspricht.

Vielleicht läuft es darauf hinaus, dass auch unsere Gedanken in ihrer Komplexität eine Quantennatur besitzen und wir sie deshalb letztlich nur begrenzt physisch begreifen können. Einerseits sind sie die materiellen Ergebnisse fassbarer elektro-chemischer Abläufe, andererseits auf einer komplexen Ebene die Summe quantenartiger Wellen, die wir als solche bewusst erleben können. Unser Bewusstsein ist nicht amateriell. Es besteht auf unserer Orientierungsebene aus elektro-chemischen Abläufen, die wir in ihrer Komplexität über Prägungen durch eine symbolbeladene Sprache unserer Kultur als amaterielle Bilder erleben. Wir orientieren uns über sie in einer mittleren Ebene des Seins, d.h. unserer Existenzebene, unserem anthropomorphen Bezugsinhalt in einer universalen Ganzheit.

Dass wir Menschen viele Tatbestände, bzw. Folgen nicht verstehen, vielleicht nie verstehen werden, liegt nicht an dem Hintergrund ihrer Quantennatur, sondern an deren Komplexität. Wir sind für unsere Orientierung nur in der Lage eine bestimmte Situation in einer bestimmten Umgebung zu erfassen. Das Sein ist dagegen eine Einheit in der alles mit allem in einer Beziehung steht. Wir befinden uns in ihm nur an einem bestimmten Ort, in dem wir uns für unsere physische und geistige Weiterbewegung nur in eine Beziehung setzen können, weitgehend unbewusst und danach in Zielsetzung für unser Empfinden kausal-bewusst. Aber letzteres erfolgt genau genommen als eine Bezugsreaktion auch nur in einer großen, übergeordneten Ganzheit. Wir wissen nicht wie unsere Welt in unserem Bewusstsein entsteht. Wir wissen nur, dass sie anders ist als diejenige, die wir wahrnehmen, anders ist als unsere Orientierungswelt. Wir sehen nur das, was wir gelernt haben zu sehen. Entscheidend dafür sind unsere genetischen Vorgaben und unsere Orientierungsprägungen, denen wir nicht entweichen können. Sie schaffen die Grundlagen unsers Fühlens und Denkens, unseres Selbstverständnisses, das im Dialog mit seiner Umwelt tritt, die dann nach ihren eigenen Gesetzen darauf reagiert.