Das Reich Alexander d. Gr. entsteht und zerfällt. Das römische Weltreich übernimmt das geistige griechische Erbe. Man wendet sich verstärkt der Ethik zu. Zwei Schulen beherrschen seine Gedankenwelt: Die
- Stoa,
- Schule Epikurs.
Ihre Vereinigung finden sie später im römischen Eklektizismus.
Die „Stoa“
- alte Stoa:
u.a. Chrysippos (durch ihn erhielt die klassische Philosophie eine größere Geschlossenheit).
- mittlere Stoa:
Ihre Vertreter brachten das stoische Gedankengut nach Rom.
- späte Stoa:
u.a. Seneca (4 v. Chr. – 65 n. Chr.), Epiktet (um 50 – um 138 n. Chr.) und Kaiser Marc Aurel (121 – 180 v. Chr.).
Sie wurde zu einer Art ethischer Religion für die Römer. Sie unterscheidet in der Philosophie die Logik, Physik und die Ethik. Eine Erkenntnis erfolgt durch die Abbildung eines Objekts in der Seele. Durch die Vernunft wird diese zu Begriffen umgeformt.
Die Weltvernunft ist der „Logos“, der in der eigenschaftslosen Materie deren Entwicklungen steuert. Die Welt ist aus einem Urfeuer hervorgegangen und wird in einem solchen auch wieder untergehen.
Dieser Logos, dieses Urfeuer ist Gott, auf den alles Sein in seiner Ordnung zurückgeht. Dieser Ordnung (= Schicksal) und dem göttlichen Ziel (= Vorsehung) kann man nicht entfliehen. Auf diesem Gedankengang baut die stoische Ethik. Da die äußere Welt dem Menschen vorgegeben ist, verbleibt nur seine innere, auf die er Einfluss nehmen kann. Er behält nur als höchstes Ziel die Möglichkeit, mit der Natur in Harmonie zu leben und über seine Seelenruhe sein Glück zu erreichen. Dafür muss er lernen, seine Gefühlswelt zu beherrschen, d.h. seine Lüste, Begierden und Ängste.
Alles sittliche Handeln bedeutet auch zugleich das allgemeine Wohl zu fördern. Es entsteht aus der Einsicht über den wahren Wert der Dinge. Über die Vernunft gelangen wir zur inneren Harmonie und über diese Harmonie zu unserem Glück.
Epiktet (Epiktetos, Epiktetus, um 50 – um 138 n. Chr.):
Epiktet kam als Sklave aus Kleinasien nach Rom, studierte noch als solcher bei dem Stoiker Gaius Musonius Rufus Philosophie, wurde freigelassen, lehrte in Rom, wurde im Jahr 89 (94 ?) vom Kaiser Domitian mit anderen Philosophen aus Rom ausgewiesen, gründete eine Schule in Nikopolis (antike römische Stadt in Nord-West-Griechenland), soll eine persönliche Beziehung zu Kaiser Marc Aurel gehabt haben (der sich in seinen „Selbstbetrachtungen“ mehrmals auf ihn bezieht). Er soll gehinkt und bescheiden (ärmlich) gelebt haben.
Sein bekanntes Werk besteht aus den Vorlesungsmitschriften seines Schülers Arrian (4 Bücher davon sind erhalten geblieben; geschrieben in der Form von Lehrgesprächen) und einem populären Auszug aus diesen, dem „Handbüchlein“, in dem seine Leitgedanken für ein ethisch orientiertes Leben zusammengestellt wurden. In seinen Lehrgesprächen beschäftigte er sich hauptsächlich mit Physik, Logik und Ethik (den wichtigsten Themenbereichen der stoischen Philosophie):
- Physik:
Epiktet geht von einer organischen Einheit des Alls aus. Dieses sei von der göttlichen Vernunft durchwaltet. Über sein Werden und Vergehen stehe ein göttliches Gesetz. Gott selber zeige sich der Welt über die kosmische Ordnung (Epiktet identifiziert ihn mit der Natur, als göttliches Ordnungsprinzip, als eine erfahrbare Macht). Der Mensch sei ein Teil des Alls. Er gehe mit seiner Geburt aus dem Kosmos hervor und vermische sich mit seinem Tod wieder mit ihm (er glaubt nicht an ein individuelles Leben nach dem Tode). Das Leben auf der Erde sei nur ein Aufenthalt auf dieser. Der Mensch bestehe aus Materie, über seine Seele sei er mit Gott verbunden.
- Logik:
Auf sie baue ein folgerichtiges Denken und Handeln. Sie liefere die ethischen Grundsätze. Eine Philosophie baue auf
- die Umsetzung von Lehren (= wichtigstes Kriterium),
- die Beweise für deren Richtigkeit,
- die Gliederung der Beweise.
- Ethik:
Sie steht im Zentrum von Epiktets Denken. Nach ihr orientiere sich das menschliche Handeln, ihre Kenntnis vermittle das Wissen für ein glückliches Dasein. Durch seine innere Freiheit könne der Mensch über sein Handeln selbst bestimmen (sie sei unabhängig von einer äußeren Unfreiheit). Das persönliche Glück sei davon abhängig, dass man dem folgt, das sich im persönlichen Einflussbereich befindet. Begehre nichts, was man nicht erreichen kann oder nicht besitzt. Gesundheit, Besitz und sozialer Status würden dann unbedeutend. Zu den Fähigkeiten und Pflichten des Menschen gehörten
- die „Prohairesis“, seine Fähigkeit sittlich zu handeln,
- eine beständige Selbsterziehung im Sinne einer Askese, die Enthaltung von Begierden und die Meidung eines schlechten Umgang.
- seine sozialen Pflichten zu erfüllen und die Tugenden zu pflegen.
Da alle Menschen göttlichen Ursprungs seien, sollen alle unterschiedslos geliebt werden
Epiktet besaß in der Antike ein großes Ansehen. Mit dem Bedeutungsverlust der Stoa wurde er immer weniger genannt. Bei den Kirchenvätern und Plotin wurden seine Gedankengänge zwar häufig übernommen, in ihre christlichen Gedanken integriert, ihre Quelle aber nicht angegeben. Im gewissen Sinne wurde dadurch die Stoa zu einem wichtigen Bestandteil des frühen Christentums. Sein „Handbüchlein“ wurde gerne als Ratgeber für eine christliche Lebensführung angesehen.
Noch für Pascal war er der wichtigste Vertreter der Stoa, deren Hauptziel es gewesen sei, Gott zu erkennen und sich ihm zu unterwerfen. Goethe zog seine Lektüre der des Platos oder des Aristoteles vor. Für Nietzsche war er einer der großen Moralisten. Hanna Arendt hatte ihn zunächst (1965) wegen seiner Sklavenmentalität abgelehnt, weil er das außerhalb seines persönlichen Handlungsbereichs Liegende für sich ausklammerte, während sie zehn Jahre später in ihm einen großen Vertreter der inneren Freiheit des Menschen sah.
Epikur (um 342 – 271 v. Chr.):
- Cicero
(106 – 43 v. Chr.; er vermittelte u.a. den Römern das griechische Gedankengut und gab Epikurs Lehrgedicht „über die Natur“ heraus),
- Lukrez
(um 99/94 – 55/53 v. Chr.; er beeinflusste stark Vergil und Ovid),
- Horaz
(65 – 8 v. Chr.; er schrieb hauptsächlich Oden).
In seinem Naturverständnis folgte Epikur Demokrit:
- Alle Körper bestehen aus Atomen.
- Aus deren unterschiedlicher Gestalt ergeben sich die verschiedenen Formen der Körper.
- Diese Atome ballen sich im leeren Raum zusammen und lösen sich wieder auf.
- Da ihre Zahl unbegrenzt ist, gibt es unzählige Welten im All.
- Zwischen diesen leben die Götter, die sich aber um die Welt der Menschen nicht kümmern.
Die Seele besteht aus feinsten, beweglichen Atomen.
Die Erkenntnis der Natur befreit den Menschen vom Aberglauben und führt ihn zur Glückseligkeit, die aus der Lust entsteht. Dabei ist die geistige Lust der bloßen Sinneslust vorzuziehen, weil sie beständiger ist. Mit Hilfe der Vernunft müssen die Triebe in ein lustgemäßes Gleichgewicht gebracht werden, wodurch eine innere Ruhe erreicht wird. Die Tugenden dienen dazu, die Seele frei zu halten. Ihre Nichtbeachtung hat gesellschaftliche Sanktionen zur Folge.
Epikur rät allgemein zu einem genügsamen, zurückgezogenen Leben, da politische und kultische Tätigkeiten zu viele Unsicherheiten in das Leben bringen.