ERZIEHUNG

Die Erziehung

Jede Erziehung wird von den Orientierungsinhalten gekennzeichnet, die die Kinder in ihren ersten Lebensjahren erhalten. Sie werden von jeder Gesellschaft über ihre Erziehungs-, bzw. Schulsysteme vermittelt. Im Rahmen unserer aktuellen Demokratieideologien haben wir in unserer Gesellschaft aus diesen alle negativen Sanktionsmöglichkeiten und echten Leistungsanforderungen verbannt. Dadurch werden zwar zukünftige Karrieren für die unteren Bevölkerungsgruppen kaum verbessert (das Kriterium einer echten Leistungsauswahl entfällt dadurch weitgehend, da unsere weiterführenden Ausbildungsinstitutionen keine Aufnahmeprüfungen kennen), aber in Aussicht gestellt.  Jetzt und auch in der Zukunft werden über Karrieren wahrscheinlich weiterhin weitgehend familiäre Verbindungen und geschickt geschaffene Netzwerke entscheiden.

Eine Erziehung bedeutet, eine Orientierung zu geben. Auf die Eltern bezogen, ist diese Funktion heute voller Ideologien und Phrasen umgeben. Je klarer ein elterliches Verhalten als Vorbild dient, umso einprägsamer werden sich die betroffenen Synapsenwege herausbilden und umso leichter wird es das Kind später in seinem Orientierungsverhalten haben. Dass ein Kind mit seinen neuen genetischen Konstellationen mit seinen Eltern in Konfliktsituationen gerät, hilft ihm später über seine neue Konstitution in Einzelfällen, bezogen auf den historischen Homa sapiens, für seine kulturelle Umwelt und damit deren kulturellen Evolution einen neuen Beitrag zu leisten.

Eine Erziehung soll in unserer heutigen Kultur eine Begleitung für die Selbstentfaltung eines Kindes sein:

  • Diese soll einerseits eigenständig mit dem Bewusstsein einer eigenen Identität werden,
  • andererseits um sich die Geborgenheit eines sie umgebenden sicheren Milieus wissen.

Dafür müssen die Eltern ihm für seinen Lebensweg einen Orientierungsstart geben. Je klarer, eindeutiger, umso besser. Und selbst ihre negativen Sanktionsmaßnahmen als orientierungsgebende Schutzmaßnahmen dürfen das Geborgenheitsbedürfnis eines Kindes nicht in Frage stellen. Sie sollten ihm nur über die Ausrichtung seiner Synapsenwege eine größere Orientierungssicherheit geben. Eine Ausklammerung von negativen Erfahrungen kann eigentlich nicht zu psychisch gesunden Menschen führen, wenn man für deren Gehirnentwicklung als richtungsgebenden Maßstab eine Positiv-Negativ-Erfahrung zugrunde legt. In frühen menschlichen Kulturen entwickelten sich die Kinder über die Beteiligung am elterlichen Leben. Heute ist dieses für sie nur noch eine abstrakte Größe vom Hörensagen oder des größeren Anteils am elterlichen Bekanntenkreis. Ihre Entwicklung findet nur noch in einem für sie abstrakten Raum statt, in dem ihre Eltern sehr oft psychisch selber überfordert sind.

Selbstverständlich hat jeder Mensch in unserer Gesellschaft das gleiche Recht auf Bildung, auf das gleiche Einkommen für vergleichbare Arbeit. Es müsste ein Leichtes sein, dies politisch durchzusetzen, wenn man es tatsächlich wollte. Das Problem dabei ist nur, dass unser Schulsystem voller ideologischer Orientierungsinhalte steckt. Über die „Inklusion“, die intellektuelle Ungleichheit der Menschen gleichgeschaltet werden soll,

  • über die Abschaffung von tatsächlichen Orientierungsnoten und möglichen Sanktionen bei Fehlverhalten eine Erziehung zur Farce wird (ein Gehirn orientiert sich sowohl an positiven und negativen Erfahrungen).
  • über die zunehmende Verlagerung der Erziehung aus der Familie in die Schule aus feministischen Selbstverwirklichungspositionen heraus, zwar langfristig unsere Gesellschaft verändern wird (zum Vorteil einiger weniger), aber gleichzeitig die Missachtung der tatsächlichen globalen Probleme in einer zukünftigen digitalen Gesellschaft fördert, bzw. aus dem Blickfeld geraten lässt.

Unsere Kultur hat systematisch das alte, auf Fortpflanzung gerichtete Familienbild mit seinen traditionellen Werten zerstört:

  • Zunächst wurden über Wertveränderungen die Frauen aus den Familien zunehmend herausgelöst. Man versprach ihnen Selbstverwirklichungsinhalte, die weder ihrer biologischen Konstitution noch der sozialen Realität entsprachen.
  • Danach wurde die Erziehung zunehmend in staatliche Hand gelegt und alle Kinder (da gleichwertig) von der Kita bis zum Abitur gleichgeschaltet. Körperliche Sanktionen wurden untersagt (dafür psychische stillschweigend in Kauf genommen, die wahrscheinlich langfristig sehr viel größere negative Auswirkungen haben werden). Ohne Negativerfahrungen ist  eine Erziehung nicht möglich. Die Inklusion wurde gefördert. Der geistig Schwache wurden neben dem Hochbegabten gesetzt, und allen danach zum Schluss ein wertloses Einser-Abitur und wertloses Einser-Examen gegeben.
  • Die traditionelle Familienehe wurde durch die Ehe biologisch sexuell abweichender Paare ergänzt (sogenannte Home-Ehe) und damit in ihrer historischen, gesellschaftsfördernden Form aufgelöst.

Das Problem dabei ist nur, dass man damit die alten historischen sozialen Familien-Paradigma zwar aufgehoben hat, bei den  neuen, die auf eine zunehmende Individualisierung und Selbstverwirklichung seiner Individuen zielen, deren negativen Aspekte nicht bedacht hat. Man ging in seinen Idealen von einem biologischen Menschen aus, den es in der Realität nicht gibt. Man erzieht ihn zu einer egoistischen, maßlosen Befriedigung seiner individuellen Bedürfnisse, zu einem maßlosen Konsum und die maßlose Inanspruchnahme von Rechten und nimmt damit langfristig die Überforderung unserer Erde, und vielleicht darübeer indirekt sogar den Untergang der Menschheit in Kauf. (siehe dazu Emmott „Zehn Milliarden“).

Unsere biologische Vielfalt beruht auf der Kombination von Genen. Über die Fortpflanzung werden sie immer wieder beim Kopieren neu gemischt. Durch Mutationen können sich deren Eigenschaften zusätzlich noch verändern. Dadurch entstehen individuelle Varianten, die sich in den verschiedenen Lebensräumen unterschiedlich gut durchsetzen können. Durch die kulturelle Pflege des menschlichen Individualismus ist allerdings seine Negativauslese weitgehend aufgehoben worden und der Mensch stolpert durch

  • seine unaufhaltsame Massenvermehrung,
  • seinen unkontrollierbaren Individualismus,
  • die von ihm verschuldete Umweltzerstörung,
  • seine Ressourcenverschwendung,
  • seinen technischen und chemischen Eigenumbau,
  • seinen digitalen Daseinsumbau

in seine Selbstzerstörung, und es sieht so aus, als ob ihn davor, wegen der Fülle der vor ihm bestehenden (und von ihm selbst geschaffenen) Probleme und seiner fehlenden Kollektiven Interessenausrichtung, nichts davor wird bewahren können.

Überall in unserer Kultur gehen wir von einer verschiedenen Leistungsfähigkeit biologischer Lebewesen aus. Dieser Grundgedanke ist die eigentliche Triebfeder der Evolution, da sich davon immer neue verbesserte Anpassungsfähigkeiten an die vorgegebenen Lebensumstände ableiten. In unserer Tierhaltung gehen wir davon aus, im Sport messen wir Besserleitungen in 1/100tel Sekunden, in der Kunst, z. B. bei der Wiedergabe musikalischer Inhalte, bei der handwerklichen Geschicklichkeit. Nur in der Schule sollen echte Leistungsunterschiede nivelliert werden (evtl. nach außen hin über die Gruppenarbeit). Jeder soll ein Einser-Abitur erhalten. Es ist bei uns weitgehend ein Tabu geworden, mögliche Leistungsunterschiede einem verschiedenen Erbgut zuzusprechen. Immer werden dafür soziale Benachteiligungen verantwortlich gemacht (obwohl es heute als gesichert gelten kann, dass mindestens 50 % einer Intelligenz genetisch bedingt ist und 30 – 40 % vielleicht den frühen sozialen Prägungen zugesprochen werden können). Dann bleibt für eine tatsächliche schulische Förderung nur ein schmaler Bereich übrig, der dann allerdings auch genutzt werden sollte, zumal in frühkindlichen Förderungen manche individuellen Sonderbereiche auch übersehen werden konnten). Entscheidende für die Fruchtbarkeit von Bildungsprogrammen und Kompetenzentwicklungen ist oft das „Vorwissen“ der Kinder, bevor sie die Schule besuchen:

  • ihr bereits erworbener Wortschatz (dabei ist der Bildungsstand der Eltern wichtiger als deren Einkommensverhältnisse),
  • ihr grammatikalisch anspruchsvollerer Satz (der in den sich entwickelnden Gehirnteilen Logik-, Denkstrukturen hinterlassen hat).

Eine Schule kann diesen Reichtum später nur begrenzt korrigieren.

Auf die echte psychische Situation der Kinder und Jugendliche wird gar nicht mehr eingegangen. Es besteht kein Konsens mehr für eine mittlere Verhaltens- und Leistungsebene. Psychisch Gestörte können sich ungehindert ausleben. Statistiken sagen zwar, dass die Gewaltprobleme in den Schulen abnehmen, doch teilen diese die realen Verhältnisse nicht mit. Lehrer und Schüler verschweigen sie weitgehend, da sie sonst als schlechte Lehrer mit aussichtslosen Beförderungsmöglichkeiten gelten und Schulen einen schlechten Ruf  bekommen. Ein realistischerer Maßstab dürfte eher die Zahl der psychisch zu behandelnden Lehrer sein und diejenigen, die wegen ihrem frühzeitigen Ausbrennen vorzeitig in Pension geschickt werden müssen.

Der wichtigste Erziehungsaspekt dürfte die Anerkennung des zu Erziehenden in seinem Sein sein (human gesehen auch bei der Akzeptanz seiner geringeren Leistungsfähigkeit). Es soll in ihm für die neuen Lerninhalte eine Neugierde geweckt werden, und er soll ihnen ohne eine Angst begegnen können. Gleichzeitig muss dieser aber auch bereit sein, Setzungen als Wertmaßstäbe zu akzeptieren und Verantwortung für sein Tun zu übernehmen. Jede spätere innere „Unabhängigkeit“ muss an die Existenz der Verantwortung gebunden werden.

Zu den „Demokratisierungsmaßnahmen“ der Bundesrepublik gehörte u. a. der Abbau der persönlichen Leistungsanforderungen in den Schulen (in den 50iger und 60iger Jahren waren in ganzen Schulen eine einzige „Eins“ eine Ausnahmezensur für Sonderleistungen) und das Abitur für jeden als Grundrecht. Das damit auch die allgemeinen Anforderungen sanken, wurde in Kauf genommen. Kaum ein Student soll bei Studienbeginn heute noch die erforderlichen Mathematikkenntnisse besitzen (obwohl er ein „Einser-Abitur“ besitzt). Einst hielt sich Deutschland für ein Land der Wissenschaftler, Dichter und Denker. Deutsch galt als die wichtigste Sprache für die Wissenschaftler. Mit der Amerikanisierung seines Bildungssystems nach den Reeducationprogrammen nach dem verlorenen Krieg sank das hiesige Bildungsniveau auf ein intellektuelles Mittelmaß. Man übernahm zwar Gedanken aus dortigen Bildungssystemen, aber  z.B.  nicht deren Aufnahmeprüfungen an ihren Universitäten. Die Leistungsfähigkeit ihrer dortigen Wissenschaften beruht auch nicht auf der Leistungsfähigkeit ihres Schulsystems, sondern auf dem Umstand, dass sie kapitalmäßig in der Lage sind, jeden fähigen Wissenschaftler auf der Welt zu kaufen. Und ihr Kapital haben sie zunächst nicht auf Grund ihrer wissenschaftlichen Leistungen erworben, sondern auf dem Hintergrund ihrer gewonnenen Kriege, zunächst in Mittelamerika (u. a. Erwerb der südamerikanischen Bundesländer), dann nach zwei Weltkriegen in Europa, im pazifischen Raum (u.a. Erwerb von Hawaii und seinen pazifischen Inseln) und Japan. Die gleichmachende Ausgangsideologie an unseren Schulen verhinderte eine Förderung der Schüler nach ihren tatsächlichen jeweiligen Fähigkeiten. Das Problem dabei war und ist, dass sich unsere Gesellschaft selber der Förderung ihrer Eliten beraubte (eine intellektuelle und wissenschaftliche Elitenbildung wurde geradezu zu einem Tabu, obwohl diese den Hintergrund jedes Lebensstandards einer Gesellschaft darstellt).

An unseren Schulen bestehen zurzeit zwei Erziehungsstile: Ein

  • informeller (Kuschelpädagogik): Ein vordergründiges Merkmal ist das Duzen zwischen Schülern und Lehrern. Herausgestellt werden ein kindgerechtes Eingehen auf deren Bedürfnisse und das dortige Klima einer Freude am Lernen. Der Unterricht soll Spaß bereiten. Negative Sanktionen sind weitgehend unbekannt. Verschwiegen werden geringe schulische Leistungen (u. a. verdeutlicht am geringen Stellenwert der Rechtschreibung) und der spätere erschwerte soziale Aufstieg der betroffenen Kinder. Folgen davon können sein:
    • eine größere Stressanfälligkeit im Alter,
    • größere Schwierigkeiten bei der sozialen Einordnung,
    • geringere Anpassungsfähigkeiten (besonders gegenüber Nahestehenden; z. B. Kinder-Eltern-Konflikte).
  • formelle Schulkultur, in der man sich siezt und sich verstärkt an den Leistungsanforderungen der Gesellschaft orientiert. Es ist zu erwarten, dass diese Kinder später weniger abhängig von einer Befriedigung ihrer individuellen Egoismen sein werden. Da ein späterer Lebenserfolg neben ihrer Intelligenz, teilweise von ihren Fähigkeiten zur Selbstkontrolle, Geduld und ihren kultivierten sozialen Präferenzen abhängig sein wird.

Unser einst gutes Schulwesen wurde von Ideologen und ihnen nahe stehenden „Bildungs“-Politikern systematisch ruiniert. Es bestand einst aus – in der Regel guten – Sonderschulen Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien. Mit Hilfe der Inklusion hat man die Sonder- schulen aufgehoben und die Hauptschulen geschlossen. Jetzt haben wir nur noch eine Restschule („Realschule-Plus“) und die Gesamtschule, in der jeder möglichst das Abitur machen soll (auf der Basis eines  möglichst niedrigen Niveaus. Die Lerninhalte wurden seit 1980 um etwa ein Drittel gekürzt). Die Eltern, die es sich leisten können, schicken deshalb ihre Kinder möglichst auf Privatschulen (in der Regel konfessionell ausgerichtete Gymnasien). An den Hochschulen bilden dann die  vielen Studierberechtigten die hohe Abbrecherquote, und der Rest erhält Einführungskurse in die fehlenden Grundlagen ihres Studienfaches (besonders im Bereich Mathematik).

Das Problem unserer heutigen Schulen ist, dass sie primär nur noch begrenzt eine Basisorientierung (Allgemeinwissen) vermitteln. Über ihre Kurssysteme können die heutigen Biologieschüler evtl. kaum noch eine Kuh von einem Pferd unterscheiden, besitzen aber fantastische Kenntnisse in irgend einem spezifischen Genbereich (dort in Einzelfällen sogar bessere als ihr Lehrer.

Gerne wird heute die Ganztagsschule als idealer Schultyp für die Zukunft – selbst für die Grundschule – propagiert. Dahinter steht neben deren ideologischem Charakter nicht das Wohl der Kinder im Vordergrund, sondern die Möglichkeit einer Vollbeschäftigung der Frauen, deren „Selbstverwirklichung“, das Umsetzen ihrer Identität. Dabei ist die Zerschlagung der alten Familienverbände bei der sich abzeichnenden zukünftigen Herrschaft der Algorithmen, Roboter oder Cyborgs vielleicht das Böseste, das wir unseren Kindern antun können. Unter dem Schlagwort der Förderung ihrer möglichen Autonomie führen wir sie nur in eine beglückende Welt ihres völligen Kontrolliertwerdens.

Unser deutsches Schulwesen hat zurzeit fünf Hauptprobleme:

  1. das Fehlen einer vollständigen Verlagerung der schulischen Bildungskompetenz

auf den Bund. Bei den Ländern sollte nur noch die formale Verwaltung der Schulen bleiben. Die jetzige Vielfalt der zuständigen Landesministerien widerspricht einer einheitlichen deutschen Kulturförderung.

  1. der Zulassung zu einem Hochschulstudium sollten Aufnahmeprüfungen

vorausgehen. Die anspruchsvolleren Schulen würden dadurch die „besseren“ Schüler erhalten und eine gewisse Mindestqualifikation für das jeweilige Studienfach wäre dadurch gewährleistet. Das Abitur, ein Meisterbrief oder andere Leistungszertifikate sollten nur noch die Zulassungsberechtigungen zu diesen Prüfungen darstellen. Die Flut unserer heutigen Einser-Abitur-Zeugnisse wäre dann bald Geschichte.

(Den Wert der vielen Einser-Examen dürfte bald die Berufswelt für sich klären, wie es in unserer Region bei den Examensnoten der drei Fachschulen im Baubereich lange Zeit der Fall war. Ein „ausreichend“ der einen Schule wurde als gleichwertig mit einem „befriedigend‘“, bzw einem „gut“ der anderen angesehen).

  1. Eine bessere Förderung von Kindern wirtschaftlich schwacher Eltern durch
  • ein Mehr an vielfältigen Lernangeboten,
  • kleinere Klassen (Lerngruppen),
  • eine bessere Ausstattung von Schulen in betroffenen Stadtbezirken.

Selbst wenn man den Tabubereich verschieden angeborener Intelligenzen berücksichtigt, gilt es für alle Kinder und Jugendliche möglichst optimale Startchancen zu schaffen. Es kann sich keine Gesellschaft leisten, Ausnahmebegabungen, die oft aus sozial benachteiligten Elternhäusern kommen, zu vernachlässigen. Außerdem ist hier auf die Integration von  Migrantenkindern besonders Rücksicht zu nehmen (in vielen Großstädten an den Grundschulden über 50 %).

Dabei treten zwei Probleme auf:

  • Kinder von Eltern, die ihren Kindern helfen und anderen, obwohl arbeitslos, die stattdessen vor ihrem Fernseher hängen.
  • Die vom Staat finanzierten Konfessionsschulen, die in vielen Regionen hauptsächlich dazu benutzt werden, Kinder unerwünschter Eltern abzulehnen (d. h. besonderes von Zuwanderern oder Sozialhilfeempfängern). Besonders im konfessionsdistanzierten Osten der Bundesrepublik soll dies der Fall sein.
  1. eine verstärkte Integration der Digitalisierung in den Unterricht.

Ihr Umgang gehört wie das Lesen, Schreiben und Rechnen zu den Grundkulturtechniken, die in Zukunft in unserer Gesellschaft jeder Mensch beherrschen muss. Dazu gehören u. a. das Wissen was Algorithmen sind, wie die Netze funktionieren und die Kenntnis der Vor- und Nachteile der Digitalisierung. Besonders in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) ist ein sicherer Umgang mit ihr unverzichtbar, Nur so wird man langfristig ihren negativen Aspekten begegnen können, die sich abzeichnende unkontrollierbare Datenflut nur so hinterfragen können. Positiv dürfte hinzukommen, dass sie ein bisher nicht bekanntes individuelles Lernen ermöglicht. Berücksichtigen sollte man allerdings eine mögliche Suchtgefahr (in Korea sind bereits 30 % der 10 – 19jährigen betroffen. Man versucht, dort per Gesetz die Nutzung der Smartphones bis zum 19. Lebensjahr zu beschränken).

  1. die Einführung wirksamere negativer Sanktionsmöglichkeiten.

Heute ist es praktisch so, dass es solche nicht mehr gibt. Dabei erhalten Kinder wesentliche Teile ihres neuronalen Orientierungssystems über die von ihnen verinnerlichten positiven und negativen Sanktionen (Reaktionen). Unsere heutige Tendenz negative Sanktionen als inhuman nach Möglichkeit zu unterlassen, dürfte deshalb langfristig kaum zu ihrer positiven Grundorientierung führen. Auch die Diffamierung physischer Strafmaßnahmen, wie sie früher üblich waren (Ohrfeigen, Schläge auf das Gesäß), muss als Ideologie kritisch gesehen werden, da die negativen Sanktionen dann durch wirksame psychisch wirksame Methoden ersetzt werden, die von einem Kind sehr viel weniger verarbeitet werden können und für dieses deshalb sehr viel negativer sind (Beispiel: Ein Vater aus unserem Umfeld sprach mit seiner Tochter wegen einer Bagatelle ¼ Jahr nicht).

Eine Folge dieses Verhaltens ist, dass die Zahl der Verhaltensauffälligen Kinder steigt und sie den Unterricht ständig stören, um an Lehrerautoritäten vor der Klasse ihre Grenzen auszutesten. Die Lehrer besitzen kaum Möglichkeiten einzugreifen. Letztlich unterliegen sie in dem Machtkampf, da sie nicht angemessen darauf reagieren können. – Erfolgt dies über Verbote oder Zwangsmaßnahmen gelten sie als unqualifiziert. Disziplinierungsmaßnahmen werden als nicht hilfreich angesehen. Strafen würden den Kindern ihre Würde nehmen. Einerseits schicken Eltern ihre nicht erzogenen Kinder in die Schule, damit sie dort die fehlende Erziehung nachbekommen, andererseits erwarten sie dann von dieser ein immerwährende Kuschelpädagogik und Einser-Zeugnisse. (Je häufiger die Lehrer eine Eins erteilen, umso weniger Ärger haben sie mit den Eltern).

Seit dem Jahr 2000 haben Kinder das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung. Körperliche Sanktionen (z. B. Ohrfeigen) wurden zu einem Tabu. Züchtigungen werden als ein Überschreiten von moralischen Paradigmen empfunden und nicht als die negativen Formen einer Orientierungsbekräftigung. Dabei muss der Hinweis akzeptiert werden, dass früher viele Sanktionierende auch psychisch Gestresste, selber Leidende, Überforderte waren und ihre Ohnmacht hier nur dazu nutzten, sich an Schwächeren in Formen abzureagieren, in denen sie deren Schamgefühl verletzten. Das Problem ist aber, dass es keine Erziehung ohne das Setzen von Grenzen gibt. Ein Gehirn braucht für seine Entwicklung klare Ansagen, Hinweise auf seine realen Orientierungsmöglichkeiten. Es kann seinen Selbstwert auch an negativen Beschränkungen nur erfahren. Früher war die physische Strafe als normale protestantische Erziehungsmethode die Regel (bei einer gleichzeitigen Geborgenheit stiftenden Zuwendung). Heute erfahren die zu Erziehenden diese nicht mehr. Erwartet wird nur noch rein beglückender Unterricht (der den Eltern gleichzeitig deren Selbstverwirklichung ermöglicht) und am Ende ein Einser-Abitur. Nach der Schule kommt dann eine weit verbreitete Orientierungslosigkeit (oft bereits bei der Berufswahl) und Unzufriedenheit, da die psychischen Bedürfnisse der Betroffenen nicht mit den gegebenen Realitäten in Einklang zu bringen sind. Abreaktionen, Proteste auf der Straße können eine Folge sein und von der Gegenseite, den Belästigten nach mehr Polizei gerufen werden.

In den letzten zwanzig Jahren erfolgte eine Umorientierung in der Gesellschaft: u. a.

  • sozial:
    • ab dem 1. Lebensjahr wurden die Kita-Plätze für die Eltern zum Rechtsanspruch erhoben (seit 2013),
    • wird die Ganztagsschule als Regelschule angestrebt,
    • werden die körperlich und geistig behinderten Kinder in die Regelschule integriert (Inklusion),
    • haben 1/3 aller Schüler einen Migrationshintergrund,
    • wurden nach der Bologna-Erklärung (1999) die Bachelor- und Masterprogramme eingeführt (u. a. zu Lasten der deutschen Sprache, im Sinne der Förderung globaler amerikanischer Interessen),
    • wurde 2005 die Exzellenzinitiative ins Leben gerufen, um die Spitzenforschung zu stärken,
    • hatte man im Jahr 2017 an den Fachhochschulen und Universitäten 2,8 Millionen Studenten (1998 = 1,8 Mio.),
    • plant man Europauniversitäten.
  • digital:
    • veränderte sich die gesamte Kommunikations- und Informationstechnik (1993 betraf sie ca. 3 % der Informationen, heute steuern wir auf über 95 % zu),
    • wird der zukünftige Arbeitsmarkt von ihr weitgehend beherrscht ( von 2018 – 2022 sollen nach der „FAZ“ ihretwegen in Deutschland   3,4 Mio. Arbeitsplätze entfallen; besonders im Banken- und Versicherungsbereich, der Chemie- und Pharmabranche).
    • wird die totale Kontrolle des Menschen möglich sein (von uns zwar eitgehend unbemerkt, aber realisieret sein):

*   heute bereits als Verhaltensreaktionen im Konsumbereich,

*   mit Hilfe von Bewegungsmeldern im privaten Bereich, im Verkehr, in der

Wohnung,

*   als Überwachungshilfe im Kinderzimmer, auf dem Schulweg,

*   im medizinischen Bereich als Hilfe bei der Körperüberwachung und als

Organersatz.

Überall werden von uns Daten, Informationen aufgenommen, die unsere Kontrolle erlauben. Über unser Smartphone können wir ständig beobachtet werden. Da wir in unserer westlichen Welt von einem ständig ausufernden Individualismus umgeben sind (einem Egoismus zur persönlichen Beglückung) werden sich global immer Personen finden, die unter dem Vorsatz Positives bewirken zu wollen, die gleichzeitigen möglichen negativen Folgen ihre Tuns nicht bedenken. Auch werden psychische Sonderfälle extreme Vorstellungen zu einer Vervollkommnung des Menschen zu verwirklichen suchen. Cyborgs werden in einer nicht sehr fernen Zeit eine Alltagsrealität darstellen. Sie wären von Natur aus geschlechtlos und in jeder Richtung codierbar, z. B. um bestimmte Rollen zu übernehmen oder um Herrschaftsstrukturen zu unterstützen. Implantate könnten zunächst einen Menschen technisch aufrüsten, dann aber mit Hilfe von Lernprozessen ihn ersetzen. Es kommst zu einer völligen Verschmelzung von Mensch und Technik, zu technodarwinistischen Wesen, Cyber sapiens am Beginn einer neuen Evolutionsstufe. Damit wird die Schule der Zukunft einen völlig anderen Charakter bekommen müssen. Ihr heutiger Ansatz, alte Sozialstrukturen zu zerstören um Gruppeninteressen (z. B. die Genderbewegung, Kapital- und Wirtschaftsinteressen) leichter durchzusetzen, ist so problematisch, weil diese für die Zukunft keine echte Ethik aufzeigen können, keine Ethik

  • für einen zukünftigen Umgang der Geschlechter miteinander

(orientiert an der biologischen Natur des Homo sapiens),

  • für eine globalisierte Welt

(heute ist eine Globalisierung vorwiegend nur eine amerikanische Interessenausweitung),

  • für eine digitalisierte Welt

(ihre Möglichkeiten sind kaum zu überschätzen. Dabei stellt sich die Frage nach dem verbleibenden Raum für eine Existenz des verbleibenden Menschen),

  • für das sich abzeichnende Wachstum der Menschheit auf 10, 15, Milliarden,
  • für den Umgang mit der dann zunehmenden Knappheit der Ressourcen,
  • für die Zukunft unser alten humanen Ideale.

Für die Eltern gibt es zurzeit eine Fülle an Erziehungshilfen, doch keine wird den sich abzeichnenden Problemen gerecht. Unsere Schulen sind weitgehend Ideologiemoden ausgeliefert und niemand weiß tatsächlich, wie die Kinder und Jugendlichen in ihre sich abzeichnende Zukunft geführt werden sollen. Die abzusehende Brutalität, die voraussichtlich in der Zukunft bestehen wird, dürfte den menschlichen Kleingemeinschaften (Z. B. Familie), soweit sie überhaupt noch bestehen werden, vielleicht wieder eine besondere Bedeutung zukommen lassen.

Der Lebenssinn   (Liebe, Glück u. a.)

Genau genommen verläuft unser Leben zwischen zwei Polen:

  • dem Wert, den wir uns selber zuschreiben, unseren Zielsetzungen und deren Realisierung und unserer existentiellen, persönlichen Sinngebung als höchsten Orientierungswert.
  • unserer sozialen Anerkennung, dem Erfahren unseres persönlichen Stellenwertes im Kommunikationsaustausch. Dieses hängt von unseren Netzwerken ab und der Stellung, die wir in ihnen besitzen.

Der Wert unseres Lebens ist der, den wir ihm geben, bzw. den andere ihm geben. Er hängt von dem Lebenssinn ab, den er von uns erhält. Nach unserer Erziehungsphase müssen wir ihn für uns selber finden. Nachdem die Möglichkeiten unseres Überlebens gesichert sind, wird der Entwurf einer Lebensvision zu unserer entscheidenden existentiellen Aufgabe. In sie fließen Wunschvorstellungen, Moden und je nach unserer psychischen Konstellation auch reine Fantasien ein. Sie orientieren sich an entscheidenden Prägungen in unserem Gehirn, die es evtl. nur in unserem Kopf gibt und die dann über unsere Bedürfnisse und Entscheidungen bestimmen.

Die Ausgangsfrage, die sich jeder selber stellen muss, ist: Was ist für mich wichtig? Orientierungspunkte dafür können sein:

  • die Sicherung eines umfassenden Wohlgefühls

(verbunden mit Liebe, Fürsorge, Harmonie, Gemeinschaften, Vergnügungen innerhalb eines bewussten Leben),

  • die Pflege traditioneller, sicherer Ordnungsvorstellungen

(verbunden mit Bodenständigkeit, Traditionen und verinnerlichten heimatlichen Werten),

  • die Einbindung des Lebens in größere Zusammenhänge

(zum Beispiel im Dienst einer Aufgabe, einer Weltanschauung),

  • die Übernahme von Verantwortung

(z. B. die Familie, die Arbeit, den elterlichen Betrieb, Mitarbeiter),

  • der Suche nach (wissenschaftlichen) Erkenntnissen
  • eine Selbstverwirklichung

(über dem Ausleben von Machtbedürfnissen, Aufgaben in den Kunst, Herausforderungen gegenüber der Natur, einem Leben einer größtmöglichen Freiheit).

Bedeutsam für die Antworten sind dann der Bezug der Aufgaben zur eigenen Person:

  • Passen sie zu mir?
  • Kann ich ihre Anforderungen abdecken?
  • Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für mich?
  • In welche Bezugsbereiche gerate ich?

Unser heutiges Problem ist, dass in unserer individualistisch ausgerichteten Kultur allgemein sinngebende Visionen als Orientierungsvorgaben zu fehlen scheinen. Durch die Art unserer Pädagogik und die alltagsbeherrschende Stellung der Smartphones sind junge Menschen oft nach dem Verlassen ihrer Schulen orientierungslos. Sie wissen z. B. nicht, was sie weiterhin machen sollen. Und ältere Menschen versuchen ihre leere Zeit bis zu ihrem Tode mit vergnügungsbringenden Ablenkungen totzuschlagen (oberflächlichem Kulturkonsum, Seereisen). Dabei besteht bei beiden Gruppen durchaus das Bedürfnis, die Sinnfrage für sich positiv zu beantworten. So hatte die Yale-Universität (USA) noch nie einen so hohen Studentenandrang wie bei ihrem Vorlesungsangebot „Psychologie und ein gutes Leben“ gehabt (in wenigen Tagen fast 1200 Studenten), und viele zuvor kirchlich Desinteressierte beginnen im Alter die Kirchen zu besuchen. Dabei wären sie von möglichen sinngebenden Aufgaben nur so umgeben: Über

  • ein Kümmern um kranke oder allein lebende Nachbarn

(d. h. ein soziales Engagement),

  • einen Einsatz für die Natur,
  • einem Engagement in Vereinen oder Institutionen

(z. B. Traditionsvereinen),

  • einem Einsatz in kulturellen Bereichen,
  • einem politischen Engagement

(z. B. für eine stärkere deutsch-französische Verbindung, einem zukünftigen Europastaat),

  • gesundheitsfördernde Maßnahmen.

Früher besaß der Gedanke einer Frage nach einem Lebenssinn einen religiösen Existenzhintergrund. Heute gibt er jeder Individualismusdebatte, Identitätsdiskussion erst seinen Sinn. Auf die Dauer ist es höchst unbefriedigend, sich in seiner empfundenen Bedeutungslosigkeit selber einen hohen Stellenwert zu geben. Unbefriedigenden Grundgefühlen können wir letztlich biochemisch mit befriedigenden Transmitterbewegungen begegnen.

Richard Sonnett machte für die zur Zeit unbefriedigende Situation in unserer existentiellen Sinnfindung den Umstand verantwortlich, dass wir als Individuen nur noch die Anhängsel sich völlig verselbständigter technologischer Prozesse seien. Trotz aller Freiheiten seien wir so unfrei wie nie zuvor in unserer menschlichen Geschichte. Die Entstehung unserer Umwelt befände sich außerhalb unserer Erfahrungswelt und die Qualität unseres Konsums entziehe sich unserer Urteilsfähigkeit. Wir seien nur noch Teile eines gesellschaftlichen Stroms, der sich außerhalb unserer Einflussmöglichkeiten befände und bekämen gesagt, auf ihn „demokratisch“ zu reagieren, was wir aber gar nicht mehr könnten. Einerseits würden wir in einer Welt zunehmender Intellektualisierung leben, andererseits in einer stupiden Arbeitswelt, einer Welt stupider Sinnesbefriedigung, mit dem Ziel irgendwann einen extremen Reizhöhepunkt zu erleben.

Jede unsere Sinnsuche bewegt sich in den Spannungsfeldern Angst – Glück – Liebe. Alle drei werden  von unseren Botenstoffen gesteuert und haben in uns einen evolutionären Hintergrund. Ursprünglich sollten uns die Ängste vor Gefahren schützen, vor Schäden bewahren und evtl. das Leben durch Flucht oder Kampf erhalten. Sie sind ein lebenswichtiger Schutzmechanismus. In Deutschland leiden auch heute noch 14,5 % der Bevölkerung mindestens 1 x im Jahr unter Angststörungen. Deren normale Funktion ist, der Hippocampus überprüft die Wahrnehmungen auf ihr Gefahrenpotential. Besteht keine Gefahr, schaltet er herunter. Bei Kranken funktioniert dies Verhalten allerdings nicht mehr. Die Angstreaktionen verstärken sich, und die Ausschüttung der Botenstoffe (Serotonin) gerät aus ihrem Gleichgewicht.

Ängste gelten als die häufigste psychische Krankheit unserer Zeit (bei ca. 15 % der 18 – 65-jährigen, d. h. bei mehr als 7 Millionen Menschen in Deutschland). Sie bestehen aus Grundgefühlen (während eine Furcht sich auf eine konkrete Gefahr bezieht). Bei Kranken bestehen sie bereits bei unbedrohten Situationen. Ohne eine sichere Orientierung sind sie hilflos und reagieren im Extrem mit Zittern, Panikattacken oder Pulsrasen (bis hin zum Herzinfarkt). Ihr Hintergrund ist oft völlig irrational. Ängste können bestehen vor Unbekanntem, z. B. vor

  • Terroristen, obwohl niemand einen kennt,
  • Flüchtlingen, obwohl sie die eigene Umwelt gar nicht tangieren,
  • dem Klimarisiko, obwohl niemand die globalen komplexen Zusammenhänge versteht.

Neurotisch schreibt man ihnen fünf Krankheitsbilder zu:

  • generalisiertes Angstverhalten (ständig um alles besorgt sein),
  • Paniken (in der Regel ohne einen Anlass oder eine Vorwarnung),
  • Platzangst (vor Orte ohne eine Fluchtmöglichkeit),
  • soziale Phobien (übersteigende Schüchternheit und Selbstzweifel),
  • spezifische Phobien (ca. 530 Auslöser sind bekannt; ca. 10 % der Bevölkerung gegenüber Spinnen, Ratten, Höhen oder dem Zahnarzt).

Die eigentlichen Ursachen für diese Ängste sind:

  • weitgehend unbekannt,
  • können je nach Krankheitsbild variieren,
  • können evtl. genetische Ursachen haben,
  • können aus dem persönlichen Umfeld übernommen worden sein (z. B. die Angst vor Schmutz),
  • sozialer Betätigungsmangel.

Die Folgen von Ängsten können für den Einzelnen Existenzbestimmend werden. Praktisch alle Körperorgane können von ihnen betroffen werden:

  • Gehirn:  Es erhält eine erhöhte Blutzufuhr.
  • Augen:  Die Pupillen weiten sich.
  • Mund:  Die Mundhöhle wird trocken, die Speicheldrüsen arbeitet auf Sparflamme.
  • Herz:  Es beginnt zu rasen. Der Blutdruck steigt (dies kann zu chronischem

Bluthochdruck führen).

  • Lunge:  Sie öffnet sich verstärkt für den größeren Sauerstoffbedarf.
  • Leber:  Sie stellt Zucker (Energie) bereit.
  • Magen-Darm-Trakt:  Die Darmbewegungen reduzieren sich. Evtl. ein verstärkter Drang zur Entleerung.
  • Haut:  Die Schweißdrüsen arbeiten verstärkt. Die kleineren Haare sträuben sich.
  • Fettgewebe:  Der Körper mobilisiert Energiereserven. Fettgewebe wird abgebaut.
  • Muskeln:  Sie werden verstärkt durchblutet und Energie wird freigesetzt (Zucker).

Die Lebensfreude schwindet.

Es ist ein Irrtum, dass Ängste

  • eine konkrete Ursache haben müssen,
  • nur Schwächlinge davon betroffen sind,
  • nur psychische Phänomene darstellen (körperliche Symptome sind u. a. Herzrasen oder Schweißausbrüche),
  • etwas Negatives sind.

Sie sind ein in uns tief verankerter Schutzmechanismus vor den Gefahren unserer Umwelt. Aus ihnen erwächst unsere Suche nach Sicherheit und Geborgenheit. Die erste erwarten wir vom Staat, die letztere in der Familie oder dem  nahen sozialen Umfeld.

Das Ziel aller Lebewesen ist ihr subjektives Wohlbefinden. Für Seneca war damit der Besitz seiner Selbst verbunden, für Foucault des Erreichen seiner selbst, indem man alle Abhängigkeiten vermeidet. Mit dem Hellenismus begann die Zeit des philosophischen Individualismus und damit auch die Suche nach dem persönlichen Glück, der Suche nach den positiven Lebensgefühlen. Unser Problem heute ist oft, dass wir gar nicht wissen, was eigentlich ein gutes Leben ist,

  • eine angenehme, sichere Existenz, die unsere Glücksbotenstoffe in uns in positive Stimmungen versetzt oder
  • ein anständiges Leben im Sinne der Kulturgemeinschaft der wir angehören.

Die Zufriedenheit, das Glück ist

  • einerseits das persönliche Ergebnis eines bestimmten Transmitterhaushalts im Gehirn,
  • andererseits das kulturelle Ergebnis der Befriedigung unserer Setzungen hinsichtlich unseres Lebenssinns. Dabei sind diese unsere Setzungen austauschbar und kulturbezogen beliebig. Wir richten unsere Entscheidungen an unseren (kulturellen) Wertvorstellungen aus, die dann unbewusst unsere Neigungen und Motive steuern. Alle unsere Belohnungssysteme haben in ihrem Hintergrund auch einen sozialen Aspekt.

An unserer Zufriedenheit sind mehrere Hirnregionen beteiligt:

  • Hypothalamus:  Er ist der hormonelle Signalgeber des Gehirns und löst unsere Gefühle und körperlichen Reaktionen aus. Er reguliert die Angstreaktionen der Amygdala.
  • Septum:  Es ist die Schnittstelle zwischen unseren Gefühlen, dem Gedächtnis und der vegetativen Steuerung.
  • Präfrontaler Kortex (Stirnbereich):  Er verwandelt die Informationen aus dem limbischen System in bewusste Gefühle.
  • Nuccleus accumbens:  Er besitzt eine wichtige Rolle innerhalb des Belohnungssystems (auch bei der Entstehung von Süchten).
  • Amygdala:  Sie entscheidet weitgehend über unsere emotionale Bewertung von Situationen und der Entstehung unserer Ängste.
  • Ventrales Tegmentum:  Es bewertet unsere Informationen und reagiert darauf mit der Ausschüttung von Botenstoffen (u. a. Dopamin).

Unsere angenehmen körperlichen Empfindungen werden biochemisch mit Hilfe der Neurotransmitter Serotonin, Dopamin, Adrenalin und Oxytocin gesteuert. Ihr Erleben ist nur subjektiv.

Unsere Zufriedenheit bildet sich in unserem Gehirn, Unser Glück entsteht über eine biochemische Belohnung in unserem Gehirn für einen Erfolg. In seinem frontalen Bereich werden unsere Fähigkeiten und Ziele strukturiert und in Übereinstimmung gebracht. Unsere Reife entscheidet dann wie konsequent wir dies verfolgen. Allzu oft fehlen uns dafür weitreichende Visionen (die Voraussetzung für außergewöhnliche Leistungen) und wir orientieren uns an pragmatischen Notlösungen. Eine Hilfe wäre:

  • inhaltliche Teilziele in einem Zeitplan festzulegen,
  • Lösungsvoraussetzungen vorher zu klären,
  • Hindernisse vorher zu bedenken.

Das Ziel ist, etwas zu schaffen bei dem man Freude an der Arbeit und stolz auf deren Ergebnisse sein kann. Die Zufriedenheit entsteht dann, wenn man ganz in seiner Tätigkeit aufgehen kann.

Wir können eine Zufriedenheit erlangen über

  • soziale Beziehungen:  Sie können das Stressniveau senken, besonders über ein gemeinsames Genießen.
  • Natur:  Eine Naturnähe senkt die Zahl der Depressionen und Herzkrankheiten.
  • Bewegung:  Sie steigert die Endorphine-Ausschüttung. Sport setzt Dopamin frei.
  • Körperkontakte:  z. B. Tanz; es kommt zu Oxytocin-Ausschüttungen.
  • Bildung:  Die Erfahrung eines eigenen Lernens.
  • Arbeit:  Eine Zufriedenheit im Beruf steigert die Leistungen.
  • Singen:  Es setzt Dopamin frei.
  • Haustiere: Sie fördern die Bewegung (Hunde) und bewahren vor Einsamkeit.

Ein Glücksgefühl wird durch eine Ausschüttung von Adrenalin ausgelöst, das nicht konserviert werden kann. Es kann auch nicht direkt angesteuert werden, sondern muss ständig neu produziert werden. Es beschreibt einen spezifischen elektrischen und chemischen Zustand im Gehirn, ein Bei-sich-sein innerhalb eines inneren Friedens. Helfen können einem dabei:

  • Einfachheit und Leichtigkeit (sich bereits an kleinen Dingen erfreuen),
  • Gelassenheit, Dinge loslassen,
  • soziale Kontakte bewusst loslassen,
  • ganz in einer Sache aufgehen,
  • nicht einem Zeitgeist folgen.

Zufriedenheit, bzw. ob man zu einem Glück fähig ist, liegt an einem selbst. Nach Manfred Spitzer ist unser Gehirn „nicht dafür gebaut, dauerhaft glücklich zu sein, Aber es ist süchtig danach, nach Glück zu streben“.

An mehr als 35 Schulen gibt es zurzeit in Deutschland das Unterrichtsfach „Glück“ (meistens im Fach „Ethik“ integriert). Man versucht dort den Schülern die Grundlagen für ein ausgeglicheneres Leben nahezulegen. Die Ergebnisse dieses Unterrichts scheinen ein größeres subjektives Wohlbefinden der Schüler zu erreichen. Der Unterricht umfasst in diesen Schulen die verschiedensten Glücksansätze, von einer Freud-Analyse, Sportarten bis hin zu Achtsamkeitsübungen.

Ein zunächst unangenehmer Umstand, der zum Glück gehört, ist die Fähigkeit des Menschen zu leiden oder mitleiden zu können. Er bildet den Hintergrund seiner Ethiken und Religionen. Erst er schafft die Grundlagen seiner humanen Kulturen. Unser Problem heute ist oft – besonders im Alter -, dass wir uns mit den Gegebenheiten unseres jeweiligen Seins abfinden. Wir sind dann oft  für das einfache Geschehen in unserer unmittelbaren Umwelt blind, in denen  unser Dopaminhaushalt auch angeregt würde. Wir „leben“ dann unser eigenes Leben nicht mehr, und je mehr wir dessen „Ungelebtsein“ empfinden, umso größer kann dann unsere Angst vor dem Tode sein.

Eine Besonderheit des Glücks ist die Liebe. Wahrscheinlich führt kein anderer Zustand zu einem vergleichbaren Überschüttetwerden mit Glückshormonen. Aus der Kunst kennen wir sie als den großen Inhalt unserer Sehnsüchte, als ein verklärtes romantisches Gefühl. Für die Genderbewegung ist sie ein Ausdruck der Macht und der Unterwerfung der Frauen durch die Männer. Ihre Forderung nach einer Gleichstellung der Geschlechter ist oft nur das Ergebnis einer psychischen Unfähigkeit sie in ihren eigentlichen Dimensionen zu begreifen, bzw. deren körperliche Dimensionen nachzuempfinden.

Jede Liebe ist so verschieden, wie es Individuen gibt. Entscheidend ist oft bereits ein erster Eindruck, der von vielen unkontrollierbaren Faktoren abhängt: z. B. von genetischen Kriterien:

  • Frauen bevorzugen Männer mit
    • großen Augen,
    • kleinen Nasen,
    • hohen Wangenknochen,
    • einem Taille-Hüfte-Verhältnis von 0,7.
  • Männer bevorzugen Frauen mit
    • weit auseinander liegenden Augen,
    • einem starken Kinn,
    • einem breiten Lächeln,
    • einem Taille-Hüfte-Verhältnis von 0,9.

Für beide gilt: Je symmetrischer der Körper und das Gesicht sind, um so attraktiver erscheinen sie.

Der Alltag widerspricht allerdings dieser genetisch optimalen Partnerwahl, bzw. kommen noch viele andere Kriterien hinzu, wie die

  • Gesundheitsfaktoren (Schönheit) bei den Frauen und die
  • Statusfaktoren bei Männern.

Immer aber handelt es sich bei einem Verliebtsein und einer Bindung um einen Botenstoff-cocktail. Der Mensch ist weitgehend eine Marionette seiner Hormone, seines Stoffwechsels. In nicht ferner Zeit werden seine Gehirnsysteme deshalb nach Wunsch manipulierbar sein können. Seine entscheidenden Boten der

  • Liebe sind: Dopamin, Noradrenalin Testosteron und Östrogen.
    • Dopamin:  Hormon der Lust, erhöht die Testosteronproduktion. Es erhöht die Bereitschaft sich zu verlieben. Die Wahl des Partners hängt dabei auch von Kindheitsprägungen und psychischen Faktoren ab.
    • Noradrenalin:  Lässt das Herz schneller schlagen.
    • Testosteron und Östrogen steuern den Sexualtrieb.
  • Partnerschaft sind: Oxytocin und Vasopressin. Beide erzeugen ein Gefühl der Verbundenheit und Vertrautheit.
    • Oxytocin verstärkt die Mutter-Kind-Bindung,
    • Vasopressin verstärkt den Vaterinstinkt.
  • Trennung sind:  Dopamin und Serotonin.
    • Dopamin erhöht den Wunsch einer Rückgewinnung des Partners.
    • Serotonin:  Misslungene Rückgewinnungsversuche lassen den Serotoninspiegel fallen.(Antidepressiva ihn wieder steigen).

Die erste Liebe eines Menschen wird vom Testosteron und Adrenalin beherrscht. Sein Gehirn steuert darüber seine Lust und seinen Sex. Das Glückshormon Dopamin wird ausgeschüttet, während sein Serotoninspiegel gleichzeitig sinkt. Das Hormon Oxytocin verstärkt das Vertrautheitsgefühl. Vorangegangen ist bis zu seinem Erwachsenwerden die Entwicklung seines Schaltsystems im Gehirn nach dem er bevorzugt seine zukünftigen Partner wählt. Mit dem ersten Kind nimmt das Verliebtsein ab, aber mit Hilfe von Oxytocin und Vasopressin die Bindung zu (= der  hormonelle Hintergrund der Monogamie). Durch stete Zuwendung bleiben  die Botenstoffe aktiviert. Scheitert eine Beziehung aus welchem Grund auch immer, schaltet das Dopaminsystem zunächst auf Höchstleistungen, um danach stark zu sinken. Der Serotoninspiegel ähnelt dem psychisch Kranker. Viele haben Selbstmordgedanken. Betroffene leiden unter Kreislaufbeschwerden, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit. In Extremfällen können sogar Herzfunktionen aussetzen („das Herz brechen“). Die gesamte Gefühlswelt gerät durcheinander. Später können eine Neuorientierung und die Gewinnung eines neuen inneren Gleichgewichts folgen.

Diese unsere starke psychische Abhängigkeit von der Harmonie der Botenstoffe in unserem Gehirn macht dreierlei deutlich, dass 

  • wir für unsere Zufriedenheit und das Finden unseres persönlichen Lebenssinns die uns gemäße Botenstoffgleichgewichte anstreben müssen.
  • wir über diese Botenstoffe selber leicht manipulierbar sind.
  • deren Ungleichgewichte zu vielen zunächst persönlichen, dann aber auch sozialen Missverständnissen führen können.

(Viele Forderungen der Genderbewegung haben hier ihre Ursachen).

Die Kultur (Kreativität,  Kunst,  individuelle Orientierung)

Im Zentrum der neueren menschlichen Evolution steht seine Kultur. In ihr entwickelt er seine Orientierungssysteme und deren sie stabilisierende Ausdrucksformen (z. B. in der Form seiner Sprache, seine Werte, Mythen, Religionen, Wissenschaften, Künste und seine Zivilisationsergebnisse). Seine Kulturen sind eine Summe von Setzungen, die durch ihre inneren Widersprüche sich in einer ständigen Dynamik befinden. Sie sind intersubjektive Sinngeflechte, entstanden aus einer Gefühls- und Arbeitssumme unzähliger daran beteiligter Gehirne. Über sprachliche Logiksysteme wurden sie zu Orientierungssystemen. Wir verbinden sie in uns über unsere genetischen Vorgaben in unserem Gehirn und dem sozialen Milieu in dem wir aufwachsen.

In einer Kultur zu denken, heißt in festen Strukturen zu denken. In jeder wird Orientierungswissen in Verfügungswissen umgesetzt, d.h. in Möglichkeiten das Alltagsleben besser zu bewältigen und seinen persönlichen Status leben zu können. Hinter jeder verbirgt sich eine Ordnung, bzw. ist jede Ordnung der Ausdruck einer bestimmten Kultur. Das Bild in dem sie sich darbietet, ist eine Form dessen, wie sie gelebt wird. Eine Kultur bestimmt über ihre Strukturen und deren Inhalte unseren Lebensstil. Über ihre Wertwelt vermittelt sie für uns als ihr höchstes Ziel das jeweils „Eigentliche“, d.h. unseren eigentlichen Lebenssinn.

In allen Kulturen gibt es Orientierungssysteme für folgende Wertbereiche (mit einem dort oft verschiedenen Stellenwert):

  • Fürsorge:  als Grundlage für die emotionalen Bindungssysteme

(mit dem Schwergewicht auf Partnerschaft und Fortpflanzung),

  • Fairness:  als Grundlage für den sozialen Umgang mit einander,
  • Loyalität:  als Grundlage für die sozialen Gruppensysteme,
  • Autorität:  als Grundlage für den Aufbau hierarchischer Systeme)

(mit dem Schwergewicht auf Status und Macht),

  • Reinheit:  als Grundlage der Suche nach einem höchsten Orientierungsideal

(z. B. Lebenssinn).

Sie setzen sich aus drei Grundorientierungsbereichen zusammen:

  • aus dem Trieb der Arterhaltung

(Die Fürsorge und Autorität haben einen stark sexuellen Hintergrund. Das Statusstreben und die Nachwuchsbetreuung dienen hauptsächlich der Fortpflanzung von Genen. Über epigenetische Erfahrungen erhielten sie ihre sozialen Ausprägungen).

  • dem sozialen Existenzzwang (allein ist der Mensch nicht existenzfähig),
  • dem Wunsch nach einer Daseinsverbesserung

(indirekt damit, der Suche nach einem Verständnis der Existenzzusammenhänge mit

    • spirituellen Antworten (besonders solchen der Religionen),
    • emotionalen Antworten ( besonders solchen der Künste),
    • rationalen Antworten

(besonders solchen der Wissenschaften).

Die Orientierungsschwerpunkte in unserer Kultur sind die Partner, Kinder, Sozialbezüge und Wertsystemträger (z. B. Religionen, Ideologien). Wir leben sie als das „ungedacht Normale“, als etwas, über das man in seiner Selbstverständlichkeit nicht sprechen muss. Schwierig wird es, wenn Zugereiste diese Selbstverständlichkeit nicht anerkennen, nicht das „Normale“ in dieser sie aufnehmenden Kultur, in der hier vorgefundenen „Leitkultur“. Ihre Probleme sind, dass sie einst in ihrem Denken anders geprägt wurden und das Problem der Aufnehmenden, dass deren gelebte Normalität in Frage gestellt wird, die ihnen ihre psychische Sicherheit gibt.

Ein besonderes Problem in Deutschland stellt seine schleichende Amerikanisierung dar, die verharmlosend gerne  nur als ein Ausdruck der kulturellen Globalisierung hingestellt wird, die aber genau genommen ein Machtmittel des amerikanischen Imperialismus darstellt. Im Bereich des dortigen Militärwesens, seiner Finanzwelt, seiner Wirtschaft und seiner Nachrichtentechniken wird dies besonders deutlich.  In den Kulturbereichen als schleichender Prozess wird sie als eine normale Entwicklung unkritisch hingenommen. Durch die „deutsche Schuld“ nach zwei verlorenen Weltkriegen, den amerikanischen Reeducation-Programmen nach 1945, dem Durchsetzer der amerikanischen Schulsysteme in Schulversuchen, im Bachelor- und Masterbereich,

  • dem beginnenden Durchsetzen der amerikanischen Sprache auch an den deutschen Hochschulen (An der Münchener Universität sollen ab 2020 die Abschlussprüfungen nicht mehr in Deutsch abgenommen werden. Niemand denkt mehr daran, dass bis 1933 Deutsch die führende Wissenschaftssprache war),
  • dem Einbruch amerikanischer Begriffe in alle Bereiche unserer Alltagswelt,
  • dem Verpönen der alten, deutschen Volkslieder als nationalsozialistisches Liedgut (es gab die Nationalsozialisten nur 12 Jahre)  und ihr Ersetzen durch amerikanisches Liedgut.

Man mag das als Ausdruck der Globalisierung unkritisch hinnehmen, die besonders von linker Seite gerne als ein Ausdruck des Fortschritts dargestellt wird. Dass ihr eigentlicher Hintergrund aber der amerikanische Imperialismus ist, wird dabei verdrängt.

Der zentrale Inhalt unserer Kultur ist der bei uns bestehende Individualismus. Unter dem Postulat der persönlichen Freiheiten ist er dabei, unsere gesellschaftliche Ordnung zu zerstören. Es gibt kaum noch einen sozialen Konsens. Jeder möchte sich im Sinne seiner Identität verwirklichen. Extrempositionen werden rücksichtslos ausgelebt. Unter diesen Bedingungen ist aber eine Demokratie, wie sie als sozialer Wert verkündet wird, gar nicht möglich.

Letztlich betreibt unsere individualistisch ausgerichtete Kultur heute eine vollständige Zerstörung aller bisherigen traditionellen, sozialen und damit anthropoiden (menschengemäßen), humanen Gesellschaftsformen. Die teilweise berechtigte Infragestellung alter Wertvorstellungen in einem sich abzeichnenden digitalen Zeitalter führte zu einem zunehmend vom evolutionären Menschen sich entfernendem Menschenbild. Im Widerspruch zu den Forderungen seiner Naturprogrammierungen durch die Anforderungen seiner relativ willkürlichen kulturellen Setzungsorientierungen geraten seine Neuronengleichgewichte aus ihren Gleichgewichten, und die Personen werden zunehmend psychisch gestört, bzw. krank. Die historische Familie, die früher der Grundpfeiler der Gesellschaft war, wurde zu deren Auslaufmodell. Man nahm ihr ihr früheres Erziehungsmonopol, ohne an deren Stelle ein brauchbares Neues setzen zu können. Alle historischen Erziehungstechniken (z. B. physische, in unserer psychisch oft gestörten Gesellschaft nicht unproblematisch) wurden durch kaum greifende psychische ersetzt (genau genommen für die Betroffenen brutalere Maßnahmen. Es gelang der Paradigmenwechsel durch eine Tabuisierung der physischen Strafen). Das nun versagende Elternhaus setzte seine Hoffnungen auf eine hilflose Schule, die genau genommen auch keine echten  Sanktionsmöglichkeiten besitzt. Eine Folge davon ist, das grenzenlose Ausleben seiner Individualität mit allen ihren persönlichen Störungen, da die Betroffenen keine innere Mitte mehr besitzen. Man lebt sich aus, tobt sich aus und hat später, im Alter keine Hemmungen die menschlichen Lebensgrundlagen zu zerstören. Die „Verantwortlichen“ (z. B. in der Automobilindustrie) können für ihre  Gewinne relativ ungestört die Bevölkerung mit ihren Dieselfahrzeugen vergiften, und ihr Tun wird über ihre direkten Verbindungen zu den politisch Verantwortlichen durch deren Nichtstun abgesegnet. Man gründet ein Heimatministerium und ist gleichzeitig bereit, diese in den Städten mit Hilfe der Abgase zu zerstören. Das Problem unserer Kultur ist einerseits, die extreme Individualisierung ihrer Mitglieder, die kaum  noch eine übergeordnete Sozialität zulässt (ein Grund, weshalb auch die Zeit der großen Volksparteien vorbei ist) und andererseits ein zunehmender Mangel an erlebter Betroffenheit. Durch unseren Individualismus zerstören wir sehenden Auges in vollem Wissen die Grundlagen unserer menschlichen Existenz (der Mensch ist von seiner Natur her primär ein Sozialwesen), doch sind für uns unsere Eingriffe in sie, in einer globalisierten Welt, so weit von uns entfernt, dass wir unsere persönliche Betroffenheit bei deren Zerstörung gar nicht bewusst sind, sie unsere Gefühlswelt gar nicht erreicht, und wir deshalb auch nicht bereit sind, unser Handeln sind zu hinterfragen.

Nach dem zweiten Weltkrieg waren die großen sozialen Lebensziele, -ideale

  • ein umfassender Wohlstand für alle,
  • die Aufnahme in einem Geborgenheit bietenden stilbildenden Milieu,
  • individuelle Aufstiegschancen.

Als bürgerliches Erbe flossen sie ein in ein  Status- und Sicherheitsbedürfnis. Sie wurden danach zunehmend verdrängt durch Forderungen nach Selbstverwirklichung, Authentizität im Rahmen einer weitreichenden Autonomie, d. h. eigentlich von hohen Ansprüchen an das Kulturbewusstsein der betroffenen Personen (als Erinnerungserbe an die Lebensreformbewegung um die Jahrhundertwende). In deren Ermangelung verblieb im Regelfall davon für die Masse der Gesellschaft, nur der „Genuss“, das persönliche Lebensglück als einziges Lebensziel. Ihr Lebensinhalt lautete nun in Anlehnung an Descartes:

„Ich schoppe, also bin ich“.

Die unausgefüllte Lebenszeit wurde ausgefüllt mit einem oberflächlichen Abhacken von Touristenzielen (z. B. zurzeit in Mode, die wenig anstrengenden Seereisen). Nahrungsmittel wurden kulturell überformt, ästhetisch präsentiert und bei Seltenheit zu einem Statusinhalt erhoben (Man gehört nicht zu den popeligen Normalverbrauchern, wenn man für ein Essen 500,– Euro bezahlen konnte). Man musste sein Leben mit irgendwelchen Inhalten füllen und waren sie noch so banal. Jeder möchte in dieser individualisierten Welt anders sein als sein Gegenüber, er fühlt sich aber deklassiert, wenn er dann einem von den Medien vermittelten Einheitsbild nicht ähnelt.

Unser Individualismus fördert die Selbstinszenierung. Die Emanzipationsbewegung hob allerdings die frühen Geschlechterrollen nicht auf, sie verstärkte sie sogar über die Öffnung des Sexuellen für den wirtschaftlichen Erfolg. Über Schönheitsoperationen versucht man zu gefallen und mit Hilfe von Selfies sein schönstes Bild einer breiten Internetgemeinde kundzutun. Die Genderbewegung hat zudem die Paradigmen der sozialen Machtverhältnisse zu ihrem Hauptinhalt gemacht. Über politische Quotenansprüche, Diffamierungen und Medieneinflüsse versucht sie für eine weibliche Elite soziale Vorteile durchzusetzen, die die Masse der Frauen gar nicht betreffen.

Das Problem des Individualismus ist sein Unabhängigkeitsbewusstsein, sein Glaube, dass er grenzenlos agieren kann und

  • keine Verpflichtungen gegenüber der Natur und
  • keine Verantwortung gegenüber seiner sozialen Gemeinschaft hat.

Seine tatsächlichen individuellen Rechte werden durch seine individuellen Pflichten begrenzt. Das erfordert für seine Entscheidungen eine gewisse Reflektionsfähigkeit und hohe Ich-stärke. In jungen Jahren sind für bestimmte Lebenssituationen Vorbilder hilfreich. Eine Hilfe bedeuten auch stabilisierende Partnerschaften, Freundschaften oder Wertegemeinschaften. Unabhängig davon wie unsere Orientierungssysteme entstanden sind, versuchen wir an ihnen festzuhalten, egal ob sie das Ergebnis unserer Erziehung, eines schulischen Lernprozesses, der Erfahrung oder der Kompensation sind. Ihr uns Sicherheit bietender Inhalt ist für uns relativ unantastbar.

Früher definierten sich die Menschen weitgehend über ihre Arbeit. Ihre Berufswelt war ihre entscheidende existenzsichernde Orientierungsgröße. Sie garantierte dem Einzelnen seine Existenz und gab seinem Leben einen Sinn. Seine Stellung in der Arbeitswelt bestimmte generell seinen sozialen Status. Heute wird die Arbeitswelt weitgehend von der Routine bestimmt, und man versucht seine Selbstverwirklichung außerhalb seiner Berufswelt zu finden.

Jeder einzelne wird von seiner persönlichen Wertehierarchie bestimmt (in seinen Motiven, Zielen und seinem Verhalten). Grundlegend können das u. a. sein:

  • Selbstbestimmung (seine Unabhängigkeit im Denken und Handeln),
  • Kompetenz und Erfolg,
  • persönliche und soziale Sicherheit,
  • sozialer Status (Macht),
  • sinnliche Befriedigung (Hedonismus),
  • Herausforderungen,
  • Bindungen an seine Kultur,
  • Schutzvorstellungen gegenüber nahestehenden Menschen oder der Natur.

Unser Problem ist heute, dass wir zunehmend digital gesteuert werden, zunächst nur im Spiel, aber zunehmend auch immer mehr in unserer Orientierung. Das gilt für unsere Partnerwahl     (zurzeit angeblich bereits 1/3 der Paare), im Straßenverkehr, bei der Arbeit und der Einholung unserer Orientierungsinformationen allgemein (z. B. Bücher, Urlaubsziele). Unser bisheriges Persönlichkeitsverständnis wird in einer völlig vom Internet beherrschten Welt nur noch zu einem Diskursphantom aus einer vergangenen Zeit.

Biologisch noch Naturwesen, stehen wir dazu durch unsere kulturellen Prägungen und deren zunehmend hysterischen, paradigmatischen, modischen Setzungen in einem Widerspruch. Zunehmend werden wir von neuronalen, psychischen Störungen unserer Eliten gesteuert, ohne uns dagegen sozial wehren zu können. Unsere Kultur klafft einerseits durch ihre Naturentfremdung zunehmend von unserem biologischen Sein und andererseits durch den fortgeschrittenen zivilisatorischen Stand ihrer Arbeitswelt von den Möglichkeiten einer dazu im Gegensatz stehenden von allen Seiten postulierten Selbstverwirklichung. In der Regel verdrängen wir letztere, indem wir aus Bequemlichkeitsgründen den Lustmöglichkeiten folgen, d. h. den Möglichkeiten bei denen  auf einfachste Weise die größten Serotonin- und Dopaminausschüttungen erfolgen.

Dabei besitzen wir für unsere persönliche Existenzentfaltung so viel Zeit wie sie die Menschen zuvor nie gehabt haben. Zum einen im Verlauf des Tages, – es gibt heute keinen 16-Stundentag mehr, – und zum anderen durch die lange Zeit nach dem Eintritt ins Ruhealter. Kreativ bieten sich besonders vier Möglichkeiten für eine mögliche Selbstentfaltung an:

  • der familiäre Bereich,
  • der soziale Bereich (Nachbarschaften, Ehrenämter, Vereinstätigkeiten),
  • der Schutz der Natur,
  • schöpferische Tätigkeiten.

Alle unter dem Vorbehalt, dass jedes Tun an eine Verantwortung gebunden ist.

Besonders das schöpferische Tun bietet viele Möglichkeiten von der Herstellung kunstgewerblicher Gegenstände bis hin zu geistigen Kunstprodukten. Wobei letztere im heutigen, modernen Verständnis nur noch das Umsetzen einer Idee sein muss. Niemand braucht mehr Angst davor zu haben, dass sein alter, an die Wand genagelter Schuh keine Kunst ist. Wenn  man ihn dafür hält, dann ist er es nach unserem heutigen Kunstverständnis auch. Wir hängen heute in der Regel noch zu stark an einem handwerklichen, repräsentativen Kunstbegriff  (auch der Autor) und sind nicht bereit, die Paradigmenwechsel der letzten hundert Jahre hier mitzumachen.

Die historische Kunst war ein Handwerksergebnis (bis auf die Musik), deren Ausführung im Altertum eines freien Mannes nicht würdig war. Erst in der Renaissance gelang es im Paragone-Streit die Malerei bei den „arte liberales“ einzuordnen. Ihre große Aufgabe war nun, die sichtbaren Dinge mit Hilfe von Linien, Farben, Perspektiven und Flächen darzustellen. Ihre Funktion war jetzt die Repräsentation. In der Romantik bekamen dann die Empfindungen einen Realitätscharakter. Die Impressionisten entbanden die Linien und Farben von ihren repräsentativen Verpflichtungen. Sie verließen die bisherige Bindung an die Konturen. Van Gogh befreite die Farbe von ihrer Gegenstandsbindung. Seine Darstellungen beinhalteten den flüchtigen Augenblick. An die Stelle der Realfarben traten Symbolfarben (z.B. bei Marc das „Blau“ der Frühromantik: „Turm der blauen Pferde“).

Die für uns heute entscheidenden letzten hundert Jahre zerstörten dann die traditionellen Kunstvorstellungen. Zunächst für die Mehrzahl von uns noch nachvollziehbar in der Moderne, d. h. im Fauvismus (Frankreich), Expressionismus (Deutschland), Kubismis (Frankreich) und dann radikal in der

  • Dada-Bewegung,
  • Fluxus-Bewegung.

Der Fauvismus versuchte mit Hilfe von Farben das Dauerhafte herauszustellen. Damit wurden diese zum herausragenden individuellen Ausdrucksmittel. Man setzte sie nicht mehr nachahmend um, sondern komponierte die Bilder jetzt nach deren Leuchtkraft. Damit beschritt man den Weg weg von der Realfarbe zur subjektiven Farbe, zur farbigen Fläche (Matisse nach Anregungen durch van Gogh und Gauguin), ähnlich der Expressionismus in Deutschland.

Der Kubismus löste sich dann vollständig von der traditionellen Malerei. Die Linienführungen waren nicht mehr raumbestimmend, sondern eine Verteilung von Werten und Kräften, nicht mehr eine Hell-Dunkel-Gestaltung, die Perspektive oder die handwerkliche Fertigkeit beachtend, sondern deren ästhetische Wirkung. Mit den „Demoiselles d’Avignon“ (Picasso 1907) beginnt die Malerei der Moderne.

Die Postmoderne versuchte dann die „Moderne“ in der Kunst zu überwinden. Man wirft ihr das Streben nach etwas Neuem vor und ein totalitäres Bewusstsein. Stattdessen fordert sie für das gestalterische Handeln eine Vielfalt und Offenheit. Die Moderne versuchte noch bestehende Denkweisen zu legitimieren, die Postmoderne diese für ihre Unterschiede und ihre Pluralität zu öffnen. Sie will der Ausdruck für jedes künstlerische Streben sein und lehnt deshalb jeden Bezug zu den Erkenntnissen und Darstellungsweisen der Aufklärung, des Idealismus und des Historismus ab. In ihrem Denken befindet sich nicht mehr die Erneuerung und die menschliche Identität im Vordergrund sondern die Technik und die neuen Medien. Dafür

  • deklariert sie eine neuen, erweiterten Kunstbegriff,
  • fordert sie eine neue Hinwendung zur Emotionalität,
  • glaubt sie einen zunehmenden Symbolcharakter in der Welt zu erkennen.

Die Dada-Bewegung lehnte die Wertesysteme der bisherigen Kunst ab. An die Stelle der alten Ideale, künstlerischer Darstellungsqualitäten setzten sie einfache, oft zufallsgesteuerte Formen. An ihrem Ende stellten sie die Frage, was Kunst überhaupt sei. Duchamp beantwortete sie mit der These, dass sie das sei, was der Künstler als solche ansehe, „finde“, nicht dasjenige, was er schaffe. Die „Ready-mades“ waren seine Antwort.

Bei der „Fluxus“-Bewegung ging es dann vorrangig nicht mehr um das Kunstwerk an sich, sondern nur noch um die schöpferische Idee. Man versuchte Kunst und Leben in ihr zu vereinen und in ihr viele Medien aufzugreifen (Video, Geräusche, Bewegungen und verschiedene Materialien). Sie war eine Aktionskunst. Von den Happenings unterschied sie sich durch dessen Zusammenwirken mit dem Publikum und den auf Schocks angelegten Handlungen.

Kritisiert an diesen Bewegungen wird

  • ihre häufige Nähe zur Irrationalität, ihre Ferne zur Rationalität,
  • ihre Beliebigkeit gegenüber sozialen und kulturellen Problemen,
  • ihr Missbrauch geistes- und sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse.

Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass  sie sich an völlig andere Gehirnbereiche wendet als die repräsentative, klassische oder romantische Kunst. Von der Musik weiß man, dass dies bei der E-Musik und der Unterhaltungsmusik der Fall ist. Sehr wahrscheinlich gilt dies auch für die intellektuellen Tonfolgen von Cage.

Vereinfachend kann man sagen, dass die Entwicklung in der gesamten Kunst sich von der Darstellung über die Abstraktion hin zur Zurschaustellung ihrer Elemente  bewegt hat. Die Kunst hat ihre Beziehungen zur Gegenstandswelt aufgegeben. Man bewegte sich von

  • den farbigen Gegenstandsdarstellungen über die abstrakten Farbsymbole zur reinen Farbe als solchen (Malewitch „Schwarzes Quadrat“).
  • An die Stelle der Abbildfunktion trat die mit Gefühlen verbundene Gestaltungsabsicht. Über diese Verselbständigten sich dann die Gestaltungselemente und wurden zum Schluss autonom.

Wie der Farbe erging es der Linie, der Fläche und der Form.

In der Musik führte diese Entwicklung zur reinen Klangkunst. Seit Newton wusste man, dass Schall- und Lichtwellenfrequenzen auf ähnlichen physikalisch-mathematischen Gesetzmäßigkeiten beruhten („Klangfarben“, „Farbtöne“). Durch die Überweindung der zwischen ihnen bestehenden Grenzen wurde der Weg frei zum Gesamtkunstwerk. Man lernte Töne, Bewegungen und Farben miteinander zu vereinen. Es entstanden synthetische Farb-Ton-Bilder. Danach befreite man die Klänge noch von der Farbe und endete bei den „realen Geräuschen“. Die Klänge hatten – befreit von den klassischen musikalischen Parametern – ihre volle Autonomie erreicht. Die neue Klangkunst wurde zu einem allein akustischen Ereignis, dass nicht jedem Hörer gefallen muss. Die tonalen Vorstellungen ihrer Schöpfer dürften nur selten von den neuronalen Gehirngegebenheiten ihrer Zuhörer mit Gewinn aufgenommen werden.

Man unterscheidet in der Musik

  • soziale Musik, die dem Zusammenhalt sozialer gruppen dient,
  • spielerische Musik, die dem Spiel, Tanz oder der Unterhaltung dient,
  • gehobene (klassische) Musik, die einen in andere Bewusstseinswelten führt,
  • intellektuelle Musik, die intellektuell mit Klängen, Geräuschen spielt.

Sie alle wenden sich an verschiedene Hirnbereiche, und man darf durchaus aufgezwungene intellektuelle Tonfolgen persönlich mit einer Vergewaltigung in Verbindung bringen.

Diese Entwicklungen haben die Kunst aus ihren formalen Bindungen geführt und sie für die Kreativität eines jeden geöffnet. Zurzeit wenden wir uns mit Hilfe der neuen Medien zu einer neuen Gegenständlichkeit, allerdings verstärkt weg von der natürlichen Wirklichkeit zu einer menschengemachten, anthropogenen. Die geringe Naturkenntnis und die Medien haben das Verhältnis zur Realität verändert. Wir erfahren sie zunehmend als Konstrukt. Die Auflösung ihres Objektstatus öffnet sie für das breite Publikum sowohl in ihrer Offenheit für ihre Interpreten, wie auch in der Möglichkeit, sich darin selber in einem kreativen Akt einzubringen. In der neuen Kunst muss man nicht mehr den Vorstellungen eines Schöpfers folgen, sondern kann einfach den Zeichen seiner eigenen Intuition folgen Darin liegen ihre großen Möglichkeiten.

Man muss nicht so weit wie Jeff Koons gehen, der seinen Beischlaf in seiner Werkgruppe „Made in Heaven“ zur großen Kunst deklarierte. Milliarden Menschen dürften eine solche täglich auf Erden realisieren. Heute werden alle Selbstdarstellungsformen charismatischer Persönlichkeiten zur Kunst erklärt, auch solche von Psychopathen. Man muss nicht jede ausgelebte Neurose als ein großes Werk ansehen, doch bietet die gegenwärtige Kunst wie nur wenige andere Bereiche die Möglichkeit,

  • seinem Leben einen Sinn zu geben,
  • sich selbst erlebend zu verwirklichen,
  • schöpferisch tätig zu werden,
  • für sich eine Form der Selbstdarstellung zu finden.

In ihr verlagern wir heute unsere rationale Welt in Gefühlsqualitäten.

In einer kreativen Welt darf man naiv sein, wilde Ideen haben, besitzt man die Möglichkeit, sich zu irren. Der Irrtum gehört geradezu zu ihr. Ohne die Kreativität gäbe es keinen Fortschritt. Sie scheint weitgehend das Ergebnis unserer Assoziationen zu sein. Wobei in einem Genie zu seiner Intelligenz, seinem Fachwissen und evtl. seinem Beharrungsvermögen sich durch die Kommunikation seiner verschiedenen Hirnareale neue Gedankenverbindungen ergeben. Auch seine Genialität ist das Ergebnis eines neuronalen Netzwerkes, das bereit ist, neue Wege zu gehen. Dessen entkrampfte, freie Assoziationen lassen neue Gedankenblitze entstehen und über dieses Neue wird der Einzelne kreativ und beginnt neue Wege zu gehen. Sein präfrontaler Cortex aktiviert die anderen Hirnareale und kontrolliert deren Neuronenblitze bis hin zu seinem Aha-Ergebnis. Aus bisher unbewussten Neuronen-verbindungen blitzt plötzlich eine Lösung auf. Dies gilt sowohl für die intuitive, künstlerische, wie auch für die rationale, wissenschaftliche Welt.

Zu einem Problem kann das kreative Milieu werden,

  • wenn die Erwartungen zu hoch sind.
  • Sie von immateriellen Zielsetzungen getragen werden (idealistischen, imaginären).
  • Sie zu oft mit negativen Ergebnissen verbunden werden.
  • Ihnen ihre erwartete soziale Anerkennung versagt wird.
  • Ihre negativen Seiten (z. B. für die Umwelt) nicht ausreichend bedacht werden.

Gesundheit  –  Krankheit

Unsere Lebensqualität und Leistungsfähigkeit werden weitgehend von unserer physischen und psychischen Gesundheit bestimmt. Dabei bestehen zwischen diesen oft enge Beziehungen. Man nimmt an, dass die Leiden von etwa 25 % aller Hausarztpatienten einen psychosomatischen Hintergrund haben (d. h. bei eindeutigen Beschwerden keine physischen Ursachen erkennbar sind). Ihre Leiden lassen sich organisch nicht erklären. Die Gründe dafür können sein: Schicksalsschläge, berufliche Belastungen, fehlende soziale Integration, die Art der Lebensführung oder Persönlichkeitsfaktoren, die in der Regel persönliche Ungleichgewichte in ihrem Transmitterhaushalten als Ursache haben.

Oft ist es schwer zwischen gesund und rank zu unterscheiden, da dies von deren Definition abhängig ist. Nach manchen Psychiatern leiden fast alle Menschen an irgendeiner Persönlichkeitsstörung. Wobei in letzter Zeit eine starke Zunahme psychischer Erkrankungen beobachtet werden kann. Vielleicht wegen unserer zunehmenden organischen Entfremdung von der Natur und den damit verbunden, veränderten Hintergrundaktivitäten in unserem Gehirn. Psychische Erkrankungen sind immer das Ergebnis eines Zuviels oder eines Zuwenigs, d, h. eines Ungleichgewichts unserer Botenstoffverhältnisse. In unserer Umwelt ist unser Gehirn ständig naturfremden Reizen ausgesetzt. „Gesunde“ Gehirne können ein Zuviel an Eindrücken filtern und in kreative Bahnen lenken. Bei „kranken“ Gehirnen geraten die betroffenen Neuronentransmitter aus ihren „Gleichgewichten“, die betroffenen Menschen sind überfordert und reagieren „unnormal“.

In unserem Umfeld erleben wir ständig persönliche Krankheiten. Soziale (Meta-)Psychosen, als deren Folge, sind wir dagegen nicht bereit zu sehen, vielleicht als Folge modischer gruppenbezogener pathogener Verhaltensweisen, nicht aber als anthropogene schädliche Ideologien, als die Menschheit langfristig schädigende Orientierungssysteme, wie sie z.B. die modernen Formen des Kapitalismus oder die Genderbewegung darstellen.

Gehirnschädigungen haben in der Bevölkerung wegen ihrer oft Unerklärlichkeit, ihrem Ab- weichen vom „Normalem“ einen schlechten Ruf. Wegen der wahrscheinlichen Komplexität ihrer Hintergründe entziehen sie sich einfachen Erklärungsmustern. Man spricht nicht gerne über die Schizophrenie oder Hysterie (bei letzterer weicht man deshalb heute gerne medizinisch wegen der stark geschlechtsbezogenen Bindung des Begriffs auf den der Histrionie (Persönlichkeitsstörung, weiblicher Narzissmus) aus, als ob man damit den betroffenen Frauen eher hilft). Oft übertragen sich diese Störungen als Folgen auf körperliche Beschwerden.

Unser Stoffwechsel ist der Motor unseres Körpers. Er bestimmt unsere Wahrnehmungen, unser Fühlen und Denken. Bei Störungen fällt es uns schwer, unseren Alltag zu bewältigen und unserem sozialen Umgang gerecht zu werden. Früher machte man für sie hauptsächlich organische Ursachen verantwortlich, heute wissen wir, dass sie weitgehend eine Folge von Ungleichgewichten unserer Botenstoffe im Körper sind, besonders im Gehirn. Letzteres macht uns zu dem, was wir sind. Es schafft in uns unsere Identität. Unser Problem dabei ist, dass wir (noch) nicht wissen, auf Grund welcher Abläufe.

In unserer Zivilisation führen wir ein biologisch völlig falsches Leben. Von unserer Natur her entsprechen wir noch den einstigen Jägern und Sammlern und müssten uns demnach täglich etwa 15 km bewegen. Wir gehen aber nur ca. 3,5 km. Das hat für unseren Stoffwechsel weitreichende Folgen. In Deutschland sind 2/3 der Männer und  ½ der Frauen übergewichtig und damit anfällig für Zivilisationskrankheiten wie Arthrose, gestörten Zuckerstoffwechsel, Krebs, Herzinfarkt, Schlaganfall u. a.. Man geht davon aus, dass

  • nur 20 % unserer Gesundheit von unseren Genen bestimmt werden,
  • 30 % von unserer Umwelt,
  • aber 50 % von unserem persönlichen Verhalten.

Man vermutet, dass der Einzelne über seinen Lebensstil sein Leben auf bis zu 17 Jahre verlängern könnte.

Bis zu einem gewissen Grad können wir die Dauer unseres Lebens und unsere psychische Gesundheit selber bestimmen: Über unsere

  • Atmung:
  1. B. über Jahrtausende alte Techniken der asiatischen Heilkunde, Meditationsformen, Achtsamkeitsformen.
  • Ernährung:

Wir leiden heute unter einem Kalorienüberschuss. Doch helfen keine Diäten, sondern nur Kalorienreduktionen. Bei Tieren führt eine Kalorienreduktion zu einer Lebensverlängerung und zu einer Anregung der Neubildung von          Nervenzellen. Einen Einfluss haben auch die Zusammensetzung der Nahrung und die Häufigkeit der Mahlzeiten. Polyphenole (pflanzliche Substanzgruppe mit verschiedenen Verbindungen) schützen u. a. vor UV-Strahlen, freien Radikalen und verschiedenen Krankheitseinflüssen. Sie scheinen im Körper verschiedene körpereigene Botenstoffe zu stimulieren.

Die Gehirntätigkeit beruht auf einer elektrischen und chemischen Tätigkeit der Neuronen. Die Zellen bestehen aus Fett und Proteinen. Zwischen ihnen schaffen Mineralien einen Spannungsunterschied,

    • der der Erzeugung elektrischer Signale dient,
    • zu deren Aufrechterhaltung sie einen ständigen Zufluss an Energie benötigen.

(Sie brauchen dafür eine ständige Zufuhr von Mineralien, Aminosäuren, Vitaminen und eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr).

  • Bewegung (vielleicht das Beste, das man für seine Gesundheit tun kann):
    • kurzfristig:

*   senkt sie die Aktivität im präfrontalen Kortex

(dadurch vermindert sie den Ärger, die Sorgen und ein anstrengendes Denken),

*   hebt sie den Dopamin-Spiegel

(dadurch kann sie Lust und Freude bereiten),

*   gelangt mehr Tryptophan ins Gehirn (Vorstufe des Serotonins)

(dadurch positiver Einfluss auf unseren Gefühlshaushalt),

*   senkt sie den Cortisol-Spiegel

(dadurch verstärkter Abbau der Stressgefühle).

    • langfristig:

*  vergrößert sie das Volumen einiger Hirnareale

(dadurch geringere, altersbedingte Schrumpfung des frontalen Kortex),

*   die Hirnareale vernetzen sich besser

(dadurch verbessert sich die Signalleistung zwischen den Nervenzellen und die Synapsenbildung im Hippocampus wird aktiviert),

*   Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus,

*   bessere Durchblutung des Gehirns,

(dadurch eine bessere Aufmerksamkeit und bessere Leistungen der exekutiven Funktionen (z. B. Impulskontrolle, Handlungsplanung und bessere Leistungen des Gedächtnisses).

Eine regelmäßige Bewegung versorgt die Gelenke mit Nährstoffen und hilft gegen 26 chronische Krankheiten. U. a.: Sie

  • verbessert die Herzfunktionen,
  • verzögert Alterungsprozesse,
  • kräftigt die Arterien,
  • Muskelzellen altern langsamer,
  • erhöht den Blutfluss,
  • verzögert altersbedingten Muskelschwund,
  • schützt vor Blutgefäßerkrankungen,
  • erhält die Gelenkbeweglichkeit,
  • beugt erhöhten Blutdruck vor,
  • vermindert das Osteoporoserisiko,
  • vermindert das Schlaganfallrisiko,
  • beugt einer Zuckerkrankheit vor,
  • verbessert die Cholesterinwerte,
  • wirkt Diabetes Typ 2 entgegen,
  • verbessert die Libido,
  • verbessert die Verdauung,
  • verbessert den Schlaf,
  • verringert das Krebsrisiko,
  • fördert das Selbstbewusstsein,
  • stärkt das Immunsystem,
  • fördert das Wahrnehmungs- und Denkvermögen.

Hilfreich ist es, seinem Leben eine Bedeutung zu geben und seine Aufmerksamkeit auf seine Lebensziele zu richten. Sie beeinflussen dann das Gehirn im gewünschten Sinne. Eine mentale Gesundheit wird gefördert durch

  • Selbstvertrauen,
  • soziale Bindungen (Familie, Freunde, andere als ebenbürtig ansehen),
  • Spaß am eigenen Tun.

Hilfreich dabei sind:

  • Mitgefühl,
  • Zuhören können,
  • Bescheidenheit,
  • das zu geben, das man selber sucht (Geborgenheit, Liebe, Vergebung).

Biologisch sind wir Männer ständig auf einem Streben nach Erfolg programmiert. Das damit verbundene Statusdenken ist Teil unserer aus unserer Evolution überkommenen Sexualität. Es ist zwar in unserer Zivilisation kulturell überlagert, nimmt aber Einfluss auf unsere psychische Gesundheit. Fällt eine Belohnung für unser Tun aus, werden wir langsam krank. Viele unserer psychischen Fehlentwicklungen ergeben sich bei

  • Kindern aus ihren Ängsten (z. B. vor einem Verlassenwerden),
  • Adoleszenten wegen der Verletzung ihrer inneren Werte

(z. B. Schamverletzungen, im Sinne einer Verletzung ihrer Identität; Schamentwicklung ab dem 3. Lebensjahr),

  • Erwachsenen aus dem Widerspruch ihrer kulturellen Überlagerungen gegenüber ihrem biologischen Sein.

Lebensverkürzend wirken:

  • eine falsche Ernährung
    • täglich mehr als 120 g rotes Fleisch bei Männern um ca. 1,4 Jahre, bei Frauen      um ca. 2,4 Jahre,
    • täglich unter 200 g Obst und Gemüse bei Männern um ca. 1,3 Jahre, bei Frauen um ca. 0,8 Jahre,
  • ein Übergewicht (Body-Mass-Index über 30):

(bei Männern um ca. 3,1 Jahre, bei Frauen um ca. 3,2 Jahre; damit verbunden u. a. eine erhöhte Anfälligkeit für Arthrose, gestörten Zuckerstoffwechsel, Krebs, Herzinfarkt und Schlaganfall).

  • Drogen:
    • Nikotin (täglich mehr als 10 Zigaretten):

bei Männern ca. 9,4 Jahre, bei Frauen ca. 7,3 Jahre,

    • Alkohol (mehr als 4 alkoholische Getränke täglich):

bei Männern ca. 3,1 Jahr, bei Frauen ca. 1 Jahr.

Aus der obigen Übersicht ergibt sich, dass besonders das Rauchen und das Trinken von Alkohol lebensverkürzend sind:

  • Nikotin:

Man nimmt an, dass auf Erden etwa 7 Mio. Menschen wegen des Rauchens vorzeitig sterben. Die Rauchindustrie macht alles, um die Konsumenten von Rauchprodukten süchtig zu machen durch

    • Zuckerbeigaben (zur Vereinfachung des Inhalierens; dadurch entsteht das suchtverstärkende Acetaldehyd, das auch krebserzeugend ist),
    • Ammoniak zur Verstärkung der Nikotinwirkung,
    • Hustenstiller zur Dämpfung des natürlichen Hustenreflexes

(insgesamt mit Hilfe von 30 Substanzen; u. a. Lakritzextrakt, Kakao), besonders anfällig sind Menschen mit einer bestimmten Mutationsvariante auf Chromosom 15.

In den Niederlanden wird die Zigarettenindustrie deshalb bereits wegen des Mordsversuchs verklagt.

  • Alkohol:

Für den Konsum wird in Deutschland ständig geworben. Immer wird er mit positiven Eigenschaften verbunden. Er regt die Ausschüttung von Dopamin und Serotonin an. In höheren Dosen dämpft er die Gehirnübertragungen und die kognitiven Leistungen verschlechtern sich. Hunderttausende von Menschen leben von seiner Herstellung (Winzerfamilien, Brauer). Dabei sollen täglich mehr als 7 Mio. Menschen eine für sie riskante Menge konsumieren (bei Männern 20 g reinen Alkohol = ½ l Bier, bei Frauen ¼ l). Man weiß, dass er an etwa 200 Krankheiten beteiligt ist. Es besteht aber kaum das Bewusstsein, dass er nur gelegentlich als Genussmittel konsumiert werden sollte. Ein regelmäßiger Konsum ist immer problematisch.

Leichte bis mittelschwere psychische Störungen können eine schöpferische Suche fördern (Voraussetzungen dafür sind neben einer Begabung, Wissen, handwerklichem Können, die Energie seinen Ideen eine Form zu geben.

Starke psychische Störungen belasten dagegen die kreativen Fähigkeiten. Sie fördern Ängste und mindern die Ausdauer. Sie schränken die schöpferischen Leistungen bis hin zur völligen Unfähigkeit ein. Eine gewisse Labilität kann zwar eine gewisse Kreativität freisetzen, längere Krankheitsphasen aber das schöpferische Potential zerstören. Zum kreativen „Chaos“ gehört eine innere „Stabilität“, um wirklich schöpferisch sein zu können. Besonders die heutige Kunst ist ein Lebensbereich geworden, in dem Neurosen sozial toleriert und unter dem weiten Deckmantel von Kultur ausgelebt werden können.

Was und wer ein Mensch ist, bestimmt sein Stoffwechsel und über diesen weitgehend sein Gehirn. Alle seine Gefühle, Gedanken und Handlungen sind darin verankert. Die kleinsten Hirnverletzungen machen aus uns einen anderen Menschen. Wir erleben dann die Welt anders, werden ein anderer. Wahrscheinlich ist die Zunahme bestimmter Krankheiten in unserer Gesellschaft (z. B. von Depressionen) ein Ergebnis unseres Individualismus, bei dem sich unser Wunsch nach Selbstverwirklichung in unserem sozialen Umfeld nicht mit unseren psychischen Stoffwechselkonstellationen übereinstimmt. Auf die aus unserer Umwelt kommenden Ängste können wir nicht mehr mit unserem biologischen Funktionsapparat reagieren. Unsere Botenstoffhaushalte geraten aus ihrem Gleichgewicht. Wir sind psychisch gestört.

Vertraut ist dieser Umstand vielen wegen ihrer Schilddrüse (jeder Dritte gilt als gestört). Sie steuert unseren gesamten Stoffwechsel. Reguliert wird sie vom TSH-Botenstoff. Bei Unterfunktionen werden die Hormone T4 und T3 in zu geringen Mengen gebildet (u. a. Hashimoto-Thyreoiditis).

Die Folgen einer Unterfunktion sind u. a.:

  • Der gesamte Stoffwechsel ist krankhaft verlangsamt.
  • Abnahme der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit,
  • Abgeschlagenheit, Müdigkeit,
  • Muskelschwäche,
  • Konzentrationsschwäche,
  • Gewichtszunahme,
  • Kälteintoleranz,
  • vermehrtes Schlafbedürfnis,
  • oft depressive Gefühle.

(Sie lassen sich mit Hormongaben gut behandeln).

Die Folgen einer Überfunktion sind u. a.:

  • erhöhter Blutdruck,
  • Herzrhythmusstörungen,
  • Herzklopfen,
  • Unruhe, Konzentrationsschwäche,
  • Gewichtsabnahme,
  • Schwitzen,
  • evtl. Halluzinationen.

Das heißt, dass allein ein Weniger oder Mehr von zwei Schilddrüsenhormonen bereits den Stoffwechsel eines Menschen völlig durcheinanderbringen können.

Besonders die Monoamine scheinen bei vielen Krankheiten eine Schlüsselrolle zu besitzen. Dazu gehören u. a. Dopamin, Serotonin und Adrenalin. Die Krankheiten, die auf deren Zuviel oder Zuwenig zurückgeführt werden können, sind u. a. Depressionen, Parkinson, Schizophrenie oder ein unregelmäßiger Schlaf.

  • Depressionen:

Sie entstehen, wenn die Botenstoffe in mehreren Hirnregionen aus ihrem Gleichgewicht geraten sind. Sie folgen auf einer verstärkten Aktivität in der linken Hemisphäre der Amygdala und der rechten Hemisphäre des präfrontalen Cortex, sowie einer verringerten Aktivität in der rechten Hälfte der Amygdala und der linken Hälfte es präfrontalen Cortez. Die gehemmten Botenstoffe im Stirnlappen und der Amygdala führen zu Traurigkeitsschüben und einer anhaltenden gedrückten Stimmung. Die Folgen davon sind u. a.: chronischer Energiemangel, Schuldgefühle und Hilflosigkeit.

  • Demenz:

Eine mögliche Folge von 50 verschiedenen Gehirnstörungen. Die häufigste Form ist Alzheimer. Die Folgen sind: Ausfall des Gedächtnisses, der Konzentrationsfähigkeit und des Denkens. In Deutschland sind zurzeit 1,3 Mio. Menschen betroffen (jeder 7.im Alter von 80-84, jeder 3. Über 90). Die Ursache ist: Die Ablagerung der Proteine Beta-Amyloid und Tau. Sie ersticken die Nervenzellen. Das Beta-Amyloid lagert sich an die Nervenzellen und bildet die Plaque. Beim „Tau“ transportieren dessen Neurofibrillen die Stoffwechselprodukte nicht mehr. Proteinveränderungen lassen die Tau-Moleküle verklumpen und dadurch die Nervenzellen zerstören. Problem: Die Tätigkeit des Beta-Amyloids setzt bereits 10 – 20 Jahre vor seiner Wahrnehmung ein.

Zurzeit gibt es nur begrenzt medikamentöse Hilfen (sie verlangsamen bei leichten Fällen das Fortschreiten; unterstützen die Tätigkeit der noch gesunden Zellen).

Gewisse Hilfen:

    • Anknüpfen an frühere Erinnerungen (z. B. Rosenduft),
    • Musik,
    • Aufenthalt in der Natur,
    • körperliche Nähe,
    • Bewegung (besonders Tanz).

 

  • Parkinson:

Die genauen Ursachen für diese Krankheit sind unbekannt. Ihre Zahl nimmt drastisch zu (in Deutschland zurzeit ca. 250.000Menschen; nach Krankenhausdaten 4000.000;  1 % der 60jährigen, 4 % der 80jährigen).

Frühe Anzeichen sind u. a.:

    • Verlust des Geruchsinns,
    • Verstopfung,
    • Zittern in einem Daumen.

Späte Anzeichen u. a.:

    • Zittern in beiden Daumen,
    • Haltungsinstabilität,
    • Langsamkeit der Bewegungen.

Im Endstadium:

    • 20 % dement.

Die Kranken verlieren schrittweise die Neuronen für ihre Bewegungskoordination. Medikamente können nur Symptome unterdrücken und den Verlauf verlangsamen.

  • Schizophrenie:

Die Ursprünge im Gehirn sind unbekannt. Vermutet wird ein komplexes Zusammenspiel von genetischen, entwicklungsorientierten und psycho-sozialen Faktoren. Kontrollverlust über die eigenen Gedanken (Halluzinationen, Wahnvorstellungen, wirres Denken und Sprechen). Wahrscheinlich sind mehrere Gene für die Anfälligkeit verantwortlich (eine Ursache: ein verstärkter Dopaminabbau). Im Verlauf ihres Lebens sind ca. 0,7 % der Menschen irgendwann davon betroffen.

  • Autismus:

Autistische Züge können verschieden stark ausgeprägt sein. Sie besitzen verschiedene Kriterien. Die Übergänge sind oft fließende. In den USA gilt jedes 68. Kind als autistisch (2014) und ihre Zahl steigt prozentual. Seine Ursachen sind unbekannt. Vermutet werden genetische Einflüsse(verdächtigt werden bis zu 1000 Gene, deren Interaktionen völlig unbekannt sind). Charakteristische Merkmale sind:

    • soziale Kontaktstörungen,
    • Kommunikationsprobleme,
    • stereotype Verhaltensweisen.

Die Störungen betreffen die Sprache, die Gefühlswelt (sie nehmen Gefühle anders wahr) und das soziale Miteinander. Er tritt bei Männern viel häufiger auf als bei Frauen (evtl. wegen einer Testosteronüberdosis im Mutterleib). Mozart und Einstein sollen autistische Züge gehabt haben. Bei dem Asperger-Typ soll es oft überdurchschnittliche Intelligenzen geben. Oft gibt es unter ihnen Savants, Menschen mit genialen „Inselbegabungen“, die im Alltag ansonsten kaum lebensfähig sind. Oft besitzen sie einen gestörten Tastsinn und sind deshalb scheuer, empfindlicher. Eine Folge davon ist das Meiden von Körperkontakten und sozialen Interaktionen.

  • ADHS (attention deficit hyperactivity disorder):

Eine neurobiologische Störung. 5,3 % der Kinder und Jugendliche sind betroffen. Sie leiden unter einem Aufmerksamkeitsdefizit und unter Hyperaktivitätsstörungen. Die Ursachen sollen genetische Veranlagungen und frühe Umwelteinflüsse sein. Die Folgen sind u. a.: Ihre Leistungen entsprechen nicht ihren Begabungen, ein gestörtes Sozialverhalten. 25 %der Betroffenen behalten die Störungen (oft bereits mit 4 – 6 Jahren bemerkbar), 50 % von diesen werden depressiv. Es gibt verschiedene Behandlungsansätze (u. a. Medikamente).

  • Borderline-Gestörte:

Bei Betroffenen bestehen Unterfunktionen in deren Präfrontalem Cortex und ihre Amygdala (bestimmend für die Gefühlsreaktionen) haben ein reduziertes Volumen. Eine Folge davon ist, dass ihr Fühlen, Denken und Handeln beeinträchtigt ist und wir sie in ihrer Impulsivität und zwischenmenschlicher Beziehungsinstabilität als gestört erleben.

  • Narzissmus (Selbstliebe):

Er ist von der Bestätigung durch andere abhängig. Der Narzisst will bewundert werden und setzt sich dafür in Szene. Er lehnt alles ab, in dem er sich nicht positiv wiedererkennt. Unsere Kultur wird zunehmend narzisstischer. Die Freiheit, die sie pflegt, ist eine  narzisstische, die Bewunderung verlangt, d. h. die hier letztlich eine pervertierte Form des Statusdenkens ist. Unsere Selbstverwirklichung ist oft nur eine Pflege des Narzissmus. Man erregt Aufmerksamkeit und demonstriert Macht. Das „Ich“ steht im Mittelpunkt der Gefühle und Überlegungen. Eine negative Folge davon ist die eigene Einsamkeit. Der männliche Narzissmus ist eher extrovertiert, großspurig, selbstgefällig und ehrgeizig, der weibliche eher introvertiert, Anerkennung suchend, schnell gekränkt, Minderwertigkeitskomplexe kompensierend. Ein häufiger Hintergrund soll oft eine zu starke Beachtung als Kind sein.

  • Mediensucht:

Sie wird bereits von vielen Personen als eine mentale Störung angesehen. 2016 verbrachten die 12 -19jährigen täglich 200 Minuten Online (die Mädchen hauptsächlich in sozialen Netzwerken, die Jungen vor Computerspiele). Der übermäßige Medienkonsum führt u. a. zu erhöhtem Blutdruck, krankhaftem Übergewicht und einem schulmeidendes Verhalten (5 % der Schüler schwänzen deshalb regelmäßig den Unterricht). Selbst Mitarbeiter von Facebook und Google glauben an mögliche negative Auswirkungen der Netzwerke. Roger McNamee (Facebookinvestor) glaubt, dass sie die „Reptiliengehirne“ ihrer Nutzer ansprechen und diese dann nicht mehr loslassen.

Noch wissen wir über den Gesamtkomplex möglicher neuronaler Störungen relativ wenig. Viele werden als psychische Krankheiten gewertet, andere – wenn mit ihnen keine sozialen Beeinträchtigungen verbunden sind, wie z. B. die Homosexualität oder Formen des Feminismus- nicht nur sozial toleriert, sondern sogar als gleichwertig in die Gesellschaft integriert.

Für den Bereich der psychischen Krankheiten gibrt es die sogenannten „ICD-10“-Listen, die etwa 100 Krankheitsbilder nach ihren Symptomen beschreiben:

  1. Organische psychische Störungen

(u. a. Demenzformen und Funktionsstörungen der Gehirne),

  1. Störungen durch psychotrope Substanzen

(u. a. Abhängigkeiten durch Alkohol, Opioide, Cannabinoide u.a.),

  1. Schizophrenie und schizotype Störungen,
  2. Affektive Störungen

(u. a. Depressionen und bipolare Störungen),

  1. Neurotische Störungen

(u. a. Angst- und Zwangsstörungen),

  1. Verhaltensauffälligkeiten

(u. a. Essstörungen, nichtorganische Schlafstörungen, sexuelle Störungen, Medikamentenmissbrauch. Hierher gehören auch die vielen Egozentrisch-Extravertierten, die ein übertriebenes Aufmerksamkeitsbedürfnis haben. Ihre Gefühle sind schnell verletzt. Sie erwarten eine sofortige Bedürfnisbefriedigung. Sie sind ichbezogen, geltungsbedürftig, kritiksüchtig, unreflektiert. Früher wurde diese Gruppe als hysterisch bezeichnet. Wegen der starken geschlechtsspezifischen Bindung des Begriffs spricht man heute von histrionisch persönlichkeitsgestört),

  1. Verhaltensstörungen

(u. a. Borderline, Narzissmus, Störungen der Geschlechtsidentität und Sexualpräferenz),

  1. Intelligenzminderung

(u. a. geistige Behinderung durch niedrigen IQ),

  1. Entwicklungsstörungen

(u. a. in der Sprache, Rechtschreibung Überaktivität),

  1. Verhaltensstörungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend

(u. a. Aufmerksamkeitsdefizit, Hyperaktivität, gestörtes Sozialverhalten, Tic-Störungen = in Deutschland zurzeit ca.. 2 Mio. Menschen).

Alle diese Störungen umgeben uns täglich, und die betroffenen Menschen leiden mehr oder weniger unter ihnen. Dabei unterscheidet sich die Häufigkeit psychischer Erkrankungen in Europa sehr stark, – regional bis um das Achtfache. Die Ursachen dafür kennt man noch nicht. Verantwortlich dafür können das Alter, das Geschlecht oder die soziale Zugehörigkeit sein. In Städten werden entsprechende Diagnosen häufiger gefällt, weil dort eher Ärzte aufgesucht werden. Die Ursachen können aber auch soziale Spannungen, Einsamkeit und Isolation sein. (In Deutschland füllen sich 17 % der über 65jährigen einsam. Männer werden dann 5 x so häufig depressiv wie sozial gut eingebundene, Frauen 3 x so oft). In England geben 9 Mio. Menschen an, dass sie sich einsam füllen. Deren negative Wirkung soll dem täglichen Konsum von 15 Zigaretten entsprechen. Die Folgen davon können sein: Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Lungenleiden, Depressionen, Schlafstörungen und ein beschleunigter kognitiver Abbau im Alter. Viele Netzwerkfreunde bewahren einen nicht davor. Ihnen fehlt das wichtige gegenseitige Berühren.

Negativ wirkt sich auch chronischer Stress aus. Betroffene besitzen eine geringere Immunabwehr und leiden stärker an Entzündungen und Übergewicht. Ihr Risiko vorzeitig zu sterben beträgt 30 %.

Unsere gesamte Befindlichkeit wird von unserem Stoffwechsel, d. h. vorwiegend von unseren Botenstoffen bestimmt. Körperliche und psychische Schmerzen werden wahrscheinlich von den gleichen Hirnregionen verarbeitet (Bereiche des Mandelkerns und anderen Hirnarealen im limbischen System). Man vermutet z. B., dass chronische Schmerzen durch die Überaktivität von Immunzellen im Nervensystem entstehen. Auch hält man es für wahrscheinlich, dass die Ursache einer Neurodermitis in ihrer Anlage die Folge einer psychischen Überbelastung der Mutter während der Schwangerschaft ist (oder epigenetisch aus vorangegangenen Generationen weitergegeben wurde). Die Haut als das größte menschliche Körperorgan entsteht aus derselben Zellschicht wie das Nervensystem. Zwischen beiden kommunizieren Botenstoffe. Spätere Überproduktionen führen dann zu einem Juckreiz und zu Rötungen. Die besten Möglichkeiten einer Heilung scheinen deshalb (nach einer Allergiediagnostik) in der Herstellung eines stabilen psychischen Gleichgewichts und einem streng geregelten Leben zu bestehen,

Eine positive Wirkung auf psychische Leiden haben Meditationsübungen. Sie verändern unsere Wahrnehmung der Umwelt und verbessern unsere Aufmerksamkeit, räumliche Verarbeitung und unser Gedächtnis. Lange meditierende Menschen haben

  • eine geschrumpfte Amygdala (sonst mit Angst und Besorgnis verbunden),
  • einen vergrößerten präfrontalen Cortex (zuständig für kognitive Verarbeitungen),
  • scheinen vor Demenz geschützt zu sein

(Die mit dem komplexen Denken und dem Gedächtnis verbundenen Hirnregionen wachsen. Sie schrumpfen nicht).

  • der präfrontale Cortex kann effizienter genutzt werden.

Meditationen haben auf das Gehirn einen starken Einfluss: Sie

  • beruhigen die Emotionen (z. B. Angst),
  • schärfen die Sinne,
  • erhöhen die Gedächtniskapazität,
  • lindern Schmerzen (chronische),
  • helfen bei der Behandlung psychischer Krankheiten.

Genau genommen heißt meditieren nichts anderes als „sich bewusst wie möglich, über so wenig wie möglich Gedanken zu machen“ Und wenn doch Gedanken kommen, sich auf seinen Atem zu konzentrieren (oder ein Körperteil, ein Geräusch oder einen Gegenstand; irgendetwas Real-Daseiendes).

In unserer naturfernen Gesellschaft gibt es wahrscheinlich nur wenige Menschen, die einen ausgeglichenen Transmitterhaushalt besitzen. Auf  irgendeine Weise sind die meisten von uns mehr oder weniger gestört. Dabei kommt es in der Regel nicht zu einem auffälligen Fehlverhalten. Nicht das dieses immer unmittelbar neurobiologisch verursacht ist. Es besitzt aber im Hintergrund immer einen neurobiologischen Kern. Ein Zuviel oder Zuwenig eines Gefühls in uns kann jeden von uns sozial schuldig werden lassen. Deshalb ist nicht jeder ein Psychopath, bei dem das Zusammenspiel von Gefühlen und Kognition nicht klappt, ein Mensch, der sich nicht einfühlen kann, der mitleidlos und angstfrei ist, dem jede Impulskontrolle und jedes Unrechtsbewusstsein fehlt. In der Regel sind unsere Störungen vielschichtiger und als Sozialneurosen sogar tabuartig geschützt (z. B. viele Aspekte des Feminismus).

Letztlich ist jeder ein Einzelkämpfer, der in seiner frühen Evolutionswelt einer mehr oder weniger feindlichen Natur gegenüberstand, auf die er bei jedem Geräusch, jeder Begegnung mit Angst oder einer unmittelbaren körperlichen Aggression reagieren konnte. Auf unsere heutige Umwelt sind wir evolutionsmäßig nicht vorbereitet. Wir bestehen in ihr, verstehen sie aber nicht mehr in ihrer Komplexität. Damit haben wir unsere Botenstoffhaushalte immer weniger unter Kontrolle. Wir lernen, dass wir für uns wichtige Individuen sind, deren Lebenssinn es ist, sich zu verwirklichen. Doch wofür? Worin liegt die Bedeutung des Einzelnen in einer Massengesellschaft. Eigentlich ist jede Existenz ein evolutionärer Versuch, der mehr oder weniger in einen sozialen Rahmen passt oder nichtpasst. Der Nichtpassende macht sich gegenüber seinen sozialen Setzungen schuldig und wird von der Gesellschaft mit Sanktionen belegt. Sie sind Teil deren eigener Evolution, auf die sie um ihrer Existenz willen nicht verzichten kann. Sie will damit erreichen,

  • dass ein entsprechendes Verhalten in der Zukunft unterbleibt,
  • dass eine Tat vor einem sozialen Auge gesühnt erscheint

(Ein Aspekt, der wahrscheinlich für den sozialen Zusammenhalt einer Gesellschaft bedeutsam ist. Je nach unserer Empathiefähigkeit verbinden wir uns emotional mit den jeweiligen Opfern und diese Emotion ist ein Teil unserer Gruppenzugehörigkeit).

Dabei fällt es schwer, in unserer „kranken“ Gesellschaft „Schuld“ zu erkennen und zu bemessen. Als schuldig können wir alle diejenigen ansehen, die auch anderes hätten  handeln können. Bei Psychopathen muss sich die Gesellschaft vor diesen schützen, bei Geisteskranken diese in ihrer Existenz vor ihrer ihnen fremden Umwelt.

Eine Schuldfähigkeit ist abhängig von der Fähigkeit seine Emotionen kontrollieren zu können. Oft sind es schicksalhafte Konstellationen, die einen straffällig werden lassen. Ein persönliches Scheitern mündet oft in Gewalt. Unser gesellschaftliches Sozialverhalten ist so angelegt, dass wir durch unsere Förderung eines von Verantwortung freien Individualismus, der dann später mit dem Älterwerden nicht auslebbar ist, die Menschenmassen zu Verlierern machen, die dann über unsere humanen Werte nicht mehr kontrollierbar sind.

Oft werden Misshandlungen in der Kindheit durch gewalttätige Väter für ein Fehlverhalten verantwortlich gemacht. Begründet wird dies über deren gemeinsame Reaktionsmuster (ihre gemeinsamen Gene und gemeinsame Umwelt). Ihre erhöhte Gewaltbereitschaft im Erwachsenenalter soll durch eine vermehrte Produktion des Enzyms Monoaminooxidase A (MADA) entstehen.

Terroristen sind keine Persönlichkeitsgestörte. Sie sind Personen wie du und ich. Anders ist bei ihnen nur, dass sie in ihrem Denken ihre inneren Feinde nach außen verlagert haben und diese fanatisch verfolgen. Ihr psychischer Hintergrund ist oft erfahrene Ungerechtigkeit, Benachteiligung und ein Gefühl der Unterlegenheit, für das äußere Umstände verantwortlich gemacht werden. Werden in diesem Erleben bestätigende Gruppen gefunden, können sie sich gegen den Rest der Gesellschaft wenden. Ihr reduziertes, komplexes Denken befreit sie von ihrer inneren Unsicherheit.

Wie gesund wir in unserer naturfremden Umgebung sind, hängt weitgehend von unserer Resilienz ab, unserer angeborenen psychischen Widerstandsfähigkeit gegenüber Belastungen und Lebenskrisen. Dabei ist zunächst die Bewertung von Situationen durch den präfrontalen Cortez (vordere Hirnrinde) wichtig. Er reguliert die Emotionen des limbischen Systems (gelingt es ihm nicht, überwältigen uns die Gefühle). Entscheidend für ihn ist das Herstellen einer Balance zwischen Erregung und Hemmung. Helfen können

  • erbliche Anlagen,
  • soziales Umfeld,
  • das Akzeptieren einer schwierigen Situation

(ansonsten wird mehr Energie benötigt),

  • Optimismus.

Helfen können uns auch unsere Selbstheilungskräfte. Immer sind es die Betroffenen letztlich selber, die durch die Hilfe von Außenanstrengungen ihre Heilungskräfte mobilisieren. Das können sein:

  • Bewegung (Gymnastik, Sport),
  • Gespräche (Psychotherapeuten),
  • Meditationen (Umstellung des Hirnstoffwechsels),
  • Entspannungsübungen (Stressabbau; sie können uns zu einer größeren inneren Ruhe führen),
  • Rituale und Symbole (Schamanen),
  • Glaubensüberzeugungen (Wunder),
  • Placebos.

Eine größere innere Ruhe führt zu:

  • Gehirn:  Vermehrte Serotonin-Produktion,

Folge: weniger Angst, Depression und Aggression, besserer Schlaf, veränderte Schmerzwahrnehmung,

  • Lunge:  Verringerte Atemfrequenz bei erhöhtem Atemvolumen, der Sauerstoff-bedarf der Organe sinkt,
  • Herz:  Blutdruck sinkt, ein aktiveres Immunsystem wirkt der Arteriosklerose entgegen,
  • Magen / Darm:  harmonisiert das vegetative Nervensystem,
  • Blase:  entspannt die Blasenmuskulatur bei Stressinkontinenz,
  • Muskeln:  Anspannungen verringern sich, chronische Rücken- und Nackenschmerzen werden weniger,
  • Hormone / Nebenniere:  verminderte Freisetzung von Stresshormonen (Cortisol, Adrenalin),
  • Immunsystem:  wird aktiver (u. . durch eine verstärkte Ausschüttung der Immunbotenstoffe),
  • Keimdrüsen:  weniger Störungen bei den Geschlechtshormonen,
  • Haut:  positive Auswirkungen der normalisierten Hormonproduktion (besonders bei Schuppenflechte).

Entspannungen wirken über den Hypothalamus auf das vegetative Nervensystem und von dort positiv auf die Nerven und Zellen. Eine gestörte Körperchemie führt zu Verkümmerungen der Zellen des vegetativen Nervensystems.

Ob Psychotherapeuten tatsächlich heilen, ist ungewiss. Dafür weiß man viel zu wenig über die Zusammenhänge und Abläufe in einem Gehirn. Wahrscheinlich beseitigen sie in uns nur Barrieren der Selbstheilungskräfte und ähneln damit den Tätigkeiten von Esoterikgurus oder Schamanen, wenn die Heilungssuchenden an deren Aussagen und Kräfte glauben.

Auch die Heilkraft von Placebos (Scheinmedikamenten) scheint von einer Mobilisierung der Selbstheilungskräfte abhängig zu sein. Die Mechanismen dafür sind noch unbekannt. Vermutet wird die Beteiligung mehrerer Gene. Begleitumstände und psychische Verfassung schwächen oder verstärken deren spezifische Wirkung. Nach Kathryn Hall soll das Gen „COMT“ daran beteiligt sein. Es steuert den Aufbau des Enzyms Catechol-O-Methyltransferase, das die Catecholamine zerlegt (zu ihnen gehören die Transmitter Dopamin und Adrenalin). Entscheidend scheint eine Verweildauer der Transmitter im Gehirn zu sein. Wie der verzögerte Dopaminabbau erfolgt, und welche Moleküle wann agieren, weiß man noch nicht.

Schon immer hat der Mensch versucht seinen Blick auf die Welt zu erweitern, seine Wahrnehmungswelt zu verändern. Dafür war ihm jedes Mittel recht. Ob körperliche Selbstgeiselungen oder Drogen, immer veränderten sie den Blick und brachten ihn den „Göttern“ näher. Dionysos und seine Weggefährten standen schon früh für diese Welt der Ekstase. Immer war dies mit einer Stoffwechselmanipulation im Gehirn verbunden.

In einer Zeit eines körper-, da naturfremden Lebens versuchen wir oft unsere Befindlichkeit und physische Gesundheit durch die verschiedensten Formen der Selbstoptimierung zu verbessern. Unsere biologische Programmierung auf eine möglichst gelungene Selbstdarstellung und einen Statusgewinn lassen alle Aspekte unserer Kultur darauf zielen. Wir empfinden dies zwar nicht unmittelbar, aber jedes menschliche Dasein zielt neben dem Selbsterhalt biologisch – wie in der gesamten Tierwelt – auf eine möglichst gelungene Weitergabe seines Erbgutes. In unserer Gesellschaft ist dies zwar weitgehend kulturell verdeckt, doch ist dies letztlich deren eigentliches Ziel. Wir sind bestrebt, unser Aussehen und unsere Gehirnleistungen zu verbessern. Wir bemühen uns, unseren Körper, unser Gedächtnis, unser Denkvermögen und unsere Ausstrahlung (= Gesundheit) zu optimieren. Zunächst waren wir nur auf dem Weg hin zu einer Dopinggesellschaft, genau genommen weg von unserer eigentlichen biologischen Identität. Wegen dem sozialen Leistungsdruck nutzen in der BRD etwa 3 Mio. Menschen aber auch an ihrem Arbeitsplatz Medikamente. Wir gehen in ein Studio, um unsere Muskeln zu betätigen und herauszubilden (um die Blicke der Mädchen am Strand auf uns zu ziehen). Wir versuchen unsere Gehirnleistungen zu verbessern durch

  • Koffein:

Adenosin wird geblockt; der Neurotransmitter Noradrenalin verstärkt abgegeben (und dadurch die Atem und Herzfrequenz erhöht),

  • Modafinil

scheint die Entscheidungsfähigkeit zu verbessern.

  • Stoffe gegen spezifische Gehirnkrankheiten, z. B.
    • Methylphenidot bei ADHS,
    • Donepezil bei Alzheimer.
  • Stoffe für ein langes Wachbleiben

Amphetamin (beliebt beim Militär bei langen Kampfeinsätzen).

  • Stimulierungen durch elektrische Impulse

(wegen ihren zurzeit noch unkontrollierbaren Nebenwirkungen ist von manchen dringend abzuraten).

Bei vielen Stoffen ist deren eigentliche Wirkungsweise noch unbekannt. Sie greifen alle in unsere neurobiologischen Regelkreisläufe ein und damit letztlich auch in unsere Gesamtpersönlichkeit. Diese verliert damit ihre eigentliche Identität.

Die Pharmafirmen entwickeln für ihre Gewinne immer neue Stimulantien, die besonders das Dopamin im Gehirn aktivieren sollen (Das Problem: Wirkstoffe, die daran andocken, machen süchtig). Eine Folge ihres langfristigen Konsums ist, dass man sich ihrer Nutzung nur noch schwer entziehen kann. Außerdem macht uns unsere Fähigkeit in die Abläufe unseres Gehirns eingreifen zu können, auch zunehmend manipulierbar

  • durch uns selber (auf ein möglichst unbegrenztes Wohlbefinden zielend; auf eine größere physische, psychische und soziale Leistungsfähigkeit hin).
  • durch Interessengruppen (kaum bemerkbar, aber gezielt; diese Gefahr ignorieren zu können, ist sich einer Illusion hinzugeben).

Wir sind dabei, im Wettbewerb um unsere Gesundheit, um Tätigkeiten und Partner mit Hilfe von Fitnessbändern und Selbstoptimierungs-Apps uns ständig selbst zu vermessen. Firmen sammeln unsere Bewegungsdaten, die Dienstleister dann zu unseren Gesundheitsnoten verdichten. Damit bestimmen wir letztlich – entgegen unserem Glauben – nicht selber mehr wie wir leben wollen, sondern unsere Arbeitgeber, Versicherungen oder Interessengruppen. Es kommt zu Informations- und Machtsymmetrien zwischen den Betroffenen und den Dateninteressierten. Alles ist dann daraufhin angelegt, das Leben „rationaler“ zu gestalten. Dabei beruht die Qualität des menschlichen Gehirns, bezogen auf seine Orientierungsfähigkeit, weitgehend auf seinen „Mängeln“. Auf Grund seiner vielen neuronalen Schaltungsmöglichkeiten ist es extrem kreativ. Eine künstliche Existenz würde zwar nicht mehr seine Ausfälle besitzen, würde geradlinig ihren Weg gehen, sie würde aber wahrscheinlich auch nicht derart kreativ anpassungsfähig sein können, – für ihre wahrscheinlichen Aufgaben wohl, für das Unvorhergesehene kaum.

Die Leistungssteigerungen des kommenden Menschen, soweit er nicht bereits ein Cyborg ist, soll über den Computer erfolgen. Man hofft, mit Hilfe von Gehirnscannern das Gehirn je  nach Bedarf in Zukunft aufladen zu können. Mit Neurofeedback und Gleichstromstimulation können bereits heute Gehirnfunktionen (im Labor) beeinflusst und einzelne Fähigkeiten verbessert werden. In 10 Jahren (2018) sollen die Geräte produktionsreif und bezahlbar sein. Unsere Gedanken sollen dann aus unserem Kopf auf einen Computer wechseln können, bzw. umgekehrt, von einem Computer in unseren Kopf. Unser Denken wird sichtbar werden. Sprachen werden wir über einen Clip erlernen. Unser Problem dabei wird sein, dass unsere Gehirnleistung wahrscheinlich nicht unbegrenzt leistungsfähig ist, und wir unsere beiden größten Stärken, die uns zum Homo sapiens machen, unser aus unserer Evolution ererbtes intuitives Wissen und unsere emotionale Intelligenz, uns verloren gehen.

Zu unserem zunehmenden Verlust unserer natürlichen Umwelt tritt zunehmend bereits heute unser Verlust der realen Welt durch eine virtuelle. Dabei überlisten wir unser Gehirn und tauchen in eine Welt ab, in der Fantasie und Realität verschwimmen. Die uns jetzt angebotene virtuelle Realität bekommt für uns eine tiefe emotionale Bedeutung, die wahrscheinlich auch unsere neuronale Gehirnwelt prägend beeinflussen wird. Simulationen werden von unserem Bewusstsein als real wahrgenommen. Diese Eindrücke können sich noch verstärken, wenn Pixelkontakte (durch Matter, Geräte, Wesen) die durch Datenbrillen gewonnenen Eindrücke  begleiten.

(Noch ist vieles davon in einem Erprobungszustand; verschiedene Datenbrillen aber bereits aber auf dem Markt; Geräte die durch Druckarten, Vibrationen und Bewegungen unsere Empfindungen wecken in der Vorbereitung).

Im Rahmen dieser Zukunftsentwicklung verschwimmt unser Dasein zwischen gesund und krank. Die Religionen kultivieren noch veraltete Mythen, psychisch gestörte Individualisten verwirklichen sich und die technische Entwicklung schreitet völlig unkontrolliert voran. Der Einzelne wird zufriedengestellt durch die Beseitigung seiner Schmerzen und Gebrechen, Stimulationen bereiten ihm unbegrenzte Glücksgefühle. Die Technik übernimmt weitgehend seine Tätigkeiten und der Mensch verliert sich glücklich in seinen virtuellen Welten. Doch wollen wir das wirklich? Wenn nicht, dann benötigen wir ein neues Bild vom Menschen, eine neue Philosophie, neue Setzungen für den Weg, von dem wir glauben, dass er ideal-menschengemäß wäre.