Strukturalismus

Der Strukturalismus versucht von Grundgegebenheiten auszugehen. Objektiv Vorhandenes wird in ihm subjektiv zu verstehen versucht. Dabei werden die Strukturen und gegenseitigen Bezüge in den ganzheitlichen Realitäten dargestellt. Zunächst von der strukturellen Linguistik ausgehend, wurden deren Methoden bald in alle Wissenschaften, die den Menschen betrafen, übertragen (z.B. Anthropologie, Psychologie, Soziologie usw.). Über die Sprache als ein Zeichensystem wurde methodisch der kommunikative Hintergrund organisierter Wirklichkeit zu erfassen und darüber dann die gesamte Breite des menschlichen Verhaltens zu verstehen versucht. Damit war diese Vorgehensweise antiideologisch und antimetaphysisch. Als geistige Bewegung hatte der Strukturalismus in den 50iger und 60iger Jahren besonders in Frankreich mehrere bedeutende Vertreter.

Levi-Strauss, Claude (1908 – 2009):
Levi-Strauss war der Begründer des französischen Strukturalismus. In der Ableitung von kulturellen Phänomenen (besonders von Heiratsregeln) versuchte er, die Strukturen des menschlichen Denkens zu ergründen und darin Bedeutungssysteme herauszuarbeiten. Besonders schriftlose, naturangepasste Kulturen würden ganzheitliche Weltanschauungen besitzen. „Das wilde Denken“ sei nicht weniger vernunftgesteuert, sondern denke nur in anderen Zielsetzungen. Wie in der westlichen Zivilisation würden Beziehungen zur Umwelt vorgenommen. In beiden Kulturbereichen seien die Strukturen des menschlichen Denkens gleichartig und bauten auf der Gegenüberstellung von Begriffen (z.B. oben – unten). Dabei unterschied Levi-Strauss zwischen „kalten“ Kulturen (traditionsorientierten) und „heißen“ Kulturen (auf Fortschritt und Veränderung gerichtete). Die westliche, konsumorientierte Kultur sei eine „heiße“.

Eine besondere Rolle im Denken Levi-Strauss spielte die Analyse von Mythen. Als Kulturprodukte repräsentierten sie einerseits deren Denkgesetze, andererseits die Denkabläufe des menschlichen Gehirns. Sie seien ein Spiegelbild seiner grundlegenden Denkstrukturen.

Foucault, Michel (1926 – 1984):
Sein Hauptinteresse lag in den Überlegungen, wie Wissen entsteht und Macht ausgeübt wird. Sein Denken wurde stark von deutschen Philosophen beeinflusst (u.a. Kant, Nietzsche, Heidegger, Hegel und Marx, von den beiden letzteren er sich kritisch abgrenzte).

Foucault hat in seinen Arbeiten eine eigene Begriffswelt verwendet, aus der einige Begriffe in den allgemeinen philosophischen Sprach- gebrauch gelangt sind (z.B. „Diskurs'“).

  • Die Macht verstand er als ein Kräfteverhältnis zwischen Menschen, unabhängig von deren moralischen und rechtlichen Legitimität. Sie sei die Ursache von Handlungen.
  • „Wissen“ diene als Regelstruktur innerhalb eines Diskurses und spiegele einerseits Realitäten wieder, beziehungsweise sei ein kritisches Korrektiv gegenüber einer Herrschaft.
  • Ein Staat war für ihn ein historische gewachsenes Gebilde spezifischer Machtverhältnisse. Später (nach 1975) hielt er die Macht für die Fähigkeit, die intersubjektiven Verhältnisse in Diskursen zu steuern.
  • Eine Kultur war für ihn gekennzeichnet durch das Abstecken ihrer Grenzen und das Zurückweisen der außerhalb Stehenden. Dies machte er besonders an der Aussonderung von Wahnsinnigen deutlich.
  • Eine Wissenschaft diene vorrangig dazu, für Diskussionen Informationen und begriffliche Koordinaten zu liefern.

In seinem Alterswerk über die „Sexualität und Wahrheit“ (1976) sah er die Macht als etwas, das in allen Beziehungen entstünde (wie auch das Wissen) und eine produktive Bedeutung habe.

Foucaults Bedeutung ist umstritten. Ihm werden u.a. vorgeworfen:

  • sich in der Logik eines fortgeschrittenen Kapitalismus zu bewegen,
  • seine Ablehnung des Humanismus
    (d.h. der Humanwissenschaften). Ihn als unfruchtbar und reaktionär zu sehen,
  • seine sprachliche Widersprüchlichkeit
    (Hans-Ulrich Wehler),
  • seine einseitige Wirklichkeitsstrukturierung.