Einleitung

Einleitung

Wahrscheinlich ist es nicht falsch, wenn man behauptet, dass die Menschheit sich zurzeit in einer Orientierungskrise befindet. Einerseits erkennt man deutlich ihre Bedrohungen durch das eigene Verhalten (Klimabeeinflussung, Ressourcenverbrauch, Bevölkerungswachstum u.a.) und andererseits verhindern die Hegemonialbestrebungen der Großmächte ein echtes Eingreifen. So hat z.B.  der amerikanisch-russische Stellvertreterkrieg in der Ukraine alle einst geplanten positiven Klimamaßnahmen der Bundesregierung unmöglich gemacht. Er wurde in Westeuropa mit einem starken Absinken des dortigen Lebensstandards der unteren Bevölkerungsschichten bezahlt, und drohende Energieknappheit und Einkommensminderung machten alle vorangegangenen Absichtsplanungen zur Makulatur. Eine vielleicht vergleichbare Situation hatte es vor fast 2300 Jahren gegeben, als nach einer kulturellen Blütezeit Athens dort die Attische Demokratie zerfiel. Eine Folge davon war, dass die Menschen gezwungen waren, für ihre neue Lebensausrichtung sich neue existentielle Orientierungsinhalte zu suchen. Die philosophischen Schulen der Stoiker und der Epikureer entstanden, zwei Schulen, die im Bewusstsein unserer Öffentlichkeit heute weitgehend vergessen sind, deren damalige Erkenntnisse aber teilweise vom Christentum okkupiert wurden und später – inhaltlich missverstanden -, die „westlichen Werte“ mit entstehen ließen. Rückbesinnend auf ihre damaligen Erkenntnisse, in Verbindung mit dem Wissen von Konfuzius sind sie vielleicht in der Lage, uns heute einen Weg aus unserer jetzigen Krise aufzuzeigen. Ein solcher geistiger Ansatz wäre auch insofern positiv, weil er damit die geistigen Hintergründe der beiden global bestimmenden Hegemonialmächte zusammenführen würde und so zu einer problemlösenden Weltregierung führen könnte. Anders dürften sich die großen Weltprobleme der menschlichen Zukunft kaum lösen lassen.

Bis zu ihrer Sesshaftwerdung lebten die Menschen als Jäger und Sammler mit der Natur. Danach kam schrittweise die Entfremdung. Die Philosophen lieferten dafür die Orientierungs-inhalte, die Wissenschaftler ihre Erkenntnisse und die Technik die Möglichkeiten deren Beherrschung. Der Mensch erhob sich zum Herrn über die Natur und begann sie immer stärker auszubeuten. Als er lernte, auch ihre Jahrmillionen gespeicherte Energie für sich zu nutzen, kam mit der Industrialisierung sein Durchbruch zum alleinigen Herrscher. Er lernte jetzt auch die Möglichkeiten der chemischen Evolution für sich zu nutzen. In der Folge begann er sich grenzenlos zu vermehren (u.a. über die Erkenntnisse in der Chemie) und bemerkte dabei nicht, dass er sich nicht nur zunehmend von der Natur, für die er sich in seiner Evolutionsphase entwickelt hat, entfremdete, sondern sich auch selber von ihr fortentwickelte. Sein Microbiom war auf seine neue Nahrung nicht eingestellt gewesen. So kennen selbst heute die endogenen Völker nicht unsere Zivilisationskrankheiten. Seine alten Instinktreste auf seiner Statusprogrammierung führten zu abstrakten Daseinserscheinungen wie zunächst dem Kapitalismus und dann dem globalen Kapitalmarkt einerseits und den Hegemonial-bestrebungen mancher Kollektive andererseits. Die alten Sozialgebilde zerbrachen zunehmend. Der Feminismus veränderte die bisherigen Rollenverteilungen und die historischen Familiengebilde, und damit zerbrachen die fundamentalen menschlichen Sozialhintergründe zusehends.  Der Individualismus, die Selbstverwirklichung wurden zum alles bestimmenden Orientierungskriterium. Biologische Fehlentwicklungen (z.B. die Transsexuellen) wurden sozial als gleichwertig erklärt und der „KI“ zunehmend die Herrschaft über die Individuen eingeräumt (z.B. über die Steuerung ihrer individuellen Ernährung und Gesundheitsprogramme).

Evolutionäre Prozesse sind Geburten aus einem Chaos. Wir wissen nicht, in wie vielen Galaxien es biologische Entwicklungen gibt, und wenn ja, zu welchen Ergebnissen sie geführt haben. Auf der Erde ist der Homo sapiens zurzeit ihr Endergebnis. Welche anderen Möglichkeiten es vielleicht auch gegeben hat, wissen wir nicht, bzw. welche Resultate vielleicht möglich gewesen wären. Seine Besonderheiten sind, dass er

  • durch seinen Instinktmangel neue Orientierungskonzepte entwickeln musste,
  • seine Erfahrungen mit Hilfe von Lautsymbolen, seiner Sprache sammeln und weitergeben konnte. Das bedeutete, dass er über seine Gemeinschaften Kulturen schaffen konnte, die gemeinsame Anstrengungen ermöglichten.
  • durch díe spezifische Entwicklung seiner Hand seine Erfahrungen in technische Konstruktionen umsetzen konnte und damit über seine Gemeinschaften Zivilisationen schaffen konnte.
  • über seine Logiksysteme geistige Konstrukte schaffen konnte, die dann über seine Wissenschaften, die Kybernetik zur digitalen Entwicklung führte und damit zu den Fundamenten einer neuen Evolutionsstufe, der autonomen Künstlichen Intelligenz.

Für jede dieser Entwicklungen waren jeweils evolutionäre Schritte die Voraussetzung gewesen. Beim heutigen Stand unserer biologischen technischen Wandelvorgänge zum Cyborg wissen wir nicht, wohin uns der Weg der Menschheit noch führen wird.  Eine Quelle der neuen Chaossituation wird unsere westliche Erziehung zum Individuum darstellen, bei einer Vielzahl von Menschen, deren höchstes Existenzziel ihre Selbstverwirklichung ist, führt es dazu, dass es bei ihrer Milliardenzahl und den persönlichen Gegensätzlichkeiten nur schwer zu einem gemeinsamen Weg führen kann. Die große Frage ist, welche anderen Möglichkeiten kann man aufzeigen, damit sie zufrieden, vielleicht sogar glücklich ihren persönlichen Lebensweg gehen können.

Im Rahmen seiner Evolution ist der Mensch instinktmäßig ein „Mangelwesen“ (Gehlen), dessen Mängel er durch verschiedene Setzungsebenen orientierungsmäßig auszugleichen versucht.  

  • Da sind zunächst seine Naturbeobachtungen, aus denen er für sein Fortleben seine Schlüsse zieht und die er als Erfahrungen an seine Nachkommen weitergibt.
  • Dann sind es seine Fortpflanzungs- und Restinstinkte für die er im Rahmen seiner Sozialbindungen, auf die er existentiell angewiesen ist, einen Rahmen schaffen musste.
  • Und zuletzt sind es die Beobachtungen seiner Stoffwechselvorgänge, die ihn seine Umwelt erleben lassen, die sich rational nicht erklären lassen und die er dann in seinen Religionen überhöhte.

Für alle drei Ebenen schafft er Orientierungsvoraussetzungen, die er in einer Frühphase an seinen Nachwuchs weitergibt und die sich über Generationen angesammelt, zu seinen Kulturen entwickeln, aus denen dann der Einzelne seine jeweiligen persönlichen Orientierungen für sich zusammensetzt. Wir wollen in diesem Buch versuchen, diese Setzungen auf ihre Qualitäten hin zu durchleuchten, da die bisherigen uns nicht nur zu dem Besitz großartiger Zivilisationen, sondern auch an den Rand unseres Untergangs geführt haben.

Die Zukunft des Menschen wird von mehreren biologischen und zivilisatorischen Vorgaben bestimmt:

  • Da ist zunächst sein wichtigster Fortpflanzungsinstinkt, sein Statusbegehren bei den Männern und das positive Gefallenwollen bei den Frauen, das sich durch unsere gesamte Menschheitsgeschichte zieht. All unser Leistungsdenken und unsere Kriege haben hier ihren psychischen Hintergrund. Unsere gesamte Werbung, Mode, unsere gesamte Wirtschaft und große Teile unseres Sports sind ohne sie nicht denkbar.
  • Danach sind es unsere Orientierungssetzungen durch unseren graduellen Instinktverlust. Wir hängen ihre Inhalte an das uns Unbekannte (Religion, Metaphysik), an eine Anthropogenisierung unserer anderen Instinkte, der Förderung unseres kollektiven Zusammenlebens und seiner Rationalisierung. Durch ihre Bindungsoffenheit sind sie alle weitgehend beliebig austauschbar. Für die Individuen und Gesellschaften bilden sie deren Kulturhintergründe.
  • Und zuletzt von unserem Wunsch nach einem ständigen Wohlergehen, „einem guten Leben“, einem nie abbrechenden Glück. Über die Förderung unseres Individualismus, unseres Konsums und damit Ressourcenverbrauchs überfordern wir unsere Umwelt und lassen sie bis auf deren biologische Grundexistenzen zusammenbrechen. Besonders gefördert wird diese Situation durch die „westlichen Werte“ und das weitgehende Fehlen eines Verantwortungsgefühls für unser Tun. Rechenschaft darüber muss man erst nach seinem Tod vor seinen Gottessetzungen ablegen.

Zu diesen drei biologischen Vorgaben kommen noch drei zivilisatorische:

  • Da ist zunächst die Form der ständigen kollektiven Wissensweitergabe, die zu einer gewaltigen Wissenswelt angewachsen ist. Verbunden mit dem Drang, die Natur zu beherrschen, wird sie zunehmend auch zu einer Welt deren Vernichtung. Dabei wird übersehen, dass die Natur zugleich auch unsere Existenzhintergrund darstellt und damit dieser vernichtet wird.
  • Dieser Wissensbesitz hat uns zu unseren großartigen technischen Zivilisationen geführt, die wir über die gesamte Natur zu legen versuchen. Im medizinischen Bereich hat sie u.a. unser gewaltiges Bevölkerungswachstum ermöglicht, ein Wachstum, das die vorhandenen Ressourcen der Erde übersteigt. Und als Antwort darauf beginnen wir den archaischen Menschen gentechnisch den neuen Anforderungen anzupassen.
  • Technisch sind wir zunehmend auch in der Lage, sich selbst steuernde Avatare zu schaffen, die als KI sehr wahrscheinlich in der Zukunft die Erde beherrschen werden und dann dem heutigen Menschen nur noch ein Nischendasein zugestehen werden.

In dieser Grundsituation stellt sich die Frage, welchen Sinn man der Existenz des einzelnen Menschen noch geben kann. Die nachfolgenden Kapitel werden sich um eine Antwort bemühen.

Die Evolution des Menschen wird bestimmt

  • von seinen kausalen Denkanlagen. Sie wurden zur Grundlage seiner Erfahrungssammlungen, Kommunikation und dem rationalen Begreifen seines Daseins. Kollektiv gesammelt und über Generationen weitergegeben, erwuchsen aus ihnen seine Kulturen.
  • Aus seiner Vorgabe, auf eine biologische Gemeinschaft existentiell zunächst angewiesen zu sein, erwuchs in rationalisierenden Schritten seine Entwicklung hin zu seiner Individualisierung und damit zu seiner Vereinzelung. In der Folge ergaben sich daraus enorme Entwicklungsschübe, die noch kollektiv gesammelt wurden, persönlich aber auch zu Problemen führten, da er darauf in seinen Stoffwechselprozessen biologisch nicht eingestellt ist. Besonders psychische Erkrankungen wurden die Folge, und es entstand das Problem, ihm bei seiner immer noch verbleibenden biologischen Konstellation einen existentiellen Orientierungsinhalt zu geben, über den sich der Einzelne einen zeitgemäßen Existenzsinn zuschreiben kann. Das zu versuchen soll der Inhalt dieses neuen Buches sein.

Zurzeit ist die Menschheit wie ein riesiges Orchester, in dem jeder Musiker sich auf sein eigenes Instrument konzentriert und es ohne Rücksicht auf seine Nachbarn spielt. Die Folge ist, dass ihre Musik grausam klingt und es zu keiner harmonischen, klangvollen Symphonie kommt.

Unsere Orientierungsmodelle steuern unsere Zukunft über unsere Utopien. Doch welche humanen Utopien haben wir heute noch, die wir nicht den Computern überlassen? Wir entwickeln für unsere Hoffnungen naturfremde Ideologien als Projektionsmodelle und erwarten dann von ihnen deren menschengemäße Wirkungen. An ihrem Ende können sie nur zeitabhängige Gedankengebäude sein und müssen damit langfristig scheitern. Das Problem einer menschengemäßen Zukunft für die zukünftige Menschheit bleibt trotzdem bestehen. Vielleicht wird die Singularität am Ende eine Lösung sein. Eine Verschmelzung des Menschen mit der Maschine. Doch wird dies bestenfalls nur für eine Minderheit der Fall sein können, und was geschieht mit den restlichen Milliarden Menschen? Computer werden unsere Zukunft bestimmen, Kriegsmaschinen der Hegemonialmächte die zukünftigen Konflikte entscheiden und das Denken der einzelnen Individuen wird von transplantierten oder geschluckten Robotern bestimmt. Unser heutiger Wunsch nach Selbstbestimmung wird sich als ein theoretischer Narzissmus entzaubern, in der Zukunft bei den vorhandenen Menschenmassen völlig wirklichkeitsfremd. Was bleibt dann von dem historischen Menschen übrig? Welche realistische Vision ermöglicht dann noch eine erstrebenswerte Utopie? Welcher Sinn kann in der dann noch zu erwartenden Welt das Leben der einzelnen Individuen haben?

Für den zu erwartenden Niedergang der heutigen Menschheit ist ein Gemenge sich gegenseitig stützender Kriterien verantwortlich; U.a.

  • alle Faktoren, die die Überbevölkerung des Planeten ermöglichen, bzw. förderten.
  • in einem entscheidenden Maße die „westlichen Werte“, die unter dem Postulat der Freiheit den Individuen über deren ungehemmtes Ausleben ihrer Bedürfnisse den maßlosen Konsum, Ressourcenverbrauch, die Naturzerstörung, die Zerstörung ihrer Existenzgrundlagen ermöglichten.

In dieser durch die Vielzahl seiner Individuen geschaffenen chaotischen Situation schuf der Mensch die situativen Voraussetzungen für eine vierte Evolutionsstufe, der digitalen, der Künstlichen Intelligenz („KI“).

Wir stehen vor einer Zeitenwende, dem Beginn einer weltweiten Vernetzung durch das Internet,   

  • einer zunehmenden Entscheidung aller komplexen Probleme durch die KI,
  • dem Erkennen der Begrenztheit der irdischen Ressourcen (u.a. Nahrungsmittel) und der dadurch zwangsläufig auftretenden Verteilungsprobleme,
  • dem Erreichen einer Überbevölkerung auf dem Planeten und damit verbunden dem Verdrängen der Natur in eine Nischenposition (verbunden mit einem gewaltigen Artensterben),
  • einer Veränderung des Klimas auf der Erde und damit der Zerstörung der Lebensräume, für die sich der Mensch in seiner Evolution entwickelt hat.

In hundert Jahren wird sich unsere Welt völlig verändert haben (nach Michio Kaku). Wir werden völlig von intelligenten Systemen umgeben sein:

  • Kontaktlinsen werden uns alle Informationen liefern und unsere Vorhaben ausführen (z.B. zur Arbeit fahren).
  • Grenzen sind uns nur durch unser biologisches Menschsein gesetzt (im gewissen Sinne durch die Reste unseres Höhlenmenschseins),
  • Jede Toilette verfügt über mehr Rechenleistung als eine heutige Uni-Klinik. Sie nennt uns unsere Krankheiten bereits in ihren Anfängen.
  • Ärzte werden weniger da sein, um Leben zu retten, sondern um es zu perfektionieren (evtl. gelingt es, unser Erbgut neu zu arrangieren),
  • Organe werden neu gezüchtet werden,
  • Man sucht den Arzt nicht mehr im heutigen Sinne auf, sondern spricht mit seiner Tapete, die einen riesigen Bildschirm darstellt. Die erscheinende Arztfigur berät einen mit Hilfe aller in der gesamten Welt verfügbaren Daten.

Mit der aktuellen digitalen Informationskultur setzt für die Menschheit eine neue Existenzepoche ein. Wir sind noch im Erleben, wie unsere bisherigen Orientierungssysteme ihren alten Stellenwert in unseren Gesellschaften verlieren.

Mit der aktuellen digitalen Informationskultur setzt für die Menschheit eine neue Existenz- epoche ein. Wir sind noch im Erleben, wie unsere bisherigen Orientierungssysteme ihren alten Stellenwert in unseren Gesellschaften verlieren und unser Verhalten die bisherigen Verhältnisse auf der Erde radikal verändert. Noch verdrängen wir diese Entwicklung möglichst aus unserem Bewusstsein, doch wird sie niemand aufhalten können. Am Horizont zeichnet sich eine neue Kulturepoche ab, unabhängig davon, ob wir sie sehen wollen. Vielleicht wird sie sich am Ende als eine neue vierte Evolutionsstufe herausstellen, und sie wird das Problem aufwerfen, was in der Folgezeit mit der parasitären, überzähligen Menschheit geschehen soll. Vielleicht ist das Suchen nach einer Antwort darauf, die  wichtigste Aufgabe unserer Zeit und bezogen auf die vielen einzelnen Menschen die Frage, welchen Sinn sie ihrer Existenz noch tatsächlich geben können. Wir wollen versuchen, darauf eine Antwort zu finden.

Der Mensch hat einen fünffachen Zugang zu seiner Welt: Einen

  • instinktiven (als Teil unserer bisherigen Evolution),
  • spirituellen (ganzheitlichen, evtl. genetisch oft weniger ausgeprägt, bzw. epigenetisch oder kulturell verkümmert),
  • emotionalen (als Reaktion der Summe seiner jeweiligen Botenstoffe),
  • rationalen (in der Prägungsfolge seiner jeweiligen kulturellen Logiksysteme),
  • sozialen (als Folge ritualisierter, gemeinschaftlicher Orientierungsprogramme).

Er reagiert auf sie über seine

  • Atmung (weitgehend unbewusst ablaufend, sein zentraler Meditationsinhalt),
  • Bewegung (der Aktivierung des Zusammenspiels seiner Organe),
  • Ernährung (u.a. seiner Energie- und Baustoffzufuhr, der Pflege seiner existentiellen Lebensgemeinschaften, seines Microbioms).

 

Nur innerhalb dieser Vorgaben kann er seine Existenz leben und nur in ihnen sich „verwirklichen“. Alle Versuche einer Abkehr sind zum Scheitern verurteilt, bzw. lassen ihn psychisch erkranken. In dieser Gemengelage gilt es für jedes Individuum, seiner Existenz einen eigenen Sinn zu geben. Es soll die Aufgabe der nächsten Kapitel sein, zu versuchen dafür Hilfen anzubieten.

Je weiter die Wissenschaften fortschreiten und je weniger der Einzelne der Fülle ihrer Informationen folgen kann, sie für seine persönliche Existenz auch nicht benötigt, um so mehr können sich extreme ideologische Orientierungssysteme verbreiten, seien es z.B. solche

  • religiöser Art (allein 30.000 verschiedene christliche Gemeinschaften, u.a. Evangelikale, Freikirchen),
  • sozialer Art (z.B. Identitäre, Feministen).

Parallel zum sich abzeichnenden Untergang der historischen, evolutionären Menschheit ist deren soziale Aufsplitterung in verschiedene Daseinsschichten zu beobachten. Oben lebt eine Oberschicht relativ unbegrenzt und ungehemmt ihre persönlichen Bedürfnisse aus. Darunter befinden sich ihre Zubringerschichten und unter diesen die breiten Armutsschichten, die nur unter erbärmlichsten Bedingungen ihr Dasein fristen, bzw. von der Oberschicht oder der KI zugeteilt bekommen.  

Für einen heutigen Atheisten ist es schwer, an eine immaterielle Seite seines Daseins zu glauben. Dabei ist diese in ihrem realen Kern nicht immateriell, sondern nur für die Form seiner ganzheitlichen Wahrnehmung transzendent. Sie ist ein spezifisches Ergebnis seiner verschiedenen Wahrnehmungsformen, die bei vielen von uns durch die Betonung und Ausprägung der verschiedenen Botenstoffflüsse nur verschüttet sind.

Auf die Frage nach dem Sinn des Lebens ist es zunächst einfach, eine Antwort zu geben:

  • Der biologische Sinn unseres Daseins ist unsere Fortpflanzung.

Schwieriger wird es allerdings im anthropogenen Bereich. Hier sind es unsere eigenen Orientierungssetzungen, die unseren Daseinssinn bestimmen und die wir emotional und rational für uns selber festlegen.  Im kollektiven Bereich dürften es

  • die Formen unseres Umgangs miteinander sein,
  • die Erhaltung unserer Art.

Archaisch gewachsen aus sippenartigen Gruppierungen, danach Familien, Stämmen, Nationen, dürften es in einer globalen Zukunft weitgehend nur noch kulturbestimmte Orientierungen sein, konkurrierende Wertegemeinschaften, z.B. die westlichen und die östlichen Werte, die jeweils von ihren dominierenden Hegemonialmächten bestimmt werden. Es wird eine künftige Aufgabe der Menschheit sein, für das gemeinsame Zusammenleben Konsensformen zu finden, vielleicht am besten in der Form einer Weltregierung.

Schwieriger wird die Sinnfindung im persönlichen, individuellen Bereich sein. Durch die (beschränkte) genetische Verschiedenheit eines jeden und die verschiedenen Ausrichtungen seiner Transmitterhaushalte während seiner Prägungsphase in der Kindheit, wird es sehr viel schwerer sein, hier einerseits Gemeinsamkeiten und andererseits für diese einen befriedigenden Orientierungsinhalt zu finden. Hier zu helfen, wird der Autor sich in den nachfolgenden Kapiteln bemühen.

Ob das Universum einem „höheren“ Gesetz folgt, einen „höheren“ Sinn besitzt, wissen wir nicht und werden es vielleicht innerhalb unserer menschlichen Grenzen auch nie erfahren. Ob es für den Menschen einen Daseinssinn innerhalb seiner biologischen Evolutionsstufe gibt, wissen wir auch nicht. Vielleicht seine Fortpflanzung im Rahmen einer globalen Entwicklung auf eine unbekannte Weiterentwicklung hin, vielleicht eine vierte Evolutionsstufe aus dem Chaos der Vielfalt seiner personalen Freiheiten. Wir wissen es nicht. Verbleiben die Fragen für die einzelnen Individuen nach einem persönlichen Sinn für ihre Existenz. Gibt es überhaupt einen solchen und wenn ja, welche Kriterien können wir ihm zusprechen.

Seit der Aufklärung haben sich für uns als Orientierungsvorstellungen, vom damaligen Freiheitsbegriff ausgehend, die Kriterien der Emanzipation, des Individualismus und der Selbstverwirklichung entwickelt. Und sie alle mündeten in einem erhöhten, unkontrollierbaren Konsum, für den es auf der Erde, vor allem wegen dem Anwachsen der Zahl der Menschen, keine ausreichenden Ressourcen gibt. Wir überfordern die Erde und zerstören dabei unsere Existenzgrundlagen. Wenn wir in dieser Situation realistisch denken, sollten wir

  • unsere Freiheitsvorstellungen radikal überdenken,
  • uns wieder auf unsere biologische Programmierung rückbesinnen, d.h. wir sind nur ein Teil des komplexen Systems der Natur und wir sind primär Sozial- und keine Individualwesen.

Zu dieser gegenwärtigen Situation zeichnet sich als weitere Bedrohung für den historischen Menschen ab

  • seine gewonnene Fähigkeit sich genetisch zu verändern,
  • die sich bereits abzeichnende 4. Evolutionsstufe in der Form der KI.

Bei diesen Szenarien stellt sich für die inzwischen von unserer Kultur geformten Individuen die Frage nach dem Sinn ihrer Existenz, ihres Lebens, bzw. nach ihren Möglichkeiten, ihm einen Sinn zu geben.