5.1 Setzungen, Gedanken
- Das Universum ist eine Energieeinheit, deren Teile sich kommunikativ auf ein dem Menschen unbekanntes „Ziel“ hin zu bewegen. Er nimmt diese Teile als Metamorphosen von Energiekonzentrationen wahr, als Standorte, Orientierungsobjekte seines Umweltbezuges.
- Es gibt zwischen den Objekten seiner rationalen Betrachtung keine eigentliche Trennung von ihrem jeweiligen Umfeld. Er vereinfacht die „Realität“ nur zum Zwecke seines leichteren Zurechtfindens, bzw. wegen den Grenzen seiner Wahrnehmung und seinen Grenzen in der Strukturierung der empfangenen Informationen.
- Eine „intuitive“ Orientierung ist „vor-rational“. Sie differenziert und reflektiert nicht. In diesem Sinne ist sie „naiv“. Der einzelne Mensch ist nur offen für seine Umwelt. Er gibt sich ihr „passiv“ hin, gerät mit ihr in Schwingungen („Ein-Klang“) und wird ihrer unmittelbar inne. In den Grenzen seiner „Sensibilität“ kommt er intuitiv zu einer „vorsprachlichen“ Ein-Sicht, zu einer „Sicherheit“ in seinem Verhalten. Eine intuitive Orientierung ist immer subjektiv.
- Wenn man versucht, eine ganzheitlich wahrgenommene „Welt“ rational festzuhalten, entgleitet sie einem. Ihre Zergliederung in ihre Teile bedeutet deren Zerstörung.
(So ist die Interpretation eines Kunstwerkes immer auch mit dessen „Zerstörung“ verbunden, bzw. bleibt auf einer gewissen Oberflächlichkeit sozialer Kommunikation beschränkt).
- Jeder Mensch braucht eine ganzheitliche Orientierung, wenn er in seiner Welt als psychisch „gesunde“ Person bestehen und nicht nur ein Objekt der ihn umgebenden, manipulierenden Kräfte sein will.
(Unsere „informierte“ Gesellschaft ist eigentlich eine „deformierte“. Noch nie „wussten“ die Menschen einer Kultur über ihre Abhängigkeiten von ihrer sie umgebenden Natur so wenig wie heute. Man kennt sie nur noch als einen Paradiesentwurf und ist in seinem jeweiligen Wissen ein Spezialist in einem sozial vorgegebenen Strukturbereich. Ein Nobelpreisträger in den Naturwissenschaften braucht heute keine Rose mehr zu kennen).
- Es gibt zwei Möglichkeiten einer ganzheitlichen Betrachtung. Einmal durch das Fehlen jeder Hervorhebung eines Einzelmerkmales und zum anderen durch das Sehen eines Merkmales in allen Teilen seiner Welt.
(Mit Hilfe eines Sandkornes in meiner Hand erfasse ich die Welt ganzheitlich in allen ihren geistigen Bezügen. Es ist nicht nur ein symbolisches Spiegelbild aller bisher nie geschauter Planetensysteme, meiner selbst und aller nicht mehr unmittelbar wahrnehmbaren kleinsten Einheiten unseres Seins. In ihrer „Wahrheit“ gehen die Planetensysteme und die kleinsten Einheiten in einander auf).
- Auch für das „Erfahren“ der Ganzheit gibt es zwei Möglichkeiten: Einmal, indem man sich nach innen, und zum anderen, indem man sich nach außen öffnet. Beide Male erfährt man über eine sensitive Orientierung eine Gewissheit.
(In der europäischen Kultur lässt sich diese Haltung an der Architektur zweier Mönchsorden beobachten: Die Zisterzienser bauten ihre Klöster in der Tälern, während die Benediktiner sie auf die Berge setzten).
- Bei einer ganzheitlichen Orientierung erhält der Mensch seine Antworten ohne Fragen, ohne dass seinen Antworten determinierte Erlebnisreihen oder Hypothesen vorausgehen.
(Die soziale Einbindung der Naturvölker in eine noch sinnlich erlebte Ganzheit der Natur wird von uns oft als „primitiv“ bezeichnet. Doch ist sie es? Nur weil bei ihnen unsere kausalen Zusammenhänge nicht gesehen, weniger beachtet oder mit außersinnlichen „Kräften“ in Beziehung gebracht werden? Unser Glaube findet seinen Ausdruck in den zur wissenschaftlichen Wahrheit stilisierten Strukturprojektionen).
- Das „Wesentliche“ für seine Person erfährt der Mensch „ganzheitlich“, in einem Zustand, in dem die Subjekt-Objekt-Spaltung des Menschen weitgehend reduziert oder gar aufgehoben ist (wie im Satori-Erlebnis im Zen). Die Beziehungen zur Außenwelt ändern sich danach. Sein Offensein führt ihn zu sich selbst, zu seinen eigenen Quellen, zu einem „Ein-Klang“ mit der Umwelt, zu einer neuen Orientierung, mündet in eine Art kosmischen Urvertrauens und leitet ihn zu einer inneren Harmonie. Das dadurch entstandene Gleichgewicht überträgt sich auf das „Gleichgewicht des Stoffwechsels“ und schafft eine innere Ruhe. Ein Individuum wird dabei von einer vorgegebenen inneren „Gleichgewichtslinie“ bestimmt, um die das Stoffwechselgleichgewicht hin und her schwankt.
- Das oberste Prinzip der Natur ist, in einer Welt energiemässiger Disharmonie einen Zustand der Harmonie anzustreben (Entropie). Es entsteht eine Bewegung. Dies ist auch die Ursache, weshalb der Mensch sie sich über Annäherungswerte „rational“ erschließen kann, über die aus positiven Erfahrungen abgeleiteten Setzungen und deren Übertragung auf die Umwelt. Durch die Vielfalt der Bewegungen zur Erreichung eines Gleichgewichtszustandes entstehen ständig Veränderungen, entsteht eine eigene Dynamik, entsteht die Gesamtbewegung des Seins. Der Mensch erfährt sie nur dialektisch. Die Zunahme von Energie auf der einen Seite bedeutet eine Gleichgewichtsstörung, die in einer Gegenbewegung in der Zukunft einmal korrigiert werden wird. Dieses Prinzip „rechnet“ in anderen Zeiträumen als das Leben eines Menschen dauert. Jede Anhäufung eines Vermögens, jede soziale Energieansammlung wird sich einmal auflösen.
Der Mensch kann versuchen, seine Existenz selber an diesem obersten Prinzip zu orientieren, dem Zustand eines (inneren und äußeren) Gleichgewichtes. Alle Überlegungen von Konfuzius bis Marx zielten in diese Richtung. Alle Versuche einer aktiven, ganzheitlichen Orientierung strebten eine „bessere“ Steuerung des persönlichen Stoffwechsels an, um sich besser in diese Abläufe einbringen zu können. Der „Erfolg“ der europäischen Kultur liegt in dem Umstand, dass sie durch ihre „rational-kausale“ Vorgehensweise ein gewaltiges Potential an Disharmonien schafft und damit „Bewegungen“ beschleunigt. Diese „Beschleunigung“ wertet sie als Aspekt ihrer Überlegenheit. Sie übersieht dabei, dass diese Bewegungen in ihrer Komplexität inzwischen völlig außerhalb ihrer Kontrolle ablaufen und durch ihre Eigendynamik den Menschen selber bedrohen.
- Eine Heimat ist der Bereich des ersten Angemutetwerdens, sei es durch das Licht, die Farben oder den Himmel. Sie formen die Grundprägung eines sensitiven Umweltbezuges. Wie viele Tiere immer wieder zu der Umgebung ihrer Geburt zurückkehren, so besitzt auch der Mensch, wenn auch überlagert, einen solchen fundamentalen Erstbezug. Um ihn wahrzunehmen, ist das Bewusstsein des modernen Menschen zu stark verformt. Dass eine Erstprägung als naturbezogener Erstbezug auch für ihn gilt, wird vielleicht an dem „Endzeit“-Bewusstsein der Ureinwohner Australiens deutlich.
- Das Universum ist ein in sich total vernetztes Meta-System, eine komplexe Einheit. Das menschliche Bewusstsein in seiner Orientierung bewegt sich dagegen auf einer linearen Ebene und erfasst die Umwelt primär im Sinne empirisch- kausaler Abläufe und deren Projektionen.
Die Inhalte eines Denkens werden von den Grenzen des Denkenden bestimmt. Damit sind alle Denk-„Fehler“ über das Denken in seinem Denken selber enthalten. Ein Denken ist ein Sichbewegen in Strukturen, ein Konstruieren von Wirklichkeiten. Es ist darüber hinaus an Abstraktionen gebunden, sei es an vergangenen Wahrnehmungen, Informationen oder Symbolen, wie sie die sprachlichen Begriffe darstellen. Abstraktionen sind aber nur Matrizen für sozial eingefärbte Bilder, die in Hinblick auf die „Wahrheit“ eine Gegebenheit nie ersetzen. Sie stellen eine eigene, sozial determinierte „Realität“ dar. Es ist nicht möglich über das Denken eine „Wahrheit“ im Sinne einer Letztorientierung zu erfahren. Der Mensch kann sich den „letzten“ Dingen nie über sein Denken nähern, – das ist nur sensitiv-offen möglich.
- Eine tatsächliche geistige „Freiheit“ erfolgt über das Freiwerden von der Bindung an soziale Denkvorgaben, der Bindung an rationale Objektbezüge. Sie entsteht durch eine Befreiung des Subjekts von seinen Orientierungszwängen.
Eine gedachte Welt ist eine Abstraktion. Sie entspricht nicht dem Sein, ist nicht das „Sein“ und kommt ihm auch nicht nahe. Man kommt dem Sein wahrscheinlich am nächsten, wenn man es nicht denkt, sich nur seiner Umwelt öffnet.
- Das Bemühen um die Ganzheit einer Umweltorientierung, um die „Wahrheit“ ist auch ein Bemühen um einen neuen Weg zu dem „verlorenen Paradies“.