Marxismus

Der Marxismus stellt vielleicht die wichtigste Wirtschafts- und Gesellschaftstheorie der Neuzeit dar. Sowohl der Sozialismus wie auch der Kommunismus oder die „Frankfurter Schule“ gehören ihm u.a. an. Ausgehend von der klassischen deutschen Philosophie (Kant, Hegel, Feuerbach), Positionen der englischer Nationalökonomen (Smith, Ricardo) und den französischen Frühsozialisten, schufen Marx und Engels ein politisches Werk, das die nachfolgenden Wirtschafts- und Gesellschaftstheorien entscheidend beeinflusste. Anders als der philosophische Idealismus vertraten Marx und Engels die Meinung, dass sich alle Gedanken und Vorstellungen aus den gesellschaftlichen Gegebenheiten entwicklen. Von Feuerbach übernahmen sie dessen materialistisches Weltbild, seine Hinwendung zum Konkreten und von Hegel seinen Gedanken der Dialektik und damit das einer ständigen Weiterentwicklung der Gesetzmäßigkeiten der Geschichte. Die objektive Realität ließe sich aus deren materiellen Existenz und nicht als die Verwirklichung einer göttlichen Idee erklären. Die Produktionsverhältnisse auf den verschiedenen menschlichen Entwicklungsstufen bestimmten die jeweilige Struktur einer Gesellschaft. Man sei zur Zeit in der Stufe des Kapitalismus und entwickele sich über einen Klassenkampf und Krisen unvermeidbar, naturgesetzlich zu einer kommunistischen Gesellschaft, d.h. von einer niederen zu einer höheren Gesellschaftsstufe, die in der kommunistischen Gesellschaft ende.

Von diesen Grundgedanken entwickelten sich dann die verschiedensten politischen und wissenschaftlichen Gruppierungen:

  • die deutsche Sozialdemokratie machte diese Gedanken einst zur Grundlage ihrer Programme,
  • Lenin entwickelte auf ihrer Grundlage seine Imperialismustheorie (= Leninismus),
  • Trotzki seine Gedanken einer „permanenten Revolution“,
  • die „Frankfurter Schule“ verband sie mit der Psychoanalyse,
  • die „Dritte Welt“ übernahm sie in ihren Befreiungsprogrammen,
  • die kommunistischen Diktaturen als Grundlage ihrer totalitären Systeme
    (oft als Fehlentwicklungen bezeichnet).

Seine spätere Ablehnung erfuhr der Marxismus

  • durch seine ideologischen Gegner (den Vertretern einer kapitalistischen Marktwirtschaft),
  • wegen den Erfahrungen, die man mit den Staatssystemen gemacht hatte, die sich auf ihn beriefen.

Bloch, Ernst (1885 – 1977):
Als marxistischer Philosoph (zeitweise eine Art Staatsphilosoph der DDR) entwickelte er seine Gedanken im Sinne der Dialektik von einer „unfertigen Welt“ zu einer Folge von Hoffnungsinhalten, zu „konkreten Utopien“. Er untersuchte das subjektive „Noch-nicht-Bewusste“ im objektiven „Noch-nicht-Gewordenen“. Das Bewusstsein des Menschen sei das Ergebnis seines Seins und besitze einen „Überschuss“, den es mit seinen Utopien, Tagträumen fülle oder als Kunst zum Ausdruck kommen ließe. Im Kommunismus würde dieser „Überschuss“ tätig umgesetzt.

Seine Bedeutung erhielt Bloch durch seinen Versuch, sozialistische und christliche Gedanken aufeinander zu beziehen. Dadurch erhielt er einen großen Einfluss auf die Theologie des 20. Jhs.. Nach ihm folgten alle Kulturen den gleichen dialektischen Gesetzen mit dem Ziel nach mehr Menschlichkeit in einem „Reich der Freiheit“, nach einem „konkret-utopischen Humanen“. An der Wurzel aller Geschichte stände der arbeitende Mensch auf der Suche nach „Heimat“. Wenn man die Religionen entferne, entstände eine Welt der Leere, „Hohlräume“, die mit dunklen Inhalten gefüllt würden (z.B. im Nationalsozialismus).

Auf seine Schriften bezogen sich viele Vertreter der 68er-Bewegung (zu Rudi Dutschke stand er in einem Vater-Sohn-Verhältnis).

Adorno, Theodor W. (1903 – 1969):
(geboren und getauft als Theodor Ludwig Wiesengrund; Mutter: Sängerin Maria Calvelli-Adorno; publizierte zunächst unter dem Namen Wiesengrund-Adorno, verkürzte dies während der amerikanischen Emigration auf „W. Adorno“).

Für Adorno war die Philosophie eine „Deutungswissenschaft“. Er war ein Hauptvertreter der „Kritischen Theorie“. Mit Horkheimer (1895 – 1973) versuchte er während seiner Emigration in den USA eine Dialektik der Vernunft (= „Aufklärung“) zu entwerfen. Über das begriffliche Denken könne der Mensch die Natur objektivieren und dadurch beherrschen. Dabei entfremde er sich von ihr. Die „Versachlichung“ seiner Welt bestimme auch die Beziehungen der Menschen untereinander. Der Mensch werde in der kapitalistischen Gesellschaft als Warenwert gesehen, der er als Subjekt hilflos ausgeliefert sei. Alles – auch die Kultur und Wissenschaft – diene in einer kapitalistischen Gesellschaft der Beherrschung von Mensch und Natur. Dieses Denken bestimmte später als das der „Frankfurter Schule“ den Kulturbetrieb im Nachkriegsdeutschland.

Adornos Denken richtete sich gegen die „verwaltete „Welt“ und gegen die Kulturindustrie.

Im Mittelpunkt des Denkens Adornos stand die Untersuchung der Stellung des Individuums in seiner zeitgenössischen Gesellschaft. Über die Negation des Faktischen lasse sich über das Bestehende hinausdenken. Ein Denken in allgemeinen Begriffen lehnte er ab, da sie „Etiketten der faulen Existenz“ seien. In seiner „Philosophie des „Nichtidentischen“ plädierte er für ein neues Naturverhältnis, in dem die Natur nicht mehr über deren Beherrschung, sondern von einer „Versöhnung“ mit ihr gesehen wird. Von seiner „Erkenntnisutopie“ erwarte er die unverkürzte Erfahrung dieses Nichtidentischen.

In seiner Moralphilosophie war Adorno stark vom Geschehen des Holocausts beeinflusst worden. Eine Moral stehe „gleichzeitig immer (für) Freiheit und Unterdrückung“ und solle sich immer an dem jeweils Besseren orientieren. Ein „richtiges Leben“ sei gekennzeichnet, dass es keinen Hunger gäbe und niemand gefoltert würde. Die „eigentliche Substanz des Moralisten“ sei der Widerstand gegen alle Formen eines falschen Lebens.

Die Metaphysik war für Adorno die „Lehre vom geschichtlos Unveränderlichen“, eine Frage nach der Identität. Sie richte sich in ihrem Kern gegen die Selbstbestimmung und Freiheit des Menschen (bei Kant z.B. durch dessen Anschauungsformen und Verstandesbegriffe, seine Erkenntnisvorgaben). Er forderte von der Metaphysik als dem Denken des Absoluten, ein Denken des Unveränderlichen als dem Nichtidentische. Von ihr könne es keine Erkenntnis geben. Es könne über die Kunst erfahren werden. Im Zentrum des Adornoschen Denkens stand deshalb seine Musikphilosophie (= 8 Bände von 20 in seinem gesammelten Werken). Sie trage zum sinnlichen Erleben, zur begrifflichen Reflexion und ästhetischen Erfahrung bei. Beide würden auf die Vernichten des Individuums zielen. Er lehnte die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse ab. Von Marx übernahm er den Gedanken der Verdinglichung aller menschlicher Beziehungen, von Weber den Gedanken der Zweckrationalität, der „verwalteten Welt“ und von Freud den des irrationalen Verhaltens.

Gegen Adorno wurden u.a. vorgebracht

  • seine totale Kritik der Vernunft und der Gesellschaft,
  • seine Instrumentalisierung von Auschwitz für das Negative,
  • sein Wissenschaftsverständnis gegenüber dem „Kritischen Rationalismus“ (Positivismusstreit).