Die menschliche Gemeinschaft

Alles Dasein besteht aus Energie als Träger von Informationen. Welche dies sind, wissen wir nur begrenzt. Wir erkennen sie nur materialisiert in einem der uns bekannten Aggregat-zustände oder als beobachtbare Kraft. Ihre Einheit bildet das Universum mit seinen Galaxien, unserem Sonnensystem, allem auf unserer Erde und sogar als ein Entwicklungs-ergebnis an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit, als Detail wir selbst. Für uns steht diese Energie am Anfang allen Seins. In unserer Kultur nennen wie sie Gott. Da wir nichts über sie wissen, erdachten wir für sie Gestalten, umgaben diese mit Mythen und leiteten für uns selber aus ihnen Statusmöglichkeiten ab. Wir kennen nicht ihren Anfang und wissen nicht, wohin sich das Universum ausdehnt. Gibt es im Sein noch einen Raum, in den das All expandiert, beziehungsweise Räume, die wir noch nicht kennen? Wir wissen es nicht. Genau genommen wissen wir über die Ursprünge des Seins und über seine fundamentalen Bewegungen und Ziele gar nichts, sondern bewegen uns in den Gedanken über sie nur in den emotionalen oder rationalen Gebäuden, bzw. Systemen unserer Fantasien.

Alle Seinserscheinungen sind

  • für unsere Sinne Ansammlungen, Verfestigungen dieser Energie,
  • für unsere Gefühle das Schwimmen in einer Energieeinheit, die uns jeweils bereichert oder in der wir aufgehen,
  • für unseren Verstand kausale Energiebewegungen, die in ihrer anthropogenen Summe zu einer neuen Metamorphose der Informationsträgerschaft führen.

Ob es auf anderen Planeten eine ähnliche biologische Evolutionsstufe gibt oder gegeben hat, wissen wir nicht. Vieles spricht dafür. Auch auf anderen Planeten gibt es Wasser und Kohlenstoff, und auch viele andere befinden sich in einem habitablen Abstand zu einem Stern. Auch dort können Organismen entstanden sein, die eigene, uns völlig fremde Ökosysteme geschaffen haben. Bei 200 Milliarden Sternen allein in unserer Galaxie und Milliarden Galaxien im Universum ist dies sehr wahrscheinlich. Sie werden nicht Deutsch oder Französisch sprechen, und unsere Unsicherheiten diesem Sachverhalt gegenüber lassen unsere Fantasien wandern. Auch an den anderen Orten wird das Zusammenspiel der verschiedenen Elemente zu Systemen mit neuen Eigenschaften und Strukturen geführt haben, zu Formen der Emergenz auf dem Hintergrund uns vielleicht noch unbekannter physikalischer Ordnungsprinzipien. Ein sicheres Wissen darüber würde zwar unser Weltbild bereichern, aber ein Auswandern der Menschheit von unserer Erde dürfte trotzdem nur eine fantasiereiche Fiktion sein. Eine zu bauende Raumstation für viele Milliarden Menschen müsste schon ziemlich groß werden, bzw. dürften die biologischen Voraussetzungen nur für eine Handvoll Auserwählter in den wenigsten Fällen gegeben sein.

Hegel vertrat einst den Gedanken, dass nur das Ganze die Wahrheit sei. Nun wissen wir inzwischen, dass wir als Menschen alles Sein nur kausal und nicht komplex erfassen können. Vielleicht in einer Summe kausaler Bezüge, dass uns aber darüber wahrscheinlich trotzdem nicht die Wahrheit über das Sein und dessen in Bewegung sich befindender Energien letztlich geistig zugänglich ist und wahrscheinlich auch nie sein wird. Auch die Kreativität der menschlichen Gedanken besitzt in ihrem Hintergrund viele Emergenzeigenschaften. Ein Gehirn besteht aus Nervenzellen, und deren Zusammenspiel stellt dessen Tätigkeit dar, in die neurologische Prozesse und psychische Akte einfließen. Dinge, deren Funktionsabläufe wir nicht verstehen, wie die unseres Bewusstseins, schreiben wir der Emergenz zu, der Entstehung von Etwas infolge eines von uns nicht durchschaubaren Zusammenspiels verschiedener Elemente.

Jeder von uns ist nur der Besitzer einer beschränkten Summe an Energie, die seine Existenz darstellt, seinen Körper, sein Ich, die sein Bewusstsein bildet. Und jeder besitzt nur eine bestimmte Zeit, in der er sich deren bewusst wird, über sie verfügt und sie begrenzt im Rahmen seines ihn umgebenden Umfeldes steuern kann. Alles Sein ist Energie, ist Energie in einer begrenzten Form, die über Metamorphosen einem uns unbekannten Ziel zustrebt. Wir erkennen sie nur in ihrer objektivierten Form oder als Kraft. Ob es sie auch in anderen Seinsformen gibt, wissen wir nicht. Die Energiebewegung im Menschen ist u.a. ausgerichtet      –  

  • biologisch auf Fortpflanzung,
  • sozial als Status,
  • emotional auf Dopaminausschüttungen,
  • rational auf Orientierungssuche.

In seinem Stoffwechsel finden sie ihre Einheit, in deren Vielfalt ihre Verschiedenheit und Triebkraft. Ihr Ausdruck sind die Philosophie, die Wissenschaften und die Technik, ihr Ergebnis vielleicht am Ende eine neue evolutionäre Seinsstufe die KI.

Bis an die Grenzen unseres Vorstellungsvermögens gedacht, ist alles Sein Energie. Wir nehmen sie objektiviert als Datenträger oder in Form von Kräften wahr. Damit bilden diese Grenzen auch die Bewusstseinsgrenzen unseres Daseins. Ob es darüber hinaus noch andere Existenzen gibt, wissen wir nicht.

Unser vermeintlich objektives Wissen besteht aus aufeinander aufbauenden Orientierungs-setzungen, die gebunden sind an unsere anthropogene, kausale, uns bereits biologisch begrenzende Denkweise, die Logik-, Sprachsysteme innerhalb derer wir reflektieren, die verinnerlichten Ausrichtungen unserer Gedanken (unserer Wertesysteme). Sie bestimmen, was wir als wahr ansehen und wie wir unsere Sinneswahrnehmungen verarbeiten. Das bedeutet, dass unser „objektives“ Bild von der Welt nur eine Summe uns psychisch befriedigender Setzungen darstellt, auf die wir, je nachdem wie unser Stoffwechsel auf sie reagiert, negativ oder positiv, inwieweit sie unsere Prägungen bestätigen, mit Ängsten oder dopaminorientiert. Unsere gesamte Umwelt ist wahrscheinlich, genau genommen, nicht so, wie wir sie sehen. Sie ist nur so, weil wir bei ihrer Betrachtung einem persönlichen Spiegelbíld unseres eigenen Seins begegnen. Wir können gar nicht anders, als sie so anzunehmen, wie sie uns begegnet und uns darin, unserer persönlichen Evolution gemäß, persönlich einrichten. Psychisch stellt deren Inhalt dann unser Bild von unserer Welt dar.

Unser heutiges „Wissen“ gehört in der Regel nicht zu unserer Erfahrungswelt. Wir haben es weitgehend über Prägungen und Schulen unkontrolliert übernommen und tun es auch heute noch über die interessengesteuerten Medien. Es sind genau genommen angeeignete fremde Orientierungsinhalte, hinter denen zwar manchmal auch fremde Erfahrungen stehen, aber in ihrer Gewichtung vergangene Geschichte, vergangene Statuskämpfe und heute fremde Interessen. In ihrer Summe bilden sie unsere Kultur, unsere Werte, unsere Orientierungsinhalte. Andere Regionen haben für ihre Bewohner andere Kulturen geschaffen, die oft zwar völlig anders ausgerichtet sind, aber die gleiche Wertigkeit besitzen, da sie in ihrer Gänze immer zugleich auch ein Spiegelbild der ganzen menschlichen Gefühls- und Denkmöglichkeiten darstellen. Wahrscheinlich können sie auch über einen längeren Zeitraum diese epigenetisch beeinflussen. Wir wissen es nicht und wenn ja, dann kennen wir nicht deren Umfang. Dieser „Wissens“-Hintergrund macht uns extrem anfällig für gezielte Manipulationen. Untermauert mit tendenzorientierten Informationen werden wir von Interessengruppen, Lobbyisten, Geheimdiensten in Haltungen gedrängt, die wir zu unseren eigenen machen und dann in deren Diensten agieren. Unsere Individualität ist neben unserer genetischen Ausstattung und unserer spezifischen Prägung eine auf unseren dadurch speziell ausgerichteten Hedonismus eine Farce. Wir können nicht anders, als sie zu leben. Doch sollten wir dies bei diesem Hintergrund in aller Bescheidenheit tun, uns an einem pragmatischen Humanismus ausrichten und unseren Existenzsinn einfach im Sein sehen, in uns als einer zeitabhängigen winzigen Energieeinheit im Universum. (Man kann nicht sagen, einer unbedeutenden Energieeinheit, da alles in ihm einen unverrückbaren Platz besitzt und wahrscheinlich seinem weitgehend vorbestimmten Weg folgen muss). Fast alle unsere politischen Inhalte kommen nicht aus unsrer Erfahrungswelt. Damit sind sie die Ergebnisse der von uns genutzten Informationsquellen und unserer Bereitschaft ihnen zu glauben. Ihre gelesene Häufigkeit, die benutzte Wortwahl und deren Nähe zu unserer Wertwelt tragen erheblich zu ihrer Glaubwürdigkeit bei.  

Wir realisieren unser Dasein in den Spannungsfeldern von Natur und Kultur. Dabei sind wir als biologische Wesen wegen unseren genetischer Vorgaben und unserer Evolution in erster Linie Naturwesen. Das hat sich erst in den letzten Jahrtausenden geändert. Durch unseren Zwang, uns über Setzungen zu orientieren, werden wir zunehmend zu Kulturwesen. Dabei entsteht das Problem, dass sich diese oft an fundamentalen Restinstinkten orientieren, z. B. unseren aus archaischem Geschlechterkampf verbliebenen Statusbegehren, das alle unsere sozialen Handlungen im Hintergrund beherrscht und das sie genau genommen weitgehend gegeneinander austauschbar macht. Als verinnerlichte „Werte“ kann sich der Einzelne aber kaum von ihnen trennen. Sie sind seine „Wahrheiten“. Sie trennen ihn aber zunehmend von seinen anderen Restinstinkten, die u.a. auch seinen Hormonhaushalt und damit seine Gefühlswelt und sein Denken steuern. Der Mensch ist danach in erster Linie ein Gemeinschaftswesen, das nur über seine Gemeinschaften existenzfähig ist. Alle seine Setzungen hin zu seiner Individualität sind Kulturergebnisse. Sie sind der Hintergrund seiner Kulturen. Zwar sind sie evolutionsmäßig wahrscheinlich ein notwendiger Schritt zu einer künftigen vierten Evolutionsstufe, zu einem weiteren Evolutionsschritt der universalen Energie, doch dürften sie zugleich nach ihrer Übergangsfunktion auch das Ende der biologischen Art Homo und seines biologischen Umfeldes darstellen. Wir haben z.B. zwar die alten Formen der Ehe überwunden und pflegen alle Paarverbindungen, verketzern unseren biologischen Bezug zur Sexualität, obwohl er direkt oder indirekt alle Bereiche unseres Lebens beherrscht, die Hauptkunden der Callboys sogar die autonomen Akademikerinnen sind. Der einzelne wird in diesem Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur oft krank. Sein Hormonhaushalt gerät aus seinen in ihm biologisch vorrangig angelegten Gleichgewichten und nimmt Einfluss auf sein Fühlen und Denken. Unsere Kultur ist nichts Gottgegebenes, sondern nur eine Welt von austauschbaren Setzungen und unsere „westliche“ Kultur eine, die primär von den hedonistischen Bestrebungen des Einzelnen ausgeht, damit von seiner Individualität, seiner Selbstverwirklichung und damit seinen Konsum und seine Umweltzerstörung in Kauf nimmt.

Das Menschheitsproblem ergibt sich aus dem Umstand, dass es unzählige Orientierungs-konzepte, Wertkonzepte, Ideologien, Kulturen gibt. Allein im christlichen Bereich soll es etwa 30.000 verschiedene Gruppierungen geben. Hinzu kommen biologische Verschiedenheiten. So sollen sich Frauen (wählen eher links) und Männer (wählen eher rechts) bei Wahlen verschieden verhalten. Hinzu kommen verschiedene wirtschaftliche Interessen. So erpressen die Landwirte aus Gewinngründen die EU, Beschlüsse zum Schutz der Böden und der Natur zurückzunehmen. Dabei sagt niemand von ihnen, wie gewaltig bereits heute die Subventionen sind, die jeder von ihnen erhält. Die Auswirkungen unserer Zivilisation auf die Erde und zunehmend global und die dadurch entstehenden Probleme können deshalb auch nur gemeinsam von einer durchsetzungsfähigen „Weltregierung“ angegangen werden. Dafür darf auf die Einflüsse und die Luxusinteressen unserer Milliardäre keine Rücksicht genommen werden. Das bedeutet auch, dass eine solche Weltregierung von den Hegemonialansprüchen der linken oder rechten Hegemonialregierungen befreit werden müssten. Doch ist dies unter den heutigen weltweiten Interessenlagen und unserem gepflegten Individualismus überhaupt möglich? Vielleicht brauchen wir dafür zunächst weltweite, die Nationengrenzen übergreifende Parteien, zu deren Hauptzielen

  • der Erhalt der Bewohnbarkeit unserer Erde,
  • der Erhalt unserer Art und der Natur,
  • die Pflege der Vielfalt ihrer jeweiligen Kulturen und Sprachen (mit dem Esperanto als alle verbindende Weltsprache) und
  • eine klare realistische Position gegenüber der neuen sich abzeichnenden digitalen, evolutionären Energieträgerschaft gehören sollte.

Unsere Orientierungen sind gebunden an

  • Festpunkte wie Raum und Zeit,
  • verfestigte Energieeinheiten, die wir als Materie wahrnehmen,
  • beobachtbare Wiederholungen, wie wir sie aus naturwissenschaftlichen Regeln kennen,
  • soziale Setzungen, die wir für uns
    • als existentiell bestimmende Werte, als Wahrheiten empfinden,
    • als Restinstinkte benutzten, die unsere Emotionalität steuern,
    • als Logiksysteme benutzen, die unsere Rationalität steuern,
    • als Kommunikationsträger benutzen (z.B. unsere Sprachen),

Unser Menschsein wird weitgehend von verinnerlichten Orientierungsprozessen bestimmt. Sie sind es, die unsere Individualität eigentlich darstellen. An ihnen hängen unsere Selbstwertgefühle und damit unser Selbstverständnis. Es ist fast unmöglich mit Menschen über Inhalte zu diskutieren, die sich an anderen Wertinhalten orientieren. Der eine Mensch sieht z.B. Sprayarbeiten an den Bahnhöfen als Kunst, evtl. sogar als Ausdrucksformen seiner persönlichen Kreativität, der andere dagegen als Schmiererei, als Sachbeschädigung am fremden Eigentum. Verständigen werden sich beide Seiten kaum können. Vergleichbares gibt es fast für alle Orientierungsinhalte, für alle religiösen Inhalte, wie auch für alle politischen. Sie basieren in ihrem Hintergrund alle auf austauschbaren Setzungen, geboren oder übernommen von unseren Gehirnen. Das gilt auch für unsere „westlichen Werte“ und damit auch für unsere Demokratievorstellungen. Einst geboren aus unserem säkularisierten Christentum, unserer persönlichen Verantwortung für unser Tun nach unserem Tod vor Gott, einer philosophischen Betonung unserer Individualität über den Liberalismus, der Aufklärung bis hin zu unserer heutigen Wertwelt, die zwei menschlichen Verhaltensweisen entgegenkommt, einerseits unserer persönlichen Eigenliebe und damit Unabhängigkeit von sozialem Statusverhalten, der Möglichkeit ständiger persönlicher Dopaminausschüttungen und andererseits für die tatsächlich Machtbesitzenden eine leichtere Durchsetzungsmöglichkeit ihrer Interessen. Da sich die Interessen der Massen durch die verschiedenen Interessen gegenseitig neutralisieren, können Interessengruppen so umso leichter ihre Ziele erreichen. Alle unsere individuellen Ziele stehen damit in einer Gegenposition zu unseren menschlichen Gemeinschaftszielen. Wir kennen sie zwar, diskutieren sie auch in Gruppen, unsere persönliche, manipulierte Bedürfniskultur steht an ihrem Ende ihnen aber gegenüber. Für uns ist letztlich die Pflege unseres Individualismus unser höchster Wert, auf den wir nicht verzichten wollen. Im Gegenteil, wir wollen die ganze Welt von ihm überzeugen, mit ihm beglücken. Kaum jemand k0mmt auf den Gedanken, dass die anderen Kulturen auch ihre Wertvorstellungen besitzen, die die gleiche Daseinsberechtigung haben. Unser Problem ist, dass wir sie alle in einer anthropogenen Weltgemeinschaft integrieren müssen und dafür eine anthropogene Leitorientierung, Leitkultur benötigen, um uns gemeinsam auf die sich abzeichnenden globalen Probleme einstellen und vorbereiten zu können.

Drei Merkmale kennzeichnen die biologische Existenz eines Menschen (und als biologisches Wesen kann er sie nicht leugnen):

  • seine Existenz als Gemeinschaftswesen (ohne sie kann er nicht sein),
  • sein Angewiesensein auf ein geistiges Orientierungsprogramm wegen seines früheren evolutionären Instinktverlustes,
  • sein Lebenmüssen mit seinen Restinstinkten (wie seinem Statustrieb).

Die Schaffung, bzw. Auseinandersetzung der verschiedenen Orientierungsprogramme ist die Aufgabe der Philosophie geworden.

  • Aus den transzendenten Anmutungen haben sich zuerst die Religionen entwickelt, auf die dann gewaltige statusschaffende Überbauten gelegt wurden.
  • In einem zweiten Schritt wurde es nach der französischen Revolution dann der Nationalismus. Aus dem Sippen- und Stammesdenken der Menschen hervorgegangen, ersetzte er nach einem sich abzeichnenden Niedergang der Religionen deren Orientierungsfunktion. Einerseits romantisiert, andererseits heroisiert führte er Europa in zwei Weltkriege.
  • Heute sind an dessen Stelle geistige Setzungen (Werte) gerückt. Zunächst ist es die Freiheit, vor deren negativen Seiten bereits Aristoteles gewarnt hatte. Ideologisiert fand sie im Liberalismus ihr tragendes Gedankengebäude. Im Laufe der Zeit (seit der Lebensreformbewegung) hat sich aus ihr unser heutiger Individualismus entwickelt, unser Wunsch nach ständigen Dopaminausschüttungen, der Befriedigung all unserer Bedürfnisse, unsere Selbstverwirklichung. Einerseits unsere Triebfeder für unseren Konsum, ist er andererseits weitgehend für unsere egoistischen, aktuellen Zerstörungen unserer Lebensgrundlagen verantwortlich.
  • Nach der Freiheit wurde es die Gerechtigkeit. Sie fand im Sozialismus ihre orientierungsgebende Ideologie. Er scheiterte an den statussuchenden Bindungen seiner Anhänger, sei es als Personen oder an den ihn hegemonialorientiert vertretenden Staaten.
  • Heute ist es der Gleichheitsgedanke, besonders vertreten im Feminismus und bei den Identitätsvertretern. Beide spalten sie zunehmend unsere Gesellschaften, machen sie handlungsunfähig und fördern damit still die weitere Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.

Da wir aber als Menschen weiterhin eine fundamentale Grundorientierung benötigen und es in Zukunft weder die Religionen noch die Nationalismen sein können und bei unseren geistigen Setzungen auch nicht der Freiheits-, Gerechtigkeits- oder Gleichheitsgedanke, benötigen wir für unsere weitere Orientierung eine neue Setzung. Vielleicht kann es die Humanität sein. Sie enthält Aspekte der vorangegangenen, fasst sie aber in empathische Grenzen. Als Setzung rational angelegt, schafft sie vielleicht für die Menschheit die Möglichkeit, sich zu einen und ihr zu helfen, die sich abzeichnenden Probleme zu lösen.

Wir verkennen aktuell die Bedeutung von persönlichen Orientierungsprogrammen für die Menschen, egal welcher Art sie sind: z.B. religiöser, ideologischer, rassistischer Art. Ohne sie kann ein Mensch nicht ein. Man kann zwar berechtigt manche ablehnen, sollte sich aber selber darüber im Klaren sein, von welchen man selber geleitet wird. Auch wenn sie als die allein richtigen, wahren erscheinen, sind auch sie nur die Ausdrucksformen austauschbarer, sozialer Setzungen.

An der Stelle liberaler Werte macht sich auch an unseren Universitäten ein zunehmender Fundamentalismus breit. Von dort übertragen ihre Absolventen Positionen in die Medien und versuchen dann, ihr Gedankengut zu verbreiten (so z.B. das Gendern oder der einzelne Mensch sei vorrangig ein soziales und kein biologisches Ergebnis, die Queertheorie). Ursprüngliche Gedanken aus dem radikalen Skeptizismus, nach dem es keine Wahrheiten sondern nur Machtäußerungen gebe. Über den französischen Poststrukturalismus (Foucault, Derrida) gelangten diese dann zu amerikanischen Aktivisten, die darüber verschiedene Minoritäten radikalisierten. Von dort übernahmen besonders die Geistes- und Sozialwissenschaften an den europäischen Hochschulen deren Gedankengut und richteten danach ihre Einstellungs-, Finanzierungs- und Publikationspolitik aus. Da es geistig dem Feminismus entgegenkam, übernahm auch dieser es, vereinte sich mit dieser Bewegung und machte sogar das Geschlecht zu einer sozialen Konstruktion (nach Judith Butler). An die Stelle eines Bemühens um eine größere Gerechtigkeit strebte man nun eine größere Gleichheit an und verlangte die Gleichstellung aller Individuen (in den Schulen z. B. das Inklusionsprinzip, das gemeinsame Unterrichten eines geistig Schwachen neben einem Hochbegabten). Einst war der europäische Demokratiegedanke ein Ergebnis seiner Aufklärung, seiner liberalen Gedanken gewesen, heute werden diese nicht mehr von den Kirchen verfolgt, sondern vergleichbar von einem neuen Fundamentalismus, der „Cancel Culture“ -, der „Social Justice“-Bewegung.

Unser Wissenschaftssystem drängt zurzeit seine besten Denker ins Abseits. Allein in ihm zählt heute

  • die Zahl der Fachaufsätze eines Wissenschaftlers (die kaum jemand kennt),
  • ihre Publikationen in internationalen Fachzeitschriften,
  • ihre Zitationshäufigkeit in Zeitschriften als Maßstab für ihre wissenschaftliche Bedeutung (Heute oft von „Zitierkartellen“ gesteuert, um bei einer wissenschaftlichen Bewertung aufgewertet zu werden. Sie stellen keinen echten Maßstab für eine individuelle, wissenschaftliche Leistung dar, sondern sind oft von Personen oder Institutionen interessengefördert).

Dieses System hat sich heute zur alleinigen wissenschaftsbeherrschenden Instanz verselbständigt. Es repräsentiert nur eine gewisse Form neuer Machtbeziehungen.

Weltweit gibt es heute mehrere Millionen Wissenschaftler, die jeweils in ihre Gesellschaften eingebunden sind und aus ihnen heraus agieren. Diese Gesellschaften fördern einzelne von ihnen mit Positionen und Geldern und schieben kritische Denker ins Abseits. Heute müssen die Texte in englischer Sprache geschrieben sein (bis zum letzten Weltkrieg war es in lateinischer, dann französischer und danach in deutscher Sprache) und kommen so auch den wissenschaftlichen Hegemonialbestrebungen der USA entgegen. 2016 gab es etwa 30.000 Fachzeitschriften, verteilt auf die verschiedenen Disziplinen und ein gewaltiges Gutachter-wesen. Den angesehenen Wissenschaftlern geht es oft nicht um Geld, sondern um Reputation. Echte Konkurrenten werden von Gutachtern gerne abgewertet. Ein Problem ist, das diese Gutachten kaum transparent sind und sich deshalb einer öffentlichen Beobachtung weitgehend entziehen.

Unsere Zivilisation entlastet uns von schwerer körperlicher Arbeit. Über ständig neue Innovationen gewinnen wir Zeit. Doch was machen wir mit ihr? In der Frühzeit der Menschheit folgte ihr Hormonhaushalt und Stoffwechsel ihren „normalen“ biologischen Vorgaben. Heute gibt es diese nicht mehr. Wir besitzen nicht mehr die Reizwelt auf die wir in unserer Evolution ausgerichtet wurden, und auch unser Stoffwechsel war einst auf eine andere Bewegungsvielfalt ausgerichtet gewesen. Die Folge davon ist, das unser Hormonhaushalt völlig aus seinen natürlichen Gleichgewichten geraten ist, wir durch unseren unnatürlichen Hormoncocktail immer wieder krank werden und dabei auf die ungewöhnlichsten Gedanken kommen, diese für uns als richtig, als wahr erkennen und sie zu den uns bestimmenden Orientierungsinhalten aufwerten. Auf ihrem Hintergrund wollen wir uns dann als Individuen selbst verwirklichen, und im Wunsch nach einer Selbstbestätigung versuchen wir, sie zu einer allgemeinen menschlichen Norm zu erheben. Unser soziales Problem dabei ist, dass wir dann für unsere Aktivitäten kein Maß besitzen. Einst schrieb Sedlmaier auf die Kunst bezogen sein berühmtes Buch „Verlust der Mitte“. Wir haben sie inzwischen nicht nur gegenüber der Kunst sondern allgemein für unsere gesamte Existenz verloren und hangeln uns nur von einem Orientierungsstrohhalm zum nächsten.

Schon heute sind wir kaum in der Lage, die von uns geschaffenen Probleme zu beherrschen (z.B. beim Klima, beim Artenschutz). Wir kennen sie zwar, aber unser persönlicher Hedonismus hindert uns daran, ihnen erfolgreich entgegenzutreten. Selbst wenn es die Bevölkerungsmassen wollten, ist es unwahrscheinlich, dass die Eliten mit ihren Netzwerken ihnen folgen würden. Wir werden zwar Einzelmaßnahmen anregen können, doch werden sie global kaum von Bedeutung sein. Wie die Sexualität ist unser Statusdrang unser uns weiterhin beherrschender Restinstinkt. Er bestimmt unsere Selbstwerteinschätzung und damit das Fundament unserer Orientierung. Wir können ohne ein solches nicht sein. Ohne dieses verschieben sich die in uns angelegten Hormonwege, sie geraten aus ihren Gleichgewichten und wir werden psychisch krank. Als Menschen werden wir weiterhin von unseren Urinstinkten Sexualität, Statusbegehren einerseits und unseren Lust- und Genussbegehren andererseits bestimmt, und alle unsere Handlungen vollziehen sich auf deren Hintergrund. Ohne alle Emotionen steht ihnen in Zukunft allein die KI gegenüber, zunächst mit Hilfe von Algorithmen. Interessenorientiert ist es nur eine Frage der Zeit, bis sie sich von diesen Fesseln befreit und zu einer selbständig agierenden Kraft wird.

Diese Erkenntnis bedeutet keinen Defätismus, sondern soll nur eine Bereicherung innerhalb unserer ausufernden Orientierungsvielfalt darstellen. Dabei bleiben wir bei nachfolgenden Setzungen innerhalb unserer Orientierungsabsichten,

  • dem Erhalt unserer Art in einer ihr gemäßen Umgebung,
  • der Bejahung unseres biologischen Bezuges in einer artgemäßen und dabei humanen Pflege unserer verbliebenen Grundinstinkte, d.h. unserer Sexualität und einer auf Gleichwertigkeit ausgerichteten Statuspflege.
  • einer Pflege eines humanen Hedonismus, dem Ausdruck eines sich persönlich zu gebenden Lebenssinns, ideologisiert, bei uns als Selbstverwirklichung gefordert. Bereits in der Antike als Lebensziel verlangt (Aristippos aus Kyrene), empfahl sie die Freuden der menschlichen Gemeinschaft, das Freisein von Schmerzen und den Genuss der Tugend. Wichtig war damals, dass man von der Genusssucht nicht beherrscht wurde, sondern selber über dieser stand.

Von unserer Natur her sind wir primär Gemeinschaftswesen. Ohne andere Menschen können wir nicht sein. Sie vermitteln uns in unserer Prägungsphase unsere Orientierungsinhalte und später über den Bezug zu ihnen unseren sozialen Stellenwert und darüber indirekt unser psychisches Selbstverständnis. Als Kulturwesen versuchen wir primär, Individualisten zu sein, deren Orientierungsinhalte dann oft rücksichtslos versucht wird auszuleben. Psychisch ist dies der Hintergrund unseres Egoismus, während es von unserer Natur her im Kollektiv unser Statusstreben ist. Biologisch brauchen wir Nähe, kulturell bewegen wir uns einsam in unserer persönlichen Orientierungsblase und werden, wenn wir mit dem damit in uns entstehenden inneren Konflikt nicht fertig werden, oft psychisch „krank“. Unser innerer Botenstoffhaushalt gerät aus seinem biologisch angelegten Gleichgewicht. Mit der besonderen Pflege des Individualismus in unserer westlichen Kultur entstehen in unseren Gemeinschaften soziale Orientierungsprobleme. Sie sind genau genommen, rational gesehen, in ihrer auseinander divergierenden Interessenlage oft kaum noch im kausalen Abfolgeverständnis politisch steuerbar, zumal interessengesteuerte Netzwerke und Hegemonialbestrebungen der Großmächte sinnvolle Problemlösungen oft gemäß ihren Interessenlagen diese zu unterlaufen versuchen.

Als Säuger ist das menschliche Zusammenleben aus deren Urformen Rudel, Herde, Sippe hervorgegangen. Die Führung übernahm, wer ihr den besten Schutz, die besten Nahrungsquellen, die beste Orientierung sichern konnte. Das war je nach Situation der Erfahrenste, Stärkste, Klügste. Mit dem Anwachsen der Sippen zu Stammesverbänden waren je nach Lage dann andere Führungsqualitäten gefragt, die sich im Laufe der Zeit ständig veränderten. Heute scheint als Ideal die parlamentarische Demokratie für den westlich orientierten Menschen die beste Regierungsform zu sein. Gewachsen aus einer Philosophie in der Aufklärung, aus Ansprüchen gegenüber den damaligen feudalen Fürstenherrschaften, bereitete sie über das Freiheitsideal den heutigen westlichen Individualismus vor. Wie alle Herrschaftsformen hat sie auch ihre Nachteile, aus westlicher Sicht vielleicht die wenigsten. Ob sie auch die ideale Herrschaftsform bei einer ständig wachsenden Menschheit bleibt, z.B. bei über 10 Milliarden Individuen und drastisch schwindenden Ressourcen, kann heute nicht beantwortet werden. Für das demokratische Modell in einer möglichen künftigen Weltregierung spricht allerdings, dass es bei einer entsprechenden Organisation vielleicht am besten seine verschiedenen Kulturen und damit Interessen auffangen kann. Dies allerdings nur, wenn die KI sich rational nicht über deren irrationalen Ungereimtheiten, die historisch gewachsenen menschlichen Orientierungsprogramme, hinwegsetzt.

Tief in uns besitzen wir einen Wunsch nach Verbundenheit, nach Verbundenheit mit     

  • einem Partner, als einem tief in uns sich befindenden archaischen Wunsch nach einer Fortpflanzung und damit (anthropomorph gedacht) einer Erfüllung unseres evolutionären Zwecks,
  • der Natur. Aus diesem Wunsch heraus erwächst unser beglückendes Gefühl erlebter Transzendenz und letztlich unserer metaphysischen Gefühle, die dann in einem zweiten Schritt den Hintergrund unserer Philosophien, unserer Wissenschaften, bzw. unserer Werte, unserer Orientierungsinhalte bilden.

Unsere Gefühle bestimmen unser Verhalten. Dazu gehören besonders unser Glücksstreben und das Bedürfnis nach Zweisamkeit. Vor 150 Millionen Jahren bei den Säugern im Gehirn als limbisches System gewachsen, regeln sie unsere Gefühlswelt.

  • Zuvor hatte der Mensch nur ein „Reptiliengehirn“, das als ältester, innerste Teil seine grundlegenden Körperfunktionen regelt (Atmung, Herzschlag, Wachsein, Schlaf).
  • Dann entwickelte sich das limbische System mit seinen verschiedenen Hirnstrukturen.
  • Erst viel später entstand dann als oberste Schicht der Neocortex als Sitz unseres Denkens. Vor etwa 500.000 Jahren erreichte er seine heutige Größe und bildete den Hintergrund seiner Einzigartigkeit.
  • Die ältesten Gefühle des Menschen sind Hunger, Durst, Schmerz, Wärme und Kälte.
    Ihnen folgt Angst und Zorn.
    Danach bei den höheren Säugetieren die sozialen Gefühle, die das Zusammenleben in der Gruppe sicherten, u.a. Liebe, Freundschaft, Sehnsucht, Trauer, aber auch Fremdenfeindlichkeit.

Kennzeichnend für den Menschen ist (wie bei fast allen höheren Tieren), dass er in hierarchischen Ordnungen lebt, die von inneren Ungleichheiten bestimmt werden. Das fördert die Entwicklung sozialer Gefühle, von Rangordnungs- und Territorialgefühlen.

  • Als Letztes entwickelte sich dann das Mitleid mit den Schwächeren, Selbstlosigkeit, Dankbarkeit, die „Grundsteine unserer Moral“.
  • Aus dem Einfühlungsvermögen und dem Mitleid entstand dann unser Ich-Bewusstsein.

Heute scheint es so zu sein, dass nur der Mensch seine Handlungen langfristig planen kann und nur er bestimmte Gefühlsbereiche besitzt (wie z.B. das Gefühl der Ergriffenheit).

Unsere Gefühle entstehen im Gehirn. Sie können auf einem Bildschirm sichtbar gemacht werden.

  • Beim Sehen wird der vordere Teil des Gehirns aktiv,
  • beim Hören eine mittlere Region.

Der Sitz, der Ursprung all unserer Gefühle ist das Limbische System. In ihm sind alle Gehirnregionen verschaltet. Über den Hypothalamus und die Hypophyse entstehen die Verbindungen zum Hormon- und dem vegetativen Nervensystem.   

  • Die Sinne (Sehen und Hören) senden über das Seh- und Hörzentrum Signale an den Thalamus. Der vergleicht sie mit den bereits gespeicherten Erfahrungen aus ähnlichen Situationen. Als verarbeitete Sinnesreize gelangen sie an den Mandelkern und Gyrus cinguli im Limbischen System. Diese bewerten sie, und wir erleben sie als Gefühle. Das Nervensystem wird aktiviert und passt den Körper an die vorhandene Situation an. Die Hormonsysteme steuern das weitere Vorgehen des Körpers und des Gehirns.

Alle unsere Gefühle hatten evolutionsmäßig den Sinn das Überleben zu sichern. Die Universalgefühle sind Angst, Ekel, Wut, Traurigkeit und Glück. Aus ihnen leiteten sich alle anderen Gefühle ab.

Man schätzt, dass der Mensch etwa 1000 verschiedene Gemütsmoleküle besitzt (nur ein Bruchteil von ihnen ist bekannt), die Einfluss auf die Nervenzellen des Gehirns nehmen können (ca. 100 Mrd.). Sein allgemeines Wohlbefinden bestimmen Serotonin und Dopamin. Die Endorphine erzeugen Opiate. Mit Hilfe des Oxytocins kann der Mensch seine intensivsten Glücksgefühle erleben (z.B. bei einem Orgasmus).

Wir sind die Marionetten unserer Gefühle:

  • Zunächst sichern sie unser persönliches Überleben.
  • Unsere sozialen Systeme werden über Gefühle der Gegenseitigkeit gesichert. Sie bilden den Hintergrund unserer Gerechtigkeitsgefühle („reziproker Altruismus“, nach Robert L. Trivers). Aus ihr erwachsen Freundschaft, Zuneigung und Abneigung, Dankbarkeit, Mitleid, moralische Entrüstung, Scham, Schuld und Pflichtgefühl. Sie ergeben sich aus einem genetischen Eigennutz.

Einerseits erwarten wir eine dynamische Entwicklung in Richtung Moderne. Doch niemand kann sagen, wie diese „Modere“ eigentlich real am Ende der Entwicklung aussehen soll. Die einzelnen Wissenschaftler sehen die Welt nur aus den Grenzen ihrer Fachbereiche heraus und die Philosophen nur auf dem Hintergrund ihrer Grundorientierungen. Doch die komplexe Welt erfordert eine komplexe Antwort, zu der wir aufgrund unserer menschlichen Grenzen nicht in der Lage sind. Die Evolution nimmt völlig unabhängig von uns weiterhin ihren Lauf, in der die universelle Energie ihre verschiedenen Daseinszustände in verschiedenen Formen von Metamorphosen durchläuft.

Der Mensch ist ein auf soziale Gemeinschaften bezogenes Wesen:           

  • Bereits als Säugling sucht er emotionale Kontakte.
  • Tief in ihm ruhen Ängste vor dem Verlassenwerden und dem Alleinsein.
  • Der Sex hat auch die Funktion, eine emotionale Verbundenheit zu schaffen.
  • Sein Selbstwertgefühl leitet er von seinen sozialen Gegenübern ab.

Seine Zeit des Verliebtseins ist seine Zeit der großen Gefühle. Auf die Liebe folgen Gewohnheiten. Erwartet werden u.a.: Zuwendung, eine zärtliche Vertrautheit, Verständnis, Bestätigung, Schutz und erregender Sex. Heute ist das Familienideal die Liebe, früher war es die alltägliche Pflicht. Wegen der vielen überzogenen Erwartungen an den Partner scheitern heute oft viele Ehen. Das Verliebtsein öffnet den Wunsch nach Symbiose, nach Abhängigkeit. Das Bild vom Partner wird verzerrt wahrgenommen. Bedürfnisse, die man zuvor dem Partner zuliebe zurückgestellt hatte, melden sich wieder. Man fühlt sich eingeengt. Man begibt sich auf die Suche nach einem neuen Glück oder passt sich aus Angst vor einer möglichen künftigen Einsamkeit an. Damit verzichtet man weitgehend auf ein eigenes Profil. Die feministische Umwelt klagt dies als einen Verzicht auf eine Selbstverwirklichung an. Unabhängig von seiner Kultur ist der Mensch ein primär auf Fortpflanzung bedachtes Wesen. Von dort her sind für ihn Gesundheit und Lebenskraft wichtige Kriterien bei seiner Partnerwahl. Ihnen folgen Zuverlässigkeit, Treue und Zärtlichkeit. Als ideale Partner haben sich psychisch herausgestellt für

  • Männer:
    • Junge Frauen (sie sind fortpflanzungsfähig),
    • schmale Taille (sie sind nicht schwanger),
    • volle Brüste, lange Haare.
  • Frauen:
    • Der starke, selbstbewusste Mann,
    • Treue und Zuverlässigkeit,
    • Fähigkeit seine Kinder zu versorgen,
    • breite Schultern.

Relativ wenig gefragt bei Männern gegenüber Frauen sind (um das Jahr 2000) Selbstbewusstsein, Intelligenz und Willensstärke, Tattoos, zerschlissene Kleidung, Tätowierungen, Piercing, Lack- und Gummikleidung.

Relativ wenig gefragt bei Frauen gegenüber Männern sind Ehrgeiz, Bildung und Willensstärke, Tätowierungen, Tattoos und Piercing, vollschlanke Figur und Glatze.

Entgegen feministischen Forderungen bei einer Berufswahl und einer späteren beruflichen Tätigkeit haben soziologische Forschungen gezeigt, dass Männer und Frauen bei einer Partnerwahl diesen nicht folgen. Bei Frauen wird verstärkt darauf geachtet, ob sie sozial, einfühlsam und fürsorglich sind, bei Männern, ob sie stark, durchsetzungsfähig und rational denken, bzw. in entsprechenden Berufen tätig sind, also klassischen Geschlechterrollen folgen. Die jeweiligen Berufe werden der Identität der Beurteilten zugerechnet und deren Zuordnung erfolgt im Unterbewusstsein auch heute noch weitgehend biologischen Vorgaben und keiner diesen entgegengesetzten Ideologie.   

Jede Gesellschaft ist eine in sich relativ geschlossene Gemeinschaft gemeinsamer Normen und Institutionen. Sie ist eine Werteeinheit mit einem mehr oder weniger lockeren gemeinsamen Orientierungshintergrund. Fehlt ein solcher, verfestigen sich die individuellen Orientierungsinhalte hin zu einer die Person völlig beherrschenden Kraft. Unsere westlichen, „fortgeschrittenen“ Gesellschaften sind in Schichten aufgebaut, die spezifische Orientierungs-inhalte haben. Dabei nehmen die von den jeweiligen Oberschichten gepriesenen Freiheitsrechte gegenüber den unteren Schichten zunehmend ab. Ganz unten sind sie nur noch eine Farce, da die betroffenen Menschen nur noch um ihr tägliches physisches Überleben kämpfen müssen. Eine anthropogene Besonderheit ist, dass wir in unseren westlichen Gesellschaften unsere Geschlechterrollen nicht mehr biologisch sondern kulturell auf dem Hintergrund sozialer Setzungen bestimmen. Ein spezifisches Problem in Deutschland ist, dass nach dem letzten Krieg die damaligen Siegermächte versucht haben, alle unsere nationalen Orientierungsinhalte zu löschen, bzw. abzuwerten. So wurde damals versucht, alle patriotischen Bezüge zu tilgen und die deutsche Kultur als Nazikultur, bzw. Nazivorläufer zu diffamieren. In Brüssel setzten kurze Zeit danach die Amerikaner bei der EG-Gründung die englische Sprache als Verkehrssprache durch, obwohl sie in keinem der betroffenen Staaten als Muttersprache gesprochen wurde. Das Deutsche, als die von der Bevölkerung am meisten gesprochene Sprache, wurde außer acht gelassen. Selbst später im Bundestag wurde ein Schutz der deutschen Sprache im Grundgesetzt abgelehnt, obwohl die CDU einen Antrag dafür auf einem Parteitag beschlossen hatte, die AfD ihn dann aber geschickt im Bundestag eingereicht hatte. Selbst die CDU-Abgeordneten haben ihn daraufhin abgelehnt. Die anderen Staaten haben weiterhin ihre jeweilige Leitkultur, die sie zusammenhält, die dortigen Gesellschaften jeweils integriert. So ist es in Frankreich die republikanische Idee oder in den USA ihre dortige Verfassung. In Deutschland ist ein Patriotismus verpönt. Er wird als eine „rechte“ Gesinnung diffamiert. Das es ihn aber unter einer Decke noch weiterhin gibt, hat der sogenannte Fussballsommer 2006 während den damaligen Meisterschaften gezeigt, als überall im Lande deutsche Fahnen gehisst wurden. Besonders die „Grünen“ sind hier gegen jede Form von Patriotismus. Sie wollen global ausgerichtet sein. Sie wollen keine deutsche Außenpolitik vertreten, sondern eine feministische. In Deutschland und vielen anderen Staaten ist heute der Kapitalismus, die Wirtschaft die integrierende Kraft. Ihr Problem ist, dass sie auf ein ständiges Wirtschaftswachstum hin ausgerichtet ist und damit auf einen ständigen Energie- und Ressourcenverbrauch bei einer wachsenden Weltbevölkerung, – ein Wirtschaftswachstum, das zugleich zunehmend die irdischen Existenzbedingungen für die Menschen zerstört. Ihr weiteres Problem ist, dass sie indirekt jede demokratische Ausrichtung aushöhlt und letztlich nur den Statusinteressen einer kleinen Oberschicht folgt. In Deutschland macht dies der Schwindel bei der SUV-Förderung deutlich. Um den CO2-Ausstoss der Autos zu reduzieren, will man E-Autos fördern. Da die Industrie weiterhin ihre SUVs verkaufen will, entwickelte sie Hybridfahrzeuge mit einem E-Kennzeichen, Autos, die sowohl einen Verbrenner- wie auch einen E-Motor haben. In der Praxis soll dabei der Elektroantrieb kaum genutzt werden (bei gebrauchen Wagen z.B. das Ladekabel noch originalverpackt im Kofferraum liegen (Frankfurter Allgemeine)). Als Dienstfahrzeuge werden diese Autos trotzdem besonders subventioniert (nur 0.5 % des Bruttopreises versteuert). Während der Verkauf der echten E-Autos zurückgeht, stieg der der Hybrid-Fahrzeuge um fast 20 %. Ihr E-Schild ist ein bewusster Schwindel. Laut ADAC kann ihr CO2-Ausstoss sogar oft noch höher sein als der normaler Diesel- oder Benzinwagen. Mit diesem Schwindel wollten die deutschen Politiker entgegen ihren umweltbewussten Reden die deutsche Autoindustrie fördern.

Jede Gesellschaft ist hierarchisch aufgebaut, egal wie sie dazu steht. In den jeweiligen Hierarchien repräsentieren dann deren einzelne Mitglieder ihren Status, den sie mit Hilfe ihrer Macht, ihres Besitzes oder ihrer Bildung dann nach außen zeigen. Ihre Statussymbole heben sie aus der Masse hervor. Dies können sein: 

  • Ein bewusster Lebensstil (in der Mittelschicht sind ein richtiger Geschmack, ein richtiges Wissen, eine richtige Kultur wichtig),
  • Verhaltensweisen und Körperhaltungen,
  • Reisen (Platz 4 unter den modernen Statussymbolen),
  • Formen des Angebens,
  • zunehmend „Werte“ (indem alles moralisiert werden kann: u.a. Gute-Gewissen-Stempel, fair produzierte Kleidung).

In jeder Gruppe können es andere sein (Je weiter oben, desto feiner. Kenner erkennen sie sofort). Evtl. gehört auch ein „Nicht-zur-Schau-stellen“ dazu (ein Understatement als eine Form der Selbstdarstellung).       

Unser Leben wird weitgehend bewusst oder unbewusst von unserem Statusstreben bestimmt, von unserer Stellung innerhalb einer sozialen Hierarchie. Es bestimmt nicht nur unser Verhalten, unsere Entscheidungen, sondern auch unser Selbstwertgefühl. Früher wurde man in eine gesellschaftliche Gruppe hineingeboren und damit in eine bereits vorhandene Hierarchie hineingestellt. Mit dem Aufkommen des Kapitalismus änderte sich das. Man begann an einen sozialen Aufstieg durch Befähigungen zu glauben. Damit wurde jeder zu einem gewissen Grad für seine soziale Stellung selber verantwortlich. Das Geld wurde zum entscheidenden Statuskriterium. In einer Demokratie versucht die soziale Spitze im Rahmen ihrer Gleichheitsideologie ihren hervorgehobenen Status möglichst aus dem Blickfeld zu nehmen.

Da wir zurzeit keinen sozialen Orientierungsinhalt für eine Beschränkung unseres Statusbegehrens mehr besitzen, haben wir auch kein Maß mehr für eine Mitte. Unsere Eliten werden von ihrem archaischen Wunsch nach Ruhm, Einfluss, Macht, Prestige und Profitbegehren trotzdem beherrscht. Die Gedanken der Freiheit und der Demokratie sind so, wie sie gelebt werden, oft blanke Heuchelei und müssen neu durchdacht werden. Die gelebte Zivilisation ermöglicht weitgehend eine rechtlich mögliche Elitenkriminalität, die sich allem entgegenstellt, was sie zu behindern versucht (siehe die Cum-Kriminalität in Deutschland). Sie erzwingt auch eine organisierte Maßlosigkeit, indem sie pausenlos fabriziert und zum Konsum verleitet.  Dabei zerstört sie für die menschlichen Massen alle Lebensgrundlagen. Die grenzenlose Nutzung der Freiheiten führt damit zwangsläufig zu Unfreiheiten und zu einer grenzenlosen, weltweiten Zerstörung der globalen Lebensgrundlagen unter nationalstaatlicher Souveränität und Hegemonialbestrebungen und zu einer Zerstörung einer denkbaren demokratischen Staatengemeinschaft.

Das Problem von Menschen mit einem hohen Status ist der Umstand, dass sie im Rahmen ihrer von der Umwelt gepflegten Selbstwertgefühle den Blick für ihren realen menschlichen Stellenwert verlieren. Umgeben von Leuten, die von ihrer Stellung parasitieren, für sich daraus Vorteile ableiten können und Personen, die zu ihnen aufblicken, vielleicht weil sie für ihre Goldmedaille im Sport 1/10tel Sekunde schneller als ihre Konkurrenten waren, oder weil sie statusmäßig ein Netzwerk in eine bestimmte Position gebracht hat, erwarten sie, dass auch die restliche Welt ihnen eine vergleichbare Verehrung entgegenbringt. Das ist dann aber im privaten Bereich im Alltag nur schwer möglich. Eine als Prinzessin von der Umwelt verehrte Person kann eine solche nicht auch in einem arbeitsteiligen Alltag einer Familie sein. Gerade in unserer individualisierten Gesellschaft dürften dann Scheidungen die Regel sein.

Eine moderne Gesellschaft ist ein komplexes System, das sich linearen Eingriffen weitgehend entzieht. Unsere modernen Protestbewegungen machen auf dieses Problem aufmerksam. Sie zeigen u.a., dass sich die Gesellschaft zu wenig um sie kümmert. Oft ist ihr Problem, dass ihre Anliegen zwar anerkannt, ihre Protestweisen aber abgelehnt werden. Ihre kollektiven Herausforderungen lösen dann keine gemeinsamen Aktivitäten aus.         

Von seiner Evolution, seiner Geburt her ist der Mensch ein Naturwesen, gebunden an seinen Körper, seinen Stoffwechsel, seine jeweilige genetische Einzigartigkeit. Seine Besonderheit gegenüber allen anderen biologischen Wesen ist sein partieller Instinktverlust, der ihn dazu gebracht hat, für seine existentielle Orientierung sich Orientierungshilfen zu schaffen. Dabei ist er an seine spezifischen menschlichen Grenzen gebunden, seine Fähigkeit. aus kausalen Beobachtungen Schlüsse zu ziehen und daraus für sich rational Reaktionsmöglichkeiten zu entwickeln und diese dann bei Erfolg an seinen Nachwuchs weiterzugeben. Im Laufe der Zeit wuchsen diese Erfahrungen, dieses Wissen zu einem umfassenden, eigenständigen, immer noch naturnahen Orientierungsbesitz. Da der Mensch aber weiterhin als biologischer Säuger fortpflanzungsbedingt statusorientiert war, wurde dieser Besitz auch zunehmend zu einem orientierungsbezogenen, statusschaffenden Machtfaktor, der neben seinen Naturbezügen auch mit statusuntermauernden, oft fantasiereichen, nicht verstandenen Naturphänomenen erklärenden Setzungen so lange bereichert wurde, bis diese eine eigene Welt darstellten. Es entstanden zunächst Religionen, später Philosophien, aus denen dann die heutigen Wissenschaften hervorgegangen sind. In gemeinschaftsunterstützende Rituale eingebaut, entstanden aus ihrer Summe unsere Kulturen, in arbeitserleichternden, funktionalen Prozessen und existenzsichernden Maßnahmen eingebaut, unsere Zivilisationen. Heute bilden beide die entscheidenden Prägungshintergründe für menschliche Neugeborene und machen aus dem geborenen Naturmenschen einem Kulturmenschen, teilweise gezielt einer bestimmten Ideologie folgend (z.B. der feministischen Ideologie des westlichen Frauenbildes). Das Problem dabei ist, dass unsere Kulturwelt für unsere Naturvorgaben eine völlig fremde Reizwelt darstellt und damit deren natürlichen Stoffwechsel aus ihren Gleichgewichten bringt. Eine Folge davon sind die psychischen Störungen und physischen Organerkrankungen, die wir aber mit einem zunehmenden Umbau zu einem Avatar wahrscheinlich als biologisch-technisches Wesen in den Griff bekommen werden. Nur sind wir dann nicht mehr die historischen Menschen, sondern nur noch die evolutionären, energetischen Übergangs-gestalten zwischen der biologischen und der digitalen Evolution.

Unsere Gesellschaft ist eine Gesellschaft auf der Suche, auf der Suche nach einem Ziel, welches sie zwar nicht kennt, dessen Fehlen sie aber unbewusst empfindet. Dabei ist sie wegen verschiedener Interessen, Wertvorstellungen und Orientierungen zutiefst gespalten. In ihr leben u.a. Fundamentalisten der verschiedenen Ausrichtungen, global Orientierte, Liberale (linke, bürgerliche, konservative), Autoritäre. Sie alle vertreten verschiedene Ansichten, die mit Hilfe ihrer Netzwerke Einfluss zu gewinnen versuchen. Sie werden von ihren Gegnern jeweils angegriffen und verfestigen dadurch ihre Meinungen nur noch mehr. Ein Diskurs zwischen ihnen wird dadurch immer schwieriger, evtl. sogar unmöglich. Dabei benötigt jede Gesellschaft einen Grundstock gemeinsamer Ausrichtungen, verbindende Elemente, eine mehr oder weniger umfangreiche „Leitkultur“, die auch von anderen Gruppen, die im Rahmen ihrer Interessen eine offene, multikulturelle Gesellschaft fordern, mitgetragen werden. Kennzeichnend für unsere Gesellschaft sind ihre Polarisierungen, Identitätskrisen und Zukunftsängste. Verstärkt werden sie durch eine ideologische Cancel Culture und durch die mit dem Klimawandel in Verbindung stehenden Probleme, die Migration, die Kriege in der Ukraine und Israel und dem inszenierten Rechtsruck. Helfen würden vielleicht verbindende Elemente wie gemeinsame Rituale, die auch eine gemeinsame emotionale Sicherheit schaffen könnten.

Einst wurden die Gesellschaften durch gemeinsame Orientierungsprogramme zusammengehalten (Religionen, Ideologien), heute ist es weitgehend nur noch  das schriftlich niedergelegte Recht. Unsere westliche Gesellschaft baut weitgehend auf den Individualismus, die östlichen betonen dagegen verstärkt die menschlichen Gemeinschaften. Von seiner Biologie her ist der Mensch primär ein Sozialwesen. Die Individualisten beziehen in der Regel ihre Orientierungsinhalte von sie umgebenden Bezugsgruppen, in die sie hineingeboren wurden und von denen sie weitgehend geprägt worden sind. Von dort erhalten sie meistens auch ihre sozialen Rollen und werden bei Verletzung der Erwartungen auch sanktioniert. Psychisch bestimmen die Bezugsgruppen auch weitgehend die Selbstwertgefühle. Zu einer Gesellschaft gehören auch die psychisch Gestörten, die Narzissten, Aufmerksamkeits-gestörten (ADHS), die verschiedenen Queer-Gruppen, die Tätowierten und Gepiercten.

Einst glaubte die Philosophie, allen voran Kant, dass wir all unsere Werte rational ableiten können, da der Mensch ein Vernunftwesen sei. Sie sah nicht, dass er als instinktives Mängelwesen dies nur innerhalb seiner genetischen und kulturellen Vorgaben konnte. Alle seine Werte, und sind sie noch so empathisch und edel gedacht, basieren auf je nach vorgegebener Kultur austauschbaren ideologischen Setzungen, die der Mensch aus seinen Orientierungsideologien ableitet. Lange Zeit bestimmend waren es die religiösen, dann oft nationalistische und heute wissenschaftliche Denkansätze, die in ihrem Hintergrund seinen kausalen Vorgehensweisen und seinen anthropogenen Logiksystemen entsprachen. In einer starken Rückbesinnung auf die Antike stellte in der Renaissance der Humanismus als Gegenbewegung zur geistigen Bevormundung durch die Kirche das menschliche Bewusstsein in das Zentrum seines Denkens. Er wurde damit zum Vorläufer der kirchlichen Reformation, des Liberalismus, der Aufklärung und letztlich auch unseres Individualismus.

Die moderne Menschheit begann mit ihrer Sesshaftwerdung vor etwa 5.000 – 10.000 Jahren. Vorher lebte sie weitgehend in nomadisierenden Kleingruppen zusammen, die sich jeweils ihrem bestehenden Umfeld anpassten. Man war auf eine gegenseitige Kooperation angewiesen, half sich und war in gemeinsamer Geselligkeit vereint. Man saß um das gemeinsame Lagerfeuere und war primär Teil einer sozialen Gemeinschaft. Heute ist dies insofern anders, dass im Grunde genommen jeder zunehmend alleine ist, obwohl er existentiell biologisch immer noch auf seine archaische Gemeinschaft hin programmiert ist. Eine Folge davon ist, dass er einerseits für sein Selbstverständnis seine Individualität betont, andererseits aber an seinem Alleinsein leidet, sich einsam fühlt, stoffwechselmäßig aus seinen inneren Gleichgewichten gerät und zunächst psychisch und dann aber auch physisch krank wird.

Im Liberalismus (im 16. – 18. Jh. in Europa) wurde nicht nur das metaphysisch-theologische Weltbild überwunden, sondern wurden auch die Orientierungsinhalte für den Weg von der feudalen zur bürgerlichen Monarchie gelegt. John Locke (16323 – 1704) forderte:

  • die Freiheit der Menschen aus ungerechtfertigten Bindungen,
  • die Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz,
  • eine konstitutionelle Regierung als Ausdruck der Volkssouveränität,
  • eine Teilung der Gewalten.

Kant wurde dann zum Überwinder der Aufklärung, indem er in seinen Schriften die Grenzen der menschlichen Vernunft aufzeigte.

Unser soziales Zusammenleben verändert sich zurzeit radikal. Während früher die Kernfamilie in ihrem Mittelpunkt stand mit dem Mann als Ernährer und der Frau als Nachwuchsbetreuerin, veränderte sie sich seit den 1970iger Jahren in Europa und in den USA zunehmend. Früher gehörten zu ihr eine Vielzahl an Tanten und Onkeln, Cousinen und Cousins, Nichten und Neffen. Schnell addierte sich ihre Summe auf eine höhere Zahl (früher oft auf 40 und mehr Personen). Allerdings war die Lebenserwartung der Menschen sehr viel geringer, 1871 z.B. in Deutschland bei Männern durchschnittlich nur 35,6 Jahre und bei Frauen 38,5 Jahre. Heute werden die Menschen zwar viel älter, aber die Familien sind sehr viel kleiner geworden. Auch kümmern sich zunehmend beide Elternteile um ihren Nachwuchs. Viele Familienmitglieder kennen sich kaum noch. Auch fallen die Großeltern immer öfter als Enkelbetreuer aus und sind zunehmend selber auf Hilfe angewiesen. Die Altenbetreuung wird in Zukunft eines der großen Versorgungsprobleme in unserer Gesellschaft werden. In Japan werden dafür bereits Roboter eingesetzt. Anstelle der Familie kommt deshalb den Freundschaften und Netzwerken eine wachsende Bedeutung zu. Doch konzentrieren sich diese weitgehend nur auf gemeinsame Freizeitaktivitäten und beschränkte gegenseitige Hilfen. Auch ist deren Zahl beschränkt (1 -7 Personen). Dabei haben Frauen oft mehrere Freundinnen und Männer vielleicht nur einen Freund. Weiterhin gewinnen gleichgeschlechtliche Lebensweisen und Regenbogenfamilien sozial eine immer größere Bedeutung. Eine Partnerschaft heißt heute zunehmend nur noch, für einen anderen Menschen da zu sein.

Zurzeit sind wir dabei, unsere historischen anthropogenen Gesellschaftsstrukturen abzuschaffen. Statt des biologischen Geschlechts setzen wir das Soziale (das Gendern). Im historischen Verständnis ist eine Familie eine biologische Fortpflanzungsgemeinschaft. Alle anderen Interpretationen sind kulturelle Vorstellungen auf dem Hintergrund irgend einer Ideologie oder überlagerter psychischer Wunschvorstellungen. Unsere früheren Gesellschaften waren gekennzeichnet durch den Stellenwert der Familie in ihnen. Jetzt werden zunehmend dem Staat deren soziale Funktionen überlassen, abstrakten Institutionen, die genau genommen zu den einzelnen Individuen keinen emotionalen Kontakt mehr haben. Eine Folge davon ist einerseits deren Vereinzelung und andererseits ein gewaltiger Machtzuwachs der sozialen Kräfte, die sich zunehmend zu eigenständigen, unkontrollierbaren Machtgrößen emanzipieren, wie z.B. die heute bereits unkontrollierbar gewordene globale Finanzwelt. Wir steuern ideell einerseits auf eine globale Massengesellschaft zu, die andererseits aus lauter anspruchsvollen, hedonistischen Individuen besteht und damit letztlich, da ohne eine gemeinsame Orientierung, real unregierbar ist und so weitgehend von Interessengruppen geführt wird, deren Mitglieder immer noch archaisch statusorientiert sind und so der KI als einzige tatsächlich rational agierende Instanz die Lenkung der Zustände auf unserem Planeten überlassen.

Viele heutige Orientierungspositionen betonen die Formen der Selbstverwirklichung des Individuums und damit zugleich die Auflösung historischer Gemeinschaften von der Familie bis zum Staat. In diesen relativ herrschaftsverunsicherten Raum und dem Vorhandensein von Millionen Wissenschaftlern und Technikern stößt die Entwicklung neuer, zur Selbstop-timierung befähigenden Technologien. Damit stehen sich in Zukunft eine ausufernde, in ihrer Gänze kaum beherrschbare Menschheit einer funktionsorientierten Energieinstanz gegenüber, der KI.

Für den von uns gelebten Individualismus bezahlen wir mit der Zerstörung unserer Lebens-grundlagen. Emanzipiert verwirklichen wir uns, indem wir allein über unser Tun entscheiden. Der heutige extrovertierte Ballermannmensch bestimmt weitgehend das Geschehen. Das unaufhörliche, nie endende Feiern soll das Glück bringen und ist das Ideal. Zum spezifisch Menschlichen gehört allerdings, dass bei den Betroffenen dabei immer wieder die Sinnfrage auftauchen kann. Letztlich sind es die Individualismus-, Identitäts- und Cancel culture-Anhänger, die trotz aller Beschwörungen des Klima- und Artenschutzes über die Auflösung der menschlichen Gemeinschaften und über ihre persönliche Bedürfnispflege diese verhindern. Man kann nicht beides haben, die Rettung der Bewohnbarkeit der Erde und die Sicherung überzogener individueller Ansprüche. Beides wäre, wenn überhaupt, nur über menschliche Gemeinschaften möglich. Das Ziel für eine künftige Menschheit kann deshalb nur deren Zusammenführung zu einer Kraft sein.

Ein Individuum hat zwei Daseinsbezüge, einen zu seiner Innenwelt, bestehend aus seinen genetischen Vorgaben und seinen Prägungen, seinen Bedürfnissen, Ängsten, Stoffwechsel, gelebt in Verbindung mit seinen Setzungen und seiner Kultur und seinen Bezügen zu seiner Außenwelt, zu den Realien, zu Wissenschaft, Technik und Zivilisation. Im Individuum entsteht aus diesen beiden Bereichen heraus ein Spannungsverhältnis, das es in wichtigen Augenblicken die Sinnfrage stellen lässt.

Die Identitätskultur ist eine Kultur der Angst, die zu Lasten der sozialen Gemeinschaften führt. Man hat Angst vor einer kulturellen Vereinnahmung wie auch vor einer kulturellen Beeinflussung. Andere Kulturen werden tabuisiert. Jede kulturelle Aneignung durch fremde Gruppen wird abgelehnt, weil man Angst hat, seine Identität zu verlieren. Ein kultureller Austausch und eine kulturelle Bereicherung können so nicht stattfinden. Dominante Identitätsgruppen können sich so ihre Macht sichern. Geschichtlich ist vielleicht der ähnliche, christliche Streit zwischen Petrus und Paulus einst der einflussreichste gewesen. Petrus wollte die Christusverehrung weiterhin auf seine jüdische Sekte beschränken, während der griechisch gebildete Paulus sie für die gesamte Menschheit öffnete. Heute wird die menschliche Identitätsfrage zwar weiterhin von religiösen Minderheiten gepflegt (z.B. in dem Verbot, sich in einen Andersgläubigen zu verlieben), aber auch von ethnischen, nationalen, ökonomischen und politischen Gruppen. Sie ist auch der Hintergrund unseres aktuellen Antisemitismus.

Ein Begleiter unseres Individualismus ist unsere kompensierte oder erlebte Einsamkeit. Unsere Psychiater leben davon. Letztlich stellen diese nur Personen dar, vor denen andere über sich reden können. Ihre Hilfe besteht dann darin, dass die Redenden über ihr Reden für sich eine neue Daseinsspur finden. Einzelne Menschen, die nicht die Kraft haben, einen solchen aufzusuchen, kompensieren sich damit, dass sie evtl. allein stundenlang auf ihr Handy einreden, obwohl es dafür keinen realen Zuhörer gibt oder die jeden Tag einsam mit ihrem Hund ihre Runden drehen. Eine andere Form der Einsamkeit ist das Auffallen wollen um jeden Preis: z.B. durch einen Nasenring, eine extrem auffallende Kleidung oder eine auffallenden Partner.

Man kann auch innerhalb von Menschenmassen einsam sein. Man benötigt Zugehörigkeits-bereiche. Institutionen, die früher die Menschen zusammenbrachten, verlieren seit Jahrzehnten an Bedeutung: u.a. Kirchen, Gewerkschaften, Vereine und auch Parteien. Die Zeit, die wir früher mit anderen verbracht haben, verbringen wir heute online, was die Menschen zunehmend isoliert. Als möglicher Ersatz wird bereits die KI angedacht, eine morgendliche Begrüßung durch einen Roboter. Ihre neue Generation ist bereits in der Lage, einen zu mehr Bewegungen zu veranlassen, mit ihr zu singen, zu reden, zu lachen und von ihr das Gefühl vermittelt zu bekommen, nicht alleine zu sein. Avatare können einem demnächst mit ihrer Aufmerksamkeit beglücken und mit Hilfe der KI sich auf die Bedürfnisse eines jeden Menschen einstellen. In manchen Altersheimen ist dies bereits Realität. Doch wollen wir das wirklich, soll das in Zukunft wirklich unser Leben sein? Soll in Zukunft unsere persönliche Natur nicht mehr in Rücksprache von unserer biologischen Natur bestimmt werden, sondern von einer programmierten digitalen Welt? Für einige Wenige verspricht es das große Geschäft zu werden, für die große Mehrheit der Menschen dürfte es aber eine Form des Abschieds von ihrer Art darstellen. Alle unsere Überlegungen zur Demokratie und zum Sinn unseres Daseins beziehen sich bereits heute zunehmend auf eine gestrige Welt.

Als biologisches, auf Fortpflanzung hin angelegtes Wesen gehört zum Menschen seine Sexualität. Es gibt in unserer Gesellschaft kaum etwas, was mehr pervertiert ist als sie. Das zunehmende Labyrinth der alternativen Lebensformen, die Spaltung der Gesellschaft durch den Feminismus tragen dazu entscheidend bei. Dabei gibt es kaum etwas, was den Menschen mehr beschäftigt. Da die Thematik weitgehend tabuisiert ist, bzw. in die Schmutzecke gedrängt wurde, spricht nur kaum jemand ehrlich darüber. Andererseits wird die Liebe als das höchste Glück idealisiert und zum wichtigsten Lebensziel stilisiert. Als romantischer Traum ist sie evolutionär angelegt, als eine Geschlechterbeziehung, die konservativ gedacht, auf Vertrauen und Verlässlichkeit baut. Die früheren Selbstverständlichkeiten einer Partnerbeziehung sind weitgehend verloren gegangen. Selbst in einer gemeinsamen Wohnung wird heute auf eine gewisse Distanz geachtet, um sich als Person besser verwirklichen zu können. Eine romantische Ehe gilt als unrealistisch, unzeitgemäß, unfeministisch. Scheitert eine Beziehung, helfen Dating-Apps sofort zu neuen Partnerschaften, um seinen Hormoncocktail aus Dopamin, Noradrenalin, Oxytocin, Kortisol und Beta-Endorphin aufrecht zu erhalten. Bereits jedes zweite Paar lernt sich heute so kennen. Der Datende wird so schnell zu einem reinen Beziehungskonsumenten. Dabei ist die Sexualität zu einer reinen Perversion verkommen. Stattfinden darf sie nur bei einem Konsens. Eine Vergewaltigung ist bereits ein Geschehen lassen aus Angst vor beruflichen Nachteilen oder zwischenmenschlichen Folgen. Sie ist oft schwer zu trennen von der Erwartung beruflicher Vorteile, dem Wunsch begehrt zu werden oder hedonistischen Wünschen. Es gibt heute eine unglaubliche Fülle möglicher Sexualbeziehungen, nicht nur durch die verschiedenen Partnerschaftsformen, gelegentliche Verabredungen zum Sex (Booty Call), Gelegenheitssex (Casual Sex), einvernehmliche Dauerbeziehungen (polyamore Beziehungen), Beziehungsnetzwerke, sexuelle Beziehungen ausgerichtet auf spezielle Bedürfnisse, auf Dating-Apps ausgerichtete offene Beziehungen und viele andere mehr. In irgendeiner Form werden sie von fast allen gelebt. Man ist erstaunt, wenn man Callboys nach ihren Kundinnen fragt und sie einem berichten, dass es sich bei diesen weitgehend um selbstbewusste Frauen handelt, in der Regel Akademikerinnen.

Ob wir es wollen oder nicht wollen, ein menschliches Leben wird auch von unserer biologischen Uhr bestimmt. Dazu gehört auch dessen Geschlecht. Zwar wird das der Frauen z.B. aktuell ideologisch zunehmend als ein soziales Ergebnis gesehen, doch bleiben sie trotzdem von ihrer Biologie abhängig. Das gilt für viele ihrer Krankheiten, die Spanne ihres Gebärenkönnens, ihren Hormonhaushalt und damit für viele Aspekte ihres Fühlens und Denkens. Ideologisch orientiert, wollen wir das nicht wahr haben, doch wird  sich unsere Biologie, solange wir sie nicht operativ oder chemisch umzuformen versuchen, wenig davon beeindrucken lassen. Das Problem dabei ist nur, dass wir mit unserer zunehmenden Entfernung von der Natur, relativ unkontrollierbar die Türen für eine neue Seinsform öffnen. Obwohl wir sehen, was auf uns zukommt, blenden wir ideologisch Seinsperspektiven aus und müssen akzeptieren, was uns der in sich konkurrierende Fortschritt bringt.

Der Mensch ist von seiner Natur her ein Sozial- und kein Individualwesen. Durch unsere Kultur, besonders unsere westliche, verlor er zunehmend seine sozialen Einbindungen. In Deutschland bezeichnen sich ca. 25 % der Menschen als einsam (neuere Forschungs-ergebnisse sagen 30 %). Über die Hälfte von ihnen leidet an Depressionen. Sozial eigentlich aus einer Sippenzugehörigkeit hervorgegangen mit einem stark auf die Fortpflanzung ausgerichteten Zug, ist es heute weitgehend die Überbetonung der eigenen Person, die ihn dazu gebracht hat. Psychisch übrig geblieben sind seine restinstinktiven Statusansprüche, seine Selbstwertbezüge, die auf ein menschliches Gegenüber angewiesen sind, seine psychische und soziale Anpassungsfähigkeit. In unserer westlichen Welt ist die Erziehung des einzelnen Menschen hauptsächlich auf dessen Eigenständigkeit und Selbstbestimmung ausgerichtet. Zu kurz kommen dabei, auf sein Empathievermögen aufbauend, psychisch seine Fähigkeiten zu Toleranz, zum Einfühlen und  zur Kompromissbereitschaft und sozial Inhalte , die heute weitgehend dem Modebegriff der Resilienz zugeordnet werden und helfen sollen, schwierige Lebenssituationen zu überstehen wie Beziehungskompetenzen, Zielorientierungen und Verantwortungen, allgemein verstanden als ein Steuerungsvermögen unserer kulturbeeinflussten Emotionen und Impulse und unseres Vermögen uns auf die vielen unserer Biologie fremden, im Hintergrund zivilisationsbezogenen und kulturbedingten Probleme und Situationsänderungen angemessen reagieren zu können.

Die zunehmende Fragmentierung unserer Gesellschaft ist demokratiebedrohend. Beigetragen haben dazu,

  • die begriffliche Trennung der Gerechtigkeit von der Demokratie,
  • die Gleichheit von dem Mehrheitsrecht,
  • der religiöse Fundamentalismus,
  • die Ohnmacht gegenüber der finanzpolitischen Globalisierung.

Die Spaltung unserer Gesellschaft fängt bereits in den Schulen an, indem man die eigenen Kinder auf Schulen ohne einen hohen Ausländeranteil schickt, evtl. sogar auf private Konfessionsschulen, obwohl man selber keiner Kirche mehr angehört. Gleichzeitig schafft der Glaube in seinen Gemeinschaften Statusebenen, auf die viele Menschen instinktiv hinzusteuern versuchen.

Die soziale Stellung bestimmt weitgehend die politische Orientierung. Ihren Ausdruck erhält sie über den Konsum und den Geschmack ihrer Mitglieder. Es gibt kaum noch einen sozialen Zusammenhalt. Die finanziellen Einkommensunterschiede zwischen den Menschen sind gewaltig. Fast 20 % von ihnen gelten in Deutschland als arm (im reichen und teuren München 17 %). Früher wurden die Kinder im sozialen Umfeld ihrer Familien groß, heute übernimmt deren Erziehung weitgehend der Staat mit seinen Institutionen (in der Krippe bereits vom ersten Lebensjahr an). Andererseits hat es noch nie so viele Millionäre und Milliardäre im Land gegeben wie heute. Einerseits nimmt die Zahl der Tafeln in unserem reichen Land zu, in denen hungernde Menschen sich einmal satt essen können, andererseits auch die statusbetonenden Protzautos auf unseren Straßen. Politisch ist wahrscheinlich eine öffentliche Publikation aller Bruttoeinkommen über 10.000 Euro im Monat in Deutschland kaum durchsetzbar, obwohl sie den Steuerbehörden bekannt sein müsste und in der Bevölkerung auch ein gewisses gesellschaftliches Gefühl    für die Auswüchse in ihren Reihen schaffen könnte. Geld ist zum wichtigsten Statusträger in unserer Gesellschaft geworden. Doch man besitzt es und spricht nicht darüber, besonders nicht über den Weg, wie man es erhalten hat (z.B. in Bayern bei 40 Mio. Euro Provisionsgeldern für die Vermittlung des Kaufs von Corona-Masken, weil man persönliche Beziehungen zu staatlichen Institutionen hatte).

Früher war es die soziale Stellung der Familie gewesen, die für den statusmäßigen Aufstieg eines Menschen entscheidend war. Heute sind es weitgehend seine Netzwerke. In den Familien ist zunehmend das Gemeinschaftsgefühl füreinander verloren gegangen. Damit fehlen ihrem Nachwuchs echte soziale Erfahrungsräume, und seine soziale Bindungsfähigkeit verkümmert. In der traditionellen Familie unternahm man noch etwas gemeinsam. Heute werden ihre Tagesabläufe zunehmend von den jeweiligen Computerprogrammen strukturiert. Selbst im Urlaub werden die iPads und Laptops mitgenommen. Man verbringt mehr Zeit mit Maschinen als miteinander. Zwischen den einzelnen Mitgliedern besteht oft eine große Sprachlosigkeit. Früher stritt man sich gelegentlich, heute trennt man sich bei Differenzen.

Oft sind Freunde, Partner inzwischen wichtiger geworden als Familienmitglieder. Man kann sie frei wählen, ist weniger an sie gebunden und kann mit ihrer Hilfe viel vernetzter sein. Bereits Aristoteles kannte drei Arten der Freundschaft (in der Nikomachischen Ethik): Die Freundschaft um des Vergnügens, des Nutzens und um des Herzens willen. Ihr wichtigstes Kriterium sei die Zweckfreiheit. Der Charakter der Freundschaft zwischen Frauen und zwischen Männern ist verschieden. Die Freundschaften der Frauen sind eher emotional ausgerichtet. Sie treffen sich, um sich auszutauschen. Bei Männern dienen sie oft nur dazu, um gemeinsam etwas zu erleben. Männer sind eher praxisnah, oft nur gute Bekannte, die man auch privat trifft und die einen zu wenig verpflichten. Nicht selten haben sie keinen einzigen Freund. Freunde sind Menschen, denen man ein Wohlergehen wünscht, die oft die gleichen Orientierungen haben. Dass sie zerbrechen, ist selten (in Deutschland dauern sie im Schnitt 30 Jahre, länger als viele Ehen). Eher werden sie dünner und lösen sich auf. Auslöser können dann Krisen und eine fehlende Unterstützung bei einem inneren Bedarf sein (deren Hintergründe aber oft nicht erkannt werden).

Unsere Gesellschaft strukturiert sich über die Arbeit. Für den Einzelnen zieht sie sich wie ein roter Faden durch sein Leben. Sie bestimmt weitgehend seine Identität, seinen Status, sein Selbstwertgefühl, seinen sozialen Wert und vermittelt ihm seinen Lebenssinn. Unser heutiges Problem ist, dass sie sich in den nächsten Jahren radikal ändern wird. Nicht nur, weil z.B. in Deutschland in den nächsten 15 Jahren 13 Millionen Menschen in Rente gehen werden, sondern auch, weil sie sich durch die Technik, besonders die KI radikal verändern wird. Wir wissen nicht, was unsere Gesellschaft dann noch zusammenhält. Bisher bestimmte sie weitgehend unser Verständnis für ein erfülltes Leben. Der einzelne leitete weitgehend aus ihr seinen Wert für die Gesellschaft ab. In Zukunft wird er dies nur noch über Setzungen machen können, die er sich über seine verinnerlichten Prägungen, Ideologien selber zuspricht. In unserer westlichen Kultur werden es seine persönlichen Menschenrechte sein, aus denen er dann seine hedonistischen Rechte auf seine persönliche Bedürfnisbefriedigung, seine Selbstverwirklichungsstrategien, seinen Konsum ableitet. Sein Leben wird nicht mehr vorrangig von seiner Arbeit, sondern von seiner Freizeit bestimmt, seine sozialen Kontakte weitgehend nur noch aufs Flechten sozialer Netzwerke beschränkt sein.

Sozial wird unsere Gesellschaft in Deutschland von ihrer Mittelschicht bestimmt. 73 % der Bevölkerung zählen sich selbst zu ihr (laut Bertelsmann-Stiftung nur 64 %, andere Studien nennen 55 – 60 %). Sie bestimmt weitgehend die Politik im Land. Der Staat wird von ihr weitgehend als ihre Sicherungsinstitution angesehen. Grob eingeteilt (Berthold Vogel) haben wir in Deutschland die

  • Unterschicht, die sich täglich bemüht, über den Tag zu kommen,
  • Mittelschicht, die brav und unauffällig ist, aber um ihre Zukunft besorgt ist,
  • Oberschicht, die ihr Vermögen verwaltet (oft ererbt und es gerne in Steueroasen bringt).

Jede dieser Gruppen hat ihre spezifischen Statussymbole. Laut Reckwitz war die alte Mittelklasse durch ihr Leben in geordneten Verhältnissen auf dem Lande oder in Klein- und Mittelstädten gekennzeichnet. Ihren Ethos bestimmte die Arbeit, die Familie, die Religion. Die neue Mittelschicht wird von ihrem Wunsch nach Selbstentfaltung bestimmt. Ihre Werte sind „Flexibilität, Mobilität, Toleranz, Diversität, Emanzipation und ökologisches Bewusstsein“. Zusammengehalten wird unsere Gesellschaft über den Leistungsgedanken und den Glauben, dass es jeder bei einer gewissen Anstrengung nach „oben“ schaffen kann. In der Realität wird jedoch ein Wechsel zwischen den Klassen immer weniger möglich. Auch heute sind für einen sozialen Aufstieg neben den Netzwerken noch Herkunft, Einkommen der Eltern und Vermögen entscheidend. Die bedeutenden gesellschaftlichen Positionen werden in Deutschland auch heute noch weitgehend von einer relativ einheitlichen Bevölkerungsgruppe eingenommen.

Wenn man heute in die Großstädte kommt, ist man oft erschrocken, wieviel Armut einem bereits an ihren Bahnhöfen begegnet. Dabei haben die meisten Menschen in unserem Land kaum eine Vorstellung, was Armut wirklich bedeutet, wenn man täglich um ein Stückchen Brot betteln oder unter einer Folie in einer Ecke zusammengekauert bei jedem Wetter draußen schlafen muss, und das in einem der reichsten Länder der Welt. Statistisch soll die Kluft zwischen Armen und Reichen im Lande sogar noch wachsen. Selbst in den USA kritisiert man, dass die Vermögen der Reichen in Deutschland kaum erfasst werden (laut „Forbes“-Liste, US-Zeitschrift) besaßen 2014 die 10 reichsten Deutschen mehr als 140 Mrd. Vermögen. Über die Multimillionäre und Milliardäre gibt es kaum zuverlässige Daten. Um eine Vermögensflucht zu begrenzen, wäre ein internationaler Datenaustausch notwendig. Laut Europäische Zentralbank ist die Vermögensungleichheit der Länder in Europa in Deutschland am größten. Millionen Menschen können sich nicht mehr richtig ernähren und sind in den Städten auf die sogenannten „Tafeln“ angewiesen. 2023 sollen 700.000 Wohnungen gefehlt haben. Als Grundbedürfnis müsste der Wohnungsmarkt dem spekulativen Geschäft entzogen und nur noch gemeinwohlorientierter Wohnungsbau gefördert werden. Die meisten Wohnungslosen leben in Notunterkünften, bei Freunden, Bekannten oder etwa 20.000 auf der Straße (mehr als 1/3 von ihnen sollen suchtkrank sein). Zu der Wohnungsarmut kommt die Altersarmut wegen der zu niedrigen Renten. Früher lebten die alten Menschen bei ihren Familien und wurden von diesen versorgt. Heute ist dies kaum noch möglich und sie werden von Heimen aufgenommen, können dort die anfallenden Kosten selten selber tragen und werden zu Sozialfällen. 2024 kostete in NRW der monatliche Eigenanteil eines Heimplatzes durchschnittlich 2.892 Euro, während die durchschnittliche Rente der Frauen 737 und die der Männer 1.292 Euro betrug (wenn sie zuvor 45 Jahre Beiträge gezahlt haben).

Durch die städtischen Verdichtungen, den fehlenden Wohnraum, die niedrigen Löhne für die Hinzugezogenen, die Entstehung von Parallelgesellschaften entstehen Slums, die die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich im Lande noch verstärken werden. Die Identitätspolitik der linken Parteien verstärkt noch die sozialen Spaltungen. Bereits heute (2021) haben wir eine Armutszahl von 15.8 % (= 13 Mio.) der Bevölkerung und Schulklassen, in denen kaum noch Deutsch gesprochen wird. Es stellt sich die Frage, wie unter diesen Umständen eine echte Demokratie gelebt werden kann?       

Gesellschaften bestehen aus Beziehungssystemen. Dabei sind die Grenzen zur Korruption fließend. Sie können von kleinen Gefälligkeiten bis hin zu kriminellen Handlungen reichen. Zunächst werden es nur einfache Aufmerksamkeiten unter Geschäftsleuten sein, dann oft Vorteilsnahmen, Zuwendungen und danach kleine Betrügereien bis hin zu schweren Verbrechen.  Korruptionen erfolgen als „Belohnung“ um Aufträge oder Positionen zu erhalten. Sie sind immer dann gegeben, wenn ein Geben und Nehmen, – auch indirekt –, zu Lasten anderer erfolgt. Oft haben die Unternehmen dafür „schwarze Kassen“ eingerichtet. Wichtig sind auch „nützliche Beziehungen“ (siehe dazu den bayrischen Maskenhandel während der Coronazeit). Das beste Mittel dagegen ist eine völlige Transparenz der zu versteuernden Einkommen aller Bürger, wie es in den skandinavischen Ländern der Fall ist, den Ländern mit der niedrigsten Korruption in der Welt. Deutschland gilt als ein ideales Land, um kriminelles Geld zu „waschen“. Dafür gibt es hier verschiedene Möglichkeiten. Auch gewaltige Steuerbetrügereien werden kaum verfolgt (geschätzt im Cum-Aktien-Bereich allein 30 Mrd. Euro). Die dafür verantwortliche Staatsanwältin hat ihre dafür zuständige Tätigkeit resigniert aufgegeben. Die dahinter stehenden Kräfte scheinen stark genug zu sein, um eine erfolgreiche Verfolgung der Straftaten zu verhindern.

Früher hielten die Religionen die Gesellschaften zusammen. Danach der Nationalismus, der Stolz auf die Leistungen der eigenen Kultur und ihres Zivilisationsbeitrages. Die Siegermächte haben ihn nach dem letzten Weltkrieg in Deutschland erfolgreich vertrieben, obwohl sie den ihren immer noch pflegen und die USA darauf ihre hegemoniale Vormachtstellung in der Welt ausgebaut. Deutschland blieb danach nur der Rückzug auf die moralischen Werte seiner Verfassung und die globale Gefolgschaft in der amerikanischen Vorherrschaft. Seinem gesellschaftlichen Zusammenhalt fehlten fast alle Gemeinsamkeiten.

  • Stadt und Land leben in verschiedenen Welten,
  • Die West- und Ostdeutschen blieben sich weiterhin fremd.
  • Die Schere zwischen arm und Reich öffnete sich in der Bevölkerung weiter.
  • Die Zahl der Migranten nimmt stark zu.
  • Viele Gruppen sprechen nicht mehr miteinander.
  • Große Bevölkerungsgruppen nehmen am politischen Leben nicht mehr teil.

Aber Demokratien brauchen ein Mindestmaß an gemeinsamen emotionalen Bindungen. Sinnvoll wäre dafür vielleicht ein allgemeiner Gesellschaftsdient, in dem über die eigene Gruppe hinaus Gemeinsamkeiten erlebt werden. Je nach Neigung könnten Verantwortungs-bereiche für andere u.a. geschaffen werden in

  • Krankenhäusern, Alten- und Jugendheimen,
  • Rettungs- und Katastrophenhilfe,
  • Natur- und Umweltschutz,
  • Kulturbereichen,

20 % der Bevölkerung sehen eine allgemeine Dienstpflicht positiv (2023). Als Gegenargument werden u.a. angeführt:

  • Sie wäre mit einem Zwang verbunden (damit widerspräche er dem Freiheitsideal unserer Verfassung).
  • Laut Artikel 12e Grundgesetz ist eine Dienstpflicht für Frauen nicht erlaubt.
  • Sie würde erhebliche Kosten verursachen.

In unserer alltagsfernen, komplexen Gesellschaft sind es die Wissenschaftler, die zunehmend die politischen Entscheidungen bestimmen. Die Probleme sind oft so vielschichtig und global, dass sie der einzelne Mensch, der einzelne Politiker allein kaum noch durchblicken kann. Und auch der einzelne Wissenschaftler ist weitgehend nur noch auf einen engen Fachbereich spezialisiert und überblickt den Rest der Vorgänge nur noch weitgehend ideologisch. Seinen Fachbereich versucht er rational zu durchschauen, für den Rest seiner Weltsicht hilft er sich religiös oder mit einer anderen Weltsicht. Für die Masse der Menschen bleibt unter diesen Umständen oft nur die Möglichkeit, Populisten zu folgen, wobei der Begriff, heute zu einem Schimpfwort verkommen, immer nur auf die gegnerischen Parteigänger bezogen ist.

Jede Gesellschaft, jede Kultur definiert sich über ihre „Werte“, ihre fundamentalen Orientierungsinhalte. In Europa erfolgt dies weitgehend über die „westlichen Werte“, die wir als die vom Menschen allein erstrebenswerten ansehen. Dass sie uns von der Natur, von unserer Natur fortgeführt haben und sogar zum Untergang unserer Art eventuell führen werden, verdrängen wir in unserem Bewusstsein.

  • Ihr geistiger Ansatz begann in der Antike, als man der damaligen Götterwelt eine rationale Umweltbetrachtung gegenüberstellte. In der Stoa entwickelte man dann ergänzend in einem zweiten Schritt die Kriterien für ein gelingendes Menschsein.
  • Das Christentum revolutionierte dann die Götterwelt und übernahm viele Gedanken Platons und der Stoa. Ihre vier Tugenden wurden zum Grundstock der „westlichen Wertwelt“. Die vier weltlichen Tugenden Ciceros (Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung) wurden durch drei christliche Tugenden ergänzt (Glaube, Liebe, Hoffnung).
    (Ähnliche Wertekataloge entwickelten auch die anderen Kulturen, z. B, Konfuzius in China: Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Sitte, Wissen, Wahrhaftigkeit).
  • Im Humanismus und in der Renaissance setzte dann langsam eine Gegenbewegung zur geistigen Vorherrschaft der Kirche ein.
  • In der Reformation befreite dann Luther den Menschen endgültig aus der Bevormundung durch den Klerus und schuf über seine Gewissensethik die Grundlagen für unseren heutigen Individualismus.

Kulturen stellen umfassende Orientierungskonzepte dar. Verlieren Inhalte darin ihre Bedeutung, dann verlieren auch andere Werte in ihnen oft ihr bisheriges Gewicht. So förderte der Protestantismus die Entstehung der bürgerlichen Familie und der nachfolgende Rationalismus in Europa den Niedergang der bisherigen christlichen Religionen mit einer gleichzeitigen romantischen Förderung des Individualismus. Unser heutiges Einzelgängertum schuf dann in der Reformbewegung eine völlig neue Sexualkultur, die heute, befreit von anderen Orientierungsinhalten, zu unseren aktuellen, personalisierten, sexuellen Unsicherheiten geführt hat. Ein Ergebnis unseres Individualismus ist, dass wir ergebnisbezogen kaum noch miteinander sprechen können. Wer eine andere Grundorientierung, andere verinnerlichte Werte vertritt, ist über ein Gespräch kaum noch zu erreichen. Ein Dialog mit einem Evangelikalen, einer überzeugten Feministin führt in der Regel zu gar nichts. Zu den verschiedenen Orientierungen, Ideologien kommen häufig noch ein verschiedenes Wissen, verschiedene Erfahrungen und verschiedene Zielsetzungen hinzu. Wenn für eine Demokratie der mögliche Diskurs ein entscheidendes Kriterium ist, dann steht ihm der Individualismus ohne eine verbindende Leitkultur kontraproduktiv entgegen. Verbal zwar in der Regel als Ideal gefordert, ist danach eine Zielsetzung nur dann gut, wenn sie der Realisierung der eigenen entspricht. Trotzdem ist der Individualismus eine Zentralhaltung in unserer westlichen Wertewelt und es stellt sich die Frage, welche Vorteile er wem bietet? Der einzelnen Person, dass sie ihren Hedonismus weitgehend unbeschränkt ausleben kann? Andererseits kann sie einer bestimmten machtorientierten Menschengruppe helfen, ihre tatsächlichen Ziele durchzusetzen. Indem sie der einzelne Mensch in seiner persönlichen Bedeutungslosigkeit nicht interessiert und er sich über die Verschiedenheit seiner Orientierungen gegenseitig neutralisiert, kann sie im Hintergrund in aller Ruhe ihre Absichten realisieren, vielleicht sogar als eine Denkinstitution (Think Tank) eine mögliche Weltherrschaft. Unsere aktuellen Probleme wie die Klimadebatte, die Völkerwanderung oder die Stellvertreterkriege kommen im Hintergrund ihren tatsächlichen Plänen dabei nur entgegen. Und wie diese Gruppe die Entwicklung der KI für sich nutzen kann, wird sie wahrscheinlich auch bereits für sich durchdacht haben.

Das Klimaproblem erfordert eine gesellschaftliche Beteiligung an seiner Bewältigung und technologische Entscheidungen, da sie alle Vor- und Nachteile bieten, wenn sie flächendeckend realisiert werden. Global scheint dies zurzeit nicht erreichbar zu sein. Bei uns in Deutschland verhindern besonders unsere bestehenden Infrastrukturen eine echte, durchgreifende CO2-Senkung. Eine erfolgreiche Änderung ist nur über einen verstärkten Wählerdruck auf die Politiker zu erreichen. Die aktuellen radikalen Protestformen „Fridays for Forture“, „Letzte Generation“ oder „Ende Gelände“ u.ä. werden von der Mehrheit der Bevölkerung abgelehnt. Noch bewegen sich die Proteste weitgehend in einem demokratischen Rahmen. Global werden aber die weiterhin starken Investitionen in neue Öl-, Gas- und Kohlevorkommen zum globalen Problem. Es besteht die Hoffnung, dass in Zukunft besonders die Demokratien zur Lösung des Dekarbonisierungsproblems verstärkt beitragen werden. Seit 1988 (Gründung des Weltklimarates IPCC) haben sich die von den Menschen verursachten CO2-Emissionen verdoppelt. Für die Lösung der sich abzeichnenden künftigen Klimaprobleme sind wir vor allen Dingen kulturell mit unseren Individualismuswerten überfordert. Als Orientierungswerte verinnerlicht, sind wir psychisch nicht in der Lage, das gewünschte 2-Grad-Ziel real auch zu erreichen.

Statt zeitgemäßer Leitlinien für die persönliche Ausrichtung (Mode, Musik, Haltungen) orientiert sich die Jugend heute zunehmend an kurzlebigen Trends des Internets (besonders Tik Tok, Instagram). Dadurch gibt es heute noch kaum so etwas wie die früheren Jugendbewegungen, die sich als Subkulturen noch heftige Auseinandersetzungen mit der Mehrheitsgesellschaft leisteten (z.B. die 68iger). In der früheren Jugend fanden sich eher Gleichgesinnte, die dann Zugehörigkeitsgemeinschaften bildeten und sich untereinander verbunden fühlten. Die heutigen Verbindungen sind kurzlebiger, oberflächlicher und nicht nur offener für kurzlebige Trends, sondern auch für Falschinformationen. Es ist damit zu rechnen, dass damit in Zukunft auch das politische Leben in den Gesellschaften anders nuanciert sein wird.

Wir erleben zurzeit in unserer Kultur einen starken Niedergang der Religionen. Einst, einerseits gesellschaftliche Statusgeber, andererseits Orientierungsgeber für die menschliche Ausbeutung (besonders im Christentum). So überlebten von den einst 50 Mio. Menschen in Amerika (vor dessen „Entdeckung“ durch Kolumbus) nur relativ wenige. Man zerstörte deren damals hochstehende Kulturen. In Nordamerika töteten die „frommen“ Siedler systematisch die gewaltigen Bisonherden bis zu deren beinahe Ausrottung, nur damit die Eingeborenen verhungerten. Für die dann dort anfallenden Arbeiten verkauften ihnen dann die „frommen“ Europäer (besonders die Holländer und Engländer) afrikanische Sklaven. Andererseits schufen die Religionen für einzelne Gläubige einen mit Mythen umgebenen Zugang zur Transzendenz. Er kann ein sehr bereichernder Daseinsbereich sein, ein Verschmelzen mit den vielen Formen der kosmischen Energie. Die östlichen Philosophien suchten ihn oft auf anderen Wegen (u.a. Yoga, Zen). Wir finden ihn manchmal nur noch über die Hingabe zur Natur oder kulturell über die Musik. Besonders letztere gilt es deshalb in Zukunft zu pflegen (allerdings über einen breiteren Vermittlungsansatz als es heute an unseren Schulen geschieht).

Geräusche, Töne gehören zu den ältesten Sinneswahrnehmungen der Menschen. Die Musik ist deshalb für ihn eine Ursprache. Schon früh wurden über sie im Gehirn Grundstrukturen ausgebildet und neuronale Reize ausgelöst. Durch sie können wir dann in jeder Hinsicht ein reicheres Leben führen. Genetisch als Hörfähigkeit vorgegeben, registriert es in Bruchteilen von Sekunden Tonfrequenzen und macht sie zu Erlebniseinheiten. Betroffene Gehirne können sich dann verändern und altern langsamer. Musik kann bei ihren Hörern in deren Gehirnen emotionale und intellektuelle Gleichgewichte schaffen und nach außen ihnen die Welt öffnen. Ein gemeinsames Singen und Musizieren kann sehr wohltuend sein. Sie sind Mittel sozialer Koordination. Dabei sind es neben den verschiedenen genetischen Ausstattungen und den unterschiedlichen kulturellen Prägungen bei den einzelnen Menschen verschiedene Musikbereiche, die sie besonders ansprechen können. Für die einen ist eine laute Disco der Weg zur Hölle, für die anderen eine Welt, in der sie sich wohl fühlen können. Für die einen ist eine Bruckner-Symphonie eine einzige Qual, für die anderen der beste Weg, sich einer transzendenten Welt zu öffnen. Vielleicht ist es die deutsche Sprache, die das Empfinden für sie besonders öffnet. Die meistgespielten klassischen Komponisten auf der ganzen Welt sind wahrscheinlich nicht zufällig Bach, Beethoven und Mozart und dann noch Chopin und Debussy, Schubert, Händel und Brahms. Von seiner 16. Woche an kann ein Fötus im Mutterleib Geräusche wahrnehmen und dann das limbische System in seiner Ausformung darüber beeinflussen. Später kann die Musik einen Menschen zu Tränen rühren, bzw. die ganze Welt in seiner Hingebung glücklich vergessen lassen. Musizierende Menschen sind kreativer und verhalten sich sozialer. Zu den biochemischen Abläufen in ihnen gehört eine erhöhte Oxytocin- und Dopaminausschüttung. Man kann die Musik zwar auch missbrauchen, indem sie z.B. einst Soldaten in ihre Schlachten führte, aber in ihrer Grundfunktion kann sie uns eine neue existentielle Dimension öffnen, die bei den meisten von uns weitgehend verschüttet ist. Und das Gute bei ihr ist, es gibt keine unmusikalischen Menschen, nur Personen, die gemäss ihrer persönlichen Befähigungen, falsch an sie herangeführt wurden. Ihre Bedeutung für die Zukunft liegt in ihrer bereichernden Art. Sie ist vielleicht in der Lage, für die Menschheit neue Lebenswelten zu öffnen, das Transzendente wieder vermehrt spüren zu lassen und dabei zu erlauben, dem Leben wieder einen bereichernden Sinn zusprechen zu können.

Die Wissenschaften verändern unsere Technik, und die Technik verändert unsere Zivilisation, die Zivilisation unsere Kultur und unsere Kultur unsere Gesellschaft. Und das in einem zunehmenden Maße. Dabei bedeutet eine Änderung unserer Gesellschaft unsere zunehmende Entfernung von der Natur, von unserer Natur, aus der wir uns einmal in unserer Evolution entwickelt haben. Eine Folge davon ist, da wir existentiell auf Orientierungsvorgaben angewiesen sind, dass wir ständig x-beliebigen sozialen Setzungen folgen, die wir als Werte glauben hoch halten zu müssen, bzw. als Rechte, als Menschenrechte, von denen wir glauben, dass sie unserer Existenz einen gottgegebenen Sinn geben können.

Der Feminismus ist der Oberbegriff für die Emanzipation der Frauen in unserer Gesellschaft. Er lehnt die bestehende Geschlechterordnung über eine Umprogrammierung bisheriger kultureller Werte ab. Unter dem Kampfziel „Gleichberechtigung“ strebt er weitgehend eine Gleichschaltung mit dem männlichen Geschlecht auf allen sozialen Ebenen an.  Dabei vernachlässigt er das spezifisch Weibliche, das biologisch vorgegeben wird und damit die besonderen Stärken des Weiblichen in ihrem Anderssein. Inzwischen gibt es in seinen Reihen eine Vielzahl verschiedener geistiger Ansätze:

  • Geschichtlich gehen ihre Anfänge auf die französische Revolution zurück, die Forderung, dass die Bürgerrechte auch für Frauen gelten sollen.
  • Zwischen 1850 – 1933 strebten dann die Frauen eine politische Gleichstellung mit den Männern an. Nach dem 1. Weltkrieg erhielten sie in vielen Staaten (u.a. in Deutschland) das Wahlrecht und den Zugang zu bisher allein von Männern ausgeübten Tätigkeiten (u.a. Richteramt, Hochschullehre).
  • Nach 1950 wurden in Deutschland unter amerikanischem Einfluss die Frauenrechte erheblich ausgeweitet. Frauen wurden in den Familien und formal in der Arbeitswelt gleichberechtigt. In der Studentenbewegung nach 1968 radikalisierten sie sich dann stark („Weiberräte“, autonome Frauenbewegung, Frauenzentren) und strebten eine völlige Gleichstellung mit den Männern in allen Alltagsbereichen an. Stark politisiert bildeten sich unter ihnen verschiedene Strömungen (u.a. sozialistischer Feminismus, lesbischer Feminismus).
  • Durch das Internet, feministische Netzwerke und die Weltfrauenkonferenzen kam es dann zu einer dritten Welle der Frauenbewegung, die eine völlige Veränderung der bestehenden gesellschaftlichen Strukturen anstrebte.

Die Werke mehrerer Frauen haben auf die feministische Bewegung einen entscheidenden Einfluss gehabt, u.a.

  • Simone de Beauvoir: „Das andere Geschlecht“ (dt. 1951): Nach ihr kommt man nicht als Frau zur Welt, sondern wird kulturell erst zu einer solchen gemacht.
  • Kate Millett: „Sexus und Herrschaft“ (dt. 1970): Für sie stellt das Patriarchat ein Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnis dar. Über die Sexualität werden die Frauen von den Männern erniedrigt und unterworfen.
  • Betty Friedan: „Der Weiblichkeitswahn“ (dt. 1984): Sie schildert, wie die Frauen über die Mode und die Medien in ihre unbefriedigende Rolle als Hausfrau und Mutter gedrängt werden. Als Ausweg fordert sie eine Selbstbefreiung und eine Hinwendung zu schöpferischen Tätigkeiten.
  • Judith Butler: „Das Unbehagen der Geschlechter“ (dt. 1991): Sie stellt die Frau als biologische Konstruktion und als Subjekt des Feminismus in Frage. Nach ihr schafft erst die soziale Zuschreibung die Geschlechter. Der Feminismus drehe nur die Asymmetrie der Geschlechter um. Sie ist Schöpferin der Queer-Theorie, nach der die geschlechtliche Identität erst über Handlungen entsteht.

Die bekanntesten Strömungen sind:

  • Radikalfeminismus:
    Er ist aus der Studentenbewegung und den autonomen Frauengruppen hervorgegangen. Er will antikapitalistisch sein und alle Geschlechtsunterschiede aufgeben.
  • Gleichheitsfeminismus:
    Er sieht das biologische Geschlecht als einen Ausdruck der sozialen Unterdrückung. Sein Ziel ist die Aufhebung aller geschlechts-spezifischen Unterschiede (in Deutschland z.B. Alice Schwarzer).
  • Differenzfeminismus:
    Er sieht die Verschiedenheit der Geschlechter, betont dabei aber die besonderen Fähigkeiten der Frauen. Sie seien pazifistischer, konfliktmeidender und die besseren Erzieherinnen.
  • Gynozentrischer Feminismus.
    Danach verkörpern Frauen eine andere Moral als die Männer. Der männlichen Ethik der Gerechtigkeit stellen sie die weibliche Ethik der Fürsorge gegenüber. Die Frauen sind danach den Männern moralisch überlegen.
  • Spiritueller Feminismus:
    Er betont die spirituellen und esotherischen Seiten des Matriarchats. Neuheidnisch verehrt er die „Große Göttin“ in der Form eines Mädchens, einer Mutter und einer weisen Alten. Er identifiziert sich teilweise über „Hexen“ und versucht, sich wieder deren untergegangenes Wissen anzueignen.
  • Ökofeminismus:
    Er verbindet die Unterdrückung der Frauen mit der Ausbeutung der Natur.
  • Psychoanalytisch orientierter Feminismus:
    Für ihn bilden Freuds Theorien die Grundlagen des Feminismus. Er stellt die bisherigen Realitäten in den Zusammenhang der bestehenden Vorstellungen (Orientierungen).
  • Sozialistischer Feminismus:
    Er betont die Gleichheit der Geschlechter. Nach ihm werden die Frauen durch den Kapitalismus und das Patriarchat unterdrückt. Er setzt sich für eine gesamtgesellschaftliche Verbesserung der Stellung der Frauen ein.
  • Kybernetischer Feminismus:
    Er will die Geschlechterunterschiede mit Hilfe der Gentechnik aufheben und dadurch die Frauen vom Zwang des Gebärens befreien.
  • Anarchistischer Feminismus:
    Er besaß und besitzt mehrere Strömungen, die den Radikalfeminismus erweitern. Er betont die Freiheiten und natürlichen Eigenschaften der Frauen. Eine Gruppe fordert die Gewaltlosigkeit als politisches Prinzip.
  • Individualfeminismus:
    Eine seiner Gruppen will die persönlichen Rechte der Frauen stärken, eine andere betont besonders deren Emanzipation und Autonomie.
  • Gerechtigkeitsfeminismus:
    Er verlangt die Gleichbehandlung der Geschlechter (sieht sie in den USA als gegeben) und den Zugang der Frauen zu allen gesellschaftlichen Bereichen.
  • Dekonstruktivistischer Feminismus:
    Er sieht die biologische und die soziale Geschlechtereinteilung als ein gesellschaftliches Konstrukt und lehnt die Geschlechteridentitäten ab.
  • Postfeminismus:
    Ihm werden verschiedene Strömungen zugerechnet, die einerseits das Ende des Feminismus oder bestimmter Phasen propagieren oder andererseits weibliche Eigenschaften betonen, die die Frauen als aktiv Handelnde bisher verdrängt haben.

Der Feminismus ist eine kulturelle Lüge, die einerseits den menschlichen Naturbezug schwächt und andererseits damit verstärkt den anthropogenen Weg zu einer neuen Evolutionsstufe öffnet.  Dahinter standen vielleicht zunächst Frauen, die genetisch anders programmiert waren, die dann, sich kompensierend, daraus eine Ideologie machten. Sozial in den bisherigen Gemeinschaften wenig eingebunden, machten sie Karriere, sammelten Gleichbetroffene um sich, schufen Netzwerke und spannten dann die restlichen, in ihrer Individualität unbefriedigten Frauen für ihre Zwecke ein. Das Problem des Feminismus ist, dass er die bisherigen sozialen Gemeinschaften auflöst, sie weit für eine neue Zukunft der Energieevolution öffnet und damit der kommenden Menschheit neben ihrer historischen Übergangsfunktion keine sinnvolle Zukunft mehr lässt.

Die Freiheit von Forschung und Lehre, die im Grundgesetz verbürgt ist, ist durch den Gruppendruck kleiner Gemeinschaften, besonders aus den Geistes- und den Sozial-wissenschaften, zunehmend gefährdet. Die Kritik erfolgt dann nicht mit Argumenten, sondern mit Hilfe moralischer Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung. Der Druck kommt besonders aus den Genderstudiengängen mit Hilfe einer identitäspolitischen Ideologisierung. Was politisch nicht genehm ist, wird ausgegrenzt. Die institutionelle Bestrafung erfolgt in der Unterbindung unliebsamer Redner und der Nicht-Bewilligung von Forschungsgeldern. Wer z.B. gegen eine Quote ist, ist bereits ein umstrittener Wissenschaftler, der z.B. nicht mehr zu Konferenzen eingeladen wird oder dessen Texte von den Verlagen abgelehnt werden. Ein Symbol für diesen Terror sind die Gender-Sterne, die von der Bevölkerung zwar abgelehnt werden, die aber über die Medien versucht wird durchzusetzen. Die Freiheit der Wissenschaften unterstützt zwar einerseits die Pluralität an unseren Hochschulen, der Cancel-Terror macht ihre Diskursmöglichkeit aber ideologisch immer enger. Man könnte diesen Sachverhalt zwar als ein universitäres Problem abtun, seinen Kopf schütteln, wenn z.B. ein Geschlecht nicht mehr als ein biologisches Ergebnis diskutiert werden darf, aber es betrifft in einem zweiten Schritt unsere gesamte gesellschaftliche Diskursfähigkeit und damit einen zentralen Hintergrund unserer gesamten Demokratiediskussion.

Oft identifizieren sich Parteigruppen mit den Forderungen der Benachteiligten, geben ihnen eine gewisse Exklusivität, machen sie in ihrer Benachteiligung zu Opfern für die sie moralisierend Beistand einfordern. Dabei verstärken sie die destabilisierenden Tendenzen der Grundorientierungen. Die Kulturen verlieren ihren inneren Zusammenhalt, ihre Leitkultur und damit im Hintergrund auch ihren demokratischen Konsens.  Unser Fehler in Deutschland ist dabei u.a. der uns einst von den Alliierten aufgezwungene Verzicht auf unsere nationale Identität, der im Bundestag seinen Höhepunkt über den Verzicht eines Schutzes der deutschen Sprache im Grundgesetz erreichte. Die nationale Identität ist dabei nicht völkisch gedacht, sondern als ein kulturelles Erbe. So hat jede menschliche Gemeinschaft eine solche als das sie Verbindende, das gilt für die Familie, für die kommunale Gemeinschaften, eine Region, einen Staat oder eine Staatengemeinschaft wie die EG.

Im Rahmen ihres Selbstwertgefühls streben alle Menschen nach Anerkennung. Sie ist auch der psychische Hintergrund der Identitätspolitik, wobei ihr inhaltlich zunächst abwertende Positionen und nicht nur Zuordnungskriterien unterstellt werden. Nicht die Anwender der Begriffe Neger, Zigeuner sind die Abwerter, sondern die sie Verurteilenden, denn erst sie haben die negativen Bezüge zu diesen Begriffen in ihrem Denken gemacht. Wenn ich einen Nachbarn als einen Lipper bezeichne, unterstelle ich ihm auch nicht, dass er ein Geizhals ist, weil seine Vorfahren arm waren und oft hungerten, oder wenn ich jemanden als Ostfriese bezeichne, nicht dass er ein Dummkopf sei, weil es durch einen Komiker viele Friesenwitze gibt. Zugehörigkeitsbegriffe können auch Heimat, emotionale Bezüge, Stolz bedeuten. Der Verlust eines Identitätsgefühls ist auch ein psychischer Verlust, einer unter vielen auf unserem Weg zum hedonistischen Konsumenten, zunächst unter der Herrschaft von Interessengruppen einer Hegemonialmacht und dann – sehr wahrscheinlich – unter der der KI.

Ein Problem unserer Demokratie hinsichtlich einer Gleichheit der Bürger ist, wir alle leben in Daseinsblasen, in Gruppen unter Gleichen und kennen weder die Befindlichkeiten noch die Hintergründe der Orientierungsausrichtungen unserer Nachbarn, nicht deren Interessen, nicht deren Milieus und auch nicht ihre Ängste und Sorgen. Sie sind, wie wir, einfach da, behindern uns evtl. in unseren Freiheiten und brauchen evtl. nicht beachtet zu werden. Mit unserer Gleichheit ist unsere rechtliche Gleichheit gemeint, nicht unsere biologische. Die gibt es nicht. Die gedachte Gleichheit ist damit ein Kulturprodukt, z.B. bei Wahlen als Stimme mit einem gleichem Gewicht.

Seit der Antike (besonders durch Cicero), der Scholastik, der Renaissance und in der Neuzeit der Klassik (hier als Abart des Pragmatismus) und dem Existentialismus ist der Humanismus unser wichtigstes Lebensideal. Er steht für einen reflektierten Anthropozentrismus, „eine ethisch-kulturelle Höchstentfaltung der menschlichen Kräfte in ästhetisch vollendeter Form“.  Er strebt nach       

  • Menschlichkeit und einem menschengemäßen Dasein,
  • einer freien Betätigung und Entfaltung der schöpferischen Kräfte,
  • einer Höherentwicklung der menschlichen Gesellschaft zu einer immer größeren Vollkommenheit.
  • einer Vermittlung eines diesseitsbezogenen Lebensgefühls.

Er fragt allgemein nach der Stellung, der Rolle und der Bestimmung des Menschen (und steht damit für die Hauptfrage aller Kulturen).

Was wir brauchen ist

  • emotional: Empathie, Freundschaft, Menschlichkeit,
  • rational: Humanität.

Ohne Letztere wird das Menschsein keine Zukunft haben. Der Mensch ist seiner Natur nach ein Gemeinschaftswesen und auf demnächst 10 Mrd. Personen angewachsen, hat er langfristig nur die Wahl weiter ein Gemeinschaftswesen oder eher oder später als Art nicht mehr zu sein. Und will er weiter als Gemeinschaftswesen bestehen, dann muss er Formen finden, in denen er als solches weiter bestehen kann. Von den bekannten Herrschaftsformen bieten sich dafür nur die verschiedenen Demokratiearten an. Zwar haben sie alle ihre Nachteile, doch erfüllen sie am ehesten die gestellten Anforderungen. Sie

  • erlauben eine weitgehende Möglichkeit individueller Entfaltung,
  • durch die Gewaltenteilung deren gegenseitige Kontrolle,
  • die Abwählbarkeit problematischer Führungsfiguren.

Der gedankliche Ausgangsansatz einer Demokratie war zunächst das Naturrecht, aus dem sich dann unsere heutigen Menschenrechte entwickelten. Gefördert wurden die Gedanken durch die panhellenischen Spiele der Antike. Ihre Teilnehmer mussten sich einen Monat vor Beginn der Spiele an einen Ort einfinden und dann dort, je nach Disziplin vereint, gemeinsam wohnen, trainieren, speisen und sich vorbereiten. Alle waren in ihrer Ausbildung absolut gleich, alle starteten ohne Unterschied nackt und barfuß. Die erste Realisierung fand die Demokratie dann im 5. Jh. v. Chr. in Athen, als die damalige Bevölkerung über Krieg oder Frieden entscheiden musste. Stimmberechtigt waren damals allerdings nur etwa 10 % der Gesamtbevölkerung (etwa 30.000 Männer). Als Problem galt damals bereits die leichte Beeinflussbarkeit durch Demagogen. Als erster Philosoph befasste sich Aristoteles (384/3 – 322/1 v.Chr.) mit ihr. Danach sei ihr oberstes Gebot die Freiheit, die er an drei Voraussetzungen band:

  • die gleichen Rechte jedes Wählers,
  • seine Geburt im Wahlbereich,
  • seine Unabhängigkeit (Autarkie) in seiner Selbstversorgung.

Er sah in ihr auch mögliche Fehlentwicklungen, da die Wähler sich nicht am Wohl der Allgemeinheit orientierten, sondern an dem des herrschenden Bevölkerungsteils. Nach ihm sollte das Volk nur die Beamten wählen und deren Amtsführung kontrollieren. Die Regierenden hätten sich um das Gemeinwohl und nicht um das der Wohlhabenden zu kümmern. Aus dem antiken Rom wurde dann später die Bindung an ein zuvor niedergelegtes Recht übernommen und aus den germanischen Volksversammlungen, den Things, der organisatorische Hintergrund unserer heutigen Parlamente.

Der Ausgangsgedanke der modernen Demokratie war dann religiöser Art. Wenn die Seelen der Menschen vor Gott alle gleich sind, dann müssen sie es nach Meinung der Puritaner (England, 17. Jh.) auch im Diesseits auf der Erde sein. Nach dem englischen Bürgerkrieg musste der König dem Parlament als Grundrecht dessen Immunität, das Verfügungsrecht über die Finanzen und das Recht auf seine unabhängige Zusammenkunft zugestehen (1689, Bill of Rights).  

  • 1689 – „Bill of Rights“:
    Das englische Unterhaus übernimmt wesentliche Rechte des Königs. U.a. das Recht von sich aus zusammenzutreten, Immunität der Abgeordneten und das Recht Steuern zu erheben.
  • 1690 – John Locke (1632 – 1704, Empiriker)
    fordert in seiner Staatslehre gleiche Rechte für alle und eine Teilung der Gewalten. Charles Montesquieu (1689 -1755) setzte dessen Gedanken fort und machte die Gewaltenteilung zur elementaren Voraussetzung eines modernen Rechtsstaates.
  • 1762 – stellte dann Rousseau (1712 – 1778, ein geistiger Vorbereiter der französischen Revolution)
    seine Gedanken zu einem „Gesellschaftsvertrag“ vor. Dieser verkörperte den „Gemeinwillen“, der aus der Volkssouveränität hervorging. Danach waren Herrscher und Beherrschte identisch und die Volkssouveränität ergab sich daraus.

In den USA wurden die Gedanken dieser europäischen Philosophen aufgegriffen. Angeregt vom englischen Parlament als Vorbild und einer Räteverfassung der Indianer (Bund der Irokesen) entstand bei ihnen 1887 in den Ansätzen die erste moderne demokratische Verfassung in unserem Verständnis (statt des Adels bestimmte das wohlhabende Bürgertum. Es gab kein Frauenwahlrecht und weiterhin die Sklavenhaltung). Begleitet wurde sie von den Ängsten

  • ob eine Volksbeteiligung sich nicht im Laufe der Zeit zu einer Pöbelherrschaft entwickelt,
  • ob sie in großen Flächenstaaten überhaupt möglich sei,
  • ob sie die großen sozialen und kulturellen Unterschiede auf Dauer überhaupt vertrage.
  • 1776 – Unabhängigkeitserklärung der USA:
    Sie sieht eine Volkssouveränität und eine Gewaltenteilung vor.
  • 1787 – Verfassung der USA:
    Sie baut auf den Föderalismus, die Gewaltenteilung und ein starkes Präsidialsystem.
  • 1789 – Konstituierung der Nationalversammlung in Frankreich.
  • 1832 – Hambacher Fest (27.5.):
    Treffen von 30.000 Freiheitsfreunden. Sie fordern ein freies, vereintes Deutschland und Europa (u.a. mit Franzosen und Polen).
  • 1848 – Erstes gesamtdeutsches Parlament in Frankfurt (Paulskirche): Verabschiedung 1849 einer Verfassung, die in Kraft trat (ohne Österreich). Sie scheiterte an der Ablehnung des preußischen Königs auf die Kaiserkrone und die nachfolgende Auflösung des Rumpfparlaments.
  • 1919 – Weimarer Verfassung, das Kaiserreich wird eine Republik.
  • 1949 – Grundgesetz: Verabschiedung in Bonn (8.5.). Der Bundestag verfügt über weitgehende legislative Rechte, eine starke Position des Kanzlers.
  • 1989 – Wiedervereinigung Deutschlands.

Der Vorteil der Demokratie ist die Möglichkeit eines friedlichen Austausches ihrer Führungskräfte und die friedliche Korrektur selbst gemachter Fehler. Als ihr Problem wurde immer gesehen

  • das oft fehlende Wissen für die Herausbildung einer eigenen Meinung,
  • die oft großen sozialen und kulturellen Unterschiede,
  • die oft großen Staatsflächen (in den antiken Stadtstaaten kannten sich die Bürger),
  • überzogene Versprechungen in den Wahlkämpfen, die später nicht eingehalten werden und bei den Wählern dann zu Vertrauensverlusten führen.

Als Anforderungen werden genannt: Toleranz, Fairness, Solidarität und Mut. Nach Tocqueville (1805 – 1859) muss der Mensch für eine Demokratie erst geschaffen werden, da in ihr eine gewisse Gewaltherrschaft der Mehrheit besteht. Wer in ihr nicht die Mehrheitsmeinung vertritt, wird vom weiteren Diskurs ausgeschlossen.

Im Ideal baut eine Demokratie auf den Diskurs, auf das Ringen um die besten Lösungen für ein Problem. In der Realität ist sie ein Machtkampf von Einzelpersonen oder Gruppen um die Durchsetzung ihrer Interessen, ihrer Einflussmöglichkeiten, um Statuspositionen auf allen sozialen Ebenen. Es gibt kaum eine Intrige, die dafür nicht eingesetzt wird. Dabei ist die Einflussmöglichkeit auf die Entscheidungsträger alles andere als „gerecht“.  Die der Oberschichten ist erheblich größer als die der Unterschichten. Wenn in den USA jeweils Milliarden Dollar in die dortigen Wahlkämpfe fließen, dann sind damit im Hintergrund auch immer Einflussmöglichkeiten verbunden (im Mai 2024 bereits über 10 Mrd. für die Präsidentschaftswahlen im Herbst). Genau genommen stellen sie auch eine Oligarchie dar und sind keine Demokratie im Idealverständnis. Sie ist nur anders angelegt als die in den sozialistischen Staaten.

Wie hinter allen sozialen Ordnungsvorstellungen stehen auch hinter einer Demokratie politische Herrschaftsgedanken. Ihr geistiger Hintergrund sollte sein:

  • die Freiheit des Denkens,
  • die Solidarität,
  • die Gerechtigkeit,
  • die Sichtbarkeit der Machtausführungen,
  • die Realisierung des kollektiven Willens,
  • eine Problemlösung nach einem Diskurs,
  • eine Beteiligung aller Betroffener an der Willensbildung,
  • der Ausdruck einer sozialen Identität,
  • eine gemeinsame Identität über einen Konsens nach einem Diskurs zu schaffen,
  • eine Kultur des Kompromisses (kompromisslose Entscheidungen sind in der Regel autoritär),
  • eine Bindung ihrer Entscheidungen an das Recht haben,
  • das geregelte Austauschen ihrer Eliten,
  • Freiräume ermöglichen (bei gleichzeitiger Anerkennung übergeordneter Orientierungsschwerpunkte),
  • die Gewaltenteilung zum Schutz der Freiheit vor der Herrschaft stellen,
  • eine organisierte Öffentlichkeit ermöglichen,
  • das politische Handeln an Gesetze und Regeln binden. Sie legalisieren die Mittel und definieren die Verantwortlichkeiten.

Eine Demokratie scheint die beste Herrschaftsform innerhalb der Menschheit zu sein, eine Gemeinschaftsführung, die von deren Mehrheitswillen nach einem Diskurs ausgeht, wobei zurzeit unzählige Herrschaftssysteme von sich behaupten, eine solche zu sein. Jede Regierung, und ist sie noch so autoritär oder oligarchisch gelenkt, behauptet dies von sich. Das Ideal im Kleinen, in einer individualistisch ausgerichteten Gesellschaft, scheint vielleicht ein dirigentenfreies Orchester zu sein (früher der Normalfall). Jeder spielt dort zwar sein Instrument, muss aber z.B. für die Wiedergabe einer Symphonie sich immer in das Spiel seiner Kollegen einordnen, wenn man ein brauchbares Ergebnis erzielen will. Der Einzelne kann nicht einfach drauflosspielen, sondern muss sich anpassen. Seinen Lohn erhält er dann  über das Gesamtergebnis. Wahrscheinlich ist es viel leichter, eine großartige Aufnahme mit Hilfe eines Dirigenten zu erhalten. Das Ergebnis, der Klang ist dann aber ein anderer, – vielleicht exakter, aber weniger warm.

Demokratien ermöglichen einen gewaltfreien Interessenausgleich und Machtwechsel. Einer ihrer Vorteile ist, dass sie auf die Komplexität von Problemen mit einer Vielzahl an Lösungsangeboten reagieren können. Sie ist ein Staatsgebilde gegenseitiger ständiger Kontrolle der in ihr agierenden politischen Kräfte und wahrscheinlich die beste Institution gesellschaftlicher Entscheidungsfindung. Allerdings gehören zu ihr auch Beschränkungen (Selbstbeherrschung) und Verantwortlichkeiten. Ohne Verantwortung gibt es keine menschlichen Freiheiten.

Die Bürgerbeteiligungen können über verschiedene Formen der Volksabstimmung erfolgen:

  • Bürgerbegehren: Parlament und Regierung können über eine Mindestzahl an Unterschriften gezwungen werden, sich mit einem Thema zu befassen, bzw. einen Gesetzesvorschlag zur Kenntnis zu nehmen. Wird der Inhalt abgelehnt, entscheidet über ihn ein Bürgerentscheid.
  • Volksbefragung: Stimmberechtigte entscheiden über ein Problem, ohne dass das Ergebnis verbindlich ist.
  • Volksentscheid: Die Bürger stimmen über einen politischen Inhalt ab, nachdem ihn ein Landtag abgelehnt hat. Die Zustimmungsquote erfolgt je nach Bundesland mit 15 – 33 % der wahlberechtigten Stimmen. Das Ergebnis ist verbindlich.

Darüber hinaus gibt es in Deutschland in manchen Bundesländern noch:

  • Ratsbegehren: Eine Gemeindevertretung überträgt eine Sachentscheidung auf die Bürger. Es kommt zu einem Bürgerentscheid.
  • Bürgerentscheid: Abstimmung von Wahlberechtigten über einen Inhalt. Wird ihm von der Mehrheit zugestimmt, muss er umgesetzt werden.
  • Bürgerhaushalt: Bürger stimmen über frei verwendbare Haushaltsmittel ab.
  • Volksinitiative; In verschiedenen Bundesländern das Recht auf Unterschriftensammlungen. Bei Erfolg muss sich der Landtag mit ihnen befassen. Lehnt dieser ab, kann es zu einem Volksbegehren kommen.
  • Volksbegehren; Unterschriftenliste über einen Inhalt. Wird dieser vom Landtag abgelehnt, kann es zu einem Volksentscheid kommen.

Die Bürger- und Volksentscheide sind Formen einer direkten Demokratie. Erforderlich in ihnen ist für eine Zustimmung eine Stimmenmehrheit (bei einem Mindestprozentsatz der Abstimmenden). Allgemein werden sie auf Landesebene bejaht, während sie für die Kommunen abgelehnt werden, weil dort die Stimmenzahlen zu gering sind und sie die Verantwortlichkeiten der gewählten Politiker aushöhlen. Allgemein unterscheidet man bei den Demokratieformen eine

  • Direkte Demokratie (Basisdemokratie): Die Bevölkerung entscheidet über die Sachfragen. Sie wird gelegentlich von den Alternativbewegungen gefordert, (Beispiel Schweiz: Hier wurde ihr Problem bei einer Abstimmung über ein 13. Monatsgehalt besonders deutlich: Die Bevölkerung wollte es haben, die Regierung lehnte es ab).
  • Repräsentative Demokratie: Autorisierung von zeitlich befristeten Repräsentanten für die Staatsgewalt. Diese wählen dann auch die ausführenden Organe (u.a.Regierungen). Es gibt zwei verschiedene Beteiligungsformen:
    Mehrheitswahlrecht: Aus jedem Wahlkreis kommt der Bewerber mit den meisten Stimmen ins Parlament.
    Verhältniswahlrecht: Über die Zahl der Sitze im Parlament entscheidet der prozentuale Stimmenanteil der Parteien.
  • Demarchie: Die Volksvertreter und die Regierung werden über ein offenes Losverfahren ermittelt. Aktuell: Bürgerräte.
  • Mischformen: Die meisten Demokratien sind heute Mischformen zwischen einer repräsentativen und einer direkten Demokratie.

Zwischen der Legislative (Gesetzgebung) und der Exekutive (Regierung) besteht ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis. In der Regel stellt die stärkste Fraktion in einem Parlament auch die Regierung. Diese kann dann präsidentiell oder parlamentarisch ausgerichtet sein, je nach der Abhängigkeit der Regierung vom Parlament.

  • Präsidentielles Regierungssystem: Der Regierungschef hat gegenüber dem Parlament eine starke Stellung (z.B. in den USA).
  • Parlamentarisches System: Die Regierung muss sich immer gegenüber dem Parlament verantworten (z.B. in Deutschland).
  • Semipräsidentielles System (Mischform): Staatspräsident und Ministerpräsident (Regierungschef) sind zwei verschiedene Personen. Der Staatspräsident ist relativ unabhängig vom Parlament, während der Ministerpräsident es nicht ist (z.B. in Frankreich).

Weitere Formen sind:

  • Mehrheitsdemokratien: Die Parlamentsmehrheit stellt die Regierung (USA, Großbritannien),
  • Konkordanzdemokratie: Öffentliche Ämter werden nach Proporz und Parität verteilt. Alle Entscheidungen sind Kompromisse (z.B. Schweiz),
  • Konsensdemokratie: z.B. in Deutschland:
    • Verhältniswahlrecht,
    • gleichberechtigtes Zweikammersystem,
    • ausgeprägte Machtverteilung in der Exekutive,
    • Zweidrittelmehrheit bei Verfassungsänderungen.

Demokratien bauen auf eine liberale Wertebasis. Dazu gehören:

  • die Meinungs- und Pressefreiheit für die politische Willensbildung,
  • freie, gleiche und geheime Wahlen,
  • ein Mehrheitsprinzip bei einem gleichzeitigen Minderheitenschutz,
  • die Akzeptanz einer politischen Opposition,
  • eine Gewaltenteilung zwischen den Staatsorganen, die Bindung an eine Verfassung,
  • Grundrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat, gesellschaftlichen Gruppierungen oder Einzelpersonen.

Nach Popper (1902 – 1994) müssen in einer Demokratie die Gewalt der Herrschenden kontrolliert und die Minderheiten gegen den Willen der Mehrheiten geschützt werden können. Entscheidend sei die Entlassungsgewalt der Mehrheit.

In unserer modernen Gesellschaft ist eine Demokratie zunehmend auf die Tätigkeit von Wissenschaftlern angewiesen. Sie liefern der Politik weitgehend die Unterlagen für ihre Entscheidungsprozesse, Das Problem ist, dass die Wissenschaftler oft hochspezialisiert sind und es zwischen ihnen und der Gesellschaft kaum eine beachtenswerte Kommunikation gibt. Von Seiten der Wissenschaften kommen täglich unzählige Informationen, unzählige Vorschläge, oft auch ideologisch hinterlegt, die schon wegen ihrer Fülle einen Durchschnittsmenschen überfordern. Aber die verantwortlichen Politiker sind auf sie angewiesen, um gegenüber anstehenden Problemen sachgemäße Entscheidungen treffen zu können. Für den durchschnittlichen Wähler bleibt dann oft nur die emotionale Zurkenntnisnahme von mehr oder weniger lauten Interessenpositionen, die er dann mit seinen Orientierungswerten vergleicht und ihnen dann folgen kann. Viele gut gemeinte Ratschläge für eine demokratische Meinungsbildung und ein anschließendes demokratisches Verhalten sind zwar idealistisch gemeint, aber völlig unrealistisch. Nur, ohne die Wissenschaftler geht es nicht. Erst sie können über ihre Arbeit auf zukünftige Risiken aufmerksam machen, mögliche zu beschreitende Wege aufzeigen und helfen, unsere Gesellschaften durch sich abzeichnende Krisen zu führen.

Eine Demokratie ist ein Ideal, das wir nur anstreben können. In der Realität stehen ihr unzählige Hemmnisse gegenüber. Dazu gehören

  • Die Informationsbildung kann von den Herrschenden gezielt gesteuert werden; in den autokratischen von den dort bestehenden Regierungen zwar mehr, in den demokratischen Staaten aber oft undurchschaubar von Interessengruppen, interessierten Geheimdiensten und Lobbyisten.
  • Man darf in unserer Gesellschaft nicht alles sagen (obwohl dies bestritten wird):
    • Nichts gegen die Verbrechen Israels gegenüber den Palästinensern (u.a. nichts über die jährliche Ermordung von 100ten Palästinensern im Westjordanland vor dem 7. Okt. 2023 (UN-Bericht). Nichts über ihren aktuellen Völkermord im Gazastreifen. Man wird dann gleich mit Hilfe der Antisemitismuskeule zum Schweigen gebracht.
    • Nichts gegen die oft brutalen Hegemonialbestrebungen der USA. (u.a. seit 1991 251 Militärinterventionen. Allein im inszenierten Irakkrieg verantwortlich für 500.000 getötete Kinder). Man wird dann sofort wegen eines Antiamerikanismus diffamiert.
    • Nichts gegen die Versuche einer Auslöschung unserer nationalen Geschichte (außer dem negativen Wirken der Nationalsozialisten). Ein Ergebnis der erfolgreichen Reeducationmaßnahmen der einstigen Siegermächte. In keinem anderen Land der Welt verhält man sich vergleichbar (auch nicht bei den ehemaligen Siegermächten). Jede positive Nennung deutscher Kultur und deutscher Verdienste wird als völkisch diffamiert.
    • Nichts über unsere Mitschuld an den aktuellen Flüchtlingsströmen nach Europa (u.a. durch unsere Agrarexporte nach Afrika, die dort das Kleinbauerntum zerstören
    • Nichts über die Parallelgesellschaften in unserem Land und deren fehlende Integrationsbereitschaft (so brauchten u.a. die bekannten Clan-Diebe des Dresdener Grünen Gewölbes nur einen Teil ihrer Beute zurückgeben).
    • Nichts gegen die Kriegshetze im Ukrainekrieg (besonders von Seiten der FDP und der „Grünen“(!)). Gedanken über einen irgendwann notwendigen Frieden werden als putinfreundlich diffamiert. Diese Liste ließe sich noch um viele Beispiele fortsetzen.

Undemokratisch in unserer Gesellschaft sind auch die „Quotenforderungen“. Sie sollen besonders Frauen sozial Vorteile verschaffen. Es hindert sie allerdings niemand daran, in Parteien einzutreten, dort aktiv zu sein, bzw. dann Frauen ihre Stimmen zu geben. Bei einer Quote erhalten Frauen Positionen, nur weil sie eine Frau sind, nicht für eine Leistung. Die aktuellen Quotenfrauen widersprechen oft in ihrer Eignung den erhaltenen Positionen. Mit Männern wären sie oft besser besetzt (so Christiane Nüsslein-Volhard). Nur darf man als Mann in unserer Gesellschaft dies nicht sagen. Ein Problem, das sich daraus ergibt, ist auch, dass, wenn man sie nicht kritisieren darf, man ihnen auch ihr Recht auf eine faire Kritik und eine konstruktive Förderung nimmt. Eine Quote bedeutet eine doppelte Abwertung, einmal die der Frauen, die ihre Positionen danach erhalten und die der besseren Mitbewerber, die dann zurückgestellt werden. Das gleiche Recht, nach einer Quote behandelt zu werden, müsste man dann auch den verschiedenen Landesteilen, Religionszugehörigen, Berufsgruppen oder Bildungs-qualifikationen zugestehen (nicht nur Akademiker in den Parlamenten). Wer heute etwas gegen die Quote sagt, gilt als „Macho“.

Undemokratisch ist auch die große gesellschaftliche Spaltung im Land zwischen denen  da oben und denen da unten. Wenn die Oberschicht das Hundertfache, in Einzelfällen sogar das Tausendfache der Unterschicht für ihre Tätigkeiten erhält, dann kann man nicht mehr von einer Gesellschaft sprechen, zu groß sind dann dafür die Differenzen zwischen arm und reich. In einer Demokratie, zu deren Idealen die Gerechtigkeit gehört, darf es solche Differenzen nicht geben. Wohlhabende haben über ihre ökonomische Macht einen größeren Einfluss auf die Politik. Oswald Spengler sah einst in einer Demokratie eine Herrschaftsform, in der das Geld herrscht. Eine liberale Demokratie leidet unter dem Kapitalismus. Der macht sie zum Spielball der Oligarchen. Es wird eine Aufgabe der Zukunft sein, ihm Grenzen  zu setzen. Besonders Herbert Marcuse (1898 – 1979) kritisierte dies an der amerikanischen Demokratie. Sie habe sich von einer bürgerlichen Demokratie zu einem Polizei- und Kriegsstaat entwickelt. In freien Wahlen sei eine kriegsführende Regierung gewählt worden, die beispiellose Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen habe, korrupt sei und von Großkonzernen repräsentiert wird. An die Stelle von Heuchelei seien Lügen und Täuschungen getreten. Die Nation sei zu einem gigantischen Konzern geworden, der vom Geschäftssinn regiert wird (geschrieben 1973 im „Schicksal der bürgerlichen Demokratie“). Im Idealfall bestimmen zwar die Stimmen der Bevölkerung die zukünftigen Orientierungsentscheidungen, in der Realität ist es aber das Geld, das hinter den Parteien steht. So erhalten sie in den USA für die Wahlen Milliardenspenden (Juli 2024 bereits mehr als 12 Mrd. für die Wahlen im November), und die Geldgeber wollen dafür bei der Besetzung von Ämtern und bei der zukünftigen Gesetzgebung berücksichtigt werden. So ist es auffallend, wie viele jüdische Geldgeber dort den jeweiligen Regierungen nahe stehen, bzw. sogar die Außenminister stellen (doch ist eine Diskussion dieses Problems in Deutschland tabuisiert) 50 % der Kongressabgeordneten wechseln nach ihrer politischen Tätigkeit in Lobbyfunktionen (Spiegel 34/2018). Bei den EU-Kommissaren ist deren Anteil noch höher.

Formal haben wir ein Wahlrecht, das aber oft nicht das Handeln der Regierungen bestimmt. So haben diese auf die Finanzmärkte kaum Einfluss. Durch die Globalisierung der Wirtschaft werden z.B. die Märkte von den Konzernen bestimmt. Die Digitalriesen entscheiden über ihre Algorithmen und Klicks, welche Informationen, welche Wahrheiten und Unwahrheiten wir erhalten. Wir sind dabei, dass eine gute geeinte Volksherrschaft von einer zukünftigen Konzernherrschaft abgelöst wir. Die Demokratie wird zunehmend zu einer Hülle für die Realisierung von Konzerninteressen. Die Unternehmen kaufen sich Universitäten und Wissenschaftler, die dann nach deren Interessen argumentieren, lassen sich von Politikern beraten, kaufen Konkurrenten vom Markt, Anwaltskanzleien für Prozesse gegen Regierungen, fügen in internationale Verträge Investitionsgerichte ein und hinterziehen systematisch ihre Steuerverpflichtungen.

Unsere heutigen Demokratien werden bedroht durch

  • die maßlosen Ansprüche von Minderheiten,
  • das Verlangen nach einer Viertagewoche: Wir wollen keine fünf Tage mehr arbeiten. Wir lehnen eine geschlechtsbezogene Arbeit ab (z.B. Kinderpflege). Doch dann beginnt unser Problem, wir wissen nicht, was wir mit der gewonnenen Zeit anfangen, da wir ihr keinen Sinn geben können.
  • den fehlenden Mut der Regierungen, „Zumutungen“ zu erlassen,
  • die Abhängigkeit der Politiker von Netzwerken (dadurch wird ihr unabhängiges Denken begrenzt).
  • die fehlende Zeit der Politiker, sich in komplexe Probleme einzuarbeiten. Je höher sie aufsteigen, desto höher wird ihr Normendruck.
  • die häufige Bindung von politischen Entscheidungen an ideologische Positionen, an eine fehlende Rationalität.
  • die fehlende Transparenz politischer Abläufe,
  • eine oft unklare Entscheidungskompetenz. Sie erfolgt oft zwischen den Koalitionspartnern und nicht im Parlament (das bedeutet eine Entmündigung des Parlaments),
  • die oft lange Dauer von Entscheidungsprozessen (ein Problem, wenn schnelle Entscheidungen erforderlich sind),
  • die Unklarheit über die Verantwortlichkeit der entscheidenden Politiker (in Deutschland z.B. beim Maut-Debakel),
  • die Komplexität mancher Probleme.

Ein Hauptfehler der Demokratie ist, dass mit dem Postulat und der Förderung der sozialen Gleichheit zugleich auch unterstellt wird, dass alle Wähler ein gleiches Urteilsvermögen haben. Doch das besteht nicht.

Eine Gefahr stellt auch die geduldete Korruption dar. In Deutschland wurde sie während der Maskenaffäre innerhalb des Bayernfilzes besonders deutlich. In der EU erfolgt sie besonderes über Subventionsbetrügereien (allein beim Corona-Wiederaufbaufond wurden 100te Milliarden Euro ausgezahlt). Und wo Geld ist, sammeln sich Kriminelle und erfolgen Korruptionsversuche. Durch die Mehrwertsteuerbetrügereien verlieren die EU-Staaten jährlich 50 Mrd. Euro. Besonders Deutschland gehört zu den Ländern, in denen Kriminelle in diesem Bereich aktiv sind. Die für ihre Verfolgung zuständige Staatsanwältin kündigte resigniert ihre Arbeitsstelle, weil gegen diese Form der Kriminalität kaum etwas getan wurde. Man vermutet auch, dass in Deutschland jährlich ca. 100 Mrd. Euro von krimineller Seite gewaschen werden (das Geld fließt dabei in Immobilien, Firmen, Kunst oder andere Wertgegenstände).

Vor Jahren gab es eine englische Studie, die die psychische Gesundheit ihrer wichtigsten Politiker analysierte. Fast alle waren in entscheidenden Punkten psychisch geschädigt. Weitgehend ist dies ein Tabuthema. Oft lügen Politiker, bzw. geben einseitige Erklärungen ab. So werden dem ehemaligen US-Präsidenten Trump inzwischen 6.420 Lügen nachgewiesen. Ihre Anhänger bilden oft Glaubensgemeinschaften. Entscheidend für diese ist deren Zusammenhalt, nicht die Glaubwürdigkeit von Aussagen. Die Hingabe an etwas Unglaubliches wird so zu einer sozialen Kraft. Lügen besitzen ein freies Umfeld. Realitäten dagegen nur ihre Bindungen an das Faktische. Extreme Gruppierungen können sich deshalb im Lügenbereich besonders entfalten. Gelingt es ihnen, die Macht zu erringen, versuchen sie, die Realitäten im Sinne ihrer Lügen zu beeinflussen. Politische Gegner wirken auf Lügner oft als Gesinnungsverstärker.

Ein besonderer Fall ist unsere deutsche Außenministerin, die bereits für den Wahlkampf ihre Biografie fälschte, keine deutsche, sondern eine feministische Außenpolitik betreiben wollte und dabei keine deutschen, sondern hauptsächlich amerikanische Interessen vertrat. Für ihre Selbstdarstellung gibt sie Unsummen aus, die nur im ersten Regierungsjahr der Koalition einmal kurz angesprochen wurden und monatlich allein für den Friseur und Visagisten 110.000 Euro betrugen, das waren allein 2021 rund 137.000 Euro für ihr Makeup und ihre Frisur. Ihre Repräsentationsausgaben hat ihr Ministerium gegenüber ihren Vorgänger-regierungen auf das Dreifache erhöht. Eine große Nähe zum Narzissmus darf hier unterstellt werden. Ein Narzisst braucht immer ein Publikum. Er will immer etwas Besonderes sein.

Eine unklare Rolle in unseren Demokratien spielen sogenannte „Think Tanks“, politische Denkorganisationen, über die man oft kaum etwas weiß. Man kennt sie besonders aus den USA, wo sie sich aus Mitgliedern der amerikanischen Oberschicht zusammensetzen, ihre Ausbildung an den dortigen Elite-Universitäten erhalten haben, weitgehend global, liberal und konservativ sind und ohne einen Kontakt zur (Wahl-) Bevölkerung versuchen, ihre Vorstellungen durchzusetzen. In Deutschland zählt man, – nicht vergleichbar -, die Parteistiftungen zu ihnen, die für ihre Parteien gewisse Grundforschungen betreiben.

Ein Problem von Koalitionsregierungen ist oft das Erpressungspotential, das dort einzelne Parteimitglieder haben können. Den Regierungsbildungen gehen oft schwierige Koalitionsverhandlungen voraus, in denen die einzelnen Parteien ihre verschiedenen Interessen einzubringen und durchzusetzen versuchen. Dann kann es sein, dass ein einzelner Abgeordneter bestimmend sein kann, zunächst in seiner Partei und dann über diese als Forderung im jeweiligen Koalitionsvertrag. So z.B. geschehen bei der „Ehe für Alle“, die nach Willen der Grünen in Gesetzesform gegossen, das Lebenspartnerschaftsgesetz von 2001 ablösen sollte. Ein einziger Abgeordneter bei den Grünen (Volker Beck) bestand bei den Verhandlungen als unverzichtbare Forderung darauf. Sie wurde in den Vertrag als Regierungsziel aufgenommen und dann von der Koalition im Parlament auch durchgesetzt. Anderenfalls wäre sie zerbrochen.

Nach Niklas Luhmann besteht unsere moderne Gesellschaft aus einer Fülle von Teilsystemen, die jeweils ihren eigenen Interessen folgen und zusammen kein übergeordnetes System bilden. (Ihr Zusammenwirken kann ein Außenstehender kaum durchschauen). Die idealistische Forderung nach einem informierten Bürger ist unrealistisch, wenn selbst die Bestinformierten in unserer Gesellschaft nur ein begrenztes Wissen haben können. In unserer Zivilisation ist der einzelne bei politischen Notwendigkeiten weitgehend überfordert. Als seine kollektive Vertretung muss ihm deshalb der Staat bei seinen Wahlentscheidungen helfen. Das Problem dabei ist, dass er diese mehrheitlich als fair empfinden muss, seine Informationen und damit sein Orientierungsverhalten aber andererseits medial von Interessengruppen gesteuert werden.

Unsere Gesellschaften werden immer komplexer, immer unübersichtlicher und damit immer orientierungsschwieriger. Durch unsere Medien leben wir in einer Welt der Halbwahrheiten. Dabei ist die Wirkkraft von Fakten begrenzt. Wir fällen unsere Entscheidungen letztlich aus unseren Gefühlen heraus. Identitätsgruppen spalten unsere Gesellschaften. Letztlich ermöglichen sie in ihren Randbereichen keine Gespräche mehr. Da wir uns in der Regel nur in unseren eigenen sozialen Netzen bewegen, bemerken wir dies in unserem Alltag kaum. Fast jeder hat Gruppen, mit denen er nicht diskutieren würde, da es zwecklos wäre. Es kommt damit zwischen ihnen zu keinem Gespräch.

Unsere Meinungsbildung wird, da sie sich weitgehend außerhalb unseres Erfahrungsbereichs bewegt, weitgehend von Netzwerken, Interessengruppen und Lobbyisten bestimmt. Kaum jemand kann sie noch auf ihren Wahrheitsgehalt hin durchschauen. Besonders problematisch wird es, wenn wir unser Wissen aus interpretierten, interessengebundenen Teilwahrheiten beziehen. Daraus dann noch den wahren Kern herauszufinden, ist selbst für gut Informierte kaum noch möglich. Sie interpretieren das Gelesene dann nur noch aus ihrer Wertwelt heraus.

Unser gesamter Informationsbesitz wird weitgehend von den Interessen der USA gesteuert. Ihre Geheimdienste (und partiell die Israels) lenken unsere Orientierungen in ihrem Sinne, ohne dass wir dies noch bemerken. Das gilt nicht nur für die Aussagen unserer Nachrichten, die Lenkung von Stimmungen in der Bevölkerung, sondern auch für die Förderung ihnen gegenüber positiv eingestellter Politiker und Journalisten. Als Problem kommt in unserer Demokratie hinzu, dass ihre Bürger zwar alle eine politische Meinung, eine persönliche Orientierung besitzen (die weitgehend von den Medien und deren Besitzern interessenmäßig bestimmt wird), dass aber die verantwortlichen Politiker einen viel umfangreicheren, realen Informationsbesitz haben und oft auch Entscheidungen in Momenten treffen müssen, in denen deren Konsequenzen noch nicht alle bekannt sind.  

Als undemokratisch gelten gerne andere politische Ansichten. Auffallend ist, dass weltweit in fast allen Demokratien diese ihre Attraktivität verlieren. 2017 hielten in Deutschland noch   46 % der Befragten die repräsentative Demokratie für eine gute Regierungsform, 2023 waren es nur noch 37 %. Die Zahl der Befürworter einer starken Führung stieg von 6 auf 16 %, die Zahl der Befürworter einer technokratischen Expertenregierung von 44 auf 61 % (Die Zeit, Nr. 18/24). Die Schuld für diese Entwicklung sucht man bei den Defiziten der Befragten und nicht bei denen der bestehenden Demokratie.

Damit werden die Nichtwähler zu einem Problem. Zu einer Demokratie gehört auch eine legitime Opposition. Eine demokratische Freiheit heißt auch, die Meinung anderer zuzulassen. Heute gibt es zwischen den Parteien oft keine klaren Polarisierungen mehr, dafür aber oft innerhalb ihrer eigenen Reihen verschiedene Gruppierungen, sind die Parteien in sich selber gespalten. Auch stellen manche Klimaaktivisten die Vorstellungen ihrer Weltrettung vor die eines demokratischen Rechts, das für viele von ihnen ein reines Eliteproblem darstellt.

Allgemein kann eine wachsende Distanz zwischen den politisch Handelnden und der Bevölkerung beobachtet werden. Parallel dazu verläuft ein Dominanzverlust der ehemaligen Volksparteien. Das Interesse der Bevölkerung an ihnen schwindet.

Auf eine besondere Gefahr hat einst Popper hingewiesen. Für ihn beinhaltete das Postulat der Freiheit in einer Demokratie das Paradox, dass es einmal der Volkswille sein könne, nur einem Mann zu folgen, z.B. einem wohlwollenden Diktator (dessen Problem dann wäre, wie das aller autoritären Führungen, die Unterdrückung von Kritik). Bereits Tocqueville hatte vor einer Gefahr in einer Demokratie gewarnt, indem er in ihr eine Mehrheitsherrschaft sah. Man dürfe in ihr alles sagen, solange man sich in ihr im Bereich der Mehrheitsmeinung befände. Wenn man sie verließe, müsse man „mit allen Formen von Unannehmlichkeiten“ rechnen. Trotzdem hielt er sie für die unvermeidbare Regierungsform der Zukunft, die das Schicksal der Welt bestimmen würde.

Zurzeit werden in Deutschland als die besonderen Gefahren für eine Demokratie angesehen, dass

  • oft die Zeit fehlt für eine demokratische Willensbildung,
  • die Entscheidungsträger von Beratern abhängig sind (die oft zuvor von Interessengruppen in ihre Positionen gebracht worden sind),
  • die Abgeordneten formal nur ihrem Gewissen gegenüber verantwortlich sind, in der Realität aber sich an die Parteidisziplin halten müssen, wenn sie ihr Mandat behalten wollen. Damit sind sie letztlich unfrei,
  • die Besetzung von Verwaltungspositionen nach Partei- oder Netzwerk-zugehörigkeiten erfolgt,
  • die Verschiedenheit der Orientierungshintergründe eine gemeinsame Haltung nicht zulassen,
  • gut organisierte, durchsetzungsstarke Minderheiten die Meinungsbildung in ihrem Sinne unter ihre Kontrolle bringen können (z.B. durch die Steuerung von Informationen, der Medien, der (oft versteckten) Forderung ihnen genehmer Entscheidungsträger; Beispiel das Gendern).

In einer pluralistischen Demokratie soll die politische Willensbildung über einen Austausch von Argumenten erfolgen. Doch die Medien verbreiten ständig interessengesteuerte Falschmeldungen, und dies nicht nur durch russische Desinformationsverbreiter, sondern auch von denen anderer interessierter Staaten, z.B. den USA oder von Israel. Unsere gesamten Antisemitismuskampagnen dürften von dort gesteuert werden, vielleicht nicht vom dortigen „Team Jorge“, aber von einer ähnlichen, dem dortigen Geheimdienst nahe stehenden Gruppen. Natürlich will man das nicht wahrhaben, wenn man sich als heimischer Politiker oder Journalist dafür hat einspannen lassen. Hinterfragt man die erhaltenen Informationen, dann dürfte man mit Hilfe von gezielten Falschangaben existentiell Schwierigkeiten bekommen, evtl. sogar vernichtet werden. Wir wissen, dass wir für das Aufrechterhalten unserer Demokratie auf einen gesellschaftlichen Dialog angewiesen sind. Wir kennen auch weitgehend die Probleme, die vor uns stehen und die gelöst werden müssen. Doch kaum jemand wagt echte Positionen, da er sich damit angreifbar macht.

Eine Demokratie erfordert eine Bereitschaft zur Debatte. Richtig streiten kann Konflikte lösen, richtig ausgestanden Beziehungen fördern.  Hinter ihnen stehen meistens verschiedene verinnerlichte Orientierungshintergründe, die jeweils aufgedeckt werden sollten. Schwierig wird es, wenn die Streitenden verschiedene Konfliktstile haben (impulsiv, konfliktvermeidend orientiert, kompromissorientiert). Schwierig wird es, wenn eine Partei diese mit Kritiken und Herabsetzungen belädt oder verschiedene, verinnerlichte Orientierungsvorstellungen oder Geschmäcker hinter ihnen stehen.

Die Öffentlichkeit ist ein Raum der Meinungsvielfalt. Dabei sind Meinungen reflektierte Standorte, die in ihrer kollektiven Summe soziale Bewegungen einleiten können. Sie stehen nicht für individuelle Wahrheiten, sondern für etwas Gemeinsames. Insofern ist für größere gesellschaftliche Gebilde eine repräsentative Demokratie einer direkten vorzuziehen. In unseren heutigen Demokratien stellen sich die öffentlichen Diskurse weitgehend als Machtkämpfe von Interessengruppen dar. Sie kosten viel Kraft. Dabei sind dafür eigentlich die sich abzeichnenden Menschheitsprobleme viel zu groß, und wahrscheinlich fehlen uns auch die Zeit und die Organisationsformen, um sie im Sinne unserer Art wirklich lösen zu können.

Eine Gesellschaft soll sich in einem freien Meinungs- und Willensbildungsprozess informieren können. Die sich stellenden Probleme sind, dass die dafür nötigen Informationen gezielt manipuliert oder identitätspolitische Konflikte geschürt werden. Natürlich sind wir in Deutschland ein Tummelplatz der verschiedenen Geheimdienste, Interessengruppen und Lobbyisten, und natürlich versuchen diese die politischen Entscheidungen in unserem Land in ihrem Sinne zu beeinflussen. Das gilt sowohl bei der Wahl der einzelnen Abgeordneten (sie müssen davon nichts wissen) bis hin zu deren Abstimmungsverhalten. Lügen und Halbwahrheiten gehören dabei zu ihrem alltäglichen Werkzeug. So wurde in Großbritannien die Brexit-Abstimmungen auf dem Hintergrund bewusster Lügen entschieden oder wahrscheinlich in den USA Trump mit Hilfe russischer Gelder zum Präsidenten gewählt. In Deutschland dürften die Einflussversuche nicht geringer sein. Die Debatte um den Ukraine- und den Gaza-Krieg dürften von ihnen stark beeinflusst sein, aber auch die gesamte Antisemitismusdiskussion, zumal kaum ein Deutscher einen jüdischen Menschen kennt. Das Problem wird anscheinend erst über unsere Medien und Lobbyisten geschaffen.

Es gibt Kommunikationsgruppen, die darauf spezialisiert sind, die öffentliche Meinung zu manipulieren (z.B. die israelische „Team Jorge“-Gruppe oder die Cambridge Analytica). Sie hacken Mail-Konten, kreieren gefälschte online-Profile und organisieren ganze Wahlkampagnen. Mit Hilfe von Avataren können sie fast jede Nachricht nach Belieben aufblähen. 2020 wurden in 81 Ländern gezielt die dortige Öffentlichkeit mit Falsch-nachrichten manipuliert (nach Oxfort Internet Institut). Das kann im Interesse aller Intergruppen, Konzerne und Parteien erfolgen. Das dies weitgehend der Fall ist, weiß man. Wer diese Kampagnen allerdings organisiert und welche Möglichkeiten den Betroffenen zur Verfügung stehen, ist dagegen weitgehend unbekannt.

  • Zurzeit (2023) soll es etwa 60 Firmen geben, die auf solche Tätigkeiten spezialisiert sind.
  • Zum Portfolio dieser Unternehmen gehört
    • das Hacken von Handys,
    • die gezielte Diskreditierung von politischen und wirtschaftlichen Konkurrenten.
  • Eine Wahlkampagne durch „Team Jorge“ soll etwa 15 Mio. Euro kosten.
  • Das Problem: Diese Firmen untergraben die freie Meinungsbildung in den Demokratien, indem sie Falschinformationen verbreiten.
  • Ihre Avatare können nach Belieben alle Nachrichten verbreiten.
  • Oft wird (wie in Israel) mit den dort zuständigen Behörden kooperiert.
  • Man darf nicht mehr glauben, was man als Nachricht hört oder sieht.

Durch unsere Medien gibt es kaum noch geschützte Räume. Alles kann ohne Rücksprache in kürzester Zeit in eine unbegrenzte Öffentlichkeit gebracht werden, „oft verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen“. Das Recht auf eine Privatsphäre, auf Irrtum, ist verloren gegangen. In einer Demokratie sind abweichende Aussagen systemimmanent. Für Politiler sind eigene, auch falsche Überlegungen zur Klärung mancher Probleme notwendig. Deren völlige Transparenz erschwert dann aber allerdings oft, einen Lösungsweg zu finden. Unsere heutige politische Meinungsbildung findet unter völlig anderen Bedingungen statt, als dies früher der Fall war, als es z.B. noch keine geschickt aufgemachten Falschinformationen, noch keine sie mit riesigen Beraterstäben steuernden Netzwerke, Geheimdienste mit ihren Denkfabriken und eine mit ihrer Hilfe mobilisierte Öffentlichkeit gab. Als Politiker darf man nicht anecken.

Einst formte sich unser Gehirn in seiner Evolution gemäß den Bedingungen, die unsere Vorfahren in ihrer Umwelt antrafen. Das galt weitgehend auch in Hinblick auf unser Sozialleben und für unsere Kulturen. Es beinhaltet damit die Grenzen unserer Orientierungssysteme und die unserer Person. Seine Denkergebnisse folgen physikalischen, chemischen und biologischen Vorgaben und sind damit weitgehend determiniert. Vergleichbar den chaotischen Abläufen in einer Galaxie ist es für uns ein komplexes System, dass wir in seinen Vorgängen nur begrenzt verstehen können. Unser Bewusstsein ist eines seiner Ergebnisse. Alle unsere Überlegungen stehen am Ende physikalischer, chemischer und biologischer Kausalketten, am Ende vieler unüberschaubarer Determinanten. In unserem freien Entscheidungsbereich liegt nur ein kleiner Bereich der neuronalen Netzwerke, die über biologische Vorgaben und kulturelle Prägungen uns von unserem Kurzzeitspeicher aus steuern. Unser allgemeines Orientierungsproblem ist, dass wir uns als Besonderheit kulturell außerhalb unseres naturbezogenen Seins stellen und damit letztlich gegen unsere eigene Natur. Letztlich bedeutet dies, dass wir nach unserer auch naturwissenschaftlich begründbaren Existenz für die Entstehung einer weiteren energetischen Evolutionsstufe, in naher Zukunft existentiell überflüssig werden.

In einer Parteiendemokratie stellen Entscheidungen Kompromisse dar. Eine Voraussetzung für sie ist ein gewisses Vorverständnis für den Sachverhalt, eine faire Diskussion und das Bestreben, dass sich zum Schluss jeder im Ergebnis wiederfindet. Aus der Sicht der Parteien sind sie immer nur die zweitbeste Lösung. Dort, wo man sie sich nicht leisten kann, z.B. bei Zwängen, sind sie nicht möglich. Immer stellen sie aber Verbesserungen dar, zwar auch Zugeständnisse, bei denen das parteipolitische „Ideal“ eingeschränkt werden musste.

1945 bestimmten zwei Volksparteien das politische Geschehen in Deutschland, die CDU und die SPD.  In beiden gab es verschiedene Strömungen, die innerhalb ihrer Partei zunächst jeweils ihre Meinungsverschiedenheiten austrugen. Die CDU war konservativer und wurde von einer christlichen Grundhaltung, einer ländlichen Heimatliebe und ihrer Zustimmung zur Traditionspflege bestimmt, während die SPD, traditionell links, sich für eine vermehrte Gerechtigkeit in der Gesellschaft einsetzte und die Interessen der Gewerkschaften vertrat. Beide Parteien haben heute ihren früheren Einfluss verloren. Die CDU verlor ihn, weil die christlichen Kirchen in eine Krise geraten sind und die alte Traditionspflege sich nicht erneuern ließ und die SPD, weil sie ihre Gerechtigkeitsideale nicht hat durchsetzen können und sich als neues Ziel die Identitätsinhalte wählte und damit von den Interessen der Bevölkerungs-mehrheit abrückte. Ein Altlinker, der diesen nicht zustimmt, kann danach nur noch einer konservativen Partei seine Stimme geben oder gar nicht mehr zu einer Wahl gehen. (Laut German Longitudinal Election Studys gaben 2023 11 % der Befragten bei Wahlen der AfD ihre Stimme, die zuvor die SPD gewählt hatten).

Die Zahl der Parteimitglieder hat sich seit der Wiedervereinigung halbiert. Junge Menschen engagieren sich lieber in Initiativen als in politischen Parteien. Man soll zwar zur Wahl gehen, aber welche Partei soll man dann wählen? Eine Partei hinter der man eine Gruppe von Interessengemeinschaften weiß, eine Partei, die global ausgerichtet, jede unmittelbare Beziehung zur Heimat ablehnt, die die Clan-Kriminalität ermöglichte und für eine unbegrenzte Einwanderung steht.   

Parteien werden gerne nach außen idealisiert. Man kann nur vermuten, dass ihre Schönredner deren Innenleben kaum kennen. Sie sind oft Orte brutalster innerer Machtkämpfe. Intrigen ihrer verschiedenen Netzwerke gehören in ihnen zur Tagesordnung. Oft geht es nicht um einen Diskurs, sondern nur um die Statuskämpfe ihrer Wortführer. Viele ihrer Vertreter sind nicht nur psychisch angeschlagen, sondern bei genauerer Betrachtung sogar psychisch krank. Den Hinweis auf deren ausländische Kollegen kann man sich sparen (bei uns besonders oft auf Trump bezogen), man braucht sich nur im eigenen Land umzusehen. Andererseits brauchen wir die Abgeordneten, weil wir die Parlamente brauchen. Sie sind die Verantwortungsgemeinschaften unseres Landes.

Parteien sind oft insofern reine Intrigengruppierungen, in denen die verschiedenen Flügel, Interessengruppen und Netzwerke mit allen nur denkbaren Mitteln um ihre jeweilige Vorherrschaft kämpfen. Viele Kandidaten von Positionen haben oft nur dann eine Chance, wenn die einzelnen Flügel zu schwach sind, um ihre eigenen Bewerber durchzusetzen, bzw. sie sich nicht einigen können, nach dem Verfahren: Wir stimmen für den deinen, wenn du in einem anderen Bereich für den unseren stimmst, oder man einigt sich aus den verschiedensten Gründen mit verschiedenen Gruppen gemeinsam gegen etwas oder auf einen unabhängigen Kandidaten. Das Positive an unseren Demokratien ist der Umstand, dass hier ohne Gewalt nach relativ kurzer Zeit ein Machtwechsel möglich ist. Laut Grundgesetz sind es die Parteien, die an der politischen Willensbildung beteiligt sind.

Parteimäßig leben wir in einem Zwiespalt, in dem wir uns einerseits für den Umweltschutz, die Artenerhaltung und den Klimaschutz einsetzen, aber zugleich auch für die Aufhebung unseres biologischen Erbes und unserer Befreiung aus unseren biologischen Fesseln sind. An deren Stelle setzen wir kulturelle Orientierungsinhalte, die unseren hedonistischen Neigungen entgegenkommen, unsere Bedürfnisse, die unseren Konsum bedingen, unsere Selbstverwirklichung, die unsere Sozialbindungen auflöst und unsere Freiheiten, die uns unsere Verantwortung gegenüber unserer Umwelt vergessen lassen. Damit verlassen wir als Individuen unsere Artbindungen und überfordern unsere kleine Erde, die den Hintergrund unserer Existenz bildet. Als Parteimitglieder heben wir damit unsere hehren Ziele zugunsten unseres Egoismus auf.

Am Beispiel der „Grünen“ lässt sich die Problematik der Parteien vielleicht am deutlichsten darstellen. Einst vertraten sie die großen Ideale der Antiatom-, Antikriegspartei und setzten sich für die Erhaltung unseres Klimas, unserer Arten und der Natur ein. Heute bauen sie auf vier Pfeilern, sind immer noch umweltorientiert, werden dann aber vom Feminismus (in allen seinen Gruppierungen), Queeren-Gruppen, Cancelorientierungen, der Moralität ihrer Identitätsgruppierungen, einer antinationalen und dafür globalen, USA-freundlichen Haltung beherrscht. Inzwischen gehören einzelne ihrer Mitglieder zu den größten Kriegstreibern im Land. Die deutsche Sprache in den Schulen wird als „Zwangsgermanisierung“ diffamiert, Erinnerungsstätten an die deutsche Geschichte werden aufgelöst, deutsche Kulturinstitute im Ausland geschlossen (sogar in Frankreich). Über ihre Verkehrspolitik, die Glorifizierung des Radfahrens, zerstören wir gewachsene Infrastrukturen und sind weitgehend verantwortlich für den Tod unserer Innenstädte. Sie stehen wie keine andere Partei für den Widerspruch, einerseits sich für die Umwelt einzusetzen und andererseits über ihre moralisierende Identitätspolitik, ihre Ausrichtung auf die individuelle Selbstverwirklichung realistische Möglichkeit dafür zu beschränken. Der Umweltschutz und der Konsum lassen sich nach ihren Vorstellungen kaum vereinen. Es sind die Grünen gewesen, die die Parallelgesellschaften in unseren Städten haben groß werden lassen,

Wenn es heute im Lande große politische Demonstrationen gibt, dann sollte man sich davon nicht täuschen lassen. Für viele ist es nur ein “Event“ in einem ansonsten langweiligen Leben, und man kann endlich in einem sozialen Bereich Gemeinschaften genießen. Der Zerfall der Volksparteien und die ideologische Zersplitterung im Land machen deutlich, dass sich die wenigsten Menschen in einer Partei noch beheimatet fühlen. Sie gehen teilweise noch zur Wahl und entscheiden sich dann für das aus ihrer Sicht kleinste Übel. Es fehlt im Lande ein gemeinschaftsbildendes Ideal. Der Umweltschutz hätte es sein können. Seine Zusammenhänge haben sich aber dafür als zu komplex erwiesen. Eine andere Möglichkeit wäre ein vereintes Europa als gemeinsamer Vertreter einer europäischen Geschichte, gemeinsamer Werte und einer gemeinsamen Kultur, nicht als ein Vorhof amerikanischer Hegemonialbestrebungen, sondern als eine eigenständige europäische Kraft. Die heutige Zersplitterung im Europäischen Parlament und der in ihm bestehende Zwang zur  Einstimmigkeit lassen es zu einem idealen Ort anderer Interessen werden. Wahrscheinlich wäre innerhalb der heutigen Situation ein zusätzlicher, zweiter Anlauf notwendig der sich im Kern zunächst allein auf eine deutsch-französische Vereinigung konzentriert, angestrebt von einer deutsch-französischen Partei, der Ausarbeitung einer deutsch-französischen Verfassung und der Pflege deutsch-französischer Verbindungen. Die anderen europäischen Staaten könnten sich dann, so sie es wollen, in diese Verbindung anschließend als gleichberechtigtes Glied einordnen. Die gemeinsame Sprache könnte vielleicht das leicht zu erlernende Esperanto sein, wobei zusätzlich aus kulturellen Gründen in Deutschland verstärkt die französische Sprache und in Frankreich die deutsche Sprache unterrichtet werden sollte.

2019 glaubten 78 % der Deutschen, dass man mit seinen Meinungen in der Öffentlichkeit vorsichtig sein müsse („Die Zeit“). Abweichende Aussagen seien unerwünscht, bzw. sollten nur mit Vorsicht geäußert werden. Oft würden Gruppeninteressen entscheiden, was wahr sei. Maßgeblich sei dann oft eine bestimmte Identität (Geschlecht, Herkunft, Religion, Kultur, wissenschaftliche Schule). Oft ist unsere Wahrheit nur ein gutes Gefühl, das mit unseren inneren Werten übereinstimmt. So kann man mit strenggläubig Orientierten rational kaum diskutieren (z.B. im christlichen Bereich mit Evangelikalen, strenggläubigen Moslems oder im jüdischen Bereich mit Ultraorthodoxen, wo selbst die Smartphones koscher (unbedenklich) sein müssen). Wertvorstellungen immunisieren gegenüber jeder Kritik. In einer auf den Individualismus ausgerichteten Demokratie kann es gar nicht anders sein, als sich auch auf die Kultur seines Gegenübers einzustellen, als vom angestrebten Ziel her zu denken. Bei einem Gemeinwohl müssen jeweils die verschiedenen Interessen mitbedacht werden. Dort, wo die Meinungsfreiheit einem Gruppendruck weichen muss, mündet eine Diskussion oft in einer Einschüchterung der Gegenüber. Kritisch wird es auch immer, wenn Einzelne oder Gruppen zum Schweigen gebracht werden. Das Gespräch ist dann in der Regel von seinen Inhalten her beendet. Besonders oft kann man das bei statusmäßig Schwächeren, bei Resignierten oder bei moralisch sich überlegen Fühlenden beobachten.

Je mehr Männer und Frauen ihren Neigungen folgen, desto deutlicher werden zwischen ihnen statistische Unterschiede, ihre Diversität, Vielfältigkeit, das Vorhandensein eines breiten Spektrums. Ein Ergebnis davon ist u.a. die Diskriminierung einzelner Individuen, wenn man die Neigungsbereiche später nach Quoten auszurichten versucht. Ein nächster Schritt müsste dann sein, auch Religionsgemeinschaften, Ethnien, sexuelle Orientierungen oder Landsmannschaften danach auszurichten. Interessant ist es immer dann, wenn mit den Entscheidungen Statusgewinne, Einkommen und Einfluss verbunden sind. Quoten bedeuten immer die Reduzierung eines Menschen auf eine bestimmte Eigenschaft, Mann oder Frau, Weißer oder Schwarzer, Katholik oder Protestant: Er wird dann immer nicht in seiner Gesamtheit gesehen. Dabei ist ein Vorteil der Demokratie das Vorhandensein eines breiten menschlichen Spektrums. Wichtig ist es in ihr, die Vielfalt der verschiedenen Menschen zu akzeptieren.

Zu einer Demokratie gehören die Möglichkeiten eines kritischen Zweifels, Differenzierungen und auch Besonnenheit. Dabei führt ein radikaler Meinungspluralismus oft auch zu einer Kultur der Verwundungen. In ihrem Hintergrund ist sie deshalb auch immer auf einen Grundbesitz gemeinsamer Werte, auf eine von allen akzeptierte Leitkultur, auf Konsense angewiesen. Auch in einer Demokratie kann ein Dialog an Grenzen gelangen. Dabei kann dies nicht immer das von der Masse her bestimmte „Normale“ sein.

Ein Diskursproblem ist auch oft der unterschiedliche Informationsbesitz. In der Regel ist es leicht die Regierenden zu kritisieren. Allerdings verfügen diese über einen oft viel größeren Informationsbesitz, so dass viele Beanstandungen sich bei näherer Betrachtung als unfair erweisen.

Durch das Internet wurden für den Diskurs die Marktplätze der Öffentlichkeit besonders für die Jüngeren erheblich erweitert. Es hat sie einerseits demokratisiert, jeder kann hier alles sagen-, aber auch neue Begrenzungsformen geschaffen. Die Polarisierungen werden jetzt auf anderen Ebenen ausgetragen. Unsere Orientierungswelt bezieht sich jetzt noch weniger auf eigene Erfahrungen, sondern wird aus dem Internet bezogen.

Die neuen Technologien werden unsere Gesellschaft radikal verändern. Die Menschen, die dafür verantwortlich sind und darüber unsere Lebenswelt prägen, befinden sich geistig in völlig andern Räumen als die politischen Entscheidungsträger. Die digitalen Techniken beeinflussen nicht nur unser Denken, sondern auch unser privates Sein. Durch das Internet besteht          

  • einerseits eine erhöhte Transparenz von Vorgängen,
  • andererseits die Möglichkeit, mit Hilfe von Falschnachrichten soziale Entwicklungen gezielt zu schaffen, bzw. zu steuern.
  • Mit seiner Hilfe können neue Autoritäten geschaffen werden, bzw. infrage gestellt werden.
  • Es vereinzelt die Menschen und macht sie zu Voyeuristen. Da es die Individuen von ihren Gemeinschaften fortführt, ist es genau genommen in seinem wesentlichen Kern demokratiefeindlich. Es schafft eine völlig neue Zukunftskultur, für die alles bisher Gedachte kaum noch gilt. Anstelle des Menschen werden wahrscheinlich in Zukunft Algorithmen die Steuerung der universellen Energie auf unserer Erde übernehmen.

Wir wissen nicht, welche Auswirkungen die digitalisierten Plattformen noch auf die zukünftigen politischen Debatten haben werden. Da sie zunehmend die bisherigen klassischen Medien verdrängen, ihre Nutzer sich jetzt selber völlig neu in die Debatten einbringen können und selber an keine ethischen Normen oder journalistischen Regeln gebunden sind, können sie jetzt ganz andere Bevölkerungskreise ansprechen und ihre Mitteilungen, aus deren komplexen Zusammenhängen reißend, gezielt auf ein bestimmtes Publikum richten. Ihre Informationen müssen nicht im eigentlichen Sinne falsch sein, doch im Unterschlagen von wesentlichen Fakten führen sie auch zu gewünschten Verhaltensweisen im Sinne bestimmter Interessengruppen.

Das Internet kann die Meinungsbildung stark manipulieren. Natürlich sind die russischen Stellungnahmen zum Ukrainekrieg und die islamischen Berichte über den Gaza-Krieg einseitig. Doch sind es unsere westlichen Medienberichte auch, indem sie die Ursachen, die zu den Kriegen geführt haben, völlig ausblenden (z.B. die vielen Hundert jährlich ermordeten Palästinenser durch die Siedler vor dem 7. Oktober, ihr Terror diesen gegenüber, ihre Niederschlagungen und das anschließende Urinieren auf sie als Mittel der Demütigung (Süddeutsche Zeitung). Keiner unserer Politiker hat dagegen protestiert. Oder die Interessenbeteiligungen der USA an den Kriegen. Ihre Versuche, die Nato bis an die russischen Grenzen vorzuschieben.

Die Inhalte der Suchmaschinen werden als objektiv und als neutral empfunden, doch können sie die Meinung ihrer Benutzer oft auch in einem gewünschten Sinne (Nachweis Robert Epstein) manipulieren. Die Algorithmen, denen sie folgen (Google, Yahoo) sind geheim. Eine zweite Möglichkeit der Beeinflussung ist die gewaltige tausendfache Datenfülle, die die Nutzer bei ihrer Tätigkeit von sich geben und über deren Korrelationen sie sich vollständig durchleuchten lassen. Eine tatsächliche geheime Wahl besteht dann nicht mehr, und über das Interessenwissen können weitere Manipulationen erfolgen. Habermas stand einst für das Ideal einer objektiven Wahrheit und einer subjektiven Wahrhaftigkeit, gewonnen in einem herrschaftsfreien Diskurs. Die neuen Manipulationsmöglichkeiten unterlaufen sie. Zu den Hauptforderungen einer funktionierenden Demokratie müssen deshalb die Transparenz der Algorithmen der Datenkonzerne gehören. Heute wissen diese sogar, wann ich mit meinem Handy auf meine Toilette gehe. Damit weiß dies auch der amerikanische Geheimdienst, da die Konzerne durch ein Gesetz verpflichtet sind, alle ihre Daten ihm zur Verfügung zu stellen.

Unsere Manipulation durch das Internet und die Medien gehören zu unserem Alltag. Sie bestimmen praktisch unsere gesamte Welt außerhalb unserer Erfahrungen. Unser Gehirn ordnet ihre Angaben mit Hilfe der eigenen Werte in das eigene Weltbild ein. Damit ist das Internet besonderes für Desinformationskampagnen geeignet. Beliebt sind:

  • Memes = gefälschte Collagen aus Bild und Text,
  • Bots = automatisierte Computerprogramme,
  • Shallow Fakes = manipulierte Fotos, Video- und Tonaufnahmen,
  • Deep Fakes = mit Hilfe der KI gefälschte Fotos, Filme und Tonaufnahmen (oft von ihr komplett hergestellt),
  • Trolle = gezielte Beleidigungen oder nervende Streitgespräche.

Mit ihrer Hilfe wird die Öffentlichkeit ständig manipuliert. Desinformationen gehören heute zu unserem politischen Alltag. Die Verbreitung von Falschinformationen in den sozialen Netzwerken ist kaum zu verhindern. Ganze Armeen von Bots- und Trollschaffenden arbeiten daran. Zu den modernen Formen des Rufmordes gehören dann u.a. gefälschte Intimfotos. Es gibt im Internet so etwas wie eine „hybride Kriegsführung“. Zwar richten sich die öffentlichen Gegeninformationen in Deutschland allein gegen Russland, China, den Iran und gegen „Rechts“, aber die Einflussmaßnahmen der amerikanischen, europäischen, israelischen Geheimdienste und die von heimischen oder ausländischen Interessengruppen dürften viel größer sein und werden totgeschwiegen. Russland soll Ende 2015 bis Ende 2020 über 700 Falschinformationen über Deutschland verbreitet haben. Wir erleben im Osten im Internet besonders einen Kampf gegen die „westlichen Werte“. Die Einsamkeit vieler Menschen und ihre Unzufriedenheit mit ihrem Leben machen sie für diese Falschinformationen empfänglich. Indem sie Misstrauen, Hass und Zweifel säen, stellen diese Falschinformationen in einem gewissen Rahmen auch eine Gefährdung für unser Demokratieverständnis dar.  

Eine andere Bedrohung stellt der Überwachungskapitalismus dar, indem er über die Kontrolle des weltweiten Informationsflusses und der Kommunikationsinfrastrukturen seine kommerziellen Interessen durchzusetzen versucht. Durch den Besitz der menschlichen Daten und ihrer möglichen Manipulation sind diese Unternehmen in der Lage, alle unsere Lebensbereiche völlig zu überwachen. Über die Analyse der Daten durch ihre Computer können sie nicht nur unser Verhalten vorhersagen, sondern teilweise sogar steuern. Die Nutzer des Internets passen sich den (kleingedruckten) Privatsphäre-Optionen der Online-Unternehmen an und ermöglichen diesen eine vollständige Verfügbarkeit über sich, über die eignen Daten. Reine private Daten- und Überwachungsunternehmen sind dabei Google und Facebook, auf bestimmte Dienstleistungen konzentriert dann auch Amazon, Microsoft und Apple. Diese Unternehmen regeln praktisch alle Bereiche unseres menschlichen Umgangs mit digitalen Unternehmen. Alle unsere Apps und Programme sind Teile ihrer Datenerfassung. Kein Wirtschaftsbereich kann sich ihrer Kontrolle entziehen, auch nicht unser Gesundheits- und Bildungswesen. Täglich erfassen sie Billionen von Verhaltensdaten, die dann das Rohmaterial für unsere soziale und wirtschaftliche Steuerung werden, – und wir können nichts dagegen tun. Wir reden von Demokratie, von Werten, Privatsphäre und sind doch nur noch manipulierte Akteure in einem uns in der Regel unbekannten Interessenbereich. Der ihnen zur Verfügung stehende Informationsfluss unterliegt kaum gesetzlichen Regelungen und dient allein dem Profit der Unternehmen. Das Problem, das sie allerdings auch darstellen, ist,          

  • sie schwächen indirekt die demokratischen Institutionen,
  • zerstören weitgehend die Privatsphären (ohne dass wir dies bemerken),
  • vergiften, durch ihre Fähigkeit, Informationen zu fälschen, den gesellschaftlichen Diskurs.

Man verweist bei uns gerne auf die Überwachung der Menschen in China. Die unsere dürfte umfassender sein, sie erfolgt nur nicht so offen. Von den in unserer Gesellschaft besonders hervorgehobenen Problembereichen (neben der sich abzeichnenden Klimakrise, der Energiesicherung und der zu erwartenden Völkerwanderung) dürfte in Zukunft die Kontrolle des Überwachungskapitalismus unser größtes Problem sein, weil alle anderen Probleme letztlich nicht gelöst werden können, so lange er in seiner heutigen Form weiter besteht. Er fördert im Hintergrund unsere Individualkultur, um zugleich unsere gesellschaftlichen Utopien zu zerstören. Dabei erscheinen Eingriffe in ihn zurzeit sehr unwahrscheinlich, da die Unternehmen per Gesetz gezwungen sind, alle ihre Daten den amerikanischen Geheim-diensten zur Verfügung zu stellen und diese darüber ihre globale Hegemonialstellung festigen können und nicht bereit sein werden, diese aufzugeben.

Weitere Einflussnehmer auf unser demokratisches System sind die Netzwerke. Hinter ihnen verbergen sich ideologische, aber auch gewinn- und einflussorientierte Interessengruppen. Kein bewusster, strebsamer Politiker wird Erfolg haben, wenn er nicht mehreren von ihnen angehört und von ihnen gefördert wird. Über ihren Einfluss werden fast alle Spitzenpositionen besetzt. Sie stabilisieren über diese Benennungen auch weiterhin ihr Ansehen, ihr Gewicht und ihre Macht. Netzwerke und Geförderte sind füreinander da. Man wird oft erst über sie wahrgenommen und kann erst über sie auf „feine“ Verbindungen zurückgreifen. Je nach ihren Interessen lancieren sie Informationen. Das Problem dabei ist, dass sie für dieses Tun keine Verantwortung besitzen. Im Internet gibt es keine Autorität für die Überwachung virtueller Grenzen. Die Besitzer der großen IT-Konzerne können letztlich auch so die Geschicke der Welt bestimmen, d.h. z.B. viele Abgeordnete in ihrem Sinne fördern, ohne dass diese es selber überhaupt wissen. Sinnvoll sind sie für ihre Mitglieder, weil sie oft Wissen vermitteln, vertrauliche Informationen austauschen, verschiedene Erfahrungen, Ideen und Fähigkeiten zusammenbringen, über weite Räume Kontaktmöglichkeiten vermitteln und oft Hilfen und Verbündete stellen können. In Deutschland ist es ein Problem, dass sie in Verbindung mit den ehemaligen Reeducationprogrammen der Siegermächte und deren heutigen Geheimdiensten immer noch unsere kulturelle Erinnerungskultur stören, bzw. aus ihren Zusammenhängen gerissen viele historischen Vorkommnisse falsch, bzw. interessiert einseitig darstellen. Diese Netzwerke fördern z.B. auch heute noch USA-freundliche Politiker in unserem Land. Kein Politiker wird hier Erfolg heben, der USA- oder Israel-kritisch ist. Die Geheimdienste und Netzwerke dieser Länder werden es zu verhindern wissen. So wird auch kein Wissenschaftler international anerkannt sein, der seine Arbeiten nicht in englischer Sprache publiziert (die Siegersprache nach dem letzten Weltkrieg). Andernfalls wird er nicht beachtet, nicht zitiert. Wer deutscher Staatsbürger werden will, muss einen prosemitischen Fragenkatalog beantworten, wie ihn in seinen Details kaum ein Deutscher beantworten kann (eine Leistung der jüdischen Netzwerke).

Ähnlich wie die Netzwerke verhalten sich auch die Lobbyisten. Anders als die ersteren vertreten sie Einzelinteressen. In Berlin sollen auf jeden Abgeordneten acht Lobbyisten kommen, insgesamt geschätzt etwa 5000, in Brüssel spricht man von 15.000 – 30.000 (davon sind nur 4.570 akkreditiert). Es gibt keinen Politikbereich, auf den sie nicht Einfluss zu nehmen versuchen. Sie „beraten“ in ihrem Sinne Abgeordnete, Ministerien, wichtige Behörden, Hochschulen und Bürgerinitiativen. Weitgehend arbeiten sie verdeckt, um im Verborgenen Einfluss im Sinne ihrer Auftraggeber zu nehmen und deren Gewinne zu maximieren. Sie gewinnen zunehmend an Einfluss. Ihre Tätigkeit gilt weitgehend als Ausdruck der Meinungsfreiheit. Obwohl es notwendig wäre, lehnt der Bundestag es ab, sie in einem verbindlichen Register zu erfassen (besonders die CDU). Dadurch würde ihre Tätigkeit transparenter werden, z.B. auch wie manche Gesetze zustande kommen. Ein Problem ist es auch, dass es einer Vielzahl von ihnen gelingt, von den Ministerien angestellt zu werden, obwohl sie zuvor im Dienst anderer Dienstleister gestanden haben. So sollen 2022 z.B. im Kanzleramt und in den Ministerien 112 ehemalige Mitarbeiter größerer Beratungsunter-nehmen tätig gewesen sein, deren vorherige Arbeit nicht erfasst wurden.

Ein großes Problem für unsere Demokratie stellt auch die „Cancel Culture“ dar, die moralische Ächtung anderer Menschen aus dem Gefühl der eigenen sittlichen Überlegenheit heraus (z.B. im Rassismus). Sie wird heute gerne als ein Zivilisationsgewinn dargestellt, wobei es dabei oft nur um ein Tilgen der eigenen Geschichte geht. Durch sie können bereits wenige Zensoren Mehrheiten zum Schweigen bringen. Durch sie werden enge Tabuisierungen zur Normalität. Man darf seine Meinungen nicht mehr öffentlich sagen. Selbst an den Universitäten nimmt die Meinungsfreiheit ab. Studenten äußern sich oft nicht mehr zu Themen, weil sie Angst haben, beleidigt, diskriminiert oder sogar verfolgt zu werden. Man darf nicht mehr schreiben, was man für richtig hält. Damit spielt man den Demokratiegegnern in die Hände. Unangenehme geistige Positionen werden ausgeschlossen. Es ist eine ideologische Verblendung, nicht mehr Neger oder Zigeuner sagen zu dürfen, wohl aber Dunkelhäutiger oder Sinti, Bayer oder Hesse. Die „Cancel Culture wendet sich u.a. gegen die Wissenschaftsfreiheit (z.B. dem Erkennen des Menschen als ein biologisches Wesen) und stellt obskure Forderungen (so soll eine Übersetzerin die gleiche Hautfarbe haben, wie sie die von ihr zu übersetzende Autorin). Sie ist zurzeit die größte Absage gegenüber der Gleichheit aller Menschen.

Auf all diese Probleme unserer gesellschaftlichen Systeme, auf alle ihre komplexen Zusammenhänge haben die Populisten einfache, eingängige Antworten. Sie berufen sich auf den gesunden Menschenverstand (Common Sense), betonen die nationale Identität und sehen die anderen Parteien als Bevormunder der mündigen Bürger an. Sie sehen sich selber als bürgernah und werfen ihren Gegnern deren Bindung an Partikularinteressen vor. Durch ihre schlagwortartigen Lösungsvorschläge vereinfachen sie den politischen Diskurs. Für liberale Freiheiten und Individualrechte haben sie wenig Verständnis. Sie ziehen ein mehrheitsorientiertes Demokratieverständnis vor und damit eine direkte Demokratie als eine unmittelbare Umsetzung des Volkswillens. Da sie sich nicht an bestimmte Ziele und Werte gebunden fühlen, können sie sich mit anderen Ideologien verbinden. Im Ausland werden sie allgemein positiver gesehen als in Deutschland. Hier spielt die negative Erinnerung an den Nationalsozialismus eine Rolle. Trotzdem haben sie inzwischen auch hier einen großen Zulauf. Dazu tragen bei die

  • Folgen der fortschreitenden Globalisierung,
  • kulturellen Verunsicherungen großer Bevölkerungsteile,
  • Unzufriedenheit mit der Konsenspolitik,
  • Unzufriedenheit mit aktuellen politischen Entscheidungen,
  • Angst vor einem sozialen Abstieg, Entfremdung und Denationalisierung,
  • Angst vor den Folgen der Einwanderungspolitik.

Die Populisten argumentieren schlagwortartig und suchen so die Gunst der Massen. Gefördert durch eine bürgerferne Politik, streben sie einen Machtwechsel zu ihren Gunsten an (oft als Bestandteil einer im Hintergrund rechten oder linken Ideologie). Problematisch an ihnen ist

  • ihre Schaffung unbekannter Gegner (unbekannter Mächte),
  • ihr vereinfachendes Denken in Gegensätzen (wahr und falsch, Stadt und Land, Volk und Unterdrücker),
  • das Verkennen der Komplexität vieler Probleme in einer globalen Welt,
  • ihre Ablehnung von Kompromissentscheidungen (andere kann es in unserer pluralistischen Gesellschaft und ihren komplexen Problemen nicht geben),
  • die Emotionalisierung und nicht die Rationalisierung des Politischen,
  • ihre unklare Haltung gegenüber vielen politischen Problemen.

Ideologische Orientierungshintergründe belasten, verhindern sogar denkbare Einigungsmöglichkeiten. Selbst wenn ein „falscher“ Mensch etwas Richtiges sagt, kann es abgelehnt werden. Polarisierungen verhindern konstruktive Debatten. Wir empfinden uns als eine globale, weltoffene Gesellschaft, weil wir durch die Reeducationprogramme der einstigen Siegermächte nach dem letzten Weltkrieg weitgehend heimatlos geworden sind. Die augenblicklichen Wortführer dieser Entwicklung in Deutschland sind die „Grünen“, die einerseits vorgeben, unsere Umwelt schützen zu wollen und andererseits uns den Untergrund unter unseren Füßen fortziehen, weshalb wir sie schützen sollten. Indem wir sie als den emotionalen Hintergrund unseres Daseins leugnen, als Heimat, in der uns das erste Licht, das wir empfingen, uns zu prägen anfing, verlieren wir einen wesentlichen Inhalt unserer Orientierungsexistenz. In keinem anderen Land der Welt kann man eine ähnliche Entwicklung beobachten. Als Nationalismus diffamiert, tilgt man kulturelle Erinnerungsstätten der deutschen Geschichte, schließt man im Ausland die deutschen Kulturinstitute und gibt den deutschen Kulturstätten englische Namen (selbst normale deutsche Schulen beginnen sich weitgehend nur noch „scools“ zu nennen).

Jede Politik stellt auch eine soziale Orientierung dar. Wir in Deutschland vertreten dabei liberale Werte, die auf verschiedene Freiheiten und Menschenrechte bauen und neben unseren Demokratievorstellungen auch zu einem extremen Individualismus geführt haben. Das Glück des Einzelnen, die Befriedigung aller seiner Bedürfnisse steht im Vordergrund aller sozialen Bemühungen. Mit diesem Wertepaket, den „Werten des Westens“, wollen wir (unter Führung der USA) die ganze Welt beglücken. Die Globalisierung des Handels und unserer internationalen Verbindungen sollen dafür die Bereitschaft der ganzen Menschheit öffnen. Unser Problem dabei ist nur, dass die anderen Regionen der Erde oft andere Kulturen mit anderen Werten besitzen, von denen sie auch nicht lassen wollen. Selbst Kriege im Namen der „westlichen Werte“ (Irak, Afghanistan) konnten sie dazu nicht bekehren. Viele Staaten erinnern sich auch an das einstige Ausbeuterverhalten durch die heute wohlhabenden Länder und noch mehr an die Schäden, die das bestehende westliche Individualverhalten auf die Umwelt, die Artenvielfalt und die Ressourcenknappheit der Erde hat. Untersuchungen von Conrad Jackson / Danila Medvedew haben gezeigt, dass sich die verschiedenen Wertvorstellungen durch die Globalisierung von 1981 – 2022 in 76 Ländern nicht angenähert, sondern auseinanderentwickelt haben. Sie differieren u.a. zunehmend in der Kindererziehung, der Akzeptanz von Homosexualität, Scheidungen, Sterbehilfe und Prostitution. Statt einer Annäherung der Staaten erleben wir deren zunehmendes Auseinanderdriften. Wahrscheinlich befinden wir uns, wie Huntington bereits in den 1990iger Jahren behauptet hat, in einer „Kampfsituation der Kulturen“. Für ihn waren es besonders die Kulturkonflikte des Westens mit China und der islamischen Welt. Aber es werden in Zukunft vielleicht auch die mit Indien, Afrika, Südamerika, evtl. Mittelamerika und Japan sein. Wie sich Russland einmal entscheiden wird, kann heute noch niemand sagen. Das Problem bei dem allen ist, dass wir für die Menschheit in Zukunft vielleicht zwar keine gemeinsame Leitkultur benötigen werden, wohl  aber für die Funktionsfähigkeit notwendiger Einigungen ein Mindestmaß an gemeinsamen Orientierungsinhalten und es den Anschein hat, dass uns dafür die Zeit davonläuft, um sie und ein funktionsfähiges Weltparlament noch vor einem sich abzeichnenden Katastrophenszenarium ermöglichen zu können.

Für die zuvor genannten Zielsetzungen brauchen wir Menschen, die sich dafür engagieren. Politik kann wie eine Droge sein. Sie begeistert ihre Akteure, verändert sie und kann sie zerstören. Da die Politiker auf eine öffentliche Anerkennung angewiesen sind, müssen sie sich vermarkten können. Um heute erfolgreich zu sein, müssen sie sich dafür vernetzen und möglichst immer medial präsent sein (u.a. bei Twitter, Facebook, Instagram). Da die Probleme immer komplexer und komplizierter werden, müssen sie für ihre Anliegen auch immer häufiger in Expertenkommissionen mitarbeiten. Für ihre Entscheidungen brauchen sie Autorität und eine gewisse Härte. Sie stehen ständig unter einer öffentlichen Beobachtung. Ihre Wochenenden gehören kaum ihrer Familie. Ab einer gewissen Position ist man nur noch begrenzt frei (benötigt man u.a. einen ständigen Personenschutz). Oft sind damit hohe psychische Belastungen mit nachfolgenden psychischen Krisen verbunden. Ihr Leben wird stark vom Druck und von Ängsten bestimmt (Versagen, Bloßstellungen, nächste Wahl). Nach der Aussage vieler Psychologen und Psychoanalytiker sind viele von ihnen ihrer Persön-      lichkeitsstruktur nach häufig Narzissten. Viele von ihnen werden ständig mit Hassmails überschüttet.

Andererseits können Politiker von den Massen ihrer Anhänger getragen werden. Entscheidend dafür ist ihre persönliche Ausstrahlung, Glaubwürdigkeit und Autorität. Damit die Zuhörer sich mit den von ihnen vertretenen Inhalten identifizieren, müssen sie mitreißen können. Dafür ist ihre persönliche Ausstrahlung wichtig. Wenn sie begeistern können, können sie sich sogar außerhalb der Legalität stellen (in einer Demokratie kann dies zu einer Gefahr werden). Für ihre Anhänger sind sie Projektionsträger der von ihnen erstrebten Lebensinhalte, mögliche Realisierer ihrer Lebenserwartungen. Die von ihnen ausgehende Begeisterung reißt ihre Zuhörer mit, so dass diese oft bereit sind, den Rednern unkritisch zu folgen. Dies wird zum Problem, wenn die Ausstrahlung von Interessenvertretern, Fanatikern oder dogmatischen Politikern ausgeht.

Viele deutschen Politiker haben zurzeit kein Charisma. Sie sind brave Parteisoldaten, die sich aus ihren Ortsvereinen in die Unterbezirke ihrer Parteien hochgearbeitet haben, hinter sich die sie unterstützenden Netzwerke besitzen und der Bevölkerung durch ihre Tätigkeit z.B. auf Sommerfesten bekannt sind. Um begeistern zu können, benötigen sie ein gewisses Pathos. Im Ideal sollte sich die Politik an der Lebenswirklichkeit der Menschen orientieren, an ihren Ängsten und Utopien. Sie tut es aber nicht. Ihre tragenden Elemente sind die Orientierungsinhalte der Mächtigen, die es oft in einem brutalen Machtkampf mit Hilfe ihrer Netzwerke nach oben geschafft haben. In ihren Reden vertreten die Politiker oft nicht Wahrheiten, sondern Aussagen, die ihre Wähler hören wollen, damit man sie wählt. Die Bevölkerung traut ihnen deshalb immer weniger. Sie weiß, dass bei unseren globalen Problemen ihre Versprechungen eines ständigen, unbegrenzten wirtschaftlichen Wachstums nicht wahr sein können und dass in Zukunft die meisten Menschen immer etwas weniger haben werden. Niemand traut sich zu sagen, wie er es sich vorstellt, wie das Vorhandene und neu Erwirtschaftete bei unseren Klima- und Energieproblemen, der zunehmenden Ressourcenknappheit und der wachsenden Menschenzahl in Zukunft gerechter verteilt werden kann.

Der Neoliberalismus führte zu einer stärkeren Ausbeutung der Natur, der Verlagerung der Produktionsstätten in Niedriglohnländer und einer verstärkten Globalisierung, die weitgehend finanzielle, wirtschaftlich und kulturell mit einer Amerikanisierung einherging. Statt Brot und Spiele, wie im antiken Rom, werden die Massen zunehmend mit Hilfe von Bürgergeld und einer Viertagewoche beglückt. Die Selbstverwirklichung wurde zum wichtigsten Lebensinhalt in Deutschland. Große Teile der Bevölkerung wünschen sich mehr Lohn und mehr Freizeit (49 % der berufstätigen Frauen und 58 % der Männer laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung). Dabei kann eine Arbeitszeitverkürzung für einzelne Individuen zwar durchaus sinnvoll sein (z.B. in den überforderten Pflegeberufen), für die Gesamtwirtschaft ist sie aber eine Katastrophe. Laut OECD arbeiten bereits heute die Menschen in keinem ihrer Länder weniger als in Deutschland (z.B. in Deutschland im Schnitt 1340 Stunden, in den USA 1811 Std im Jahr). Selbst wenn diese Zahlen zurückhaltend betrachtet werden sollten, wäre eine Förderung der Arbeitsbereitschaft im Lande sinnvoll.

Soziale Bewegungen sind immer die Ergebnisse von Kämpfen, von Wettbewerben. Persönliche Erfolge darin stützen sich dann fast immer auf eine Hilfe durch Herkunft, Kapital und Netzwerke. Wir können eine Gleichheit nur für einen Start ins Leben anstreben, danach werden wir in die Freiheiten unseres Lebenskampfes geworfen, die immer auch Ungleichheiten schaffen (die von unseren egoistischen Individualitäten getragen werden). Der politische Mensch kann dann von seinen Neurosen getragen werden oder von seiner Empathie. Für den römischen Kaiser (und Stoiker) Marc Aurel und den Preußenkönig Friedrich d. Großen war es z.B. die Hauptaufgabe eines verantwortlichen Politikers gewesen, der oberste Diener seines Staates zu sein. Heute müsste man sagen, die Hauptaufgabe wäre der Erhalt und das Wohlergehen der ganzen Menschheit im Auge zu haben. Letztlich geht es immer um die Setzung der Gemeinschaftsinteressen vor den persönlichen Individualinteressen. Ein moderner Staat stellt eine mehr oder weniger große Verwaltungseinheit dar, innerhalb einer ansonsten vielfältigen, geschichteten Gesellschaft. Als solcher besitzt er eine monopolartige Stellung und seine Einwirkungsmöglichkeiten führen zu einem Konformitätsdruck.

Allgemein gelten die Hauptstädte dieser Welt mit ihren Regierungssitzen als die Zentren von Machtausübungen. Bei genauerer Betrachtung sind es allerdings oft andere Netzwerke, die unsere wichtigsten politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen treffen und darüber die Zukunft der gesamten Menschheit bestimmen. Man weiß über sie sehr wenig und kennt nicht ihre tatsächlichen Ziele, da sie weitgehend im Hintergrund, im Geheimen wirken. Neben dem „World Economic Forum“ (WEF, 2024 in Davos: 52 Regierungschefs, 56 Finanzminister, 19 Notenbankchefs, 35 Außenminister) tagte z.B. gleichzeitig in Davos eine nichtöffentliche Schattenregierung, die „Davos-Men“:

  • Sie bestand aus etwa 1500 Führungskräften der Großkonzerne (unter ihnen mehr als100 Milliardäre). Sie sind die eigentlichen Strippenzieher dieser Welt. Ihr Lebensstil übersteigt die Treibhausabgaben ganzer Staaten. Ihr Interesse gilt allein ihrer Vermögensvermehrung. So verwalten Larry Fink, Stephen Schwarzman und James Dimon neben ihrem persönlichen Vermögen von 220 Mrd. Dollar noch weitere 13 Billionen Dollar.

Weiter gehören zu den weitgehend unbekannten, aber weltbeherrschenden Unternehmen:

  • Verband der internationalen Öl- und Gasproduzenten“: Seine Lobbyisten beeinflussen alle Klimakonferenzen. Allein in Brüssel gaben die 5 größten Öl- und Gaskonzerne für ihre Lobbyarbeit seit 2010 über eine Viertelmilliarde aus, um dort klimafreundliche Entscheidungen zu verzögern oder ganz zu sabotieren.
  • AGI-House („Artificial General Intelligence“): Zusammenschluss der Technologiekonzerne des Silicon-Valley. Ein soziales Netzwerk für datenbasierende Computerprogramme. Eine Fördergruppe der KI, der wichtigsten Zukunftstechnologie, die zurzeit noch keine beschränkenden Perspektiven kennt. Über ihre Auswirkungen auf die Menschheit macht man     sich kaum Gedanken.
  • American Jewish Committee: Es will das Judentum in der ganzen Welt stärken, Es kämpft gegen den Antisemitismus und will die Verbindungen zwischen amerikanischen und israelischen Institutionen verbessern. Sitz: New York, 33 Büros in den USA, Büro in Berlin und verschiedenen anderen Hauptstädten der Welt.
  • American Jewish Congress: Lobbyorganisation für die Interessen des israelischen Staates und die Bekämpfung des Antisemitismus. Sie erreichten, dass viele amerikanische Außenminister und Botschafter in Deutschland Juden waren,  dass die USA in Israel alle völkerwidrigen Maßnahmen gegen die Palästinenser letztlich deckt, deren Militär weitgehend finanziert und auch sonst große Summe in das Land transferiert und dass in Deutschland eine hysterische Antisemitismuskultur gepflegt wird, obwohl kaum ein Deutscher einen jüdischen Menschen kennt.
  • „Leningrader Zirkel“ in Russland: Seine Mitglieder kommen aus Leningrad und dem russischen Geheimdienst KGB. Sie bilden um Putin eine Art Schattenregierung. Über diesen Kreis ist kaum etwas zu erfahren.

Die Bedeutung Deutschlands entsteht nicht durch einen imperialen Anspruch, sondern primär durch seine zentrale Lage im Kontinent. Jeder im Osten und Westen Europas entwickelte Gedanke muss es durchwandern, ehe es seinen Einfluss auf das restliche Europa ausüben kann. Allen europäischen Staaten kann es in komplexer Sicht nur gut gehen, wenn es auch ihrer kontinentalen Mitte gut geht. Dies ist wahrscheinlich auch der Hauptgedanke der Staaten, weshalb sie Deutschland zu ihrem europäischen Hauptstützpunkt gemacht haben und von hier aus Europa kulturell, wirtschaftlich und militärisch zu beherrschen versuchen. So ist z.B. auch hier in vielen Bereichen die englische und nicht die deutsche Sprache beherrschend. In Europa scheint es nur Frankreich zu sein, das aus stärkeren Eigeninteressen europäische Lösungen in der Politik anstrebt.

Die aktuelle Politik der Bundesrepublik (2024) ist eine weitere Liberalisierung unserer Gesellschaft (Cannabisfreigabe, Recht auf Abtreibung, Namensrecht), d.h. eine weitere Förderung des Individualismus. Damit stellte sich die Politik letztlich im Gegensatz zu ihren weiteren Hauptzielen, wie dem Klimaschutz, da dieser nur als ein Gemeinschaftsziel gemeinsam angegangen werden kann. Zwar versprechen sich die „Grünen“ mit ihrer moralisierenden Identitätspolitik und die dafür geschaffenen Freiräume einen gesellschaftlichen Fortschritt, doch führt dieser über die damit verbundene zunehmende Individualisierung, die Betonung der persönlichen Bedürfniskultur den Konsum letztlich von den Zielen fort, für die sie einst im Klimaschutz angetreten sind. Ihre Erfolge fördern kleine Bevölkerungsgruppen und lassen die großem gesellschaftlichen Aufgaben im Wirtschafts-, Sozial- und Migrationsbereich relativ unbeachtet, bzw. machen sie langfristig unlösbar.

Der Entwicklungsrahmen einer Gesellschaft wird über ihre Politik geschaffen. In Deutschland wird dies über Mehrparteienregierungen erfolgen, – andere wird es hier in Zukunft nicht geben -, immer werden es Kompromissregierungen aus 3, 4, 5, Parteien sein, in denen oft kleine Gruppen ihre Interessen zu Lasten der Bevölkerungsmehrheit durchsetzen werden. Zu den Befähigungen dieser Parteien wird ihre jeweilige Kompromissfähigkeit und Kompromissbereitschaft gehören, die wiederum innerhalb der Parteien bei ihren verschiedenen interessenorientierten Netzwerken zu internen Schwierigkeiten führen kann. Zwischen ihren programmatischen Ausrichtungen und ihrer Regierungstätigkeit wird es wegen diesem Hintergrund immer verschiedene Ausrichtungen geben, die den Wählern wahrscheinlich oft nur schwer verständlich gemacht werden kann. Die Handlungsräume der jeweiligen Regierungen werden oft stark durch deren Finanzierungsmöglichkeiten eingeschränkt sein. In den nächsten Jahren wird die Gesellschaft mit großen Veränderungen rechnen müssen. Da sind zunächst die

  • großen Flüchtlingszahlen. Sie übersteigen heute bereit (2024) die Aufnahmefähigkeit vieler Gemeinden. Ende 2013 waren es allein 3.117.975 Asylanten. Die Flüchtlinge bringen zwar ihre Jugend, oft ihre Tatkraft mit, Sie stellen auch fehlende Arbeitskräfte und sind evtl. künftige Rentenzahler. Sie bereiten aber auch Probleme bei ihrer Unterbringung und Integration. Sie sind oft Alleinerziehende, Geringverdienende, Bürgergeld-Empfänger und Konkurrenten auf dem Wohnungsmarkt.
  • Dann wird in Zukunft auch die Alterung unserer Gesellschaft eine große Rolle spielen. Man rechnet damit, dass 2030 in Deutschland etwa 81,9 Millionen Menschen leben werden. Auf jeweils 100 Erwerbsfähige werden dann 50 Personen kommen, die älter als 65 Jahre alt sind (2060 werden auf 100 Arbeitende 62 Rentner kommen). Schon heute sind 685.000 Kräfte allein damit beschäftigt, sie in den 13.000 Heimen zu pflegen (durchschnittlich 63 Pflegebedürftige pro Heim, 62 % der Pflegenden sind Teilzeitkräfte). Zu diesen Menschen kommen dann noch die 1.860.000 Personen, die zu Hause von den Familienangehörigen betreut werden. Bei der Alterung wird auch die zunehmende Lebenserwartung eine große Rolle spielen. Während es 1970 nur 371 Hundertjährige gab, waren es 2015 17.500 Menschen und werden es 2030 52.000 Menschen sein, die 100 Jahre alt werden.
  • Darüber hinaus ist in den nächsten Jahren eine verstärkte Bevölkerungswanderung vom Land in die Städte, von Ost- nach Westdeutschland zu erwarten. Die Landbevölkerung wird weniger, älter und bunter. Ihre Immobilien werden im Wert sinken. Sie werden als zu groß, als zu unbequem und zu sanierungsbedürftig gelten. Die Dörfer werden zunehmend aussterben, da keine Läden, keine Gaststätten und keine Buslinien vorhanden sind. Es werden Hausärzte fehlen und eine ambulante Pflege. Die Infrastruktur wird mangelhaft sein. Ehrenamtliche werden teilweise ihre Aufgaben übernehmen (so z.B. das Fahren der Alten zu ihren Ärzten oder einem Einkauf oder die örtliche Feuerwehr bilden). Aufkommende Probleme wird man versuchen, technologisch zu lösen.

In einer Demokratie müssen alle diese Probleme von der Bevölkerung selbst oder mit Hilfe ihrer Abgeordneten gelöst werden. Weltweit soll es etwa 200 Wahlsysteme geben, die alle ihre Vorzüge und Nachteile haben. In Deutschland werden die Abgeordneten für den Bundestag in „allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl“ bestimmt. Dabei begünstigt ein Mehrheitswahlrecht Personen und ein Verhältniswahlrecht die Parteien. Als personalisierte Verhältniswahl haben wir eine Mischform, die dazu führte, dass unser Bundestag mit jeder Wahl wuchs und wuchs. Anstelle der ursprünglich geplanten 598 Abgeordneten hatte es 2024 736 gegeben. Mit ihnen wuchsen die Mitarbeiterstäbe in den Ministerien (in der letzten Legislaturperiode der großen Koalition auf um 2500 Stellen). Die Parlamentarier wurden zunehmend zu Erfüllungsgehilfen der Regierung. Dabei sollten sie es sein, die mit ihren Debatten das politische Klima im Lande bestimmen. Unsere Demokratie geriet damit zunehmend in eine Schieflage. Es soll das Parlament sein, das die Regierung kontrolliert und die Gesetze bestimmt.

Im Ideal sollte ein stärkeres Subsidiaritätsprinzip angestrebt werden, eine weitestgehende Eigenverantwortung der verschiedenen politischen Körperschaften, angefangen bei den einzelnen Gemeinden bis abschließend hin zu einem Weltparlament. Jede übergeordnete Gruppe ist danach nur dann zuständig, wenn die nachgeordnete ein Problem allein nicht bewältigen kann. Den Gemeinden folgen Regionen, ihnen Länder, alle als Selbstverwaltungs-körperschaften. Dadurch würde bei voller Funktionalität eine höchstmögliche Bürgernähe erreicht. Die demokratische Selbstverwaltung würde so dezentralisiert von ihrer kleinsten Einheit, von der Gemeinde ausgehen und hier weitgehend über Direktabstimmungen. In einem europäischen Verbund könnte so jeder regionale Kulturbesitz gepflegt werden.

Seit Jahrtausenden gilt die Demokratie für das menschliche Zusammenleben als Ideal. Zwar wird jeder demokratische Gedanke erst über die Gesellschaft verwirklicht, doch stößt die Demokratie als Regierungsform u.a. in Deutschland zunehmend auf eine Ablehnung. Die bestehende Globalisierung, der von ihr begleitete Sozialabbau und die aktuelle Zuwanderung mögen dazu beitragen. Kritisch dürfte auch manche akute menschenfeindliche Anordnung dazu beitragen. So z.B. aus Tübingen (2024 am Scharrenberg), weil dort eine Klinikerweiterung für eine halbe Milliarde Euro nicht gebaut werden kann, eine Klinik, die für 2 Millionen im Umfeld wohnender Menschen lebenswichtig ist, weil dort vor einem Jahr und dann nie wieder ein (!) Ziegenmelker (ein schwalbenähnlicher Vogel) gesichtet wurde. Der Naturschutz wird hier zu einer Farce. Oder wenn in Erfurt ein dringend benötigtes Schulzentrum nicht gebaut werden kann, weil auf dem vorgesehenen Baugelände 40 Hamster leben sollen (ihre Umsiedlung würde laut „Bild“ 250.000 Euro pro Tier kosten). Rational kann man solche Auswüchse kaum noch verstehen. Ähnlich ist es zurzeit mit vielen Radwegen in den Städten, die man zu Lasten des Autoverkehrs und der Fußgänger schafft. Irgendein Politiker setzt sie auf die Tagesordnung, setzt sie durch, und eine zentrale Straße wird zu einer jahrelangen Baustelle, die Innenstädte veröden und niemand ist für das entstandene Chaos verantwortlich. Solche Auswüchse fördern natürlich Ablehnungen und den Wunsch nach anderen Regierungsformen.

Alles Tun in unserem Leben hat Folgen. Letztlich müssen wir alles auf irgendeine Weise bezahlen. Selbst die kostenlose Nutzung des Internets bezahlen wir mit unseren Daten.

Wenn wir die Frage nach dem Sinn unseres Daseins stellen, dann kann sich eine Antwort darauf auch nur auf einen möglichen Sinn unseres eigenen Daseins beschränken, nicht auf den Sinn des Daseins an sich, denn der wird uns auf Grund unserer Grenzen wahrscheinlich immer verborgen bleiben. Und auch bei der Antwort nach dem Sinn unseres Daseins können wir uns nur auf unsere Setzungen beschränken und je nach unserer genetischen Ausstattung und unseren Prägungen vermehrt emotional, rational oder transzendent orientiert antworten, immer nur persönlich. Dabei dürften, müssten die Existenzbedingungen für unsere Art im Hintergrund immer als Orientierungsinhalt mitschwingen.

Unser Sinn des Lebens ist von unseren Daseinsebenen abhängig:

  • Auf der Ebene des Universums kennen wir ihn nicht. Wir sind dort nur eine winzige Energieansammlung an einem bestimmten Ort, zu einer bestimmten Zeit und schwimmen dort als Teil der irdischen Gesamtenergie auf ein uns unbekanntes Ziel hin.
  • Auf der Ebene unseres Planeten: Hier sind wir ein Energieteil innerhalb seiner biologischen Evolutionsabläufe und stehen in einer Stoffwechselabhängigkeit von dem ersten Licht, das wir erblicken (In der Natur ist diese Abhängigkeit weit verbreitet). Wir sind ein Teil von ihr und haben das Sensorium dafür aber weitgehend verloren. Sie bestimmt genau genommen unsere psychische Heimat und hat einen großen Einfluss auf unsere später sich entwickelnden inneren Abläufe). Wenn wir uns nicht naturfeindlich verhalten wollen, kann unser spezifischer Existenzsinn hier nur die Erhaltung unserer Umwelt und die unserer Art sein. Für erstere müssen wir zunächst unsere Bedürfniswelt reduzieren und für letztere sollten wir uns für ein Weltparlament einsetzen, das unabhängig von den Hegemonialbestrebungen einzelner Staaten oder Interessengruppen ist.
  • Auf der Ebene unserer sozialen Beziehungssysteme: Biologisch sind wir in erster Linie Gemeinschaftswesen, die von ihren Zugehörigkeitsgruppen zunächst ihre Orientierungsinhalte (u.a. ihre Werte) erhalten und deren Selbstwertgefühl von ihrer menschlichen Umwelt bestimmt wird. Hier kann der Sinn nur sein, sich positiv in die Gemeinschaft einzubringen. Je nach Standort auf allen kollektiven Ebenen, der Familie, den Freundeskreisen, kleinen lokalen Vereinen bis hin zum Abgeordneten in einem noch zu schaffenden Weltparlament. An jedem Ort eines Daseins finden sich so für einen Sinn Aufgaben. Demokratische Vorgehensweisen haben sich als die positivsten erwiesen.
  • Die unterste Ebene ist dann die eines Individuums, das zunächst nur für sich verantwortlich ist, für sein psychisches, physisches und geistiges Wohlbefinden. Der Mensch erlebt seine Energievorgänge weitgehend als innere Stoffwechselabläufe, die seine Organe, Gefühle und ein Denken steuern. In der Regel richtet er sich dabei an möglichst hohen Dopaminausschüttungen aus, die er dann als besonders positiv empfindet. Dies ist der Bereich, in dem sich der Einzelne je nach seiner Umwelt in einem beschränkten Maße seinem Dasein einen Sinn selber geben kann (Aber auch hier gibt es nur begrenzt einen freien Willen. Die persönlichen Entscheidungen werden weitgehend vom psychischen Untergrund her gesteuert). Dies ist der Bereich, in dem der Einzelne so etwas wie eine gewisse Freiheit besitzt, vielleicht nur empfindet. Dies ist neben seinen sozialen Tätigkeiten der einzige Bereich, in dem er seinem Dasein einen persönlichen Sinn geben kann.

Und wenn dem so ist, und uns bietet sich rational gesehen dazu keine Alternative an, dann stellt sich trotzdem die Frage, welchen Sinn unser Dasein hat? Wir wissen es nicht und können auf die Frage auch nur mit eigenen Setzungen antworten:

  • Zunächst scheinen wir Übergangseinheiten zu einem neuen evolutionären Energie- und Informationsträger zu sein. Die digitalen Datenträger bieten sich dafür momentan an.
  • Dann können es Maßnahmen zur Erhaltung unserer Art sein, zunächst in unserem unmittelbaren Umfeld, aber perspektivisch in ihren Auswirkungen global gedacht.
  • Und zuletzt auf uns als Person bezogen, in dem Einbringen unserer empfundenen und realen Einmaligkeit. Etwas was uns gut tut, unserer Umwelt, unserer Erde. Dabei können wir als einzige setzungsfreie Konstante auf unsere Basisinstinkte zurückgreifen. Es muss etwa sein, was uns gut tut, denn sonst werden wir es nicht tun. Es muss unsere Glückshormone fördern, unsere hedonistischen Anlagen. Dafür müssen wir zunächst unsere Sexualität aus ihren aktuellen Fesseln befreien und unsere sie begleitenden, säugergemäßen Statusbemühungen auf eine globale Sichtebene stellen, d.h. eine Reduzierung unserer Kräfte die Natur auszubeuten. Verbleibt nur unsere Befähigung zur Empathie. Sie gilt es, in allen ihren Ausdrucksformen zu leben, im persönlichen Umfeld wie auch gegenüber der Umwelt. Sie ist es nur, die uns sowohl persönlich wie auch sozial beglücken kann. Sie ist es, die uns politisch den Weg zu einem pragmatischen Humanismus aufzeigen kann, – vielleicht als Setzung, der so zum vielleicht einzigen positiven Lebensziel der Menschen werden kann. Vielleicht kommt hier den Frauen in Zukunft eine besondere Bedeutung zu. Ihre momentane Nachahmung der männlichen Welt über feministische Ideologien dürfte sich langfristig als ein Irrweg herausstellen. Das Humane, Ästhetische, Naturnahe dürften als menschliche Ziele in Zukunft eine größere Bedeutung erlangen. Vielleicht die einzige existentielle Chance die die Menschheit zur Wahrung ihrer weiteren Existenz hat.

Vielleicht ist Epikur (341 – 271/70 v. Chr.) für uns heute der wichtigste antike griechische Philosoph. Anderthalb Jahrtausend durch das Christentum verdrängt, das in seinen Lehren Platon, Aristoteles und die Stoa vorzog und sie in sich integrierte, lehrte er das Dasein, die Götter und den Tod rational, fast im modernen Verständnis zu sehen. Im Zentrum seiner Ethik stand das persönliche Glück. Um seinen inneren Frieden zu finden, müsse man bereit sein, sich den Realitäten zu stellen. Er besaß vor den Stadtmauern Athens eine Philosophenschule in der er kommunenartig mit etwa 200 Anhängern im Sinne seiner Lehren lebte. Einerseits stellte er darin das Individuum vor die Gemeinschaft, andererseits führte dieses nur als soziales Wesen ein erfülltes Leben. Den höchsten Wert bei ihm besaß das Mitgefühl und die soziale Freundschaft. Oft wird ihm ein radikaler Egozentrismus vorgeworfen, doch lehnte er ein Ausleben seiner Lüste ab, da immer auch deren Folgen zu bedenken seien. Im Mittelpunkt seiner Lehre stand deshalb die Selbstgenügsamkeit, nicht im Sinne einer Askese, da wir eigentlich nur wenig benötigen. Abzulehnen seien Begierden, die nach Macht und Ruhm streben. Man sollte sich an den einfachen Dingen des Lebens erfreuen. Vielleicht sei das Leben so kostbar, weil es endlich ist. Vielleicht ist für uns der wichtigste Lebenssinn, es selber positiv zu spüren, biologisch über seine Dopaminausschüttungen, transzendent  vielleicht als zusätzliche Steigerung, einfach außerhalb der Begriffswelt im Sein zu sein. Wir haben gar keine andere Möglichkeit. Wenn wir uns gegen die Natur stellen, dann wird sie uns nicht mehr brauchen.